Das edle Blut

Ein Wirbel von Farben umschloss Harry und verdeckte ihm die Sicht, während er das Gefühl hatte, ein Haken in seiner Bauchgegend würde ihn nach vorne ziehen und unwillkürlich mitreißen. Mit einem dumpfen Knall landete er bäuchlings auf dem Teppichvorleger des Kamins im Wohnzimmer, auf ihm Yuri, die sich jedoch rasch aufrichtete und sich beinahe den Hals verdrehte, um das Zimmer zu mustern. Ihr Koffer war bei ihrer Ankunft bis zum Wohnzimmertisch gerutscht und hatte dabei eine stark angelaufene Silbervase umgestoßen.

Dumbledore zog Harry auf die Beine und wies die beiden an, sich auf den von Motten zerfressenen Sofas niederzulassen.

„Wenn ich es richtig sehe, schulde ich dir jetzt einige Erklärungen", begann Dumbledore mit ruhiger Stimme und faltete die Hände ineinander. „Aber wo soll ich anfangen... ich beginne wohl am besten mit dem Tag, als du in Hogwarts ankamst."

„Was hat das alles zu bedeuten, Sir ?", fragte Yuri.

„Habe Geduld, du wirst verstehen", sagte Dumbledore; seine Stimme war ernst -viel zu

ernst –Harry fühlte etwas wie Unruhe in sich aufsteigen. „Es gibt viel zu sagen und viel zu erklären, doch ich muss dich bitten, mir ohne Unterbrechungen zuzuhören."

„Ja, Professor", sagte Yuri nickend.

„Nun, dein erster Tag in Hogwarts... die Auswahl", sagte Dumbledore sehr leise und sah sie mit seinen kristallblauen Augen scharf an.

„Sie wissen-", wisperte sie.

Harry erinnerte sich noch gut an die Auswahl... bei Yuri hatte der Hut besonders lang gebraucht, und zuerst hatte er sie nach Slytherin stecken wollen.

„Der Sprechende Hut ist kein Buch, das jeder beliebige aufschlagen kann, dennoch ist es dem Schulleiter durchaus erlaubt, mit ihm über seine Schüler zu sprechen", sagte Dumbledore. „Und jetzt erläutere mir bitte genau, was er zu dir gesagt hat."

Yuri nickte nur stumm, ging zu ihrem Koffer und öffnete ihn. Von ganz unten, so schien es, holte sie eine Schüssel mit einer seltsam schimmernden Flüssigkeit heraus – ein Denkarium.

Sie stellte es auf dem niedrigen Tisch ab und rührte mit ihrem Zauberstab darin herum, bis sich ein nebeliges Abbild des Sprechenden Hutes daraus erhob und zu zischen begann.

„Wie lange ist es her, dass mich ein solcher Mensch auf dem Kopf hatte ?", sagte der Hut mit seiner piepsenden Stimme. „Ich kann es dir sagen, mehr als fünfzig Jahre sind es... du trägst das edle Blut Salazar Slytherins in dir, wie eben dein Vater... ich erinnere mich noch gut an ihn, o ja. Aber bei der Auswahl zählst nur du, nicht deine Eltern.

Nun, dein Erbe zwingt mich dazu, dich nach Slytherin zu stecken, es ist nur... dein Herz gehört nicht dorthin, das ist mir ein Dorn im Auge... Ich sehe Mut, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, all das, was einen Gryffindor auszeichnet. Dein Kopf ist brillant, deine Macht... nun, du musst lernen, deiner Kräfte Herr zu werden. Ravenclaw ist nicht genug für dich, vielleicht wäre es auch nutzlos - nur wenn ich dich nach Gryffindor stecke, kannst du lernen. Deshalb werde ich versuchen, mich der Stärke deines Blutes zu widersetzen, habe Geduld..."

Der Sprechende Hut schwieg, fiel in sich zusammen und verwandelte sich in jene silbrige Flüssigkeit, aus der er entstanden war.

Harry starrte Dumbledore an. Sein Gesicht wirkte älter und faltiger als jemals zuvor, als er die Augen hinter seiner Brille für einen Moment schloss.

In Harrys Gehirn begann sich etwas zu regen... der Einzige, in dem das Blut Salazar Slytherins außer Yuri floss, war Voldemort -Tom Riddle -denn nur aus diesem Grund hatte er die Kammer des Schreckens öffnen können. Was hatte der Sprechende Hut gesagt ? Es sei fünfzig Jahre her gewesen, dass ihr Vater in Hogwarts ankam... genau dann musste auch Voldemort in Hogwarts gewesen sein. Doch das konnte einfach nicht sein... das durfte nicht sein...

„Wusstest du an jenem Tag, wen der Hut gemeint hat ?", fragte Dumbledore ruhig.

„Er –er meinte meinen Vater", antwortete Yuri stockend, „aber ich weiß nichts über ihn, wirklich, Sir -"

„Es wäre auch nie möglich gewesen auszumachen, wer es ist -"

Ist ?", japste sie und drückte sich fest ins Sofa, als wollte sie nicht zusammenbrechen, „er lebt ? Nein, nein, das kann nicht -"

„Ja, das tut er allerdings", bestätigte Dumbledore ohne mit der Wimper zu zucken, „denn der Hut gab uns die Information, dass es jemand ist, in dem das Blut Salazar Slytherins fließt, und das ist entscheidend. Außer dir gibt nur einen Menschen auf der Welt, der es in sich trägt, und das ist Lord Voldemort."

