Titel: Enjoy the Silence
Autor: Zanna
Disclaimer: siehe Kapitel 1
Beta: Laren
Kommentar: Ich weiß, ich weiß, es ist lang her seit dem letzten Kapitel. Aber irgendwie bin ich im Urlaub nicht dazu gekommen, und danach wurde ich angefallen. Jawohl, von einem echt bösen kleinen Plotbunny das vorher immer so brav war. Glücklicherweise ist es nur ein One-Shot (wenn auch ein langer), aber ich habs erst jetzt geschafft mich davon loszureißen um dieses Kapitel zu schreiben. Ich hoffe daß ich ab jetzt wieder etwas regelmäßiger zum schreiben komm!
Kapitel 31
Heero POV
„WAS?" Ich spürte wie es mir eiskalt den Rücken hinab lief. „Wiederhole das bitte, Wing," sagte ich in den Kommunikator den ich in meiner zitternden Hand hielt.
„Ein Schiff mit J's Kennung nähert sich dem Planeten," wiederholte Wing geduldig ihre vorige Aussage.
Ich hob den Blick und starrte in die Gesichter der anderen. Sie sahen mindestens genauso erschrocken aus wie ich mich fühlte.
„Aber... aber wie hat er uns gefunden?" rief Duo und klammerte sich noch fester an meinen Arm. Shini, der bis jetzt fröhlich durch den Raum gesaust war, schien Duos Unruhe zu spüren, kam angeflogen und schwirrte besorgt dicht über unseren Köpfen.
„Ich weiß es nicht," antwortete Wing.
Ich schlang meinen Arm fester um Duo und suchte mit meinem Blick Trowa. Trowas Augen waren weit aufgerissen, er war kreidebleich und hatte einen entsetzten Ausdruck im Gesicht. Ich war mir sicher dass ich nicht anders aussah.
J hatte uns gefunden. Aber das war doch unmöglich – oder? Wir hatten doch peinlich genau darauf geachtet dass uns niemand verfolgte. Ja wir hatten sogar einen weit abgelegenen Treffpunkt mit Zechs und Treize abgemacht nur um mögliche Verfolger abzuschütteln und in die Irre zu führen. Also wie hatte J uns dennoch finden können?
„Wing," erklang plötzlich Quatres ruhige Stimme, „wie lange haben wir noch bevor J den Planeten erreicht?"
„Wenn er seine jetzige Geschwindigkeit beibehält wird J in einer Stunde und sechsundzwanzig Minuten hier eintreffen," erklang Wings Antwort.
Quatre nickte. „In Ordnung. Dann haben wir noch knapp eine Stunde Zeit."
„Zeit?" fragte Duo und drehte den Kopf, um Quatre über seine Schulter hinweg anzublicken. „Zeit wofür?"
„Um alles zu packen und zu verschwinden," antwortete Quatre.
„Das wird nichts nützen," sagte Trowa. „Wenn Wing J's Schiff orten kann, dann wird J uns ebenfalls orten können sobald wir starten und den Planeten verlassen."
Quatre zuckte mit den Schultern. „Dann werden wir den Planeten eben nicht verlassen."
„Aber wozu sollen wir dann packen?" fragte Duo.
„Duo, wir haben keine Ahnung was J hier will," antwortete Quatre. „Oder wie lange er hier bleiben will. Aber falls er das Anwesen hier durchsucht und unsere Sachen dabei entdeckt wird er wissen dass wir hier waren. Und da er uns nicht geortet hat wird er ebenfalls wissen dass wir noch immer auf dem Planeten sind."
„Meinst du nicht auch dass J das schon lang weiß? Schließlich wird er genau deswegen hergekommen sein," sagte Zechs, der bisher schweigend zugehört hatte.
