Mission Unterricht

Die Nacht war definitiv zu kurz. Viviane – noch nie ein Morgenmensch – und Vengari – ebenso – quälten sich mit trüben Blicken aus den Betten uns trafen dann im Wohnzimmer zusammen. Ihre unterwürfigen – und unwürdigen – Diener, Stinky und Grotty, standen bereits bei Fuss, mit silbernen Tabletts auf denen dampfende Kaffeebecher standen.

Viviane machte ihrem morgendlichen Unmut Luft, indem sie Stinky mit einem wohlgezielten Tritt in die nächste Ecke beförderte, selbstverständlich erst nachdem sie ihr den Kaffee abgenommen hatte. Unter dankenden Verbeugungen verzog sich das Biest.

Vengari beliess es bei stechenden ich-weiss-das-du-irgendwas-verbrochen-hast-Blicken, die ihren verwirrten Hauselfen dazu brachten sich für den Rest des Tages selbst zu bestrafen, in der Annahme er hätte etwas Schlimmes getan und könnte sich nur nicht daran erinnern.

Nachdem der Kaffe getrunken und die erste Zigarette geraucht war, einigten sich die beiden ruhig und zuvorkommend über die Reihenfolge der Badbenutzung.

„Denk nicht mal dran, sonst üb' ich an dir den Crucio", fauchte Vengari und rauschte hoch erhobenen Kopfes an Viviane vorbei ins Bad.

Nachdem sie beide ausgiebig geduscht und sich geschminkt hatten, was im Bauarbeiterjargon „Vollverputzung" genannt wurde, liefen sie wieder auf Hochtouren, was sich auch beim erneuten Treffen im Wohnzimmer zeigte.

„Viviane, meine Liebe, du siehst hinreissend aus! Es ist doch mehr als überraschend, dass man auch aus diesen traurigen Uniformen noch etwas machen kann."

Viviane hatte ich ihre triste Uniform ein wenig verschönert, indem sie sie komplett schwarz gefärbt hatte, bis auf die Slytherinkrawatte und ihr Hauszeichen auf dem Umhang. Wäre ihre Haut nicht so bleich gewesen, hätte sie mit den Schatten der Schlossgewölbe verschmelzen können.

„Vielen Dank, ebenso."

Vengari hatte eine ähnliche Idee gehabt und Teile ihrer Uniform rot gehext, was perfekt mit ihrem Haar harmonierte.

„Ist das Rot nicht ein wenig Gryffindor?", fragte Viv.

Vengari wölbte elegant eine Braue. „Ich kann doch nichts dafür, wenn Gryffindor meine Farbe benutzt!"

Viviane nickte verständnisvoll. Ihr wäre es auch nicht recht gewesen, wenn irgendein Haus voller Schlammblüter ihr Schwarz als Hauptfarbe genutzt hätte.

„Was steht denn heute auf dem Stundenverschwendungsplan?"

Vengari zog ein Blatt hervor.

„Mal sehen, als erstes haben wir... oh, wie NETT! Pflege magischer Geschöpfe! Das war doch schon immer mein Traum. Mich aus dem Bett quälen um etwas zu betutteln, das entweder als mein Mittagessen oder als Material für meine Schuhe endet." Sie seufzte genervt auf. „Oh... und es wird noch besser: Danach haben wir Wahrsagen, und dann... Kinderträume werden wahr – Quidditch und... na, wenigstens etwas... Zaubertränke!"

Viviane hob interessiert den Kopf. „Tatsächlich?", lächelte sie. „Du meinst wir haben Unterricht bei Professor Ich-hoffe-du-bist-so-gut-wie-deine-Stimme-Snape? Bei dem wir praktischerweise heute abend zur Strafarbeit antanzen werden?"

Vengari nickte. „Sogar eine Doppelstunde, Schätzchen!"

Als die zwei jungen Frauen in den Gemeinschaftsraum kamen, standen dort mehrere Schüler aus verschiedenen Klassenstufen und flüsterte leise miteinander. Das Gemurmel brach abrupt ab, als der Geist eines hageren, älteren Mannes durch die Wand hereingeschwebt kam. Trotz der silbernen Erscheinung, ging etwas Düsteres und Unheimliches von ihm aus, seine durchscheinenden Augen schienen zu glühen und jeden den er ansah, mit seinen Blicken zu durchbohren. Flecken in etwas dunklerem Silber schimmerten auf seiner altertümlichen Kleidung.

"Der blutige Baron", flüsterte ein Drittklässler verängstigt und trat unwillkürlich ein paar Schritte zurück.

Viviane und Vengari warfen sich einen der-gehört-uns-Blick zu und gingen langsam auf ihn zu. Der düstere Geist sprach mit einem der älteren Vertrauensschüler, der ab und an nickte und einen Ausdruck von Verwunderung auf dem Gesicht trug. Vengari stellte sich neben den jungen Mann und sah den Geist an.

"Hey Süsser, wer bist du denn?"

Schlagartig war der Raum in entsetztes Schweigen gehüllt. Der Vertrauensschüler sah Vengari mit aufgerissenen Augen an und machte sich dann schnellstmöglich in die gegenüberliegende Ecke davon. Viviane kicherte leise und gesellte sich zu ihrem Gegenstück der Bosheit.

"Der ist ja schnuckelig. Na Kleiner, so ganz allein im dunklen Kerker?"

Der blutige Baron atmete - unnötigerweise, da tot - tief ein und verengte die Augen zu Schlitzen.

"Sie beide scheinen hier neu zu sein", zischte er aus zusammengepressten Lippen hervor. "Ich bin der Hausgeist Slytherins, der blutige Baron und ich bitte mir doch etwas mehr..."

"Wie süss", quiekte Viviane begeistert. "Wir haben ein Maskottchen."

"Ja" nickte Vengari, nicht weniger fröhlich, "ein eigener Hausgeist zum Spielen, das ist ja klasse. Und so ein Zuckerhäschen!"

Der Geist blickte die beiden äusserst verstört und wütend an, zog es aber aufgrund der grinsenden und die Situation offensichtlich geniessenden beiden Frauen vor, die Szenerie mit einem respektheischenden Aufwallen seines Umhanges zu verlassen und verschwand durch die Wand.

"Denkst du er ist sauer?"

"Wenn nicht, wäre ich beleidigt!"

Damit wandten sich die beiden ebenfalls um und schnappten sich den Vertrauensschüler, mit dem der Baron vorher gesprochen hatte.

„Hey du, was gabs denn so wichtiges zu besprechen?"

Der Junge sah sie mit einer Mischung aus Bewunderung und Misstrauen an.

