Titel: Enjoy the Silence
Autor: Zanna
Disclaimer: siehe Kapitel 1
Betadank: Laren 'knuddel'
Kommentar: So, hab doch gesagt es dauert nicht so lange diesmal. Zum Trost das es jetzt zwei Wochen lang nix gab gibts dafür jetzt zwei Kapitel diese Woche. Viel Spaß dabei!
Kapitel 17
Heero POV
Ich starrte die beiden Männer leicht verblüfft an. Für den Moment überdeckte die Verwirrung meine Wut, die ich auf diese beiden hatte. Rebellen?
„Rebellen?" wiederholte ich meinen Gedanken.
Treize nickte enthusiastisch.
„Rebellen wovon?" warf Wufei von der anderen Seite sarkastisch ein.
„Was meinst du?" fragte Treize verwirrt und drehte seinen Kopf in Wufeis Richtung.
„Na wogegen rebelliert ihr hier? Und warum war es dafür nötig uns zu entführen?" Wufei verschränkte seine Arme vor der Brust und sah den rothaarigen Mann herausfordernd an.
Treize öffnete den Mund um zu antworten, doch Zechs kam ihm zuvor. „Wir haben euch nicht entführt!" rief er empört und stand von seinem Sessel auf.
„Für mich sieht es aber so aus. Heero und ich sind ganz sicherlich nicht freiwillig hier."
„Ach ja? Soweit ich mich erinnere hat euch niemand gezwungen unser Schiff zu betreten," sagte Treize mit einem arroganten Heben der Augenbraue.
„Und euch hat niemand gezwungen uns hier einzusperren," fauchte Wufei zurück und starrte den rothaarigen Mann wütend an.
„Lasst uns wieder gehen," knurrte ich. Meine Wut war inzwischen wieder zurückgekehrt. Mir war völlig egal was diese beiden mit 'Rebellen' meinten. Sie hielten mich von Duo fern. Und ich würde alles tun, um das zu ändern.
„Das werden wir nicht," sagte Zechs bestimmt und setzte sich wieder in seinen Sessel.
„Warum nicht?"
Zechs seufzte. „Ich weiß, es muß wirklich sehr erschreckend für euch sein, so plötzlich frei zu sein. Es braucht eine Menge Gewöhnung, aber glaubt mir, ihr werdet uns irgendwann dafür dankbar sein, das wir euch aus der Sklaverei befreit haben!"
„Wir sind keine Sklaven," sagte ich.
„Das denkt ihr vielleicht," konterte Zechs, „aber das ist nur Selbsttäuschung. Egal wie gut euch euer Herr auch behandelt, ihr seid nichts anderes als Sklaven."
„Wir sind keine Sklaven," wiederholte ich und warf Wufei einen irritierten Blick zu. Warum half er mir eigentlich nicht? Aber Wufei schien völlig in ein Blickduell mit Treize vertieft zu sein; die beiden starrten sich einfach nur stumm an, keiner von ihnen schien als erster den Blick senken zu wollen. Aus der Richtung würde ich wohl keine Hilfe erwarten können.
Zechs schüttelte nur den Kopf. „Du wirst es schon noch irgendwann einsehen."
Ich knurrte wütend auf. „Ich habe gesagt, wir sind keine Sklaven, und das ist die Wahrheit. Wir wollen zurück auf unser Schiff, zurück zu unseren Freunden. Sie machen sich bestimmt schon Sorgen um uns."
Doch Zechs schüttelte nur weiterhin den Kopf, wandte sich von mir ab und sah stur auf seine Anzeigen hinab.
„Verdammt nochmal Wufei!" rief ich.
Wufei zuckte zusammen und sah erschreckt zu mir herüber. „Was ist?"
„Er will mir einfach nicht glauben!" Ich deutete aufgebracht in Zechs Richtung.
„Es ist egal ob sie uns glauben oder nicht," antwortete Wufei. „Wie müssen jetzt nur warten, bis Wing uns gefunden hat, dann können wir hier abhauen!"
Ich nickte Wufei zu und ging mit ein paar schnellen Schritten auf Zechs und die Anzeigenkonsole zu. Wufei warf Treize einen drohenden Blick zu, dann drückte er sich an ihm vorbei und trat neben mich. Gemeinsam beugten wir uns über die Anzeigen und ignorierten Zechs Proteste einfach.