„Möglich," Quatre nickte. „Aber genauso gut kann es auch einen ganz anderen Grund für sein Hiersein geben. Wenn er tatsächlich Wing verfolgt hat, wieso taucht er dann erst jetzt hier auf? Wir sind schon seit Tagen hier, J hätte inzwischen genug Zeit gehabt um uns einzuholen. Das macht einfach keinen Sinn."
Ich spürte wie sich meine anfängliche Panik langsam legte. Quatre hatte recht, es machte keinen Sinn. Und Wing hatte von nur einem Schiff gesprochen – ich war mir sicher das J mehr als nur ein Schiff mitgebracht hätte wenn er hinter uns hergewesen wäre. Nicht dass normalerweise nicht auch ein Jäger völlig ausreichte um weggelaufene Sklaven wieder einzufangen, aber J musste aufgrund meiner und Trowas Flucht inzwischen derart wütend sein dass er garantiert dafür sorgen würde dass wir auf keinen Fall erneut entkommen konnten.
„Wir packen einfach alles zusammen was uns verraten könnte," sagte Quatre bestimmt, „und verstecken uns. Am besten in der Nähe der Schiffe. Und wenn J wieder weg ist können wir zurückkommen und weitermachen."
Ich nickte, und die anderen schienen ebenfalls einzusehen dass das der beste Plan wäre. Während Duo, Trowa und ich schon mal nach oben in unsere Zimmer gingen um unsere Sachen zu packen wies Quatre Treize und Zechs noch an draußen nach Wufei und Noin zu suchen und ihnen von unserem Plan zu erzählen. Dann machte er selbst sich auf um Pargan zu suchen. Auch wenn es nicht verdächtig wäre wenn J Pargan hier antreffen würde, so wollten wir dem alten Mann eine Konfrontation mit J ersparen.
„Wing," rief ich in meinen Kommunikator während ich hinter Duo die Treppe hinauf rannte, „sag uns bescheid falls J sein Tempo ändert. Und warne uns bevor er in den Orbit eintritt."
„In Ordnung," antwortete Wing.
Ich stürmte hinter Duo in unser Zimmer und half ihm unsere Sachen in eine Tasche zu stopfen. Es widersprach zwar vollkommen meinem Sinn für Ordnung, aber im Moment hatten wir keine Zeit alles sorgfältig zu falten. Innerhalb kürzester Zeit war die Tasche voll.
„Schau im Bad nach ob wir da nichts vergessen haben," rief Duo während er sich vor das Bett kniete und versuchte einen Blick darunter zu werfen.
Ich drehte mich um, betrat das Bad und sah mich dort gründlich um. Doch es war nichts dort was nicht hingehörte und so lief ich wieder zurück in unser Zimmer. „Im Bad ist nichts mehr."
„Gut," antwortete Duo. Dann packte er die Tasche, drehte sich um und stürmte aus dem Zimmer. Ich seufzte, rannte ihm hinterher und nahm ihm die Tasche ab. Ich würde sehr viel weniger Schwierigkeiten haben derart vollgepackt zu rennen.
Am Fuß der Treppe erwartete uns schon Trowa – er hatte immerhin sehr viel weniger Besitztümer als Duo und ich – genauso wie Quatre und ein sehr besorgt aussehender Pargan.
„Master J kommt hierher?" fragte Pargan. „Aber sollten wir hier nicht vielleicht auf ihn warten? Ist es wirklich klug uns vor ihm zu verstecken?"
„Glaub mir," wandte ich mich an den alten Mann. „Du willst garantiert nicht mit J zusammentreffen. Er hat nicht das geringste mit deinem früheren Herrn gemeinsam. Er ist grausam."
„Shini!" rief Duo auf einmal aufgeregt. „Wo ist Shini?"
Ich sah mich um und tatsächlich, Shini war nirgends zu entdecken.
„Das letzte Mal hab ich ihn in der Bibliothek gesehen," sagte Quatre. „Er ist uns wohl nicht gefolgt als wir losgestürzt sind um zu packen."