Harry stockte der Atem. Er konnte es nicht fassen. Yuri war die Tochter Voldemorts ? Nein, das konnte einfach nicht sein, der Sprechende Hut musste sich schlichtweg geirrt haben...

Auch Yuris Atem war nicht mehr zu hören, ihre Augen weiteten sich und ihr Gesicht wurde totenbleich. Ihre zitternden Hände klammerten sich fest um ihren Umhang, als ob sie ihn nie wieder loslassen wollten.

„Warum...", flüsterte sie fassunglos, „warum... bin ich... die Tochter eines Mörders –das will ich nicht – ich will nicht -"

„Du brauchst dich für nichts zu schämen", sagte Dumbledore schlicht, „viel wichtiger ist, dass du weißt, dass Voldemort hinter dir her ist. Unglücklicherweise wissen wir nicht, inwiefern er dich braucht, doch für's Erste wirst du hier bleiben, denn hier kann dir nichts zustoßen."

„Weshalb ist er hinter mir her ?", fragte Yuri mit fürchterlich zitternder Stimme.

„Wir arbeiten daran, es herauszufinden", sagte Dumbledore. „Ich kann nur mutmaßen..."

„Was vermuten Sie, Sir ?", fragte Harry bis auf's Äußerste gespannt.

Dumbledore antwortete nicht sofort.

„Als du ein Baby warst, Yuri, hat man dich in ein Windherz geschlossen. Vielleicht kannst du dir denken, dass es Voldemort war, aus welchen Gründen auch immer. Es könnte sein, dass er dich somit –nun –konservieren wollte, um dich irgendwann zu benutzen. Bitte sehe dies nicht als Tatsache, ich weiß nur das über Windherzen, was überliefert ist, und das ist nicht genug... nun denn, ich muss zurück in die Schule, deswegen müssen diese Erklärungen für heute genügen. Bitte bring Yuri in das Mädchenzimmer, Harry, sie kann dort ihre Sachen unterbringen", fügte er hinzu und schob ihm einen Lederbeutel zu. „Hier drin ist Flohpulver. Benutz es, um in den Gemeinschaftsraum zurückzukehren."

Ohne ein Wort des Abschieds apperierte er und hinterließ nur einen leeren Platz auf dem Sofa.

Harry verstaute den Beutel in der Tasche seines Umhangs und drehte sich langsam zur Seite.

Yuri starrte mit einem entsetzlich verstörtem Blick auf die Stelle, an der vor wenigen Sekunden noch Dumbledore gesessen hatte. Ihre schönen, dunkelblauen Augen schienen jedes Funkeln verloren zu haben, sie glichen nun vielmehr einem Ozean bei Nacht als strahlenden Saphiren.

„Mein Vater hat... deine Eltern umgebracht", sagte sie sehr leise.

„Dafür kannst du nichts", widersprach Harry bestimmt.

„Ich trage sein Blut in meinen Adern", ergänzte Yuri mit schwerer Stimme. „Ich –ich komme mir so unrein vor, verschmutzt und verseucht -"

„Dieses Gefühl kenne ich", sagte Harry, „letztes Jahr dachte ich, ich wäre von ihm besessen. Deshalb hab ich mich von den anderen ferngehalten und mich versteckt."

„Ich fühle mich verantwortlich für das, was er den Menschen angetan hat", flüsterte Yuri und ihre Augen glänzten nun. „Mein ganzes Leben lang habe ich gehofft, irgendwann zu wissen, wer meine Eltern sind, und nun wünschte ich, ich hätte es niemals erfahren. Ich habe immer daran gegelaubt, dass es gute Menschen gewesen sind..."

„Du kannst nichts dafür", wiederholte Harry, „hör endlich auf damit so zu tun, als wärst du für alles verantwortlich, was Voldemort getan hat !", fügte er aufgebracht hinzu.

Yuri schwieg eine Weile, bis sie zu reden begann.

„Er hieß Tom Riddle, nicht ?", fragte sie.

„Ja", bestätigte Harry und erzählte ihr alles von Voldemorts Vergangenheit, was er wusste.

Als er geendet hatte, schien der Ozean in ihren Augen wieder etwas freundlicher auszusehen.

„Seine Geschichte ist irgendwie ein bisschen traurig", meinte sie mitleidig. „Und alles, was er getan hat, war aus Bitterkeit, Rache und Machthunger."

„Es tut mir Leid, dass ich dich gebeten habe, mit mir zu kommen", sagte sie entschuldigend und senkte den Kopf. „Wahrscheinlich hab ich dir den ganzen Abend verdorben... und jetzt sitzt du mit der Tochter Voldemorts in einem alten Wohnzimmer... hasst du mich nicht ?"

„Wieso sollte ich dich hassen ?", fragte Harry verdutzt.