„Hier, das ist Wing," sagte ich und zeigte auf den kleinen blinkenden Punkt, der sich unserer Position näherte.
„Und das hier sind wir?" fragte Wufei und zeigte auf den stillstehenden Punkt.
Ich nickte. „Ja. Sie haben das Schiff hier zwischen den Asteroiden versteckt. Aber das dürfte kein Problem sein. Wing wird uns finden."
„Wir haben euch doch schon erklärt, das die KI von J's Schiff uns nicht orten kann," warf Treize ein.
Wufei und ich ignorierten ihn einfach. Beide beobachteten wir den kleinen Punkt, der Wing darstellte. Wing und Duo und die anderen. Der Punkt näherte sich unserer Position, doch statt uns direkt anzufliegen hielt er ein Stück vor dem Asteroidenfeld an. Nach einer Weile setzte er sich wieder in Bewegung.
„Was machen sie denn da?" fragte Wufei. „Sie fliegen in die falsche Richtung!"
Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Wings Flugbahn nach zu schließen flog sie eine Standardsuche. Aber warum tat sie das? Es hätte ihr doch ein leichtes sein müssen, uns zu finden, selbst zwischen den Asteroiden versteckt!
„Ich verstehe es nicht," antwortete ich kopfschüttelnd.
Treize seufzte tief auf und schob uns beiseite. „Wir haben es euch doch schon gesagt. Wir haben keine KI, und ohne KI können wir nicht geortet werden."
„Was meinst du damit?" fragte Wufei und starrte ihn an.
„Habt ihr überhaupt eine Ahnung, wie sich die Schiffe der OZ normalerweise orten?" fragte der Rothaarige und zog erneut eine arrogante Augenbraue hoch.
Wufei und ich schüttelten beide gleichzeitig den Kopf.
„Normalerweise wenn zwei Schiffe aufeinander treffen, dann nehmen die beiden KI's dieser Schiffe miteinander Kontakt auf und tauschen Informationen aus," erklärte Treize. „Zum Beispiel wem das Schiff gehört und wer gerade an Bord ist. Und auf genau diese Art und Weise orten sich die Schiffe auch gegenseitig. Sie strecken sozusagen die Fühler nach einer anderen KI aus, und wenn sie eine spüren, dann wissen sie auch genau, wo sie sich befindet. Aber wenn es keine KI gibt, dann können sie auch nichts spüren. Und wenn wir auch alle anderen Energiequellen so niedrig wie möglich halten, dann können wir auch sonst nicht geortet werden. Es ist perfekt. J wird euch niemals finden. Ihr seid in Sicherheit. Ihr könnt uns später dafür danken."
Wufei und ich starrten uns erschrocken an. Wenn Wing uns nicht orten konnte, dann würden uns die anderen niemals wiederfinden.
„Verdammt, ich habe doch schon gesagt, das ist nicht J dort drüben! Das sind unsere Freunde auf dem Schiff!" rief ich in einem weiteren Versuch unsere beiden Entführer zu überzeugen.
„Lügen ist zwecklos. Wir haben zwar keine KI, aber wir haben eine Methode entwickelt dennoch die Kennung eines Schiffes zu erfahren," antwortete Treize. „Und die Kennung dieses Schiffes dort draußen sagt eindeutig aus, das es J gehört."
„Das ist nicht J's Schiff!" knurrte ich. „Wing gehört mir!"
„Wing?" warf Zechs ein.
„Das ist der Name unseres Schiffes," antwortete Wufei.
„Euer Schiff hat einen Namen?" fragte Treize verwundert, während Zechs gleichzeitig, „Wieso sind wir eigentlich nicht auf die Idee gekommen unserem Schiff einen Namen zu geben?" rief.
„Natürlich hat Wing einen Namen," sagte Wufei.
„Aber warum?" fragte Treize.
„Na wie sollen wir sie denn sonst ansprechen? Es ist ganz schön schwer sich mit jemandem zu unterhalten der keinen Namen hat, oder?" antwortete Wufei sarkastisch.
„Ihr unterhaltet euch mit eurem Schiff?" fragte Zechs mit großen Augen.
Wufei warf ihm einen irritierten Blick zu. „Natürlich. Sollten wir etwa nicht?"
„Sie wissen es nicht," raunte ich Wufei zu.