Duo wollte sofort losstürmen, aber ich hielt ihn fest. „Ich hol ihn," sagte ich und Duo schenkte mir ein dankbares Lächeln. Ich stellte die Tasche auf dem Boden ab und machte mich auf den Weg in die Bibliothek.
Ich handelte nicht ganz uneigennützig, wie ich zugeben muss. Ich hatte mir nämlich gedacht dass ich mir vielleicht ein paar der Schriftstücke mitnehmen sollte. Immerhin, wir hatten keine Ahnung wie lange wir uns vor J verstecken mussten. Das konnten durchaus Tage sein. Und es wäre doch eine Zeitverschwendung wenn ich während dieser Zeit nichts tun würde, oder?
Also schnappte ich mir einfach sämtliche Datenspeicher die auf dem Tisch mit den Lesegeräten rumlagen – darunter auch das von Duo reparierte Lesepad – rief nach Shini, der ganz verstört zwischen den Regalen der Bibliothek herumsurrte, und machte mich dann mit dem Jäger dicht auf den Fersen auf den Weg zurück in die Eingangshalle des Hauses.
Inzwischen waren alle Mitglieder unserer Gruppe dort versammelt – auch Wufei, Noin, Treize und Zechs hatten endlich fertig gepackt – und warteten auf mich. Duo lächelte mich an und küsste mich schnell. Dann streckte er seine Hand aus und Shini legte sich gehorsam wie ein Armband darum. Ich schmunzelte ein wenig als ich die Gesichter von Treize, Zechs, Pargan und Trowa sah. Offenbar hatten die vier sich noch nicht wirklich an diesen Anblick gewöhnt.
Ich bückte mich und stopfte die Datenträger und Duos Lesepad in unsere Tasche, dann schulterte ich sie erneut und gemeinsam verließen wir dann das Anwesen. Auf dem Weg zu den Schiffen wurde nicht viel gesprochen – eigentlich wurde nur gekeucht, da wir doch ein ganz schönes Tempo vorlegten. Immerhin wollten wir nicht auf offener Fläche von J überrascht werden.
Doch wir erreichten die Schiffe ohne Zwischenfall und räumten schnell unsere Sachen in unsere Kabinen. Da Treize und Zechs auf ihrem Schiff wesentlich mehr Platz hatten als Wing wurde Pargan natürlich dort einquartiert. Und dann hieß es warten.
„Wieso verstecken wir uns eigentlich?" fragte Trowa plötzlich. Er, Quatre, Duo und ich hatten uns auf den Waldboden draußen vor Wing gesetzt. Irgendwie waren wir vier wohl zu aufgekratzt um im Inneren des Schiffes zu warten.
„Das haben wir doch vorhin in der Bibliothek besprochen," antwortete Quatre.
„Nein, ich meine wieso fliehen wir vor J?" Trowa sah kurz zu Quatre und richtete seinen Blick dann auf Duo. „Wir haben einen Jäger."
Duo blinzelte verblüfft. „Du meinst... willst du damit sagen dass ich Shini befehlen soll J zu töten?"
Trowa zuckte mit den Achseln. „Nicht unbedingt. Aber... Shini... könnte uns verteidigen sollte es nötig sein. Und selbst wenn – es wäre nicht das erste Mal dass Jäger töten."
Duos Gesichtsausdruck zeigte Bestürzung. „Das kann ich nicht!" rief er.
„Warum nicht?" Trowa verschränkte die Arme.
„Ich weiß nicht," Duo schüttelte den Kopf. „Es ist schwer zu erklären, aber – ich will nicht dass Shini jemals irgendjemanden töten muss, noch nicht mal zu unserer Verteidigung. Und schon gar nicht will ich ihm den Befehl dazu geben. Das wäre einfach nicht richtig."
Quatre und ich folgten dieser Unterhaltung schweigend. Ich konnte zwar Trowas Standpunkt sehr gut verstehen – aber zu meinem Erstaunen merkte ich, dass ich Duos Meinung war. Es fühlte sich nicht richtig an Shini einen Mord zu befehlen. Irgendwie hatten Shini und Wing im Laufe der Zeit aufgehört einfach nur leblose Maschinen für mich zu sein die man nur benutzte.
