Titel: Enjoy the Silence
Autor: Zanna
Disclaimer: siehe Kapitel 1
Betadank: wie immer an Laren
Kommentar: Sorry daß es so lang gedauert hat, aber erst war ich etwas krank, und dann als es mir wieder besser ging hat mein Notebook beschlossen Selbstmord zu begehen 'heul'. Es war alles weg! Und ich war eine ganze Woche ohne PC! Zwar hat mein Bruder es glücklicherweise geschafft fast all meine Daten wiederherzustellen (woraufhin ich ihn sofort zu meinem Lieblingsbruder erklärt habe 'gg'), so daß ich nicht gezwungen bin ebenfalls rituellen Selbstmord aufgrund meiner großen Verluste zu begehen 'schnief'. Und dann, als wäre das nicht schon genug, hat sich dieses Kapitel auch noch als das Kapitel des Bösen entpuppt. Aus irgendeinem Grund ließ es sich unheimlich schwer schreiben (obwohl ich ganz genau wußte was darin passieren sollte). 'seufz' Ok, genug gejammert, ich hoffe euch gefällt das Kapitel!
Kapitel 34
Trowa POV
Schweigend beobachtete ich wie wir uns einem riesigen Felsbrocken im All näherten. Zumindest sah es so aus wie ein Felsbrocken, doch Wing hatte uns versichert, dass es nur von außen so aussah. Im Inneren dieses Meteoriten befand sich J's Jägerfabrik.
Ich war beeindruckt. Ich hätte niemals gedacht das die Fabriken so groß waren. Und das hier war nur eine! J besaß Dutzende davon. Ich konnte mir die Menge an Jägern die hier ständig produziert wurden gar nicht vorstellen.
Wir hatten J seit Tagen verfolgt, ohne dass er uns bemerkt hatte. Zumindest behauptete das Wing, denn wir selbst hatten nicht wirklich die Möglichkeit das festzustellen. Und auch wenn die anderen Wing vollkommen zu vertrauen schienen, so konnte ich ein Gefühl des Unbehagens doch nicht abschütteln. Das alles lief fast zu glatt.
Ich konnte nicht wirklich glauben, dass J so unbedacht war und uns einfach hierher führen würde – nicht nachdem seine Fabriken derart gut geschützt waren und er immer peinlich darauf geachtet hatte, dass niemand den wahren Standort herausfinden konnte. Was wenn er genau wusste dass wir ihm gefolgt waren? Was wenn wir direkt in eine Falle laufen würden?
Doch offenbar schienen die anderen das nicht zu befürchten. Denn sie waren noch immer fest entschlossen J's Geheimnis auf die Spur zu kommen. Oh, nicht dass ich das plötzlich nicht mehr wollte. Im Gegenteil, nach dem was Heero uns vor einigen Tagen erzählt hatte wollte ich es mehr wissen denn je.
Dennoch war da nun auch etwas anderes außer meinem brennenden Verlangen nach Rache. Ich machte mir Sorgen. Sorgen um meine Freunde. Um Heero, um Duo, um Quatre und sogar um Shini, so erschreckend das für mich auch war. Natürlich hätte ich mir auch Sorgen um Wufei, Noin, Zechs, Treize und Pargan gemacht, wenn sie bei uns gewesen wären.
Aber leider hatten wir die anderen gestern aus den Augen verloren. Denn urplötzlich hatte J die Geschwindigkeit erhöht – ohne einen für uns ersichtlichen Grund – und das ältere Schiff hatte diese Geschwindigkeit nicht mithalten können. Und so hatten wir beschlossen, uns zu trennen. Wir würden J mit Wing verfolgen und den anderen die Koordinaten übermitteln so dass sie uns folgen konnten. Wenn alles gut ginge dann würden sie in ein paar Stunden zu uns aufholen.
Doch wer wusste es, vielleicht war in ein paar Stunden ja schon alles vorbei? Ich hoffte es eigentlich sehr. Denn inzwischen war ich sehr neugierig auf die Erde und alles was es dort so gab. In den letzten Tagen hatten Quatre und Duo eine Menge von ihrem Planeten erzählt, und auch Heero hatte einiges dazu beigetragen. Ich konnte es kaum noch erwarten das alles mit eigenen Augen zu sehen.