„Wir wissen was nicht?" fragte Treize, dessen Gehör offenbar besser war als ich vermutet hatte. In der nächsten Sekunde schimpfte ich mich auch schon innerlich aus. Natürlich, in den letzten Wochen hatte ich nur mit Menschen von der Erde zu tun gehabt, deren Gehör bei weitem nicht so gut ausgeprägt war wie das von mir – und auch Treize und Zechs. Wir drei waren immerhin von den OZ genetisch verbessert worden.
„Wing – das ist unsere KI – kann sprechen," antwortete ich auf Treizes Frage.
„Eure KI kann sprechen?" fragte Zechs ungläubig. „Was soll das? Wieso erzählt ihr uns hier irgendwelche Märchen? Ich hab noch nie gehört, das eine KI sprechen könnte."
„Nun, offenbar ist es etwas das die OZ ihren Sklaven nicht erzählen," sagte ich und zuckte mit den Schultern. „Ich habe es auch erst vor kurzem herausgefunden. Aber Wing kann sprechen, und anscheinend können es die anderen Schiffseinheiten auch."
„Ist das dein Ernst?" Zechs war immer noch ungläubig. „Am Ende erzählst du uns noch, das Jäger auch sprechen können!"
„Nein, das können sie nicht," antwortete ich. „Sie sind noch zu jung. Sie können es wohl erst wenn sie zu Schiffseinheiten werden."
„Was wohl auch ganz gut ist," murmelte Wufei neben mir. „Ich bin mir sicher, Shini würde genau wie Duo niemals still sein, wenn er sprechen könnte."
Ich grinste ihn kurz an. Aber sein Einwurf hatte mich daran erinnert, das wir ja noch immer ein kleines Problem hatten. Ich warf Wufei einen Blick zu und versuchte seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Als er endlich zu mir hersah, deutete ich mit dem Kopf leicht auf die Anzeigenkonsole, auf der man Wing immer noch das Suchmuster abfliegen sehen konnte.
Wufei warf einen kurzen Blick darauf, dann nickte er leicht. Ich hoffte nur, er hatte wirklich verstanden was ich wollte. Vorsichtig schob ich mich wieder etwas näher an die Anzeigen, während Wufei vortrat.
„Warum habt ihr eigentlich keine KI in eurem Schiff? Und warum seid ihr beiden die einzigen hier?" fragte er.
Ich grinste leicht. Offenbar hatte Wufei mich verstanden. Er lenkte Treize und Zechs ab, so daß deren Aufmerksamkeit von mir abgelenkt wurde.
„Das ist eine lange Geschichte," fing Treize an und begann mit einer Menge Zwischenrufe und Unterbrechungen von Zechs zu erzählen.
Ich blendete die Unterhaltung sofort aus. Ich hatte jetzt wichtigeres zu tun als diesen Idioten zu lauschen. Irgendwie musste ich Wings Aufmerksamkeit erregen. Treize hatte gesagt, solange die Energielevel runtergefahren waren könnten wir nicht aufgespürt werden. Also mußte ich das nur irgendwie ändern, und dann könnte Wing uns finden.
Aufmerksam studierte ich die Kontrollanordnungen. Sie waren nicht ganz die selben wie die auf Wing – immerhin war dieses Schiff hier schon um einiges älter und auch größer. Aber nach einer Weile fand ich den Schalter, der die Triebwerke hochfahren würde.
Ich warf einen kurzen Blick zurück. Treize und Zechs schienen ganz in ihrer Geschichte versunken zu sein, sie schenkten mir nicht die geringste Aufmerksamkeit. Das war es was ich wollte. Mit einem Satz sprang ich vor und betätigte den Schalter.
Mit einem Aufheulen aktivierten sich die Triebwerke. Offenbar hatte ich ein wenig übertrieben. Aber das machte gar nichts, je mehr desto besser. So würde Wing uns nur noch leichter finden können.
„Was tust du da?" rief Zechs aus und sprang auf mich zu. Mit einem Ruck stieß er mich beiseite und schaltete die Triebwerke wieder aus. Ich blickte mich nach Wufei um, doch der lieferte sich gerade ein Gerangel mit Treize auf dem Fußboden. Und obwohl Treize um vieles stärker war als Wufei, so schien der Kampf dennoch einigermaßen ausgeglichen zu sein. Offenbar verschaffte diese Kampftechnik die Wufei jeden Tag so ausgiebig trainierte ihm einige Vorteile in diesem Hand-zu-Hand-Kampf.