Trowa schüttelte ungläubig den Kopf. „Er ist nur ein Jäger."
„Nein," jetzt schüttelte Duo ebenfalls den Kopf. „Für mich nicht. Er ist ein Freund. Und Wing hat gesagt dass Shini noch sehr jung ist. Ich werde auf keinen Fall einem Baby einen Mord befehlen."
„Außerdem," mischte Quatre sich jetzt doch in die Unterhaltung, „J hat mit Sicherheit auch Jäger dabei. Jäger die nicht nur älter und erfahrener sind als Shini sondern garantiert auch in der Überzahl. Wir würden riskieren dass Shini verletzt oder getötet wird. Und dann sind wir völlig schutzlos."
Duo riss die Augen weit auf als ob er an diese Möglichkeit noch gar nicht gedacht hatte. Ich legte ihm einen Arm beruhigend um die Schultern. Wir würden Shini diesem Risiko nicht aussetzen.
Trowa schien noch immer nicht überzeugt zu sein, denn sein Gesicht – oder das was davon hinter seinen Haaren zu sehen war – zeigte Verwirrung. Quatre seufzte kurz auf, dann ging er zu Trowa hinüber und fing an leise mit ihm zu diskutieren.
Duo seufzte, lehnte sich an mich und ich vergrub mein Gesicht in seinen Haaren. Ich liebte seinen Duft – er war süß und würzig zugleich. Ich weiß nicht was das für ein Geruch war, aber ich konnte nicht genug davon bekommen.
„J's Schiff ist soeben in den Orbit eingetreten," informierte uns Wing plötzlich.
„Kannst du feststellen wohin er fliegt?" fragte ich.
Nach einer Weile antwortete Wing, „Ich habe anhand des Eintrittswinkels und der Geschwindigkeit den wahrscheinlichsten Zielort berechnet. Es ist M's Anwesen."
„Verdammt!" fluchte Duo und sprang auf. „Er kommt tatsächlich hierher!" Und mit diesen Worten lief er los – direkt in Richtung des Anwesens.
„Duo!" rief ich erschrocken und rannte ihm hinterher. „Wo willst du hin? Komm zurück!"
„Mach dir keine Sorge, Ro!" rief Duo über seine Schulter. „Ich will nur sehen was J hier macht. Ich werde mich versteckt halten – und nicht zu Nahe kommen."
Und tatsächlich, am Rand des Wäldchens hielt Duo an und legte sich flach auf den Boden. Da das Wäldchen auf einer Anhöhe stand hatte man von diesem Ort aus tatsächlich einen guten Überblick über M's Anwesen. Ich ließ mich neben Duo auf den Boden fallen. Und nur wenige Augenblicke später schlossen sich Quatre und Trowa uns an.
Es kam mir wie eine Ewigkeit vor als wir vier dort stumm lagen und M's Anwesen und den Himmel im Auge behielten, aber es kann nur wenige Minuten gedauert haben bevor wir plötzlich das Schiff sahen das sich dem Anwesen näherte und schließlich nicht weit davon landete.
Es war tatsächlich eines von J's Schiffen, eines der älteren. Natürlich war Wing nicht sein einziges Schiff gewesen, sie war nur das neueste in einer langen Reihe gewesen. Aber da ich mich mit Wing zusammen aus dem Staub gemacht hatte, hatte J wohl auf eines seiner älteren Modelle zurückgreifen müssen. Ich wette dass ihn diese Tatsache ungemein ärgerte. Ich wusste doch wie sehr J immer darauf bedacht war von allem und jedem nur das neueste und beste zu besitzen.
