Titel: Enjoy the Silence
Autor: Zanna
Dislcaimer: siehe Kapitel 1
Betadank: wie immer Laren
Kommentar: So, wie versprochen hats bis zu diesem Kapitel nicht so lang gedauert wir bis zum letzten. Vielen Dank für all eure Reviews! Und ansonsten gibts glaub ich sonst nichts zu beantworten (falls doch, dann erinnert mich nochmal dran, ich werd halt langsamalt und vergeßlich 'g'), deshalb wünsch ich nur viel Spaß beim lesen!
Kapitel 28
Duo POV
„Wing? Kannst du irgendwelche anderen Schiffe in der Nähe von M's Anwesen entdecken?"
Ich saß neben Heero in einem der Pilotensitze und betrachtete fasziniert den fremden Planeten der auf dem Sichtschirm zu sehen war. Der Flug hierher hatte etwas mehr als zwei Tage gedauert – zwei Tage in denen Heero und Trowa versucht hatten Quatre und mir die Sprache der OZ beizubringen. Vergeblich wie ich hinzufügen möchte.
Heero und Trowa hatten zwar versucht uns die einzelnen Worte so gut wie möglich vorzusprechen, aber sie waren selbst nie mit ihrer Aussprache zufrieden gewesen. Ein Urteil, das von Wing stets nur bestätigt worden war. Irgendwann hatte Heero schließlich frustriert aufgegeben und gemeint, dass er und Trowa einfach nicht das richtige Maul dafür hätten. Wenn ich an die eidechsenähnlichen OZ zurückdachte, dann konnte ich ihm nur zustimmen.
„Negativ," beantwortete Wing Heeros Frage.
Wie wir es geplant hatten, hatten wir M's Planeten angeflogen – beziehungsweise den Planeten auf dem sich M's Anwesen befand. Das letzte Stück über hatte Wing ständig die nähere Umgebung gescannt um rechtzeitig gewarnt zu werden falls fremde Schiffe, die dort nichts zu suchen hatten, in der Nähe wären. Aber offenbar hatten Treize und Zechs recht gehabt – niemand interessierte es was mit M geschehen war und warum er schon so lange verschwunden war.
Ich schüttelte leicht den Kopf. Eigentlich war es fast traurig – auch wenn M ein OZ war, so schien er doch ein netter, wenn auch etwas zerstreuter alter Mann gewesen zu sein. Treize und Zechs zufolge hatte er sie stets gut behandelt. Es war wirklich schade dass es niemanden geben sollte der ihn vermisste. Ich war mir sicher, würde J von einem Tag auf den anderen einfach so verschwinden, dann würde sofort ein Suchtrupp nach dem anderen losgeschickt werden. Aber J war ja schließlich eine wichtige Persönlichkeit und würde natürlich heftigst vermisst werden. Jep ganz genau, das war Sarkasmus!
„Treize?" wandte Heero sich an den soeben genannten über die Comverbindung. „Wing hat keine verdächtigen Schiffe in der Nähe von M's Anwesen bemerkt. Wo sollen wir landen?"
„Wir sollten vielleicht nicht zu nahe an seinem Haus landen," antwortete Treize. „Für den Fall dass doch irgendwelche fremden OZ inzwischen dort sind. Die würden sich sicherlich etwas wundern wenn wir einfach so in M's Vorgarten landen würden. Am besten wir landen ein Stück weiter weg, dort in dem kleinen Wäldchen. Ich übermittle die Koordinaten."
Ich unterdrückte ein Seufzen. Irgendwie schienen wir immer nur in irgendwelchen Wäldern zu landen, völlig egal welchen Planeten wir ansteuerten. Bei diesem Gedanken musste ich kurz stutzen. Hatte ich mich wirklich schon so sehr daran gewöhnt im Weltall unterwegs zu sein und fremde Planeten anzufliegen, dass ich gar nichts besonderes mehr darin sah? Offensichtlich. Ich schüttelte amüsiert den Kopf.
Nachdem Treize die Koordinaten übermittelt hatte flog Wing sie sofort an und nur Minuten später setzten wir zum zweiten Mal sanft auf einem fremden Planeten auf.
Wing öffnete die Schleuse und Heero und ich machten uns auf den Weg nach draußen. Als wir an Quatres und Trowas Kabine vorbeikamen steckte ich kurz meinen Kopf hinein und informierte die beiden über unsere Landung.