„Verdammt, was sollte das? Das andere Schiff wird uns noch orten!" rief Zechs und sah mich empört an.
Ich zog nur eine Augenbraue hoch, verschränkte die Arme vor der Brust und sagte, „Gut."
„Gut? GUT?" Zechs schrie beinahe. „Hast du eine Ahnung, was J mit uns machen wird, wenn er uns findet?"
„Oh glaub mir, ich weiß das garantiert besser als ihr es jemals ahnen könntet," erwiderte ich kalt. „Aber ich wiederhole. J ist nicht dort drüben auf dem Schiff. Dort sind unsere Freunde. Und wir wollen zu ihnen zurück."
„Heero, vielleicht solltest du ihnen deine ganze Geschichte erzählen," sagte Wufei, der inzwischen keuchend neben dem ebenso keuchenden Treize auf dem Boden saß und diesen mit mißtrauischen Blicken beäugte.
„Was? Warum?" fragte ich überrascht.
„Weil ihre Geschichte gar nicht so unähnlich ist. Und vielleicht glauben sie dir dann."
Ich warf einen Blick auf die Anzeigen. Ich hatte wirklich keine Lust diesen beiden Idioten – denn dafür hielt ich sie ehrlich gesagt – die Geschichte meiner Flucht zu erzählen. Aber leider zeigten mir die Sensoren nicht was ich hatte sehen wollen. Obwohl Wing das kurze Aufflackern der Antriebsaggregate wohl registriert hatte, so hatte sie die Spur inzwischen wohl wieder verloren. Sie näherte sich zwar unserer Position, aber nicht so schnell wie sie es tun würde, wenn sie genau wüßte wo wir wären.
„Und wie sieht ihre Geschichte aus?" fragte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich würde nicht einfach blind drauflos erzählen.
Wufei zog eine Augenbraue hoch. „Hast du eben nicht zugehört?"
Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Ich war damit beschäftigt die Kontrollanordnungen zu studieren."
Wufei nickte. „Erzählt es ihm noch mal – die Kurzversion," sagte er und sah Treize auffordernd an.
Treize sandte Wufei noch einen letzten bösen Blick zu, dann stand er auf und wandte sich an mich.
„Zechs und ich waren Sklaven von M. Dieses Schiff hier hat ebenfalls M gehört. M war kein sonderlich bedeutender OZ, auch wenn seine Familie früher offenbar über einigen Einfluß verfügt hat. Er hatte noch ein paar wichtige Freunde und Bekannte, aber kein Geld und keine politische Macht.
Wir hatten Glück, M war nicht so wie die meisten anderen OZ. Er war ein sehr freundlicher alter Mann. Er hat seine Sklaven nie mißhandelt oder ähnliches. Und Zechs und ich konnten lernen was auch immer wir wollten. Was auch immer wir wissen wollten, er hat es uns beigebracht – wenn er sich auf dem Gebiet auskannte. Wenn nicht, dann hat er sich die Informationen erst selbst angeeignet und das Wissen dann an uns weitervermittelt." Treize schwieg einen Moment und schien in Gedanken versunken zu sein.
„Wir haben M sehr gern gehabt," warf Zechs ein und hatte einen fast wehmütigen Gesichtsausdruck. „Wir hatten es gut bei ihm."
„Wir hatten nur Glück," sagte Treize. „Auch wenn wir M sehr gern hatten, so war es dennoch nicht unsere eigene Entscheidung bei ihm zu bleiben. Wir waren Sklaven, egal wie gut er zu uns auch war. Natürlich hätten wir es auch schlechter treffen können. Wir hätten bei jemandem wie J landen können."
Ich warf ihm einen neugierigen Blick zu. Mir war schon vorher aufgefallen, das die beiden über J redeten, als würden sie ihn kennen.
Treize schien meinen fragenden Blick zu bemerken, denn er fügte hinzu, „J war einer der wenigen einflußreichen Bekannten die M noch hatte. Einmal hatte er M besucht, und da haben wir sofort gemerkt, was für ein Glück wir mit M doch hatten."
Ich zog überrascht die Augenbrauen hoch. Es schien ein fast zu unglaublicher Zufall zu sein, das es eine – wenn auch noch so dünne – Verbindung zwischen Treize, Zechs und mir gab.