"Der Baron sagte, dass zwei unserer Hausgenossen im Krankenflügel liegen. Irgend jemand hat ihnen offensichtlich einen üblen Streich gespielt und sie mit einem Fluch belegt."

"Wirklich?", sagte Viviane in einem nachdenklichen Tonfall und schielte dabei zu Vengari, die sich das Lachen verkneifen musste. "Und was ist den... armen... beiden passiert?"

"Das wollte der Baron mir nicht sagen", erklärte der Junge, "er sagte nur, dass es absolut schockierend sei, dass heutzutage offenbar niemand mehr Respekt vor zwei reinblütigen Slytherins hätte. Zu seiner Zeit, wäre das nicht vorgekommen."

"So, so", murmelte Viviane, "wäre es nicht, hm? Ich glaube unser kleiner Baron hat noch ne Menge zu lernen."

Der Junge guckte sie verdutzt an. "Was?"

"Schon gut - zieh Leine!" Vengari winkte ihn arrogant weg und sah dann wieder zu ihrer Zimmergenossin.

"Was hast du mit den beiden Tölpeln gemacht?"

"Ich?", fragte Viviane mit unschuldigem Augenaufschlag. "Ich hab gar nix gemacht... fast nichts..." Ihr Lächeln wurde fies. "Ich hab ne Idee..."

"Dein Grinsen gefällt mir - deine Idee wird also etwas mit schreienden Kindern, Tränen und Furcht zu tun haben?"

Die schwarzhaarigen Frau hakte sich bei ihrer Freundin unter. "Aber natürlich, Schätzchen, natürlich... du kennst mich doch..."

Das Frühstück gestaltete sich durchaus angenehm, vor allen Dingen, da Viviane Vengari ihren Plan unterbreitete. Diese konnte sich vor Grinsen kaum halten.

„Das ist genial", flüsterte sie andächtig. „Ich wollte das schon immer mal machen!"

Viviane lächelte nur und griff sich ein weiteres Croissant. Plötzlich erhob das Mädchen neben ihr die Stimme.

„Sag mal Viviane (sie sprach es Vi-vi-ang aus), wie ist es denn so in Frankreich?"

Viviane (was sich Vi-vi-ann spricht) verschluckte sich fast an dem Stück Blätterteig, ignorierte Vengaris Lachanfall, welchen diese als Husten zu tarnen versuchte, und starrte mit zornigem Blick auf das Drecksgör neben sich, welches just in jenem Augenblick erahnte, dass sie einen unverzeihlichen Fehler gemacht hatte und unter dem mörderischen Blick in sich zusammenfiel.

„WIE. WAR. DAS?", zischte Viviane und starrte weiterhin auf das wehrlose Kind.

Dieses beschloss das zuviel Frühstück schlecht für die Gesundheit war und machte sich auf und davon. Viviane drehte sich Funken schnaubend zu Vengari um und flüsterte: „Erinnerst du dich noch an den ersten Unterpunkt von „Globale Machtergreifung"?

Vengari nickte.

„Ich hab unser erstes freiwilliges Testobjekt soeben ausgesucht", funkelte Viv stinkig und versenkte ihre Zähne wieder in das Croissant, als ob es etwas Lebendiges wäre.

Ihre Verbündete kicherte leise.

Langsam trotteten sie durch die Haupthalle zum Schlossportal, um von dort in Richtung der Hütte des hiesigen Wildhüters, der den unglaublich dämlichen Namen Rubeus Hagrid trug, zu stampfen. Viviane kickte lustlos ein paar Gryffindor-Erstklässler aus dem Weg, während Vengari etwas über neue Stiefel und deren mögliches Material murmelte. Plötzlich blieb die braunhaarige Frau stehen und Viviane lief prompt in sie hinein.

„Hey Ms Vengari Scheiss-auf-bedrohte-Tierarten-ich-brauch-neue-Schuhe Alias! Komm zurück in die reale Welt, in der auch noch andere diesen Planeten bevölkern", grummelte sie.

„Klappe", versetzte die Angesprochene ungerührt – allerdings auch ohne die Vorwürfe zu dementieren. „Weißt du Viv, ich hab echt keinen Bock auf dieses „Geschöpfe pflegen"."

„Geht mir ähnlich. Und?"

„Was und? Du bist doch hier die Irre von uns beiden! Denk dir was aus, wie wir drum rum kommen!"

„Hey, wir sind beide irre! Aber ansonsten hast du recht... hm... mal überlegen..." Die junge Frau legte einen Finger ans Kinn und starrte versonnen in den azurblauen Himmel. Es dauerte nicht lange und das berühmt-berüchtige ich-hab-einen-Plan-Grinsen erschien auf ihrem Gesicht. Sie beugte sich hinüber zu der anderen Frau und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

„Viv... das ist bescheuert! ICH LIEBE ES! Lass es uns tun!"

Sie schlenderten die restlichen Meter bis sie vor der Hütte angekommen waren, wo auch schon die anderen Slytherins, zusammen mit einer Rotte uninteressanter Gryffindors standen. Vor ihnen ragte ein gewaltiges DING auf und nuschelte aus einem dunklen Gestrüpp, welches nach einigen Sekunden intensiven Anstarrens als Bart zu erkennen war, irgendwelches Kauderwelsch über Gleichberechtigung der verschiedenen Rassen, während es eine silbrig-grüne Echse in die Höhe hielt, die etwa 20 Zentimeter lang war. Das grosse Ding, die beiden vermuteten, dass es der Wildhüter sein sollte, quatschte etwas davon, das diese armen Tiere verfolgt und aus ihrer Haut Handtaschen gemacht würden und dass so etwas moralisch nicht vertretbar sei.

„Ein Moke, oder?", flüsterte Viv.

Vengari nickte. „Ja, ich hab drei Stück davon."

Viviane starrte sie ungläubig an und Vengari ergänzte: „In meinem Schuhschrank!"

Sie lachten. Dann stiess Viviane ihre Freundin in die Seite und hob eine Braue.

„Du weißt ja –auf los, geht's los!"

Sie rissen beiden die Köpfe hoch und starrten entsetzt auf den Himmel. Es dauerte nur einige Sekunden, bis ein paar der Schüler auf sie aufmerksam wurden. Bald lagen alle Blicke auf ihnen. Das bärtige Ding stampfte ein paar Schritte auf sie zu. Viviane gab vor, zu zittern.

„Sieh nur!", flüsterte sie ängstlich und deutete auf den Himmel. „Siehst du es? Bei Merlin, SIEHST DU ES?"

Vengari nickte furchtsam. „Es wird uns alle vernichten!"

„Wir sind dem UNTERGANG GEWEIHT!"

Der Wildhüter schien nun langsam nervös und begann, ebenso wie einige Schüler, besorgt den sanften, blauen Himmel anzustarren.