Ganz im Gegensatz zu Heero hatte Trowa noch nicht aufgegeben Quatre die Schriftsprache der OZ beizubringen. Oder vielleicht war auch Quatre nur sehr viel hartnäckiger als ich und hatte darauf bestanden. So wie ich ihn kannte tippte ich ja eher auf die zweite Möglichkeit. Und wie jeder andere vor ihm war Trowa auf Quatres ach so unschuldiges Äußeres und seinen Hundebabyblick hereingefallen – manchmal bereute ich es echt ihm diesen Blick beigebracht zu haben. Und so hatten die beiden die letzten zwei Tage praktisch mit nichts anderem verbracht als das seltsame Gekritzel das die OZ Schrift nannten zu entziffern.
Offenbar ging es nicht besonders gut voran, denn als ich in die Kabine sah starrte Quatre gerade frustriert eines der Lesepads an und Trowa sah – aus wie Trowa immer aussah. Der Junge hatte sogar noch weniger Mienenspiel als Heero zu Beginn unserer Bekanntschaft, auch wenn das kaum zu glauben war. Was möglicherweise auch an dieser Haarsträhne liegen konnte die sein halbes Gesicht verdeckte. Darunter konnte man ne Menge verstecken – Narben, Leberflecke (nicht dass ich andeuten will dass Trowa Narben oder Leberflecke hätte, woher sollte ich das schließlich wissen, ich hatte diese Hälfte des Gesichts noch nie gesehen!) und eben auch kleine Ausrutscher der Mimik.
Jedenfalls stand Quatre sofort auf und lief hinter Heero und mir aus dem Schiff. Trowa folgte etwas langsamer. Draußen angekommen überprüften wir noch mal ob die Kommunikatoren funktionierten – hier bestand schließlich nicht die Notwendigkeit von absoluter Funkstille und so hatten wir beschlossen die Verbindung zu Wing aufrecht zu erhalten – und warteten dann darauf dass Treize, Zechs, Wufei und Noin sich uns anschlossen.
Während wir warteten ließ ich meinen Blick wandern. Wie schon zuvor auf L1 war die Pflanzenwelt auf diesem Planeten völlig anders, aber dennoch waren Bäume als Bäume zu erkennen – wenn sie natürlich auch nicht wirklich wie Bäume der Erde aussahen. Und genau wie auf L1 schien die Schwerkraft und die Luft in etwa der der Erde zu entsprechen. Ich machte eine Bemerkung in Heeros Richtung.
Heero zuckte nur mit den Schultern. „Die von den OZ bewohnten Planeten haben alle eine ähnliche Schwerkraft und Atmosphäre. Ich schätze sie suchen sich von vornherein nur Planeten zum besiedeln aus die ihrem Ursprungsplaneten entsprechen. Macht es wohl einfacher für sie."
Ich nickte. Das machte tatsächlich Sinn. Sozusagen Klasse M Planeten. Oder sollte ich lieber sagen, Klasse OZ Planeten? Ich grinste leicht vor mich hin.
Dann, endlich, öffnete sich die Luke des Raumschiffes das neben Wing gelandet war und fast bedrohlich über unserem dagegen winzig wirkenden Raumschiff aufragte, und Treize, Wufei, Zechs und Noin kamen heraus. Und oh Wunder über Wunder, Zechs und Noin schienen sich ausnahmsweise einmal nicht zu streiten.
„In Ordnung," rief Quatre, nachdem wir uns alle versammelt hatten, „Treize und Zechs, ihr beiden geht am besten voraus. Ihr kennt euch hier aus und könnt am ehesten sagen ob sich etwas verändert hat oder ob jemand hier ist der nicht hier sein sollte."
Treize und Zechs nickten und Quatre wandte sich an mich, „Duo, du solltest dich vielleicht darauf gefasst machen Shini im Notfall schnell losschicken zu müssen. Er ist im Moment die einzige Verteidigung die wir haben." Ich nickte pflichtschuldig und strich mit meiner linken Hand leicht über Shini, der sich wie schon zuvor auf L1 um mein rechtes Handgelenk gewickelt hatte. Obwohl wir diesmal nicht diese schrecklichen Anzüge trugen und ich eigentlich Taschen gehabt hätte in denen ich Shini hätte transportieren können, so fand ich es doch praktischer ihn am Arm zu tragen. Und Shini schien sich da ebenfalls viel wohler zu fühlen.