„Nun ja, immerhin war es mein Vater, der dir deine Eltern genommen hat", sagte sie bedrückt.

„Zum letzten Mal, damit hast du nicht im Geringsten etwas zu tun !",rief Harry laut und war drauf und dran, sie zu schütteln; vielleicht würde sie diesen Gedanken dann endgültig verwerfen. „Ich denke, wir sollten jetzt deinen Koffer hochbringen", fügte er hinzu und stand auf.

„Jaaah..."

Recht wortkarg trabte Harry vor Yuri her, an dem Wandteppich und den ausgestopften Elfenköpfen vorbei. Harry kam es seltsam leise in dem Haus vor... lag dies vielleicht daran, dass keins der Mitglieder hier war, weil alle ihre Aufgaben außerhalb erledigen mussten ?

Knarrend wurde der Spalt der Tür zum Mädchenzimmer immer breiter, bis sie es vollends sehen konnten.

Yuri schob den Koffer in eine abgelegene Ecke hinter einem morschen Schrank, atmete tief durch und sah sich mit deutlichem Unbehagen um.

„Dieser Ort ist irgendwie so kalt und leer", meinte sie traurig.

„Es hat hier schon viel schlimmer ausgesehen, in den letzten Sommerferien haben wir das Haus erstmal entgiften müssen", protestierte Harry und zog eine verstaubte Gardine zur Seite, sodass ein wenig Licht ins graue Zimmer fiel.

„Warst du etwa schon mal hier ?", wollte Yuri neugierig wissen.

„Schon öfters", sagte Harry und erzählte Yuri vom Orden und den ungewöhnlichen Sicherheitsvorkehrungen, die das Haus umgaben.

„Dumbledore ist also der Geheimniswahrer ? Nun... dann bin ich ja so gut wie unauffindbar für Voldemort", sagte Yuri, klang jedoch nicht übermäßig begeistert dabei. Sie seufzte.

„Hier soll ich die ganze Zeit bleiben ? Dann kann ich ja auch gleich in der Wüste vergraben werden, da hab ich genauso viel Gesellschaft", klagte sie.

Plötzlich hatte Harry eine Idee. Er zog Yuri mit sich, bis sie an die Tür jenes Raumes gelangten, in dem Seidenschnabel untergebracht war. Harry öffnete langsam die Tür und lugte hindurch.

In dem Raum brannte zwar kein Licht, doch er erkannte den Hippogreif, wie er in einer Ecke zusammengekauert lag und schlief. Seine Federn standen ungewöhnlich ab und sein Körper wirkte abgemagert und schwächlich. Die Krallen an seinen mächtigen Pranken waren noch länger als gewöhnlich.

„Das ist Seidenschnabel", flüsterte Harry. „Er hat Sirius früher mal gehört."

„Ein Hippogreif !", wisperte Yuri entzückt. „Wie hübsch er ist ! Aber ein bisschen unterernährt, würd ich sagen."

Sie stieß die Tür noch weiter auf, bis sie an die Wand knallte.

In der Dunkelheit sah Harry Seidenschnabels Augen aufblitzen. Nun entzündete Yuri eine Laterne, die neben der Tür hing, und ging langsam auf Seidenschnabel zu, als dieser gemächlich aufstand. Als die beiden etwa auf Augenhöhe waren, verbeugte sie sich tief und blickte dann zu ihm auf.

Nach einem Augenblick neigte auch der Hippogreif würdevoll sein Haupt; Harry atmete erleichtert auf und trat ebenfalls in das Zimmer hinein.

Als Seidenschnabel Harry erblickte, schnarrte er aufgeregt mit den Hufen und gab erst Ruhe, als Harry seinen Kopf tätschelte.

„Mir scheint, dass mir hier doch nicht langweilig wird", sagte Yuri glücklich, als sie wieder in ihrem Zimmer auf dem qietschenden Bett saßen. Eine Weile saßen sie schweigend da und starrten die kahle Wand ihnen gegenüber an.

„Hast du keine Angst ?", fragte Harry schließlich, starrte aber weiterhin nach vorne.

„Nein", antwortete sie mit dumpfer Stimme. „Erstens kann mich Voldemort hier so gut wie niemals finden, und zweitens will ich ihn unbedingt sehen... und ihm direkt in die Augen blicken. Ich hätte diesem Menschen so viel zu sagen..."

„Was gibt es da zu sagen ?", erwiderte Harry kühl. „Er ist ein Mörder, nichts weiter. Und das, was er besiegen will, ist der Tod; nicht, dass ich das nicht verstehen würde, aber es ist doch ohnehin vollkommen sinnlos. "

„Hast du Angst vor dem Tod ?", fragte sie ohne Umschweife und blickte ihm so durchdringend in die Augen, dass er das Gefühl hatte, sie würde ihm die Gedanken aus dem Hirn ziehen.

Harry stockte. Darüber hatte er noch nie nachgedacht.

Tatsächlich hatte es schon viele Situationen in seinem Leben gegeben, in denen er nur einen Sprung vom Tod entfernt war, doch er in diesem Momenten hatte er keine Zeit gehabt abzuwägen, ob er die nächste Minute nun fürchtete oder nicht. Meist hatte etwas anderes gezählt als dass er überlebte, wenn er es recht bedachte.