„Aber was ist denn dort?", fragte er bang.

„ER SIEHT ES NICHT, VENGARI - DAS IST DAS ENDE!"

Aber WAS denn?", rief der Halbriese verängstigt.

Vengari und Viviane kreischten laut: „DAS OZONLOCH! ES IST SCHON WIEDER GRÖSSER GEWORDEN!"

Und damit rannten sie schreiend zurück ins Schloss.

„Hey, Viv", überlegte Vengari, während die beiden durchs Schloss schlenderten, „denkst du wir kommen damit durch?"

„Nö, wahrscheinlich nicht", meinte die Schwarzhaarige und betrachtete neugierig den Stift, den sie gerade einer Fünftklässlerin abgenommen hatte. „Guck mal, wenn man den umdreht ist der Kerl nackt! Iiieeh, ist der hässlich!"

Klappernd landete der Kugelschreiber auf dem Boden und Vengari trat umsichtig auf ihn drauf, bis er splitterte.

„Was machen wir jetzt?", fragte Vengari und liebäugelte mit den Treppen, die in die Kerker führten.

„Naja, ich dachte, wir gehen mal bei den beiden Nullrunden der Natur vorbei?"

Vengari sah sie erfreut an. „Ja... aber dazu brauchen wir noch ... Dinge..."

„Kein Problem", erwiderte ihre Verbündete und wuselte in Richtung einer Statue. „Stinky hat alles hergebracht, was wir benötigen." Mit diesen Worten zog sie zwei lange, schwarze Umhänge hinter der Figur hervor, warf einen davon Vengari zu und streifte sich dabei den zweiten über. Als in den Roben steckten und sich die weiten und langen Kapuzen über die Köpfe und bis tief ins Gesicht gezogen hatten, holte Viviane zwei Sensen hinter der Statue hervor und reichte eine davon ihrer Freundin. Dann schwebten sie in Richtung des Krankenflügels davon.

„Und siehe", intonierte Vengari dumpf unter der Kapuze hervor, „es wird kommen die Zeit, da die Toten auferstehen und auf Erden wandeln..."

„Ja", laberte Viviane weiter, „und an jenem Tage werden Ozonlöcher explodieren und zwei Wahnsinnige in schwarzen Mäntel werden durch ein mittelalterliches Schloss latschen, um dumme Kreaturen zum Schreien zu bringen..."

„Und zu jener Stunde werdet ihr wissen, dass das Ende nah ist und ihr solltet rutschen auf euren Knien, eure Sünden bereuen und uns all euer Geld geben, zusammen mit einer Verzichtserklärung für den Fall, dass die Welt doch nicht untergeht!", beendete Vengari das Mantra, sekundengleich mit dem Erreichen der Krankenstation.

Die beiden schielten sich unter ihren Kapuzen hervor an, Viviane zog ein Pergament hervor, nickte Vengari zu und diese stiess mit lautem Krach die Türen zum Reich Mdm Pomfreys auf. Die Krankenschwester sprang erschrocken und in Erwarten eines Notfalls von ihrem Stuhl auf und starrte dann überrascht auf die beiden Gestalten in der Todverkleidung und auf die blitzenden Sensen.

„Wer sind Sie? Was wollen Sie?", kreischte sie fassungslos.

Vengari winkte ihr mit einer Hand arrogant zu.

„Nur keine Panik, gute Frau", erklärte sie mit Grabesstimme. „Wir wollen nur kurz jemanden „besuchen"! Sie verstehen schon!"

Offensichtlich verstand die gute Frau nicht.

„Das ist unerhört! Was erlauben Sie sich? Sie werden in diesem Aufzug keinesfalls zu einem der Patienten gehen!"

„Aber, aber", beschwichtigte Viviane sie düster und rollte das Pergament aus. „Wir haben hier einen Beschluss des Gerichtes der Unterwelt. Die Schüler Crabbe und Goyle werden in die Totenwelt vorgeladen, wegen rücksichtslosen Verstössen gegen den menschlichen Intellekt, den guten Geschmack, die Ästhetik und die Rhetorik. Aus diesen Gründen sind wir hier - um die Beklagten abzuholen!"

Mdm Pomfrey schien für eine Sekunde sprachlos. Dann explodierte sie.

„WIE KÖNNEN SIE ES WAGEN? DIESEN GESCHMACKLOSEN SCHERZ WERDE ICH AUF DER STELLE DEM SCHULLEITER MELDEN! SIE KÖNNEN SICH AUF WAS GEFASST MACHEN! NEHMEN SIE AUF. DER. STELLE. IHRE KAPUZEN AB! ICH WILL SOFORT WISSEN, WER SIE SIND!"

„Sie dürfen uns „Engel des Todes" nennen!", gackerte Viviane, packte Vengaris Arm und gemeinsam rannten sie unter lautem Gekicher aus dem Krankenflügel.

Ein paar Flure weiter beschlossen sie, dass es an der Zeit war, endlich mal eine zu rauchen.

„Ich denke dieses, wie hieß es doch noch gleich... „Pflege magisch...er... Launen... der... Natur" dürfte vorbei sein."

„Ich befürchte es, Ven."

„Es ist doch zum Heulen, dass die es bei der Fülle an Räumen nicht auf die Reihe bekommen haben, eine anständige Raucher-Lounge einzurichten."

„...wie billig. Es wird uns nichts anderes übrig bleiben entweder in unseren eigenen Räumen oder auf dieser grottigen aber leeren Mädchentoilette unserem Lungenfrönen zu huldigen."

Mit einem angewiderten Gesichtsausdruck drückte Viviane ihre Zigarette in dem staubüberzogenen Waschbecken aus. Vengari tat es ihr gleich und schaute sie gelangweilt an.

„Auf zur nächsten lästige Gehirnwäsche namens Unterricht."

Schnell stellten sie ihre Schritte ein, als ein pummelig-erbärmliches Abbild eines Geistes mit lächerlichen Zöpfen aus der nahestehenden Toilette herausschwebte und interessiert ihre nervige Stimme an die jungen Frauen richtete.

„Ohh – wie schön! Ich habe Besuch. Ihr seit hier neu. Wo kommt ihr her? Wie heisst ihr? Ich bin Myrte. Die maulende Myrte!"

Kopfschüttelnd und eine aufkommende Genervtheit herunterschluckend sahen sie das Mädchen gelangweilt an und zogen es vor nicht zu antworten.

„Ihr seid aus Slytherin, richtig?"

„Hey Viv, sieh an wir haben es mit einem Schnellchecker zu tun."

Mit diesen Worten setzten die Frauen ihren Weg zum Ausgang der Toilette fort. Myrte ignorierte den Kommentar und schwebte neben den beiden her.