Obwohl wir relativ weit weg waren hatte ich keine Schwierigkeiten J zu erkennen als er das Schiff verließ. Was mich allerdings wunderte war die Tatsache dass er allein war. Ich hätte ja gedacht dass er bei seiner Jagd auf seine zwei flüchtigen Sklaven mehr als genug Unterstützung von anderen OZ haben würde.
Doch J wurde nur von zwei Jägern begleitet. Ohne sich groß in der Umgebung umzusehen näherte J sich dem Haus mit schnellen Schritten und betrat es. Nach ein paar Minuten – vielleicht zwei – kam er wieder heraus. Zunächst war ich verblüfft darüber, aber dann war mir klar dass es nicht lang dauerte wenn man das Haus mit Hilfe von zwei Jägern durchsuchte. Wahrscheinlich hatte J die beiden einfach vorausgeschickt und hatte in der Eingangshalle auf sie gewartet.
Ich beobachtete wie J wieder zurück zu seinem Schiff ging und darin verschwand und wollte schon erleichtert aufatmen – offenbar hatte J tatsächlich nach etwas, wahrscheinlich Trowa und mir, gesucht, es aber nicht gefunden. Und es sah so aus als würde er auch gleich wieder abfliegen – wir würden uns also nicht allzu lang verstecken müssen.
Doch dann legte Duo plötzlich eine Hand auf meinen Unterarm und drückte leicht zu, und als ich seinem Blick nach unten folgte, sah ich dass J wohl doch noch nicht fertig war. Denn er hatte das Schiff inzwischen wieder verlassen, diesmal mit einem großen Behälter in jeder Hand. Von unserem Beobachtungsposten aus konnte ich nur erkennen dass sie offenbar relativ schwer waren.
J verschwand erneut im Inneren des Hauses und was immer er auch darin tat – es dauerte lang. Nachdem sich nach zwanzig Minuten immer noch nichts dort unten getan hatte wurde ich langsam ungeduldig.
„Was macht er da drin so lange?" flüsterte Duo dicht an meinem Ohr.
„Keine Ahnung," wisperte ich zurück.
„Vielleicht sollten wir zu Wing zurückkehren," ließ sich Quatre von Duos anderer Seite leise vernehmen.
Doch noch während ich darüber nachdachte ob Quatre recht hatte tat sich endlich doch etwas dort unten. J verließ das Haus ein zweites Mal und ging wieder zurück in sein Schiff. Und dann, plötzlich, hob das Schiff ab, beschleunigte und verschwand am Horizont.
Für einen Augenblick lag ich einfach nur dort und blinzelte verblüfft. J war so schnell verschwunden dass ich kaum Zeit gehabt hatte es zu registrieren. Ich sah zu Duo, Quatre und Trowa hinüber.
„Ist er weg?" fragte Duo.
Ich zog meinen Kommunikator hervor. „Wing?" sprach ich leise hinein. „Wo befindet sich J's Schiff?"
„J's Schiff hat soeben die Atmosphäre verlassen," antwortete Wing.
Ich rollte mich auf den Rücken und setzte mich langsam auf. Die anderen drei taten es mir nach und dann sahen wir uns alle verblüfft an.
„Das war es?" fragte Duo schließlich. „Das war alles?"
Ich zuckte nur stumm mit den Schultern.
„Was hat er da unten gemacht?" fragte Trowa und wieder konnte ich nur mit den Schultern zucken.
„Vielleicht sollten wir runtergehen und nachsehen?" schlug Quatre vor.
„Meinst du es ist sicher?" fragte Duo.
„Wing?" sprach ich erneut in den Kommunikator. „Sag uns bescheid falls J zurückkommt."
„In Ordnung," antwortete Wing.
Immer noch langsam – wir wussten immer noch nicht was wir eigentlich von der ganzen Sache halten sollten – standen wir schließlich auf und klopften uns den Schmutz von der Kleidung. Wir drehten uns um und begannen den Hügel hinabzusteigen als Trowa plötzlich stoppte.