„Ich weiß nicht", sagte Harry langsam, „ich glaube, es gibt Schlimmeres, zum Beispiel... ja, wenn man jemanden verliert, den man liebt." Er dachte an den ungeheuren Schmerz und die alles verschlingende Leere zurück ,die er empfunden hatte, nachdem Sirius durch den steinernen Torbogen gefallen war.

Yuri sagte nichts. Sie schien nachzudenken und schielte dabei die Decke an.

„Jaaah, du hast recht, genau das ist der entscheidende Punkt", sagte sie plötzlich, als ob ihr gerade etwas eingefallen wäre. „Nun denn, willst du nicht ins Schloss zurück ?", fügte sie hinzu.

„D –doch", antwortete Harry ein wenig verdattert.

Yuri begleitete ihn noch bis zum Kamin, in den sich Harry stellte.

„Das war sicher das grässlichste Weihnachten deines Lebens, oder ?", fragte Harry, zog den Beutel mit Flohpulver hervor und nahm sich eine Hand voll.

„Oh nein, es geht schon", entgegnete Yuri und trat einen Schritt zurück. „Danke übrigens, dass du mitgekommen bist", fügte sie hinzu.

„Kein Problem", sagte Harry. „Und ähm –was ist denn jetzt mit dem Windherz ?"

„Oh, stimmt ja", entfuhr es Yuri, „du kannst es mir ruhig zurückgeben. Ich dachte erst, hier im Grimmauldplatz wär so eine Art –nun ja, wie auch immer -"

Harry kramte in seinen Taschen danach und reichte es ihr.

„Meinst du, ich sollte es Dumbledore zeigen ?", fragte sie zweifelnd und betrachtete das Windherz in ihrer Hand.

„Ja, mach das", riet ihr Harry bestimmt und hob die Hand mit dem Flohpulver. „Bis bald ! Gemeinschaftsraum der Gryffindors !"

Kopfüber landete Harry auf dem Teppichvorleger, hustete eine ganze Ladung Ruß aus und tastete den Boden nach seine Brille ab, als ein schriller Schrei nicht weit vor ihm ertönte. Als er sie aufsetzte, sah er vor sich Ron und Hermine stehen; offenbar hatten sie in den Sesseln vor dem Kamin auf ihn gewartet.

Harry !", kreischte Hermine, „um Himmels willen, was ist mit dir passiert ? Wieso bist du durch den Kamin gekommen ? Alles in Ordnung mit dir ?"

„Mir geht's gut", sagte Harry rasch und richtete sich, bemüht nicht zu wanken, ungelenk auf.

„Wieso kommst du durch den Kamin und nichts durch's Portraitloch ?", fragte Ron.

Harry erzählte ihnen ausführlich, was er an diesem Abend erfahren hatte. Als er geendet hatte, schienen die beiden erschrockener als er zuvor erwartet hatte.

Hermine schlug die Hände vor den Mund. Ron lief bleich an und weitete angstvoll die Augen.

Himmel !", stöhnte Hermine und ließ sich kraftlos auf einen Sessel sinken. „Wenn wir das gewusst hätten -" Beide hatten einen unverkennbar angewiderten Asudruck auf den erbleichten Gesichtern.

Harry starrte sie entrüstet an.

„Warum tut ihr so, als wäre Yuri ein widerliches Insekt oder so was ? Sie ist immer noch dieselbe !", schrie er wütend.

„Das haben wir nicht gesagt", widersprach ihm Hermine. „Aber dennoch –" sie zögerte „nun, ich denke, du solltest dich von ihr fernhalten, vorerst wenigstens. Wenn Voldemort sie benutzt, um dich in eine Falle zu locken, solltest du wirklich, wirklich vorsichtig sein."

„Was soll das ? Yuri ist nicht gefährlich !", brüllte Harry.

„Von gefährlich war nicht die Rede, sondern von äußerster Vorsicht", entgegenete Hermine spitz, sah ihn jedoch nicht an.

„Voldemort benutzt Yuri nicht ! Denkst du etwas, sie sei von ihm besessen ?", fragte Harry wutentbrannt.

Hermine seufzte und sah ihm nun endlich in die Augen.

„Nein, ich denke es nicht, aber ich finde es seltsam, dass sie niemandem erzählt hat, was der Sprechende Hut zu ihr während der Auswahl gesagt hat", sagte Hermine in sachlichem Ton. „Und außerdem, findet ihr es nicht eigenartig, dass Yuri weder von Voldemort noch von Harry etwas wusste, bevor sie nach Hogwarts zu uns kam ?", fügte sie zweifelnd hinzu. „Sie ist doch sonst so gebildet und schlägt mich in jedem Fach -"

„Wieso denn ?", fragte Harry, bemüht, ruhig zu sprechen, auch wenn er seinen Puls deutlich rasen hörte. „Ich hab' euch auch noch nicht erzählt, dass der Sprechende Hut mich zuerst nach Slytherin schicken wollte ! Nur weil ich nach Gryffindor wollte, hat er mich hier hin

gesteckt. "

„Wollte er das?", fragte Hermine milde überrascht. „Nun, das ist ja nicht weiter verwunderlich, immerhin besteht zwischen dir und Voldemort eine gewisse Verbindung durch die Narbe."