„Jedenfalls," fuhr Treize fort. „Vor ungefähr drei Jahren waren wir mit M auf diesem Schiff hier unterwegs. Es war ein ganz normales, wenn auch altes Schiff der OZ, mit funktionierender KI und allem drum und dran. Wir wissen nicht, wohin M wollte, oder warum. M hat seinen Planeten nur sehr selten verlassen. Aber wie auch immer, wir hatten einen kleinen Unfall.
Vielleicht lag es daran das die KI nicht mehr richtig funktioniert hat, oder das Schiff einfach zu alt war, aber wir kollidierten mit einem Meteoriten. Das Schiff wurde zwar nicht zerstört, aber die Beschädigungen waren doch so stark, das wir notlanden mußten. Allerdings wurde aus der geplanten Notlandung ein Absturz, da die Schäden wohl doch schlimmer waren als zuerst vermutet. Bei diesem Absturz starb M, und die KI wurde zerstört."
Treize schwieg für einige Augenblicke. „Zechs und ich waren also auf einem fremden Planeten gestrandet, ohne Möglichkeit dort jemals wieder wegzukommen. Und zum ersten Mal in unserem Leben waren wir frei. Frei das zu tun was wir wollten. Ihr habt ja keine Ahnung, wie erschreckend das zu Anfang war."
Ich warf Zechs und Treize mitfühlende Blicke zu. Oh doch, ich konnte es mir vorstellen. Auch ich hatte diesen Schreck für einen kurzen Augenblick gefühlt, als es mir zum ersten Mal wirklich bewußt geworden war, das meine Flucht tatsächlich geglückt war.
„Aber mit der Zeit gewöhnten wir uns daran, und wir lernten es schätzen. Und wir wollten nie wieder in die Sklaverei der OZ zurückkehren." Treize blickte Wufei und mich ernst an.
„Und warum seid ihr jetzt hier unterwegs und entführt Leute?" fragte ich.
Treize seufzte. „Wir entführen niemanden. Wir befreien Sklaven. Nachdem wir festgestellt hatten, wie schön die Freiheit sein kann, da wollten wir es mit anderen Menschen teilen. Wollten ihnen zeigen, das sie nicht abhängig waren von den OZ. Wir schafften es, das Schiff zu reparieren und es ohne KI flugfähig zu machen. Und seitdem sind wir unterwegs um andere Sklaven zu befreien."
Wufei legte den Kopf schief. „Und wieviele Sklaven habt ihr schon befreit?"
Treize räusperte sich. „Du meinst inklusive euch beiden?"
Wufei nickte.
Treize wurde leicht rot und murmelte etwas unverständliches vor sich hin.
„Was?" fragte Wufei. „Ich hab dich nicht verstanden."
Treize starrte ihn böse an. „Ich sagte: zwei!"
Wufei und ich sahen ihn und Zechs – der ebenfalls leicht rot im Gesicht war – ungläubig an.
„Soll das heißen, wir sind die ersten, die zu dieser 'Ehre' kommen?" fragte ich, während Wufei „Schöne Rebellen!" murmelte.
Zechs und Treize warfen uns böse Blicke zu. „Schon gut, wir wissen es! Wir waren bisher eben noch nicht besonders erfolgreich, aber das wird schon noch!" rief Zechs.
Wufei zog spöttisch eine Augenbraue hoch. „Wissen die OZ überhaupt das es euch gibt?"
„Nein, aber wir arbeiten daran," sagte Treize.
Wufei schnaubte, sagte aber nichts weiter dazu. Nach einer Minute des unangenehmen Schweigens räusperte Treize sich erneut.
„Also," sagte er und wandte sich mir zu. „Und was hat es jetzt mit deiner Geschichte auf sich?"
Ich warf einen weiteren Blick auf die Anzeigen. Offenbar hatte ich keine Wahl als meine Geschichte zu erzählen, Wing war unserer Position noch nicht wirklich nahe gekommen, und solange ich diese beiden nicht überzeugte, würde ich keine weitere Chance bekommen Wing auf uns aufmerksam zu machen.
„In Ordnung," seufzte ich. „In einem habt ihr recht, ich war einer von J's Sklaven. Einer seiner beiden Assistenten. Aber vor knapp drei Wochen bin ich geflohen. Ich hab sein Schiff gestohlen, bin so weit weggeflogen wie ich nur konnte und habe mich auf einem Planeten versteckt, den die OZ nicht kennen."