„Riecht ihr das auch?" fragte er, legte den Kopf leicht in den Nacken und sog tief Luft ein.
„Was?" fragte Quatre und schnüffelte prüfend.
„Ich rieche nichts," sagte Duo, der auch probeweise die Luft gerochen hatte.
Ich sog ebenfalls tief Luft in meine Nase – und dann roch ich es. Rauch. „Rauch!" rief ich laut. „Es riecht nach Rauch!"
„Wo?" fragte Duo und schnüffelte wieder. „Ich rieche immer noch nichts."
„Heero hat recht," sagte Trowa. „Es riecht nach Rauch. Und es kommt..."
„Es kommt vom Haus!" rief ich und deutete bestürzt nach unten. Und tatsächlich, inzwischen konnte man den Rauch nicht nur riechen, sondern auch sehen.
„Es brennt!" rief Quatre.
„Verdammt, der Mistkerl hat das Haus angezündet!" rief Duo und stürmte den Hügel hinab. Quatre, Trowa und ich folgten ihm.
Unten angekommen liefen wir auf das Haus zu. Doch es war schon zu spät. Egal was J auch benutzt hatte – es brannte offenbar schnell und sehr heiß. Wir mussten einen mindestens fünfzig Meter breiten Sicherheitsabstand einhalten weil die Hitze einfach zu groß war.
„Wir müssen es irgendwie löschen!" rief Quatre und blickte sich suchend um.
„Das ist sinnlos," rief ich über das Brüllen des Feuers hinweg. „Was auch immer J benutzt hat, ich bin mir sicher dass es nicht so leicht zu löschen ist. Sonst hätte die automatische Löschvorrichtung im Haus es schon längst gelöscht."
„Oder J hat die Löschvorrichtung vorher deaktiviert," warf Duo ein.
„Möglich," nickte ich. „Aber ein solches Feuer ist trotzdem kaum zu löschen." Inzwischen war das Haus nicht mehr zu sehen. Alles was man noch sehen konnten waren meterhohe Flammen und dicke Rauchschwaden. Und über allem lag das Tosen des Feuers. Es war einfach unglaublich wie schnell dieses Feuermeer das gesamte Gebäude verschlungen hatte.
Die Rauchschwaden und die immer größer werdende Hitze die das Feuer ausstrahlte trieben uns noch weiter zurück. Irgendwann bemerkte ich dass auch Wufei, Noin, Treize, Zechs und Pargan sich uns angeschlossen hatten. Doch sie konnten ebenfalls nichts anderes tun als nur stumm in die Flammen starren. Innerhalb kürzester Zeit war von dem Haus nichts mehr übrig als Asche und geschwärzte Balken.
„Wow," hauchte Duo schließlich. Und ich konnte mich ihm nur anschließen. Ich hatte so etwas noch niemals gesehen. Ich wusste nicht einmal ob es normal war dass ein Anwesen von dieser Größe derart schnell abbrannte oder ob es an irgendetwas lag das J getan hatte.
„Du sagst es," sagte Quatre.
„Was ist hier passiert?" fragte Wufei.
„J hat das Haus angezündet," antwortete ich ihm.
„Wir können froh sein dass das Feuer sich nicht ausgebreitet hat," sagte Noin kopfschüttelnd. Ich sah zu ihr hinüber. Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Wenn sich dieses Feuer ausgebreitet hätte, hätten wir es niemals rechtzeitig zurück zu den Schiffen geschafft. Instinktiv trat ich näher an Duo heran und griff nach seiner Hand. Duo lächelte mich an und drückte meine Hand kurz.
Aber wenn ich jetzt zurückdachte hatte Noin recht. Das Feuer hatte sich ausschließlich auf das Haus konzentriert. Das war ganz eindeutig nicht normal. Aber immerhin, was auch immer J getan hatte, er hatte offenbar keinen Großbrand auslösen wollen.
„Warum hat er das getan?" rief Pargan und blickte entsetzt auf die Reste seines Zuhauses.