„Mir war das jedenfalls ziemlich unangenehm", sagte Harry barsch. „Vielleicht war es das ihr ja auch!"

Hermine wusste darauf nichts zu antworten, was Harry ein wenig ruhiger stimmte.

„Hört mal, es könnte doch sein, dass Dumbledore sich geirrt hat!", meldete sich Ron zu Wort.

„Wie meinst du das?", wollte Hermine wissen.

„Na ja, vielleicht hat Du-weißt-schon-wer ja noch einen Halbbruder, und das ist Yuris wahrer Vater!", schlug Ron vor.

„Ha, ha", sagte sie tonlos.

Während der ersten Ferienwoche ging die Zeit recht zäh vorüber. Die Schneedecke, die sie um Hogwarts herum gelegt hatte, war nicht bedeutend dünner geworden, denn immer wieder wurde ihre Dichte durch herabrieselnde Schneeflocken erneuert. Einige Schüler waren nach dem Weihnachtstag abgereist, sodass es im Gemeinschaftsraum der Gryffindors nicht so lebhaft zuging wie sonst; tatsächlich waren sie oft die einzigen dort, da die anderen sich meistens draußen mit einer Schneeballschlacht vergnügten. Es waren größtenteils Erst- und Zweitklässler, da sie noch nicht die Menge an Hausaufgaben zu bewerkstelligen hatten wie Sechstklässler.

Das hatte jedoch auch seine Vorteile, denn nun konnten Harry, Ron und Hermine jeden Tag die gemütlichen Sessel am Kamin belegen und sich am prasselnden Feuer aufwärmen.

Hermine hatte sie dazu gedrängt, direkt am Ferienbeginn damit anzufangen, ihren Hausaufgabenberg abzubauen („Wenn ihr nicht trödelt, habt ihr die zweite Woche komplett frei!", herrschte sie Harry und Ron an und wedelte mit einem gefährlich dicht beschriebenen Wochenplan vor ihren Nasen herum).

Nun saßen sie dort und arbeiteten bei einer heißen Tasse Pfefferminztee und einem ausladenden Teller Plätzchen, den Harry und Ron in der Küche abgestaubt hatten, als Harry sich bei Dobby für sein Weihnachtsgeschenk bedanken gegangen war und ihm ebenfalls seines gebracht hatte, eine warme Baumwolljacke in fürchterlichem Sumpfbraun, auf den ein leuchtend gelbes ‚D' aufgestickt war. Als Ron ihnen mitteilte, an was ihn die Farben erinnerten, hatte Hermine empört „Ron!" gezischt und sich hektisch im Korridor umgeschaut, ob auch ja kein Lehrer in Hörweite war.

Hermine weigerte sich, auch nur einen Bissen von den Plätzchen zu nehmen.

„Vielleicht wollten die Hauselfen die Kekse selbst essen, und haben sie euch nur aus Höflichkeit gegeben. Ich möchte nicht wissen, was sie sonst vorgesetzt bekommen", schnaubte Hermine verächtlich. „Womöglich noch unsere Essensreste !"

„Sieh mal, Hermine, da ist Professor Lockhart!", rief Ron plötzlich und deutete aufgeregt auf das Porträitloch.

„Wo -"

Zack –Ron hatte ihr einen schokoladenüberzogenen Keks in den geöffneten Mund gesteckt, sodass sie keinen anderen Ausweg hatte als ihn herunterzuschlucken.

Während sie arbeiteten, drangen immer wieder Schreie und Schlachtrufe von draußen zu ihnen hinauf. Nach einiger Zeit erhob Hermine sich, öffnete ein Fenster und spähte hinunter auf den Rasen.

„Ron, ich denke, du solltest unten mal nach dem Rechten sehen", meinte sie und schloss das Fenster wieder, da in Windeseile ein bissiger Wind in den Gemeinschaftsraum gedrungen war. „Ich weiß nicht genau, was da unten vor sich geht, aber vielleicht wäre es besser, ein wenig für Ruhe zu sorgen."

„Wie du meinst", sagte Ron, heftete sich sein glänzendes Vertrauensschülerabzeichen an den Pullover und kletterte durch das Portraitloch.

„Ach ja, ich hab ganz vergessen dich zu fragen, wie der Ball noch war, nachdem ich gegangen war", fiel Hary plötzlich ein und öffnete ein neues Tintenfass, in das er seine Feder tauchte. „Ist noch etwas Aufsehenerregendes passiert ?" Harry dachte an einen spektakuläre Vorstellung der Skelette, während der sie sich zerlegten und selbst wieder zusammenbauten.

„Nun ja es war -", begann Hermine und schien plötzlich ein wenig verlegen. „Ähm, also es war – ganz nett", schloss sie und richtete den Blick rasch wieder auf ihre Notizen, die sie abheften wollte.

„Mhmm", murmelte Harry und begann wieder zu schreiben.