„Wir könnten Freunde sein", entgegnete sie aufgeregt und unruhig schwebend.

„WENN WIR FREUNDE BRAUCHEN, DANN KAUFEN WIR UNS WELCHE!", donnerte es über die Lippen der jetzt sichtlich genervten Slytherins. Myrtes Augen füllten sich augenblicklich mit Tränen und sie begann geräuschvoll zu wimmern.

„Merlin noch mal du bist so was von TOT! Also entferne dich schnellstens aus unserem Blickfeld, sonst kannst du dir einen Listenpunkt aus meinen 10 Lieblingsmethoden Wie-macht-man-einen-Geist-am-wirkvollsten-fertig aussuchen."

Das Wimmern wurde lauter und formte Worte die in ihrer Höhenlage in den Ohren schmerzten. „Mmööööhhhhh, keiner liebt mich!"

„Darauf kannst du dich verlassen, SCHÄTZCHEN!"

Vengari verdrehte die Augen und drängte sich zusammen mit Viviane durch die verwahrloste Türöffnung, während sich das lautstarke Wimmern akustisch in eine hintere Ecke verkroch.

„Jetzt fangen auch schon die Geister mit dieser lass-uns-Freunde-sein-Masche an. Dem nächsten der fragt, hexe ich die Kleider vom Leib, das sag ich dir."

Beide brachen in lautes Lachen aus, als sie durch die spärlich mit Licht durchfluteten Flure Richtung Eingangshalle gingen. Viv schob verheißungsvoll eine Augenbraue nach oben und warf der braunhaarigen Frau ein wohlgesetztes Grinsen zu.

„Für diesen Witz von einen Geist werden wir uns noch was überlegen!"

„Wie ich dich kenne schwebt dir schon was vor Augen."

„Mmhhh... später! Aber sag mal, was steht jetzt eigentlich auf dem Plan?"

„Keine Ahnung, irgendwas in Verbindung mit hirnrissiger körperlicher Züchtigung draussen."

„Oh... nein nicht schon wieder unter freien Himmel, diesmal kommen wir mit dem Ozonloch nicht mehr weg."

„Ich befürchte nicht. Wir werden sehen"

VORBEI!

Vengari: Dagegen!

Viv: Wogegen?

Vengari: Egal!

Viv?!?!?!?!?!?

g

Die Sonne hatte ihre Leuchtkraft, was nicht verwunderlich war nicht verloren. Die Stimmung der genervten Frauen kletterte noch tiefer in den Keller der Unannehmlichkeiten, als sie begriffen, was der nächste Unterricht, auf den Wiesenflächen von Hogwarts für sie bereit hielt. Eine sportliche kleine Frau, deren graue Haare wild in allen Himmelsrichtungen
stand, richtete ihre barsche Stimme an die versammelten Schüler.

"Ich begrüße sie zum Flugunterricht. Dies wird kein normaler Flugunterricht. Sie sind jetzt im Abschlußjahr und man kann durchaus annehmen, dass sie alle in der Lage sind den Flugbesen richtig zu benutzen. Hier werden wir lediglich etwas sportlich in Bewegung bleiben und einige schwierigere Flugmanöver üben."

"Ist das traurig." wendete sich Viviane mit gedämpfter Stimme an Vengari.

"Was ist traurig?"

"Diese Flugbesenpeinigerin hat derart stechende Augen mit einem riesigen Potential zum Todesblick und was macht sie? Grinst dämlich in der Weltgeschichte rum."

"Mmhh - was für eine Verschwendung!"

Der nächste unendlich erscheinende Schwall an Erklärungen seitens der Professorin nahmen die fehlplaziert erscheinenden jungen Frauen nicht mehr mit. Sie waren vielmehr damit beschäftigt die anwesenden Schüler abzuchecken, was ihnen bei ihrer kurzen Anwesenheit in der vorigen Stunde nicht recht gelang. Die Konstellation der Klassen hatte sich nicht geändert, sie wurden ebenfalls mit den Siebtklässlern von Ravenclaw zusammengesteckt.
Ihre Aufmerksamkeit richtete sich allerdings eher auf ihr eigenes Haus.

„Spielgefährten suchen Ven?"

Vengari nickte lediglich seufzend und hang förmlich mit den Augen an zwei Prachtexemplaren der Gattung Spielgefährten. Der schwarz- und der blondhaarige junge Mann nahm derweil schon Blickkontakt auf.

„Ja. Aber meide den Blick zu dieser weiblichen Bulldogge. Nicht das die wieder mit dem Freunde-werden-Quatsch anfängt, sonst müsste ich ihr wohl oder übel die Kleider vom Leib hexen. Ich habe im Moment kein Verlangen nach spontanem Erbrechen des Frühstückes."

Das aufflammende Lachen wurde durch eine Aufforderung von Madam Hooch erstickt.

„Soweit zu den Regeln der Übung, sie werden sich jetzt zu Vierergruppen zusammenfinden und zu den bereitliegenden Besen gehen. Hopp-Hopp wir haben nicht ewig Zeit."

„WIE? Wir sollen auf diese Dinger steigen und fliegen?"

„J-a! Guten Morgen Ven! Das hier ist ein Flugunterricht.", schnappte ihr Viviane monoton entgegen.

„Mit dem Scheiß brech ich mir noch alle Fingernägel ab, das können die knicken. Das ist soooooo primitiv!"

„Ich weiß!"

„Wozu gibt es die Apparation?"

„Ich weiß!"

„Ich will meine fliegende Kutsche!"

„ICH WEIIIII-IIISS! Und jetzt krieg´ dich wieder ein, sonst sind die besten Jungs für die Teamarbeit weg! Wie alt sind die eigentlich alle?"

„Die dürften jetzt fast alle 18 sein. Also keine Sorge." Mit diesem ausgesprochenen Gedanken lockerte sich Vengaris Verspannung ein wenig. Doch bevor sie über die Aussicht auf lebensgroße männliche Wärmflaschen für kalte Hogwartsnächte weiter diskutieren konnten, standen bereits zwei Frauenträume ihres Hauses vor ihnen. Der blonde junge Mann, dessen perlmutt-schimmernde Haare ein perfektes Gesicht umrahmte, welches einer von Künsterhand erschaffener Statur glich, fixierte seinen Blick auf Viviane. Seine eisgrauen Augen versprachen die gesamte Spannweite des Slytherinkönnens.

„Ladies, kann ich euch zur Teamarbeit überzeugen?"

„Bereits geschehen." grinste Viviane, während ihre braunhaarige Freundin plötzlich eine wohlgesetzte Kühle auflegte und Zabini, der neben Draco stand, kurzgefasst zunickte.