„Tja..." sagte Quatre. „Ich schätze dass hier beweist das wir Recht hatten."
„Was meinst du damit?" fragte Treize.
„Was auch immer dieses Geheimnis ist, M wusste davon. Und irgendwo in seinem Archiv hatte er einen Beweis dafür," antwortete Quatre.
„Woher willst du das wissen?" fragte Zechs.
Quatre sah Zechs an. „Welchen Grund hätte J sonst das Archiv zu vernichten?"
Offenbar schien keinem von uns ein anderer Grund einzufallen, denn wir alle schwiegen nur.
„Und was machen wir jetzt?" fragte Duo schließlich. „J hat unsere einzige Möglichkeit vernichtet irgendetwas über das Geheimnis rauszufinden. Geben wir jetzt auf oder was?" Er sah zu mir rüber.
Ich zuckte hilflos mit den Achseln. „Ich weiß nicht," sagte ich. „Ich möchte nicht aufgeben, aber was sollen wir sonst tun?"
„Wir könnten J folgen," sagte Trowa plötzlich.
„Was?" fragte ich und sah zu meinem alten Freund hinüber.
„Wir folgen J," wiederholte Trowa. „J weiß über das Geheimnis bescheid. Offenbar will er verhindern dass irgendjemand etwas darüber erfährt. Wenn wir ihm folgen könnten wir vielleicht etwas darüber herausfinden."
„Und was wenn er einfach nur nach L1 zurückkehrt?" warf Treize ein.
„Und was wenn er das nicht tut?" konterte Trowa. „Wer weiß, vielleicht war dass hier nicht der einzige Ort wo Informationen versteckt waren. Womöglich ist J unterwegs um all diese Orte aufzusuchen und zu zerstören. Aber wenn wir ihm folgen könnten wir ihm vielleicht zuvorkommen."
„Trowa hat recht," sagte Quatre. „Wir sollten es zumindest versuchen. Wenn J nach L1 zurückkehrt, dann geben wir die Suche eben auf und kehren zur Erde zurück. Aber wenn nicht, dann haben wir noch eine Chance. Was haltet ihr davon?"
Duo drückte kurz meine Hand und sagte dann, „Heero und ich sind dafür."
Ich warf ihm einen überraschten Blick zu. Ich hatte noch keine Gelegenheit gehabt mich zu Quatres Vorschlag zu äußern. Also woher wusste Duo dass ich zustimmen wollte?
„Klar sind wir dafür," sagte Noin und Wufei nickte ebenfalls zustimmend.
„Ist ja nicht so als hätten wir schon was besseres vor," sagte Zechs achselzuckend.
„Und was soll ich machen?" fragte Pargan verzweifelt.
„Du wirst wohl mit uns kommen müssen," sagte Treize und trat zu dem alten Mann. „Wir haben genug Platz auf dem Schiff."
„Ich weiß nicht," sagte Pargan und schüttelte den Kopf.
„Pargan, wo willst du sonst hin?" fragte Noin. „J hat dein Heim vernichtet. Wir können dich nicht einfach hier zurücklassen, ohne dass du dich versorgen kannst. Und was ist wenn J zurückkommt?"
Pargan sah immer noch nicht vollkommen überzeugt aus, aber er protestierte nicht mehr. Und so drehten wir uns um und machten uns auf den Weg zurück zu den Schiffen.
„Falls J tatsächlich nur nach L1 zurückkehrt," sagte Quatre plötzlich, „und wir zur Erde zurückkehren seid ihr herzlich eingeladen mit uns zu kommen."
Treize warf Quatre einen überraschten Blick zu. „Meinst du das ernst?"
Quatre zuckte mit den Schultern. „Sicher. Warum nicht."
Treize lächelte Quatre an. „Danke," sagte er. „Wir werden über dieses Angebot nachdenken."
„Tut das," antwortete Quatre.
Den Rest des Weges legten wir schweigend zurück.