„Also los," sagte Quatre und Treize und Zechs setzten sich sofort in Bewegung und marschierten los. Ich schüttelte leicht den Kopf – die beiden schienen noch gar nicht wirklich realisiert zu haben dass Quatre hier seinen kleinen General heraushängen ließ und praktisch das Kommando übernommen hatte. Andererseits, wenn ich an unsere beiden ‚Wir wechseln uns ab'-Rebellen dachte, dann war es wohl ganz gut dass Q jetzt bestimmte wo es lang ging.
Ich ergriff Heeros ausgestreckte Hand – und wie immer wenn Heero mir durch irgendeine Geste oder ein Wort zeigte wie viel er für mich empfand machte mein Herz einen Purzelbaum in meiner Brust und ich lächelte ihn an – und mit ineinander verwobenen Händen folgten wir dem Rest der Gruppe.
Nach einem etwa zehnminütigen Fußmarsch erreichten wir den Rand des Wäldchens – das eigentlich eher ein Wald war – und blieben dort erstmal stehen. Der Wald – und damit wir – befand sich auf einer kleinen Anhöhe und so hatten wir einen guten Überblick über das Gelände. Nicht weit unter uns befand sich ein Haus – groß für meine Maßstäbe, aber wenn ich es mit J's Anwesen verglich war es eher klein.
„Und?" fragte Quatre, der ebenso wie Treize und Zechs angespannt das Haus und dessen Umgebung beobachtet hatte. Treize warf Zechs einen Blick zu und dieser zuckte nur mit den Schultern.
„Ich denke nicht dass da unten irgendjemand ist der da nicht hingehört," sagte Zechs.
„Es sieht noch genauso aus wie vor drei Jahren als wir aufgebrochen sind," bestätigte Treize.
Ich drehte meinen Kopf und warf einen genaueren Blick auf das Grundstück. Von hier aus sah es absolut verlassen aus. Nirgendwo regte sich etwas – so als wäre niemand hier. Vielleicht war ja tatsächlich niemand hier. Immerhin – hatten Treize und Zechs nicht erwähnt dass M nicht sehr viele Sklaven besessen hatte? Vielleicht waren die wenigen die er gehabt hatte ja weggelaufen als M so lange nicht wiedergekommen war.
Treize und Zechs setzten sich erneut in Bewegung und wir folgten ihnen den Hügel hinab. Je mehr wir uns dem Haus näherten, desto mehr konnte man erkennen, wie heruntergekommen es eigentlich aussah. Man konnte deutlich sehen, dass dieses Anwesen schon einmal bessere Tage gesehen hatte – und dass diese Tage schon Jahrzehnte zurücklagen – wenn nicht sogar noch länger.
„Früher einmal hat M's Familie der ganze Planet gehört – und noch einige mehr," sagte Zechs plötzlich. „Sie hatten eine riesige Handelsflotte mit Hunderten von Schiffen, Raumstationen und was sonst noch dazu gehört. Aber das ist schon lange her. Ich glaube der Zusammenbruch begann schon zu Zeiten von M's Großvater. Als Treize und ich zu M kamen gehörte ihm nur noch das Schiff, das Haus hier und das Gelände darum herum im Umkreis von mehreren Kilometern. Alles andere hatte verkauft werden müssen."
„Er hatte noch Besitz von mehreren Quadratkilometern Land?" fragte Wufei. „Wieso hat er das nicht auch verkauft?"
„M liebte seine Zurückgezogenheit," antwortete Zechs. „Er hatte nicht gern Besucher und auf diese Weise hielt er sich die anderen OZ die noch auf diesem Planeten lebten vom Hals. Natürlich hat auch sein Ruf als eigenbrötlerischer Kauz geholfen Besucher fern zu halten." Zechs grinste kurz.
„Dann sind wir also noch auf M's Gelände gelandet?" fragte Noin.
„Ja," nickte Zechs. „Es wäre nicht sicher gewesen irgendwo anders zu landen. Die anderen OZ wären sicherlich misstrauisch geworden. Aber hier auf M's Grundstück muss schon eine Menge seltsamer Dinge passieren bevor einer der anderen OZ kommen und nachsehen würde."
„Was ist mit den anderen Sklaven?" fragte Noin. „Werden die nicht misstrauisch sein?"
„Es gibt nur einen anderen Sklaven," antwortete Zechs. „Wie gesagt, M hatte nicht mehr viel Besitz, und der einzige Grund warum er Pargan nicht mit auf seine Reise genommen hat war weil er schon zu alt ist."