Nach einer knappen Viertelstunde schwang das Portrait zur Seite, und Ron stapfte wieder in den Gemeinschaftsraum zurück, mit vor Kälte geröteten Wangen und schneebedeckten Haaren.

„Die haben doch tatsächlich mit angeschimmeltem Fallobst geworfen, aber fragt mich bloß nicht, wo die das her haben", eröffnete ihnen Ron empört.

„Hast du sie dazu gebracht damit aufzuhören ?", erkundigte sich Hermine neugierig.

„Klar hab ich das", erwiderte Ron und warf sich stolz in die Brust. „Ist das nicht die Aufgabe eines Vertrauensschülers?"

Harry fing Hermines Blick auf und beide mussten grinsen.

Inzwischen war eine Woche vergangen, seit Harry mit Yuri in den Grimmauldplatz gereist war. Jedes Mal, wenn er den Sack mit Flohpulver auf seinem Nachttisch sah, dachte er daran, einmal nach ihr zu sehen, doch er war sich nicht sicher, ob er ohne weiteres den Kamin benutzen durfte. Würde das Flohnetzwerk noch immer überwacht werden ? Was, wenn Yuris Versteck seinetwegen aufflog ?

Am Nachmittag, während Ron und Hermine Zauberschach spielten und Harry eines der Bücher über defensive Magie las, die ihm Lupin und Sirius vorletztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatten, beschloss er, das Thema anzuschneiden.

„Wisst ihr, ich denke, es wäre ganz nett, wenn wir Yuri mal im Grimmaludplatz besuchen würden", eröffnete ihnen Harry. „Ich glaube, sie fühlt sich dort ziemlich einsam."

„Verdammt", fluchte Hermine lautstark, als Rons Springer ihr Pferd vom Spielbrett schleifte. „Entschuldige, Harry, was hast du gesagt?"

„Ich sagte, dass es doch ganz nett wäre, wenn wir Yuri besuchen würden", wiederholte Harry geduldig.

„Oh, ähm -, ja", stimmte Hermine nicht sonderlich überzeugt vor. „Da freut sie sich bestimmt. Nicht wahr, Ron ?", fügte sie hinzu und trat Ron auf den Fuß, der gerade die Hand zu seinem nächsten Zug gehoben hatte.

„Was ? Ähm -oh, ja", sagte Ron eifrig nickend.

Harry blickte sie missbilligend an.

„Was soll denn das ?" Seine Enttäuschung über ihre Zweifel war nun brodelnder Wut gewichen. Er funkelte sie zornig an.

Ron sah betreten auf den Boden und warf Hermine ständig nervöse Blicke zu, die ihr wohl bedeuten sollten, für ihn gleich mitzusprechen, wenn sie sich verteidigte.

„Oh, schon gut", fauchte Hermine und wandte sich mit einem verächtlichen Schnauben von ihm ab. „Hör zu, Harry, du weißt doch nicht wirklich viel über Yuri, es könnte also durchaus sein, dass Voldemort sie als Falle benutzt !"

„Neulich hast du noch gesagt, du glaubst nicht, dass sie besessen ist", erinnerte sie Harry knurrend.

„Ja, ich weiß", gab Hermine zweifelnd zu und wiegte den Kopf unruhig hin und her. „Ach, ich weiß um ehrlich zu sein überhaupt nicht, was ich von der ganzen Sache halten soll."

„Yuri ist nicht von Voldemort besessen, ich weiß es", sagte Harry bestimmt und zog den Beutel mit Flohpulver aus seiner Tasche. Seine Angst, das Flohnetzwerk könne überwacht werden, hatte er längst vergessen. „Also, kommt ihr nun mit oder nicht ?"

Hustend und unablässig keuchend klatschten Harry, Ron und Hermine nebeneinander auf den staubigen Fußboden des alten Wohnzimmers im Haus der Blacks. Hermine, die beim Aufprall unfreiwillig Unmengen an Staub eingeatmet und geschluckt hatte, hustete sich die Seele aus dem mit pechschwarzem Ruß bedeckten Leib. Sie hätte sich beinahe über einen angelaufenen Kerzenständer aus Silber erbrochen , der neben dem Kamin auf dem Fußboden vor sich hin staubte, wenn Ron ihrem Husten nicht mit ein paar unsanften Schlägen auf den Rücken Einhalt geboten hätte.

„Danke, Ron", sagte Hermine finster und rieb sich ihr schmerzendes Rückgrat.

„Keine Ursache", entgegnete Ron würdevoll.

„Wenn du mir das nächste Mal hilfst, wärst du dann vielleicht so nett daran zu denken, dass meine Knochen möglichst heil bleiben sollten?", fragte sie in sarkastischem Ton.

„Ich versuch's", antwortete er grinsend.

Harry richtete sich auf und klopfte sich den Dreck von seinem Umhang, wobei er verärgert feststellen musste, dass es fast unmöglich war, ihn loszuwerden. Zufrieden nahm er jedoch Notiz davon, dass Ron und Hermine auch nicht viel besser aussahen.

Dann gingen sie los um Yuri zu suchen. Doch sie brauchten nicht lange dazu, denn sobald sie einen Fuß aus dem Wohnzimmer gesetzt hatten, drang ein lautes Klappern von Blechen aus der Küche. Sie lugten hinein.