„Im übrigen bin ich Draco Malfoy und ihr dürftet Viviane und Vengari sein, als Slytherinkopf bin ich selbstverständlich im Bild."

Er unterstrich seine Antwort mit einem lässigen Schwenker aus dem Handgelenk, bevor sich beide Jungs umdrehten und zu den Besen begaben. Viviane hob eine Augenbraue und wünschte sich insgeheim, dass Draco in diesem Moment seine Freundschaft anbot, damit Vengari ihr Wort halten konnte und ihm die Klamotten vom Leib hexte.

„Sag mal Ven, was soll den die plötzliche Kühle gegenüber Blaise todbringender-Herr-der-lustvollen-Ekstase Zabini?" flüsterte Viviane während sie leichtfüssig hinter ihren neuen Teammitstreitern her schritten.

„Das wäre unter meiner Würde, mich sofort an seinen Hals zu schmeißen. Der soll sich unter keinen Umständen schon jetzt in Sicherheit wiegen."

„Wir haben noch ein anderes Problem. Besenreiten!"

„Nicht mehr lange, Süße! Ich würde vorschlagen: Qualitätstest."

„Qualitätstest!" nickte Viviane.

Die komplette Schülerschaft hatte sich in Gruppen auf der Trainingswiese verteilt, um mit den Flugmanövern zu beginnen, über dessen Sinn und Ausführung die beiden Frauen keinen Schimmer hatten, da ihre Aufmerksamkeit während der Erklärung von Madam Hooch in anderen Sphären lag. Sie drapierten sich gekonnt selbstbewußt hinter den am Boden liegenden veralteten Flugobjekten und grinsten sich flüchtig zu. Mit einem entschlossenen Blick griffen sie gleichzeitig nach den holzigen Dingern ihres Horrors, schwangen sie gekonnt in der Horizontalen nach oben, um sie daraufhin auf ihre hochgezogenen Knie schnellen zu lassen. Mit einen ohrenbetäubenden Krachen splitterten beide Besen enzwei und lösten bei den Slytherindamen ein gespielt ungläubiges Kopfschütteln aus.

Es bedurfte nur wenige Sekunden bevor eine wutschnaubende Madam Hooch vor ihnen stand und ihre Hände provokativ in die Hüften stützte. Eine plötzliche Stille legte sich über die Schüler, während Draco und Blaise die beiden Frauen mit einem dennoch anerkennenden ihr-seid-am-Arsch-Blick würdigten.

„WAS, MEINE DAMEN, HAT DAS ZU BEDEUTEN?" Die barsche Stimme ließ einige Zartbesaitete zusammenzucken, während Vengari nur unschuldig die Schultern hob.

„Das war ein Qualitätstest."

„EIN WAS?"

„Ein Qualitätstest.", lenkte Viviane ein.

„Das haben wir in Durmstrang gelernt. Bevor man einen Besen besteigt muss man ihn auf seine Sicherheit prüfen. Das war der Basistest."

Vengari nickt heftig zustimmend und konnte sich gerade noch ein Grinsen verkneifen, während ihr Freundin unschuldig fortfuhr.

„Machen sie das auf Hogwarts etwa nicht? Das kann gefährlich sein, wenn das was passiert und..."

Madam Hooch brachte sie mit einer schnellen Geste zum Schweigen, kurz bevor sich zu aller Erstaunen Blaise einmischte.

„Stimmt von den strengen Sicherheitskontrollen auf Durmstrang habe ich schon gehört."

„Wenn sie meinen, dann sehen sie zu, wie sie zu viert mit zwei Besen klarkommen." Kopfschüttelnd wand sich die Trainerin ab und murmelte etwas von „Folgen" und „nicht ungeschoren". Worte die geflissentlich von den Frauen ignoriert wurden. Sie wendeten sich mit einem vielversprechenden Blick zu den beiden Männern.

„Ja meine Herren, dann müssen wir uns wohl oder übel an euren Körpern schmiegen, während ihr uns mitfliegen lasst."

Es war unumstritten zweideutige Freude, die sich auf den Gesichtern der Männer widerspiegelte. Ein Zeichen, dass die Frauen zu der Überzeugung trieb, dass diese Unterrichtsstunde noch interessant zu werden schien.

„Irgendwie fehlt diesem Tag noch der richtige Aufhänger, findest du nicht?", fragte Viviane leicht beunruhigt.

„Ja", nickte Vengari, „er war bisher doch ein wenig... langweilig."

„Gewöhnlich", bestätigte Viviane.

„Hey", freute sich ihre Freundin, „wir haben jetzt Zaubertränke, bei Professor ich-habe-keinerlei-Humor-von-dem-ich-wüsste Snape!"

„Hui", machte Viviane begeistert, „erst zwei Stunden dieser Stimme lauschen und dann auch noch einen Abend privaten und erlauchten Zusammenseins? Gut, er nennt es Strafarbeit, aber hey, du und ich wissen, was da hinter dieser entzückend streitlustigen Stirn abgeht!"

„Definitiv", grinste Vengari. „Und da wir eh schon eine Strafarbeit bei ihm haben, müssen wir heute im Unterricht nicht auf nett machen. Das lässt eine Menge Spielraum."

Mit diesen und ähnlichen positiven Gedanken bestückt, machten sich die beiden Frauen auf zum Klassenzimmer für Zaubertränke. Sie waren unter den letzten die den Raum erreichten, da allgemein bekannt war, dass Snape nichts mehr hasste als Unpünktlichkeit (ausser vielleicht Schüler, Kollegen und das Leben an sich). Die hintersten Bänke waren belegt, was aber nicht zwingend bedeutete, das die beiden dort keinen Platz mehr fanden.

„Hey du", sagte Vengari in Ausübung des bösen Blicks zu einem Mädchen, die sich mit ihrer Freundin auf der linken Seite des Klassenzimmers in der hintersten Bank verkrochen hatte. „Schieb ab!"

Das Mädchen sah stirnrunzelnd zu ihr auf und war gerade dabei etwas zu erwidern, als Viviane beiläufig meinte: „Duhu, Ven? Hast du schon gehört, dass der Cruciatus demnächst legalisiert werden soll?"

Vengari nickte zustimmend und liess ihren Zauberstab elegant durch die Finger springen.

In Windeseile verzogen sich die beiden Mädchen in eine der vorderen Bänke und die zwei Frauen liessen sich grinsend auf den Stühlen nieder.

„Sind alle Gryffindors so bescheuert?", moserte Viviane. „Das war viel zu einfach! Langweilig! Die gönnen einem einfach keinen Spass!"