Inzwischen hatten wir das Haus erreicht und Treize machte eine Handbewegung die Zechs sofort verstummen ließ. Zögernd betrat er den Hof des Gebäudes und sah sich suchend um. „Pargan?" rief er schließlich.
Wer auch immer Pargan war, er antwortete nicht. Und so folgten wir Treize und Zechs, die langsam auf die große Haustür zugingen. Treize rüttelte probeweise an der Tür und diese schwang auf. „Es ist offen," fügte er überflüssigerweise hinzu. „Das bedeutet dass irgendjemand hier sein muss."
Zechs zuckte mit den Achseln. „Vielleicht ist er irgendwo im hinteren Teil des Hauses," meinte er nur und betrat mit forschen Schritten das Gebäude. Der Rest von uns folgte ihm einfach – was sollten wir schließlich sonst tun?
„Pargan!" rief nun auch Zechs den unbekannten Namen. Immer weiter drangen wir in das Haus vor und Treize und Zechs riefen abwechselnd immer weiter nach Pargan.
Schließlich gab es tatsächlich eine Antwort. Eine Stimme rief, „Treize? Zechs? Seid ihr das?" und dann öffnete sich uns direkt gegenüber am Ende des Ganges quietschend eine Tür und ein alter, weißhaariger Mann kam heraus.
„Oh!" rief der Mann und stoppte mitten im Schritt. „Ihr seid es wirklich! Oh, es ist so gut dass ihr wieder hier seid! Wo ist Master M? Und wer sind all die anderen? Gehören sie jetzt zu unserem Haushalt? Oh es wird so schön sein das Haus wieder im alten Glanz erstrahlen zu sehen – und mit so vielen zusätzlichen jungen Händen können wir das endlich in Angriff nehmen..."
„Pargan!" unterbrach Treize den Redefluss des alten Mannes. Pargan – wie der alte Mann offenbar hieß – verstummte und sah Treize fragend an. Treize seufzte kurz und murmelte dann, „Ohje, wie erklär ich es ihm nur?"
„Immerhin können wir jetzt sicher sein dass hier noch niemand etwas von M's Schicksal weiß," murmelte Heero in mein Ohr. Ich nickte stumm und lehnte mich dichter an ihn.
„Pargan, vielleicht sollten wir lieber wo anders hingehen," sagte Zechs, ging zu Pargan, ergriff ihn am Arm und führte ihn wieder zurück in das Zimmer aus dem er gekommen war. Wie schon vorher folgten wir einfach stumm.
Ich sah mich neugierig um. Das Zimmer war wie so vieles bei den OZ – einerseits völlig unbekannt, andererseits war aber doch zu erkennen wozu das meiste diente. Das Zimmer in das wir kamen musste wohl so eine Art Arbeitszimmer gewesen sein, denn ich konnte einen Schreibtisch erkennen, an dem ein seltsamer Stuhl stand. Aber dann erinnerte ich mich an den langen Schwanz der OZ und schon machte der Stuhl durchaus Sinn.
„Ich verstehe nicht..." sagte Pargan und sah sich verwirrt zu uns um. „Wo ist Master M? Wieso ist er nicht hier?"
„Pargan..." seufzte Treize, „... M ist nicht hier."
„Ist er nicht? Aber..."
„M ist tot," sagte Zechs mit sanfter Stimme.
„Tot?" Pargan schaute entsetzt von Treize zu Zechs. Die beiden nickten stumm. Pargan schüttelte ungläubig den Kopf. „Oh nein. Was soll jetzt nur aus uns werden? Wer wird uns nun aufnehmen? Sind eure Begleiter deshalb hier? Um alles zusammenzupacken und zu unserem neuen Herrn zu verfrachten?"
Zechs schüttelte den Kopf und führte den alten Mann zu einer Art Sitzbank ohne Lehne, die seitlich vor dem Schreibtisch stand und setzte ihn dort hin.
„Pargan," begann Treize, „wir haben keinen neuen Herrn. Du bist jetzt frei. Genauso wie wir. Und das hier sind nicht die Sklaven von irgendeinem anderen OZ der gekommen ist um M's Besitz zu beanspruchen. Das hier sind unsere Freunde, und sie sind auch freie Menschen."
„Frei?" Pargan schüttelte den Kopf. „Aber wir brauchen doch einen neuen Herrn. Wer soll denn sonst für uns sorgen? Wo sollen wir hin?"