Und dann war da noch die Sache mit Quatre. Ich war ihm in den letzten Tagen sehr nahe gekommen. Nach unserem Streit in M's Bibliothek hatten wir eine ganze Weile nicht mehr miteinander geredet – was zum größten Teil meine Schuld gewesen war, wie ich fürchte. Ich war einfach so wütend gewesen auf Quatre. Er hatte mich dazu gezwungen nachzudenken, meine Einstellungen ins Visier zu nehmen und sie zu analysieren. Das hatte mir nicht gefallen.
Und doch war ich froh dass wir wieder miteinander sprachen. Ich hatte schon befürchtet, dass ich Quatre mit meinem Verhalten vor den Kopf gestoßen und so sehr verärgert hätte, dass er nichts mehr mit mir zu tun haben wollte. Doch seit wir wieder mit Wing unterwegs waren hatte Quatre sich mir gegenüber so benommen, als wäre niemals etwas geschehen. Und ich hatte mich nicht getraut ihn darauf anzusprechen, aus Angst diese neue, noch sehr fragile Freundschaft zu zerstören.
Es war für mich etwas völlig neues. Dieses Konzept der Freundschaft. Oh, ich wusste natürlich was Freundschaft war, schließlich war Heero ja mein bester – und bis dahin einziger – Freund. Aber Heero und ich, wir kannten uns schon so lange, und als Kind – vor allem als einsames, verängstigtes Kind – schließt man viel schneller Freundschaften. Und seitdem hatten wir mehr als genug Zeit gehabt uns an all unsere Fehler und Eigenheiten zu gewöhnen. Wir hatten Zeit gehabt um Vertrauen zueinander aufzubauen.
Doch Quatre und Duo – sie hatten mir ihre Freundschaft einfach so angeboten, ohne etwas dafür zu verlangen. Ohne mich zu kennen und zu wissen, ob ich dieses Vertrauen auch wert war. Und bei Heero hatten sie genau das selbe gemacht, und dass obwohl sie ihn noch viel weniger gekannt hatten als mich. Das verwirrte mich und jagte mir gleichzeitig auch etwas Angst ein.
Um ehrlich zu sein, ich war ganz froh dass wir nur noch zu viert auf dem Schiff waren. Als wir auf M's Anwesen waren und all die anderen ständig um mich herum gewesen waren, hatte ich mich nicht wirklich wohl gefühlt. Ich war soviel Gesellschaft einfach nicht gewöhnt. Der einzige außer Heero in dessen Gegenwart ich mich restlos wohl fühlte war Quatre.
Sicher, auch Duo war stets freundlich zu mir und gab mir niemals das Gefühl nicht willkommen zu sein. Zumindest nicht mehr. Denn ich hatte seine seltsamen Blicke und sein fast abweisendes Verhalten zu Beginn unserer Bekanntschaft nicht vergessen. Ich wüsste zu gern was das zu bedeuten gehabt hatte. Aber was auch immer das Problem gewesen war, offenbar bestand es nicht länger. Duo könnte nicht netter zu mir sein.
Und doch zog ich Quatres Gesellschaft vor. Er hatte einfach so etwas beruhigendes an sich. Ich kann es gar nicht genauer beschreiben, man muss es einfach selbst erlebt haben.
„Seit ihr wirklich sicher dass ihr allein da reinwollt?" sagte Quatre.
Ich drehte meinen Kopf und sah ihn an. Quatre stand neben mir vor dem Hauptbildschirm, doch statt das Bild der Fabrik zu betrachten wie ich hatte er seinen Rücken zum Bildschirm gedreht und sah zu Heero und Duo die hinter uns standen.
Heero nickte. „Ja. Wir wollen schließlich so unauffällig wie möglich bleiben. Am besten wäre es wenn J uns gar nicht erst bemerkt. Duo und ich werden uns dort einfach ein wenig umsehen und dann so schnell wie möglich hierher zurückkommen."