Die Küche war auf Hochglanz poliert worden, die verrostete Stange wies sogar ein frisches Handtuch auf, und die Wände waren in strahlendem Weiß gestrichen worden.

Yuri, mit einem Blech Kekse in den Händen, über die ein paar dunkelblauen Küchenhand-schuhe gestüplt waren, blickte sie überrascht an.

„Harry!", sagte sie strahlend. „Ron, Hermine! Was macht ihr denn hier?"

„Ähm -wie geht's dir so?", fragte Hermine mit gekünstelt munterer Stimme nach einer peinlichen Pause und trat Ron auf den Fuß, der gerade dabei war, sich möglichst unauffällig in eine Ecke zu verdrücken.

„Was ist denn los?", fragte Yuri ratlos.

Harry schnaubte. „Ihnen ist die Tochter Voldemorts nicht geheuer", sagte Harry verächtlich und blickte die beiden böse an.

„Ist schon gut", sagte Yuri rasch, lächelte Harry jedoch unverkennbar dankbar an, „ich nehme es euch nicht übel. Ich kann euch schließlich nicht beweisen, dass ich nicht von Voldemort besessen bin. Ihr müsst es mir einfach glauben, aber dazu kann und will ich euch wirklich nicht zwingen. Es ist euer gutes Recht, mir nicht zu trauen."

In der darauffolgenden Zeit verhielten sich Ron und Hermine wieder ausgesprochen normal ihr gegenüber.

„Und was hast du so getrieben in der letzten Woche?", fragte Hermine und nahm sich einen Keks; Ron schob sich vorsichtshalber drei Stück in den Mund.

„Gleich an meinem ersten Morgen hier haben mich Moody und Lupin mit ein paar Mitgliedern bekannt gemacht; hier sind alle sehr, sehr nett. Tonks hatte ein paar freie Stunden, in denen wir einige Räume entgiftet haben. Mein Zimmer habe ich auch ein bisschen verändert", erzählte Yuri eifrig. „Viel Zeit hab ich auch mit Seidenschnabel verbracht, er ist wirklich etwas ganz Besonderes... Inzwischen frisst er besser, und seine Federn glänzen wieder. "

Zusammen statteten sie Seidenschnabel einen Besuch ab, der tatsächlich wieder kräftiger und gesünder wirkte. Er freute sich, Ron und Hermine zu sehen und schnurrte wohlig, als die beiden ihn tätschelten. Neben ihm lagen Unmengen an halb vertilgten Ratten und einige kleine, angeknackste Knochen.

Yuri hatte ein wenig untertrieben als sie ihnen mitgeteilt hatte, ihr Zimmer „ein bisschen verändert" zu haben – um genau zu sein war es nicht mehr wieder zu erkennen.

In den weißen Granitboden waren bunte Lampen eingelassen worden, die in ihrer Farbe glühten, wenn man auf sie trat. Dunkelgelbe Gardinen hingen hinter einem tief gelegenen Bett, auf dem eine Anzahl orientalischer Kissen verteilt lagen. An einer Wand reihten sich unzählige Bücher in Regalen, die ab und zu gedämpftes Stöhnen von sich gaben ( Harry hätte schwören können, dass ein Brett kläglich wimmerte: „Wenn die mir noch so einen Schinken auf den Schädel häuft, breche ich garantiert durch. Dabei bin ich noch nicht einmal von Holzwürmern befallen, was für eine Schande... so jung und schon tot..." )

In einer Ecke stand eine Art Palme, jedoch mit der Angewohnheit, jeden überschwänglich zu begrüßen, der an ihr vorbeiging.

Ron und Hermine setzten sich auf das Bett, und Harry nahm mit einem Sessel Vorlieb, der wie ein weißes Ei aussah, dem man ein Stück Schale weggenommen hatte.

„Und wann darfst du wieder gehen ?", fragte Harry. „Hat Dumbeldore schon etwas über das

Windherz -" Harry stockte und wurde sich mit einem unangenehmen Stich bewusst, dass er sich verplappert hatte. Yuri schien jedoch sogar erleichtert, dass er das Thema angesprochen hatte und weihte nun auch Ron und Hermine ein.

„Nun, besser hättest du es wohl nicht schützen können", meinte Hermine schmunzelnd, als sie geendet hatte. „Ich weiß jedenfalls, dass es in der Bibliothek nur ein einziges Buch über Windherzen gibt, und das habe ich mir in den letzten Sommerferien ausgeliehen. Allerdings steht nicht sonderlich viel drin."

„Ich hab Dumbledore auch von dem Windherz erzählt", sagte Yuri und warf Harry rasch einen Blick zu. „Heute morgen ist er hierher gekommen und hat mir mitgeteilt, dass es wohl wahrscheinlicher ist, dass Voldermort hinter ihm und nicht mir her ist. Trotzdem werde ich in nächster Zeit beschattet, also bin ich einigermaßen sicher, deshalb hat mir Dumbledore erlaubt, morgen das Haus zu verlassen."