Treize und Zechs blinzelten und starrten mich perplex an. „Das ist alles? Deine ganze Geschichte?" fragte Zechs. „Bißchen kurz..."
„Ja, finde ich auch. Das erklärt nämlich noch lange nicht, wieso du dann auf dem Weg zurück nach L1 warst. Und überhaupt, wie konntest du J's Schiff stehlen, und wie kannst du es jetzt steuern? Die KI würde doch gar nicht auf dich reagieren," sagte Treize.
Ich seufzte erneut. Scheinbar würde ich wohl doch etwas mehr ins Detail gehen. „Ich konnte das Schiff stehlen, indem ich die KI deaktiviert habe. Aber ich habe bei meiner Flucht meinen besten Freund auf L1 zurücklassen müssen. Trowa, J's anderer Assistent. Und ich habe ihm versprochen, das ich ihn holen würde, wenn mir die Flucht gelingen würde. Deshalb bin ich jetzt wieder auf dem Weg zurück nach L1. Um mein Versprechen einzulösen."
„Das reicht aber immer noch nicht als Erklärung aus. Wie kannst du die KI und damit das Schiff steuern? Und wenn er hier," Treize deutete auf Wufei, „nicht J's zweiter Assistent ist, wie wir zuerst dachten, wer ist er dann?"
Wufei verdrehte die Augen. „Mann Heero, lass dir doch nicht jede Information einzeln aus der Nase ziehen! Erzähl es endlich!"
Ich warf Wufei einen irritierten Blick zu. „Bist du sicher, dass sie das wissen sollen?"
Wufei zuckte mit den Schultern. „Wir haben wohl kaum eine andere Wahl."
Ich nickte. „In Ordnung. Der Planet, von dem ich erzählt habe. Der unentdeckte Planet auf dem ich Zuflucht gefunden hatte. Er ist von Menschen bewohnt. Und diese Menschen können singen."
Totenstille. Treize und Zechs starrten mich an, als hätte ich soeben eine Bombe mitten in den Raum geworfen. Oder als wäre ich verrückt.
„Singen?" fragte Zechs schließlich.
„Ja," sagte ich. „Ich konnte es zuerst auch nicht fassen. Aber ich habe es mit eigenen Ohren gehört. Sie können es. Jeder einzelne von ihnen. Ich hab dort auf der Erde – so heißt dieser Planet – Freunde gefunden. Duo," ich schloß kurz die Augen. Ich vermißte Duo schrecklich, obwohl wir noch gar nicht so lange getrennt waren. Aber ich hatte inzwischen das Gefühl, als hätten wir uns schon seit Jahren nicht mehr gesehen. Doch ich mußte mich jetzt auf das vorliegende Problem konzentrieren, dann würde ich Duo bald wiedersehen können. Ich öffnete die Augen wieder und fuhr fort, „Quatre, Noin und Wufei hier." Ich deutete auf Wufei.
Wie auf Kommando drehten Treize und Zechs ihre Köpfe und blickten Wufei an. Wufei starrte zurück und zog eine Augenbraue hoch.
„Als ich ihnen meine Geschichte erzählt habe, haben sie sich sofort bereit erklärt mir dabei zu helfen, Trowa zu retten," fuhr ich fort. „Und deshalb sind wir jetzt auf dem Weg nach L1. Wir wollen Trowa da rausholen."
Treize und Zechs schwiegen wieder eine Weile, dann sagte Treize, „Ist das die Wahrheit? Oder ist das wieder nur ein Trick, um zu J zurückzukommen?"
Ich schnaubte laut. „Zu J zurückzukommen? Glaubt mir, ich würde niemals freiwillig zu J zurückgehen. J ist ein grausamer Sadist, ganz im Gegenteil zu eurem M. Wenn er mich jemals in seine Finger bekommt bin ich wahrscheinlich so gut wie tot – beziehungsweise würde ich es mir wünschen. Ich will nicht zu J zurück. Aber ich will zu meinen Freunden zurück." Ich wollte zu Duo zurück. Aber das würde ich nicht laut sagen, es gab Dinge die gingen andere nichts an. Und meine Gefühle gehörten dazu.