„Aber warum ausgerechnet ihr beide?" Quatre hörte sich sehr unzufrieden an.
„Q, das haben wir doch schon oft genug durchgekaut!" rief Duo und rollte mit den Augen. „Ich gehe weil Shini ohne mich kaum mitgehen würde. Und Shini ist der einzige Schutz den wir haben. Und Heero kommt mit weil er nicht auf den Translator angewiesen ist um J zu verstehen. Klar, Trowa zwar auch nicht, aber ich will dass Heero mitgeht."
„Ich bin trotzdem der Meinung dass wir alle gehen sollten." Wenn Quatre etwas war, dann hartnäckig.
Duo lächelte und nickte. „Ich weiß, Q. Das hast du oft genug erwähnt in den letzten Stunden. Aber Heero hat Recht, es ist sicherlich besser wenn noch jemand hier bei Wing bleibt. Nur für den Fall dass irgendwas unvorhergesehenes passiert."
„Hmpf," machte Quatre und verschränkte die Arme vor der Brust, aber protestierte nicht länger.
Ich unterdrückte schnell ein Schmunzeln. Es war mir schon aufgefallen, dass es sehr selten vorkam dass Quatre nicht bekam was er wollte – und dementsprechend fiel dann auch seine Reaktion auf wenn es mal nicht nach seinem Willen ging.
„In Ordnung," sagte Duo und wandte sich ab. Heero schenkte Quatre noch ein kurzes Lächeln, dann nickte er mir zu und folgte Duo zur Luftschleuse.
Wenige Momente später dockte Wing an der Fabrik an – natürlich nicht am Haupteingang, sondern an einer Stelle wo es nicht sofort auffallen würde. Dann ließen wir Heero und Duo aussteigen. Anschließend löste Wing sich sofort wieder von der Fabrik – schließlich wollten wir nicht bemerkt werden, und am einfachsten ginge das wenn wir mobil blieben.
Und nun blieb uns nichts anderes übrig als zu warten. Ich konnte Quatre gut verstehen. Auch mir gefiel es nicht. Nicht zu wissen was dort drüben auf dem Asteroiden passierte, ob Heero und Duo in Gefahr waren oder nicht, das war schrecklich. Ich fühlte mich so hilflos, und ich war mir sicher dass es Quatre genauso ging. Allerdings schien ich mit diesem Gefühl besser umgehen zu können als mein blonder Freund. Immerhin war es nicht das erste Mal dass ich mich so fühlte. Bei J hatte ich dieses Gefühl zu genüge kennen gelernt.
Und so verbrachte ich die nächste Stunde in einem der Pilotensessel und beobachtete wie Quatre im Cockpit aufgeregt auf und ab lief. Immer wieder murmelte unverständliche Satzbrocken vor sich hin – und trotz meines besseren Gehörs konnte ich nicht verstehen was er da sagte.
Aber dennoch amüsierte es mich ungemein. Obwohl ich mir gleichzeitig Sorgen machte um Heero und auch Duo, weckte Quatres Verhalten ein ganz neues, unbekanntes Gefühl in mir. Ich konnte es gar nicht beschreiben, so etwas hatte ich noch nie zuvor gefühlt. Aber auch das war inzwischen schon fast Gewohnheit, Quatre weckte ständig neue, unbekannte Gefühle in mir.
Irgendwann schien Quatre sein hin- und hergerenne leid zu werden, denn er ließ sich mit einem tiefen Seufzer in den Sitz neben mir fallen. „Verdammt! Warum brauchen sie nur so lang?"
Ich sah ihn von der Seite an. Ich war mir nicht sicher ob Quatre darauf wirklich eine Antwort erwartete – vor allem weil ich die Antwort selbst auch nicht kannte.
Quatre sah mich an und lächelte schwach. „Entschuldige. Du musst wahrscheinlich denken dass ich komplett überdreht bin."
„Nein." Ich schüttelte den Kopf.