„Du willst Spass?", lächelte Vengari, sah nach vorne und hob eine Braue. Viviane folgte ihrem Blick, gerade rechtzeitig um den Auftritt von Serverus-ich-lieg-dir-zu-Füssen-Snape mitzuverfolgen.

„Rrrrrrrrrrrrrr", schnurrte Viviane. „Vorschläge? Kommentare?"

Vengari sah ihre schwarzhaarige Freundin beruhigend an. „Nur nichts überstürzen, Viv! Wir wollen ihn doch nicht vor der ganzen Klasse bloßstellen!"

Viviane grinste. „Nein, das wollen wir nicht. Wir wollen ihn in einem einsamen dunklen Zimmer bloßstellen."

„Ganz genau... was glaubst du... schwarz?"

„Würde mich überraschen, wenn es nicht so wäre."

„Ich tippe auf dunkelgrau..."

„Ist nicht dein Ernst!"

„Ich würd ja brüllen, wenn sie weiss wären!"

„Das fiele dann unter „Augenkrebs"!"

„Aber das es Shorts sind, darin sind wir uns ja einig, oder?"

„Auf jeden Fall!"

„Bliebe nur noch die Probe aufs Exempel."

Viviane strahlte und flötete: „Strafarbeit!"

Professor Snape schien (wie überraschend) ausgesprochen schlechter Stimmung zu sein. Er fegte durch den Raum hinüber zu seinem Pult, wo er einen dicken Ordner niederklatschen liess. Das scharfe Geräusch liess die Schüler in furchtsames Schweigen verfallen. Alle Schüler? Nicht ganz!

In der hintersten Reihe links brachen gerade in diesem Augenblick zwei junge Frauen in halbhysterisches Lachen aus und gaben sich High-five.

„Ms Alias, Ms Gauloises, ich finde es sehr positiv, dass Sie beide sich derartig auf meinen Unterricht zu freuen scheinen! Ich schliesse daraus, dass Sie beide interessierte Trankbrauer sind. Wie wäre es, wenn Sie mich und die Klasse an Ihren Kenntnissen teilhaben lassen?"

Snape erwartete jetzt wahrscheinlich eine Entschuldigung oder ähnliches, statt dessen standen die beiden Frauen mit beglückten Gesichtern auf und stolzierten nach vorne, an einem leicht verwirrten Professor Snape vorbei und stellte sich hinter seinem Pult zur Klasse hin auf. Viviane holte komplett unzusammenhängend Trankzutaten aus einem Schrank, während Vengari großspurig das Lehrbuch aufschlug und – nachdem sie die Augen geschlossen hatte - willkürlich auf einen Trank tippte.

„Also", meinte sie dann vollkommen selbstverständlich, „heute mischen wir einen...", sie beugte sich näher an das Buch, „Verschwindezauber! COOL! Ob man damit auch leichtfertig hinterlassene Beweise verschwinden lassen kann?"

Viviane nickte freudig erregt und liess dann einen wahren Regen von Zutaten auf den Tisch niederprasseln, die sie in ihren Armen getragen hatte. Vengari besah sich das Durcheinander und schaute dann zu Viviane.

„Was davon brauchen wir?"

„Kein Schimmer, ich dachte wir experimentieren ein wenig?"

„Au ja!"

Snape schien die Situation ein wenig zu entgleiten. Die versammelten Schüler aus Gryffindor und Slytherin sahen ihn zögernd an, schlugen dann aber ebenfalls ihre Bücher auf und holten sich Zutaten aus den Schränken.

Währenddessen begannen die beiden Verrückten vorne, wild die verschiedensten Sachen in einen Kessel zu werfen.

„Hey, Ven, vielleicht sollten wir vorher Wasser in den Kessel tun?"

„Denkst du? Als nächstes willst du noch Feuer unter dem Teil machen?"

Viviane bekam glücklich glänzende Augen. „Feuer! Geile Idee!" Sie packte ihren Stab und murmelte einen Feuerzauber, der sofort auf den Kessel zuschoss und die darin liegenden Utensilien in einen stinkenden Haufen Schlacke verwandelte.

„Nein, Viv! Ich dachte eher UNTER dem Kessel!"

„Ach so – na schön..."

Mittlerweile machte ein allgemeines Grinsen die Runde, welches dem offensichtlichen Unvermögen der beiden Frauen und ihrem trotzdem ungebrochenen Eifer galt, nur unterbrochen von einem grimmig schauenden Snape. Doch selbst er – der unbestrittene Master of Potions – war in diesem Moment nicht in der Lage der Begeisterung der Frauen Einhalt zu gebieten, wollte er sich nicht vollkommen zum Trottel machen. Immerhin hatte er sie nach vorn geschickt und es war nicht seine Art, eine einmal getroffene Entscheidung zu revidieren, geschweige denn die Möglichkeit zu verpassen, Schüler zu blamieren. Auch wenn sich die beiden offensichtlich nicht das Geringste daraus machten, ihre Unfähigkeit vorzuführen. Im Gegenteil, es schien ihnen sogar äussersten Spass zu machen, was Snape vollkommen irritierte.

„WASSER MARSCH", brüllte Vengari in dieser Sekunde und Viviane schüttete aus einem gewaltigen Eimer Wasser in den Kessel, der prompt überlief.

„Mayday, Mayday", kreischte Viviane und machte sich daran, die auf dem Wasser schwimmenden Kräuter aus dem Chaos zu retten. Als sie diese in der Hand hielt, sah sie Vengari an, welche traurig den Kopf schüttelte. „Sorry, Doc, ich schätze der Patient ist nicht mehr zu retten!" Damit klatschte sie die triefnassen Kräuter in den nächsten Mülleimer und holte neue aus dem Schrank.

Das war dann doch zuviel für Snape, dessen Herz bei der haarsträubenden Verschwendung der wertvollen Zutaten sichtbar blutete. „SIE BEIDE! VERSCHWINDEN SIE WIEDER AUF IHRE PLÄTZE!"

Enttäuscht sahen ihn die beiden an.

„Wie jetzt?", murrte Viviane.

„Ja", schniefte Vengari, „wir hatten doch noch nicht mal richtig angefangen!"

„Dafür bin ich mehr als dankbar", knurrte der Professor und stürmte zurück hinter seinen Tisch, um dort das Schlimmste mit einem eleganten Schlenker seines Stabes (des Zauberstabs, ihr Ferkel) zu bereinigen.

Viviane und Vengari setzten sich grinsend auf ihre Stühle, während sich der Rest der Klasse eindringlich fragte, wieso Snape den zwei keine Punkte abzog oder Strafarbeiten aufhalste, wie er es bei jedem anderen, der so eine Schweinerei auf seinem Lehrpult fabrizierte, gemacht hätte.