„Das verstehe ich nicht," murmelte ich. „M war jetzt seit drei Jahren nicht mehr hier, er muss sich doch die ganze Zeit über irgendwie versorgt haben. Wieso glaubt er dass er es jetzt nicht mehr kann? Und warum ist er überhaupt hier geblieben und nicht einfach geflohen?"
„Das ist nicht so einfach," flüsterte Heero als Antwort. „Er hat sein ganzes Leben so verbracht. Und selbst wenn er an Flucht gedacht hätte – wohin hätte er schon fliehen können?"
Ich starrte Heero überrascht an. Er hatte Recht, wohin hätte Pargan schon fliehen können? Ihm stand kein Raumschiff zur Verfügung, und hier auf diesem Planeten hätte es sicherlich keinen Ort gegeben wo er nicht entdeckt werden hätte können. Und je länger ich Pargans entsetzten Rufen und seiner Weigerung M's Tod zu akzeptieren zuhörte, desto mehr bezweifelte ich dass er überhaupt jemals an Flucht gedacht hätte.
Auf einmal wurde mir bewusst, wie außergewöhnlich es doch war was Heero getan hatte. Nicht nur dass er fliehen hatte wollen – was an sich ja offenbar schon ungewöhnlich genug war – nein, er hatte diesen Wunsch auch hartnäckig verfolgt und so lange nach einer Möglichkeit gesucht, bis er sie gefunden hatte. Nicht auszudenken wenn er einfach aufgegeben hätte! Dann hätte er nie die Erde gefunden, wäre nie dort abgestürzt und ich hätte ihn nie getroffen!
Entsetzt von diesem Gedanken schlang ich meine Arme um Heeros Taille und presste mich eng an ihn. Ich konnte mir ein Leben ohne Heero nicht mehr vorstellen – nein ich WOLLTE mir ein Leben ohne Heero nicht mehr vorstellen. Heero seufzte kurz auf, schlang ebenfalls die Arme um mich und lehnte seinen Kopf an meinen.
So umschlungen standen wir da und lauschten Treize und Zechs, die versuchten Pargan zu beruhigen und ihm klarzumachen was geschehen war. Schließlich griff Zechs ihn irgendwann einfach am Arm und führte ihn aus dem Zimmer – gefolgt von Noin, die sich offenbar Sorgen um den alten Mann machte.
Treize sah dem Trio nach und seufzte tief. Dann sagte er, „Ich hoffe, er verkraftet es. Er hat sein ganzes Leben hier verbracht. Ich weiß nicht ob er es durchstehen wird wenn er diesen Ort verlassen muss."
„Muss er ihn denn überhaupt verlassen?" fragte Quatre. „Ich glaube nicht dass es gut wäre wenn wir ihn mit uns zerren – wer weiß worauf wir uns schon einlassen. Vielleicht sollte er einfach hier bleiben und so weitermachen wie bisher."
Treize starrte noch eine Weile düster auf die Tür, dann sagte er schließlich, „Wie auch immer. Ihr wolltet M's Archive sehen. Hier lang." Er drehte sich um und ging auf eine kleine Tür zu die sich links hinter dem Schreibtisch befand. Die Tür öffnete sich in einen – für OZ-Verhältnisse – engen kurzen Gang, der wiederum in einen großen hellen Raum führte.
Heero und waren die letzten die durch diesen Gang gegangen waren und als wir den Raum betraten sah ich mich neugierig um. Große hohe Fenster gaben dem Raum eine freundliche, helle Atmosphäre. Im ganzen Zimmer standen Schränke und Regale, in denen sich bis unter die wirklich hohe Decke unzählige Dinge stapelten. Im vorderen Teil des Zimmers, direkt unter einem der hohen Fenster, stand ein großer Tisch mit irgendwelchen Geräten darauf, und ein zweiter, leerer Tisch. Um die Tische gruppierten sich mehrere Stühle – sowohl für menschliche als auch für OZliche (oder wie auch immer man das nannte) Hintern geeignet.
„Oh..." machte Heero und sah sich mit großen Augen um. Wir hatten unsere Umarmung natürlich lösen müssen um durch den Gang zu passen, aber wir hatten natürlich wieder unsere Hände ergriffen. Und so zog Heero mich nun hinter sich her als er wie ein Kind im Spielzeugladen bewundernd die Regale entlang lief.