Quatre lächelte mich erneut an. „Ich bin nur so besorgt! Ich hasse es einfach nur hier so rumzusitzen und nicht zu wissen, was dort drinnen passiert. Nichts tun zu können. Es macht mich wahnsinnig." Quatre sah mich fragend an. „Machst du dir denn gar keine Sorgen, Trowa?"
„Doch," ich nickte leicht. „Aber Heero hat Recht, es ist bestimmt sinnvoll wenn wir hier auf ihn und Duo warten."
„Ihr müsst euch keine Sorgen machen," meldete Wing sich plötzlich zu Wort und ich zuckte leicht zusammen. Ich hatte mich noch immer nicht wirklich daran gewöhnt dass das Schiff mit uns sprach.
„Was meinst du damit?" fragte Quatre. Offenbar hatte er nicht die geringsten Schwierigkeiten sich mit Wing zu unterhalten.
„Ich werde es wissen wenn euren Freunden etwas passiert," antwortete Wing. „Ich habe eine ständige Verbindung zu Shini. Er wird mich benachrichtigen falls etwas geschehen sollte."
„Tatsächlich?" Quatre hörte sich neugierig an. „Kannst du diese Verbindung zu jedem Jäger aufnehmen?"
Eine Weile schwieg das Schiff, dann antwortete es, „Nein."
„Nein?" Quatre legte seinen Kopf schief. „Warum nicht?"
„Ich..." Wing brach ab, und ich hätte schwören können, wenn Wing ein Mensch und keine Maschine gewesen wäre, dann hätte sie sich jetzt sicherlich auf die Lippe gebissen.
„Wing?" hakte Quatre nach als Wing nicht den Anschein machte weiterzusprechen.
„Ich... ich... Es ist schwer."
Ich runzelte die Stirn. Was nur konnte Wing damit meinen?
„Schon gut," sagte Quatre und lächelte beruhigend. „Du musst es mir nicht erzählen wenn du nicht willst."
Ich schüttelte leicht den Kopf. Ich konnte einfach nicht verstehen, warum Quatre das Schiff wie einen Menschen behandelte. Ich hatte Schwierigkeiten damit nicht jedes Mal zusammenzuzucken wenn Wing sprach oder Shini durch die Gegend schwirrte, und Quatre sprach voller Verständnis und Gefühl in seiner Stimme zu dem Schiff.
„Was ist?" fragte Quatre und sah mich neugierig an.
„Nichts," antwortete ich.
„Doch, es ist etwas," beharrte Quatre und lehnte sich leicht zu mir. „Sag es mir."
Ich starrte ihn kurz an. Einen Moment lang war ich versucht nicht auf seine Frage zu antworten, doch selbst in der kurzen Zeit in der ich Quatre nun schon kannte hatte ich festgestellt, dass er sich nicht so leicht von etwas abbringen ließ das er sich in den Kopf gesetzt hatte.
„Ich verstehe dich nur einfach nicht," antwortete ich Quatre schließlich.
Quatre legte den Kopf schief und sah mich neugierig an. „Was verstehst du an mir nicht?"
Ich zuckte mit den Schultern. „Einfach alles. Du behandelst Jäger wie Menschen, bestehst darauf dass nicht alle OZ Monster sind. Du bringst mich dazu alles in Frage zu stellen. Warum?" Endlich war es raus. Ich blinzelte Quatre ein wenig erschrocken an. So kannte ich mich gar nicht.
Doch Quatre lächelte mich nur an – ich schätze dieser kleine Ausbruch hatte mich selbst mehr erschrocken als ihn. „Ich weiß auch nicht," antwortete Quatre mir. „Ich konnte es einfach nicht länger ertragen dich so – verbittert zu sehen."
„Verbittert?"
Quatre nickte. „Ich denke das ist das beste Wort um es zu beschreiben. Im Gegensatz zu Heero war da soviel Groll und Hass in dir – es hätte dich mit der Zeit zerstört, Trowa."
Ich sah ihn nachdenklich an.
Quatre lächelte wieder schwach. „Ich musste einfach irgendetwas dagegen tun."