„Auserwähltes Zielobjekt in Rage versetz", fasste Vengari die Quintessenz zusammen und Viviane ergänzte: „Hoffen intensivst heute abend die Quittung zu erhalten!"

„Wir müssen gleich zur Strafarbeit, Schätzchen!" schrie Vengari vom Ankleideraum herüber zu Viviane, die sich auf das dunkelgrüne Sofa vor dem Kamin niedergelassen hatte. Ihre nahezu schwarzen Augen bekamen ein aufflammendes Funkeln.

„Der einzige Lichtblick des ganzen Tages."

„Du sagst es."

„Warum tun wir uns das eigentlich an – Stundenpläne – dämliche Professoren – und hast du schon mal die Schulordnung überflogen... pppffff... alles dreiste Spielverderber hier!"

Vengari musste tief bis zum Grund ihrer Lungen durchatmen, um nicht gleich aus der Haut zu fahren. Betont langsam machte sie die Tür des Ankleidezimmers auf und richtete einen gekonnt kühlen Blick, auf die schwarzhaarige Frau, der weit unter dem Gefrierpunkt schwamm. Diese lag bereits spielerisch auf dem Sofa, den Kopf nach vorn über den Rand gelehnt und die Beine über die Rückenlehne drapiert. Ihre glänzend langen Haare breiteten sich wie eine dunkle Flut über den Boden aus. Sie bemerkte die genervten Gesichtszüge von Vengari und legte ein dementsprechend gleichwertigen Ausdruck auf.

„Du fragst warum? Ich erwähne da nur mal die Präsenz von einem etwaigen Professor-du-kannst-mich-jederzeit-haben-Snape oder soll ich dir zum tausendsten Mal den Begriff GLOBALE MACHTERGREIFUNG INS GEDÄCHNIS RUFEN?"

„NEIN!"

„Geht doch!"

„DU MICH AUCH!"

Mit den letzten Worten brachte sich Viviane zurück in eine sitzende Position, schlug die Beine übereinander und griff zu den bereitgelegten Zigaretten. Ein breites Lächeln, zweifelsohne keines harmlosen Ursprunges legte sich über ihre mondblasse Haut, bevor sie ihren nächsten Gedanken aussprach.

„Wie ich dich kenne hast du schon eine Farbe bezüglich der Kleidung für die bevorstehende Strafarbeit gewählt?"

„Selbstverständlich!"

„Lass mich raten! Rot?"

„Jepp!"

„Allein das wird ihn den letzten Nerv kosten!"

„Ich weiss, und ich freu mich schon."

„Na dann...

„... wollen wir uns mal gekonnt bestrafen lassen."

Viviane erhob sich und verschwand mit einem tiefen Gefühl der Vorfreude nach Vengari im Ankleidezimmer.

Laut hallten Schritte durch die nackten Flure der Kerker. Unruhig huschten, wie von einer bösen Kraft verfolgt, die Schatten zweier Figuren über die unregelmässigen Steinwände. Die jungen Frauen, gehüllt in ihre langen dunkelgrauen Schulumhängen, welche bis unter den Hals geschlossen waren, kamen für der Tür von Snapes Büro zum stehen. Etwas aus der Puste, vom schnellen Gang richteten sie ihre tiefe Falten schlagende Roben und gaben sich einen vielversprechenden Blick.

„Wow, Ven, wir sind ja regelrecht pünktlich!"

„Das gibt Pluspunkte in der B-Note!"

„Als wenn wir das nötig hätten."

Mit einem letzten Blick auf Vivianes Erscheinung klopfte Vengari an die schwere Holztür und drückte beinahe zeitgleich die kühle Türklinke herunter. Zügig betraten sie das nachlässig beleuchtete Büro, während sie ihre Augen, suchend nach dem Objekt dunkler Phantasien, durch den Raum schweifen liessen. Schnell wurden sie akustisch auf seine Anwesenheit aufmerksam.

„WAS HABE ICH IHNEN BEREITS GESTERN, ÜBER DAS BETRETEN FREMDER BÜROS ERKLÄRT?"

Noch bevor Vengari antworten konnte, richtete Viviane ihr Wort an sie: „Bei den Eiern aller göttlichen Vertreter dieser Welt, diese Stimme allein kann einen schon in das höchste sinnliche Delirium treiben. Ich sag nur 10, glatte 10!" Grinsend versuchte sich Vengari auf Snape zu konzentrieren.

„Einen wunderschönen guten Abend Professor! Und was meinen Sie, wir haben doch angeklopft. Des weiteren ist es Punkt 20.00 Uhr und wir drei Hübschen haben ein Date!"

Zähneknirschend erhob sich Snape hinter seinem, von Akten überhäuften Schreibtisch und spießte die jungen Frauen mit seinen Blicken förmlich auf. Er stützte sich theatralisch auf der Tischoberfläche ab und beugte sich näher zu seinen anfixierten Objekten vor, während seine Stirnfalte immense Tiefen annahm.

„Erstens wartet man auf eine Antwort, bevor man in einen Raum stürmt und ZWEITENS... IST... DAS... KEINESFALLS... EIN... DATE!... SIE SIND NICHT ZUM VERGNÜGEN HIER!"

Mit den letzten ausgespienen Worten richtete er sich wieder auf, trat geräuschlos hinter seinem Arbeitsplatz vor und verschränkte seine langen Arme autoritär vor der Brust, ohne die Frauen auch nur für einen Wimpernschlag aus den Augen zu verlieren.

„Wer sagt denn hier, das es kein Vergnügen werden könnte?"

„Ganz deiner Meinung, Viv! Übrigens hast du schon diese männlich betont aufrechte Haltung bemerkt? Beeindruckend sexy!"

„Ich bin nicht blind, Süsse. Vor derart ästhetischen Augenweiden verschliesst sich mein Blick doch nicht!"

„Das bringt mich zum spontanen Erhöhen unserer Lecka-Skala. Ladys... and... Gentlemans... das hier ist eine glatte 15!"

„Mmmmhhh... ob er in allen Lebenslagen so aufrecht und standhaft ist?"

„RUHE!"

Snape versuchte seine auflodernde Wut herunter zu schlucken. Worte zur Dezimierung der Hauspunkte kitzelten ihn förmlich auf der Zunge. Doch er hatte kein Verlangen seinem eigenen Haus zu schaden. Sollte er jetzt schon mit etwaigen Maßnahmen beginnen, würde der Punktestand der Slytherins am Ende des Abends ein vierstelliges Minustief erlangen.

„Noch ein Wort und ich vergesse jegliche Professor – Schüler – Autorität!"