Wufei seufzte. „Hört zu, ihr könnt uns vertrauen. Wir schwören, das hier ist keine Falle. Auf dem Schiff dort drüben ist kein einziger OZ. Nur wir fünf Menschen. Und keiner von uns ist ein Sklave. Ihr wolltet vorhin doch, das wir euch vertrauen. Dann müßt ihr uns aber auch vertrauen."
Treize und Zechs sahen sich an. Nach einer Weile nickte Treize schließlich langsam und Zechs zuckte mit den Schultern. Dann streckte er eine Hand aus und drückte einen Knopf auf seiner Konsole.
„Was hast du getan?" fragte ich.
Zechs sah zu mir hinüber. „Ich habe das Notsignal aktiviert. Euer Schiff müßte uns jetzt innerhalb von Sekunden orten können."
Ich trat wieder näher an die Anzeigen heran und starrte aufgeregt darauf. Und tatsächlich, ich konnte sehen wie Wing beschleunigte und genau auf uns zuhielt.
„Wing hat uns gefunden!" rief ich Wufei freudenstrahlend zu.
Wufei lächelte zurück. „Vielleicht sollten wir die anderen besser in der Luftschleuse erwarten."
Treize und Zechs nickten. „Folgt uns," sagte Treize, und die beiden verließen das Cockpit.
Wufei und ich schlossen uns ihnen an. Die beiden führten uns auf einem ganz anderen – und sehr viel kürzeren – Weg in den Frachtraum, durch den auch Wufei und ich das Schiff betreten hatten. Dann warteten wir. Nach einigen Minuten hatte Wing endlich angedockt, und Zechs öffnete die Schleuse.
Mit einem wütenden Summen, bevor einer von uns irgendwie reagieren konnte, kam Shini in den Frachtraum geschwirrt. Dicht hinter ihm folgte Duo und ich erschrak. Duo hatte einen absolut mörderischen Gesichtsausdruck. Seine Augen waren kalt und hart, alles Leben und alle Wärme war daraus verschwunden. Diese Augen versprachen jedem, der sich ihm in den Weg stellen würde den Tod. So hatte ich ihn noch niemals gesehen.
„Verdammt, ihr habt uns reingelegt! Es ist doch eine Falle!" rief Treize und er und Zechs wandten sich um, um aus dem Frachtraum zu fliehen.
Duo drehte seinen Kopf in ihre Richtung. „Schnapp sie dir," befahl er mit flacher, kalter Stimme, und sofort stürzte Shini sich auf die beiden fliehenden Männer.
Ich blickte verzweifelt auf Treize und Zechs, die kaum noch zu erkennen waren. Shini hatte sie fast komplett eingehüllt. Und auch wenn ich die beiden vor kurzem noch mit Freuden selbst getötet hätte, so hatte ich meine Meinung inzwischen geändert. Ich sah wieder zurück zu Duo, doch der sah Shinis Treiben nur unbewegt zu. Er hatte scheinbar noch gar nicht registriert, das Wufei und ich ebenfalls anwesend waren.
Ich schüttelte kurz den Kopf. Duos Verhalten unterschied sich wirklich sehr von seinem Verhalten damals, als die drei Männer ihn angegriffen hatten. Damals hatte er nicht gewollt, das diese getötet würden, obwohl sie ihn verletzten hatten wollen. Aber ich war mir sicher, Duo würde diesmal nichts tun, um Shini daran zu hindern, Treize und Zechs zu töten.
„Duo!" rief ich, und mit einem Ruck drehte Duo seinen Kopf in meine Richtung. Von einem Augenblick zum anderen war der kalte, harte Ausdruck aus seinen Augen verschwunden und wurde erst von Überraschung, dann von Erleichterung und Freude ersetzt.
„Heero!" rief Duo, und mit ein paar schnellen Schritten rannte er auf mich zu. Und im nächsten Moment schlang er beide Arme um mich und zog mich in eine feste Umarmung. „Heero," murmelte er erneut und presste sein Gesicht in meine Nackenbeuge.
Sofort schlang ich ebenfalls meine Arme um Duo. Ich hatte ihn so sehr vermisst, und ich war so froh ihn wiederzusehen. Und obwohl ich mir immer noch Sorgen um Treize und Zechs machte, so rückte das im Moment in den Hintergrund. Alles was ich wahrnahm war Duo und mit einem glücklichen Seufzer schmiegte ich mich enger an ihn. Alles andere konnte warten.