„Wo ist das Windherz jetzt ?", erkundigte sich Ron.

„Dumbledore hat es", antwortete Yuri lässig. „Ich denke, dort ist es am sichersten aufgehoben."

„Und wohin gehst du, wenn du nicht mehr hier bist ?", fragte Hermine. „Nach London zu dir nach Hause ?"

„Das weiß ich noch nicht so genau", antwortete Yuri nachdenklich. „Ich sehne mich schon seit langem, mal wieder zu unserem Haus in Los Angeles zu reisen; außerdem wird mein Dad die letzten zwei Ferientage dort sein."

„Los Angeles ? Ihr habt zwei Häuser ?", fragte Ron fassungslos und zugleich beeindruckt.

„Nein, wir haben noch eins in Tokyo", korrigierte sie ihn lachend. „Dad hat dort öfters geschäftlich zu tun, aber er spricht nicht so gut Japanisch, deshalb nimmt er mich immer mit, damit er sich nicht allein blamieren muss, denn ich versteh' so gut wie gar nichts. Das ist machmal wirklich lustig -"

Drei Häuser ?", hauchte Ron vollkommen sprachlos.

„Das ist doch nicht wichtig", sagte Yuri bestimmt. „Aber du kannst gern mal mitkommen, wenn du Los Angeles sehen willst. Ich finde es sehr schön dort."

„Das wär' –" - Ron stockte und seine Ohren liefen rot an – „ - ähm, ich glaub, das wär' ein bisschen zu teuer", schloss er nuschelnd.

„Ach was, das machen wir schon", widersprach Yuri lächelnd. „Wollt ihr zwei nicht auch mitkommen ?", fügte sie ohne Umschweife hinzu.

Harry und Hermine waren so überrumpelt, dass ihnen für einen Moment die Luft ausblieb.

„Ähm – gerne", antwortete Hermine, und schließlich funkelte Begeisterung in ihren Augen. „Oh, ich hab schon so viel über Los Angeles gelesen, dort soll es eine große Einkaufsstraße für Hexen und Zauberer geben, außerdem die weltweit größte Quidditchzubehörauswahl und noch vieles mehr !"

Alle Augen waren nun gespannt auf Harry gerichtet.

„Ich – ähm – ja, sicher", sagte er; im Geheimen brannte er darauf, das erste Mal in seinem Leben in ein anderes Land, gar auf einen anderen Kontinent zu reisen.

„Dann wäre das geklärt", sagte Yuri strahlend. „Ich denke, ich schaffe es, die Flugtickets bis morgen zu bekommen... Oh, es ist wirklich wunderbar, dass ihr mitkommt !"

Als Harry, Ron und Hermine wieder im Gemeinschaftsraum der Gryffindors standen, brauchten sie eine Weile um zu begreifen, was soeben geschehen war.

„Ich fass es einfach nicht", sagte Ron schließlich matt.

„Dass sie uns einfach so einlädt", ergänzte Hermine.

„Es ging so schnell, dass ich gar nicht mehr weiß, was ich geantwortet hab", sagte Harry.

„Und uns noch dazu alles bezahlt...", fügte Ron hinzu. „Ich möchte mal wissen, wie viel so ein Zaubereiminister verdient... aber es ist irgendwie auch ein bisschen peinlich."

„Was ist peinlich?", fragte sie strinrunzelnd nach.

„Naja, dass ich es einfach so angenommen habe", antwortete er betreten.

„Ach, nun komm schon, Ron, freu dich auf Los Angeles !", frohlockte Hermine und ihre Augen begannen zu funkeln. „Es soll wirkliche eine Menge interessanter Dinge dort geben, unter anderem auch eine Forschungszentrale für fliegende Teppiche und ein Museum über die Geschichte der Kessel, in dem der erste selbst umrührende Kessel ausgestellt ist."

„Hat Percy das eröffnen lassen?", fragte Ron angewidert. „Wette, er hat sich schon in einem Besenschrank des Museums eingemietet."

Ihr Gespräch verstummte erst, als das Mondlicht durch die Fenster fiel und das Geheul von Eulen durch die eiskalte Nacht drang.

Je mehr sie über die Reise sprachen, desto stärker verspürte Harry den Wunsch, endlich eine vollkommen neue Stadt kennenzulernen. Ob in Los Angeles auch so viele Hexen und Zauberer wie in London wohnten ? Was mochte diese Stadt wohl für seltsame, magische Orte bergen ?

Als Harry zu Bett ging und den Umhang zugezogen hatte, nistete sich in seinem Hirn ein unangenehmer Gedanke ein, so plötzlich, als hätte er nur darauf gewartet, dass Harry ihn bemerkte. Eines war ihm in den letzten Stunden nicht in den Sinn gekommen: War Yuri wirklich in Sicherheit, wenn sie so schnell den Grimmauldplatz wieder verließ ? Wäre es nicht doch möglich, dass Voldemort hinter ihr und nicht dem Windherz war ?

Nein, dachte Harry und schloss unwillkürlich die Augen, immerhin hat Dumbledore sie selbst gehen lassen, und er wird sich sicher gewesen sein, dass Yuri nicht in Gefahr ist.