„Das klingt doch vielversprechend!" bemerkte Viv in einem mindestens ebenbürtigen Augenbraunenanheben, wie der mittlerweile ausser sich wirkende Professor.

„Mir ist es schleierhaft, warum sie bei diesen Temperaturen ihre Wintermäntel tragen! ALSO LEGEN SIE DIESE AUGENBLICKLICH AB UND BEGEBEN SIE SICH AN DIE ARBEIT! Dahinten warten unzählige Tränkeutensilien, die sauber gemacht werden müssen!", entgegnete er, die letzte Anwort seiner Schülerin ignorierend, dabei durchschnitt sein rechter Arm blitzschnell die vor Anspannung angereicherte Luft. Sein Zeigefinger deutete starr auf die andere Seite seines Büros.

„AUF WAS WARTEN SIE? ES HANDELTE SICH KEINESFALLS UM EINE BITTE!"

Mit wehender Robe drehte er sich zurück zu seinem Schreibtisch, während Vengari und Viviane die Knöpfe ihrer Mäntel genüsslich öffneten. Ein breites Grinsen legte sich auf die Gesichter der beiden Frauen, als das dunkle Material, wie eine seidige Berührung von ihren Schultern glitt und geräuschvoll auf dem Boden landete. Snape nahm erneut hinter seinem Schreibtisch Platz und wunderte sich, warum er noch immer keine Schritte zur anderen Seite des Raumes hörte. Ein intensives Aroma eines süßlich-frischen Parfüms kitzelte seine sensiblen Geruchssinne. Als er seinen Blick ein weiteres Mal erhob, weiteten sich seine dunklen Augen in Unglauben, während sie eine Mischung aus Schock, Wut und ergreifendem Interesse widerspiegelten.

Ein Hauch von feiner Spitze in den Farben Rot und Schwarz stach ihm entgegen. Die zarte Unterwäsche der Frauen setze ihre weiblichen Formen in einem so vollendeten Perfektionismus in Szene, das es jedem Funken Leben in diesem Büro den Atem verschlug. Lediglich bekleidet mit BH und Slip in minimaler Ausführung traten sie einige Schritte näher. Die unruhig flackernden Flammen der wenigen Lichtquellen legten dezente Schatten auf ihre freie Haut, umspielte sie sinnlich und liess ihre seidige Oberfläche blass-golden schimmern. Lasziv strich Vengari ihrer Verbündeten die langen glatten Haar zurück über die Schulter und zog verspielt am Träger des schwarzen BH´s von Viv, während sie ihre Aufmerksamkeit erneut auf die sprachlose Gestalt richtete.

„Meinen sie nicht, Professor, wir könnten diese undankbare Arbeit für´s Erste ruhen lassen und uns auf erfreulichere Dinge konzentrieren?"

Es benötigte einige Momente, bevor sich die männliche Gestalt sammelte und weitere Worte erzeugen konnte.

„SIE BEIDE! ZIEHEN AUGENBLICKLICH IHRE MÄNTEL WIEDER AN UND VERSCHWINDEN AUS MEINEM BÜRO! ICH ERWARTE SIE ZU WEITEREN STRAFARBEITEN AM FREITAG UM DIE SELBE ZEIT! UND JETZT RAUS!"

Triumphierend lächelnd griffen die jungen Frauen nach ihren Kleidungsstücken und machten sich zügig auf den Weg zum Ausgang des Büros.

„UND ICH ERWARTE SIE MIT WEITAUS MEHR ALS 30 GRAMM STOFFMATERIAL AM KÖRPER! DAMIT ICH MICH VERSTÄNDLICH AUSGEDRÜCKT HABE!"

Kaum noch ein Lachen unterdrückend schlossen sie die schwere Holztür hinter sich. Ihre Gesichtsausdrücke widerspiegelten einen deutlichen Etappensieg. Noch leise vernahmen sie unsittliche Kraftausdrücke aus dem Raum des Tränkemeisters.

„Als wenn wir nicht schon unnötigerweise mehr als 30 Gramm am Körper hätten. Hat der eigentlich eine leise Ahnung wie schwer diese verfuckten Schulschuhe sind?"

Lachend erhoben sie ihre Hände und klatschten triumphierend ein, bevor sie die Mäntel um ihre Körper warfen und sich zügig zurück zu den Slytherin-Schlafräumen bewegten.

Nur spärlich wurde der große Schlafraum mit Licht durchflute, als es sich Vengari in den weißen Fluten des überdimensionalen Bettes gemütlich gemacht hatte. Nur gedämpft durch die massive Holztür hörte sie Viviane im Kaminzimmer schreien.

„STINKY! BEI FUSS!"

Die braunhaarige Frau im Bett richtete sich lächelnd auf, als sich die Tür ihres Schlafzimmers öffnete. Viviane, bereits bekleidet in einem langen schwarzen Negligé machte sich in geschmeidigen Bewegungen in Richtung des Bettes auf.

„Rück n Stück!"

„Wie könnte ich nicht, bei dieser bezaubernd höflich gestellten Frage!", zischte Vengari, die Augen zu Schlitzen verengt, der schwarzhaarigen Frau entgegen. Kaum hatte es sich Viviane ebenfalls im Bett bequem gemacht, stand die verschreckte Stinky am Bettrand und hielt den beiden Frauen ein Tablett mit Getränken entgegen.

„Stinky bringt ihnen ihre Getränke, meine Herrin der Bosheit!"

Viviane erhob eine Augenbraue und blickte stumm zu ihrem Hauselfen herunter, während sie die beiden Gläser entgegen nahm. Kurz nachdem sie das glatte Material der Gläser in ihrer Hand fühlte, donnerte ihre Stimme auch schon an den Steinwänden wider.

„TÜR ZU! – VON AUSSEN! – SOFORT!"

Das kleine Geschöpf macht auf der Stelle Kehrt und verschwand in Windeseile aus dem stechenden Blickfeld. Viviane reichte ihrer Bettnachbarin breit grinsend ein Glas.

„So meine Liebe, lass uns den Tag kurz zelebrieren und ein Resümee ziehen."

„Unser Maskottchen der blutige Baron?"

„Zuckerschnute und Langzeitopfer."

„Hagrid?"

„Oberscheisse und vergiftigungswürdig."

„Myrte, das heulende Schreckgespenst?"

„So was von fällig!"

„Das Frankreich-Mädchen?"

Vivianes Augen blitzten leicht irre.

„Testperson Nr. 1!"

„Severus-anbetungswürdige-Nachtgestalt-der-Kerker-Snape?"

„Leckkkkaaaaaaa..." kam beiden Frauen gleichzeitig, wie aus Kanonen geschossen über die Lippen, worauf sie sich vielsagend zuprosteten.

... to be continued ...

21