„Warum?" fragte ich ruhig. Ich war wirklich neugierig – warum nur hatte Quatre dieses Bedürfnis verspürt mir zu helfen? Er hatte mich kaum gekannt.
„Weil ich..." Quatre brach ab und biss sich auf die Unterlippe. Ich lehnte mich leicht vor. Auf einmal war ich wie gebannt. Ich wusste nicht warum, aber ich musste unbedingt wissen warum Quatre sich so viele Gedanken um mich machte. Ich konnte meinen Blick nicht von seinen unglaublich blauen Augen lösen. Ich hatte noch niemals Augen von dieser Farbe gesehen. Aber wer wusste es schon, vielleicht war es auf der Erde ja normal? Ich konnte mich erinnern dass auch Duo eine höchst ungewöhnliche Augenfarbe hatte. Dennoch konnten sie nicht mit Quatres Augen mithalten.
„Weil ich..." fing Quatre erneut an und erwiderte meinen Blick ernst. „... dich sehr gern habe," beendete er schließlich flüsternd.
Plötzlich schlug mein Herz fast schmerzhaft schnell in meiner Brust und mein Mund wurde furchtbar trocken. Noch immer konnte ich meinen Blick nicht von Quatre lösen. Ich saß dort wie erstarrt – und wusste nicht warum. Und als Quatre sich immer weiter vorlehnte und mir immer näher kam, ließ ich es einfach geschehen. Ich glaube, selbst wenn ich etwas dagegen gehabt hätte, hätte ich nichts dagegen unternehmen können. Mein Atem ging immer schneller, und doch schien ich nicht genügend Sauerstoff aufnehmen zu können.
Und dann berührten Quatres Lippen die meinen und alles andere herum war vergessen. Dieses Gefühl übertraf alles was ich bis dahin gekannt hatte. Mein gesamter Körper stand in Flammen, mein Herz raste und mein gesamtes Universum schien sich auf diese kleine Fläche zu konzentrieren die meinen Mund darstellte.
Quatres Lippen waren so unendlich weich, so warm, und ich wollte dass dieses Gefühl niemals mehr endete. Doch irgendwann – es kam mir vor wie Stunden später – waren Quatres Lippen plötzlich wieder von meinen verschwunden. Langsam öffnete ich die Augen – seltsam, ich hatte gar nicht gemerkt dass ich sie geschlossen hatte – und sah Quatre an, der mich mit einem fragenden und fast unsicheren Ausdruck im Gesicht betrachtete.
„Ist... ist das ok mit dir?" fragte er leise und seine großen Augen flehten mich beinahe an.
Ich konnte ihn nur stumm ansehen. Ich wusste was soeben geschehen war – Heero hatte es mir erklärt und ich hatte auch gesehen wie er und Duo sich geküsst hatten. Aber ich hätte niemals gedacht dass ein Kuss sich SO anfühlen könnte! Ehrlich gesagt hatte ich bis jetzt nicht verstanden warum Heero und Duo sich ständig küssten – und warum dann immer ein Ausdruck purer Verzückung auf ihren Gesichtern lag.
Doch nun verstand ich es. Nun, da Quatre mich geküsst hatte und ich aus eigener Hand erfahren hatte wie es war. Quatre hatte mich geküsst! Meine Gedanken rasten und versuchten hinter die Bedeutung dieses Kusses zu kommen – auch das hatte Heero mir versucht zu erklären, wenn auch nicht sehr erfolgreich – doch ich kam zu keinem Ergebnis. Alles was ich wusste war, ich wollte mehr.
„Trowa?" fragte Quatre noch leiser als vorher und nun lag beinahe so etwas wie Angst in seinen Augen. „Es... es tut mir leid. Ich wollte dich nicht so überrumpeln oder dich zu irgendetwas zwingen. Ich –"
„Noch mal," unterbrach ich ihn.
„Was?" Quatre blinzelte mich verblüfft an.
„Tu es noch mal," wiederholte ich.
Quatres Augen leuchteten auf und er setzte ein strahlendes Lächeln auf. Dann beugte er sich erneut vor und im nächsten Moment tobten schon wieder die unglaublichsten Gefühle durch meinen gesamten Körper.