„Das ist einfach unglaublich!" rief er und strich bewundernd über eine Schachtel voller metallener Scheiben. „Das hier muss die größte Sammlung des ganzen Universums sein!"
Begeistert zog Heero mich ein paar Regale weiter. Ich folgte ihm mit einem amüsierten Lächeln. Ich hatte Heero noch nie so erlebt. Er sah aus als wäre er gestorben und im Himmel gelandet. Offenbar war mein Heero eine ausgewachsene Leseratte und sehnte sich nur so nach Wissen – nur hatte er diese Sehnsucht bis jetzt noch nicht ausleben können. Hier und jetzt würde er es aber können, und wie es aussah konnte er es kaum noch erwarten.
Heero blieb vor einem der geschlossenen Schränke stehen und öffnete ihn. Und dann hielt er plötzlich die Luft an und starrte nur regungslos in den Schrank. Ich warf einen Blick über seine Schulter, konnte aber nichts besonderes darin erkennen. Ich wollte ihn schon fragen was denn los sei, doch er kam mir zuvor.
„Trowa!" rief Heero, und seine Stimme klang unglaublich aufgeregt. „Komm her! Das musst du sehen!"
Schnelle Schritte erklangen, und im nächsten Moment tauchten Trowa, Quatre, Wufei und Treize hinter uns auf. „Was ist los?" rief Quatre besorgt, kam jedoch nicht dazu noch mehr zu sagen, denn Trowa war neben Heero stehen geblieben und hatte scharf die Luft eingezogen.
„Bücher!" sagte Trowa und zum ersten Mal seit ich ihn kannte schienen seine Augen – oder genauer gesagt, sein eines Auge – aufzuleuchten.
„Ja," antwortete Heero und streckte eine Hand aus um ehrfürchtig über eines der Bücher zu streichen.
Ich warf einen erneuten Blick in den Schrank. Jep, in diesem Schrank stapelten sich die Bücher geradezu. Ich konnte jedoch nicht sehen was daran so besonderes sein sollte. Ich warf Heero einen fragenden Blick zu.
„Die OZ benutzen schon seit Ewigkeiten keine Bücher mehr," erklärte Heero mit einem kleinen Schulterzucken und noch immer vor Begeisterung leuchtenden Augen. „Das hier sind wahre Kostbarkeiten. Wenn M tatsächlich so dringend Geld gebraucht hätte, hätte er nur ein paar davon verkaufen müssen und er hätte mehr als genug Geld gehabt."
„M hätte niemals eines davon verkauft," sagte Treize. „Er hat immer gesagt dass das Wissen das er hier drin angesammelt hat viel wertvoller ist als alles Geld der OZ und mächtiger als das Regierungssystem. Und dass er mit diesem Wissen das gesamte System stürzen könnte wenn er nur wollte. Immer wenn er das gesagt hat hatte er dieses traurige Lächeln im Gesicht, und im nächsten Moment hat er sich dann immer noch intensiver in seine Studien gestürzt."
Quatre blickte Treize nachdenklich an, dann ließ er seinen Blick über die vielen Regale wandern. „Hm," machte er.
„Könnte es sein...?" fragte Heero.
„... dass M von diesem großen Geheimnis wusste von dem J und die anderen gesprochen haben?" vervollständigte Quatre seine Frage. „Gut möglich. Ich meine, er muss hier wirklich Tonnen von Informationen zusammengetragen haben. Wer weiß was da alles darunter ist."
Ich folgte Quatres Blick. „Wir werden Monate brauchen um all das hier durchzusehen."
„Dann sollten wir wohl besser anfangen, nicht?" antwortete Quatre fröhlich und übernahm sofort – schon wieder – das Kommando.
Zuerst ließ er sich – und uns anderen – von Treize zeigen wie die verschiedenen Lesegeräte – denn darum handelte es sich bei all den Geräten auf dem großen Tisch – funktionierten. Da M verschiedene Datenspeichermedien aus unterschiedlichen Epochen besaß brauchte er natürlich auch für jedes der Formate ein Gerät zum ablesen. Einige der Maschinen sahen so aus als würden sie im nächsten Moment auseinander fallen, aber sie funktionierten dennoch einwandfrei.
Danach fingen Trowa und Heero an die verschiedenen Regale oberflächlich durchzusehen. Sie wollten zunächst einmal versuchen die Informationen in gröbere Gebiete einzuteilen. Treize half ihnen dabei, soweit er sich noch daran erinnerte wo M welches Wissen gelagert hatte.
Quatre, Wufei und ich hatten in der Zwischenzeit nicht wirklich viel zu tun, und so überließen wir die drei ihrer Aufgabe und machten uns stattdessen auf die Suche nach Zechs, Noin und Pargan.
Wir fanden die drei nach etlichen Versuchen schließlich in einem Raum der verdächtig nach Küche aussah. Auch wenn ich eine solche Küche natürlich noch nie gesehen hatte.
Pargan saß auf einem Stuhl an einem Tisch und schien sich inzwischen beruhigt zu haben. Allerdings wirkte er jetzt wirklich traurig und am Boden zerstört. Zechs und Noin saßen daneben und betrachteten ihn besorgt.
„Alles in Ordnung?" fragte Quatre.
Noin hob den Kopf und nickte, „Ja, jetzt schon. Vorhin im Arbeitszimmer hab ich mir wirklich Sorgen gemacht, aber Pargan ist unglaublich robust für einen Mann seines Alters." Sie schüttelte ungläubig den Kopf.
Ich zog eine Augenbraue hoch. „Schon vergessen?" fragte ich Noin. „Genetisch verbessert? Klingelts da? Wahrscheinlich könnte Pargan uns immer noch locker in die Tasche stecken, obwohl er dreimal so alt ist." Ok, das war vielleicht ein wenig übertrieben, aber irgendwie musste diese gedrückte Stimmung schließlich aufgelockert werden.
Noin lächelte mir kurz zu, und auch Zechs sah mich dankbar an. „Natürlich könnte er das," antwortete er und legte dem alten Mann liebevoll einen Arm um die Schulter und drückte ihn kurz. „Und außerdem wird er uns alle noch überleben. Pargan wird ewig leben und immer für uns da sein, nicht wahr?"
Pargan hob den Kopf und lächelte Zechs schwach an. „Nach dem was ich eben von euch beiden gehört habe braucht ihr mich doch gar nicht. Ihr seid sehr gut allein zurechtgekommen – selbst nachdem M gestorben ist. Ihr habt nicht aufgegeben und das Schiff zum Laufen gebracht. Ich weiß nicht ob ich das gekonnt hätte."
Dann gab er sich einen Ruck, stand von seinem Stuhl auf und kam direkt auf uns zu. „Ich muss mich bei euch für meinen Zusammenbruch vorhin entschuldigen," sagte er. „Es kam alles ein bisschen plötzlich... Wie auch immer, wir wurden uns noch nicht vorgestellt, mein Name ist Pargan." Er nickte uns allen zu.
Quatre lächelte. „Es freut uns wirklich, Pargan," sagte er. „Mein Name ist Quatre Raberba Winner, und das hier sind Wufei Chang und Duo Maxwell." Er deutete auf Wufei und mich. Zechs warf uns dreien bei dieser Vorstellung verwunderte Blicke zu, aber ich nehme an dass ihn die Nennung unserer vollen Namen etwas erstaunt hatte. Ihm und Treize gegenüber hatten wir uns nur mit unseren Vornamen vorgestellt – schließlich, welchen Sinn hatten unsere Nachnamen hier wo jeder nur einen einzigen Namen hatte denn schon? Aber irgendetwas an Pargan – etwas fast majestätisches – hatte eine etwas formellere Vorstellung verlangt.
„Es freut mich ebenfalls," erwiderte Pargan ernst, dann lächelte er schließlich. „Es ist wirklich schön endlich mal wieder ein paar junge Leute hier zu haben. Ich hab die beiden Jungs in den letzten Monaten wirklich vermisst – ich war ziemlich einsam hier. Aber jetzt seid ihr ja hier." Und mit diesen Worten scheuchte Pargan Quatre, Wufei und mich ebenfalls an den Tisch, drückte uns auf drei der freien Stühle und begann dann in den Schränken zu rumoren um uns etwas zu Essen vorzubereiten. Und für den Moment entschlossen wir uns es einfach zuzulassen und uns von Pargan bemuttern zu lassen.
Später, wenn wir uns erst gestärkt hatten, würden wir Heero, Trowa und Treize ebenfalls etwas zu essen bringen – zumindest hatte ich vor Heero etwas zu bringen, und ich war mir sicher dass die anderen meinem Beispiel folgen würden. Und dann könnten wir uns endlich an die Aufgabe machen, dieses große Geheimnis zu ergründen.