Diesmal begnügte Quatre sich nicht nur mit einer leichten Berührung unserer Lippen, sondern er fing an leicht an den meinen zu knabbern, fast so als wollte er mich kosten. Dann saugte er meine Unterlippe in seinen Mund und biss leicht zu.
Ich keuchte auf. Statt mich zu ernüchtern oder gar wirklich wehzutun schien dieser winzige Schmerz die erregenden Gefühle nur noch zu verstärken. Irgendwo hörte ich jemanden stöhnen und nur Momente später wurde mir klar, dass ich dieses Geräusch von mir gegeben hatte.
Meine Arme hoben sich wie von selbst und schlangen sich um Quatres Schultern. Mein Hände krallten sich in sein Shirt und ich versuchte meinen Körper enger an den von Quatre zu pressen. Das alles war so überwältigend – ich hatte das Gefühl als würde außerhalb von Quatre und mir nichts anderes mehr existieren im Universum.
Ich weiß nicht wie lange dieser zweite Kuss dauerte, aber als wir uns schließlich von einander trennten war ich völlig außer Atem, so als wäre ich eine lange Strecke sehr schnell gerannt. Ich konnte mir nicht erklären warum es so war. Und offenbar schien es Quatre nicht anders zu gehen.
Heftig atmend starrten wir uns eine Weile einfach nur an, die Gesichter noch immer so nahe beieinander dass Quatres Augen fast mein gesamtes Gesichtsfeld ausfüllten. Ich wollte in ihnen ertrinken und nie wieder auftauchen.
„Trowa?" fragte Quatre leise und blickte mir suchend in die Augen.
Eine Weile konnte ich nichts anderes tun als Quatre weiterhin anzustarren. Doch dann wurde mir bewusst dass er offenbar irgendeine Antwort von mir erwartete. Nur wusste ich nicht was ich sagen sollte. Dieser Kuss und all die Gefühle die er in mir ausgelöst hatte – es war einfach zu überwältigend.
Aber ich konnte Quatre auch nicht einfach so ohne Antwort lassen – schon jetzt konnte ich sehen wie sein Gesichtsausdruck immer besorgter wurde. Da ich noch immer nicht wusste was ich sagen sollte beschloss ich ihm ohne Worte zu antworten. Ich lächelte.
Und offenbar schien das genau die richtige Reaktion gewesen zu sein, denn Quatre beantwortete diese für mich so ungewohnte Geste mit einem breiten, sonnigen Lächeln.
„Ich bin froh," sagte Quatre. „Trowa, ich –"
„Ein Schiff nähert sich der Fabrik," ertönte auf einmal Wings Stimme und riss mich und Quatre aus der Versunkenheit.
Ich zuckte zusammen, und auch Quatre konnte ein überraschtes Zusammenfahren nicht verhindern. Mit einemmal war der Rest des Universums wieder über uns hereingebrochen, und ich hatte das Gefühl als hätte Wing einen Eimer eiskaltes Wasser über meinem Kopf gelehrt. Es war, gelinde gesagt, mehr als ernüchternd.
„Was?" fragte Quatre und blinzelte verwirrt nach oben.
„Ein Schiff nähert sich der Fabrik," wiederholte Wing.
„Bist du sicher?" rief Quatre aus, löste sich vollkommen von mir und drehte sich zur Anzeigetafel herum. Ich folgte ihm etwas langsamer.
„Selbstverständlich," antwortete Wing.
„Wie weit ist es weg? Und fliegt es tatsächlich zur Fabrik?"
„Es wird in etwa fünf Minuten hier eintreffen," beantwortete Wing Quatres Fragen. „Und da es hier draußen außer der Fabrik nichts anderes gibt kann ich aufgrund der Flugbahn mit Sicherheit behaupten, dass es hierher fliegt."
„Verdammt!" fluchte Quatre. „Wer ist das? Und was will er hier? Und warum ausgerechnet jetzt? Das gefällt mir überhaupt nicht!"
Ich blickte besorgt zu ihm hinüber. Quatre starrte mit gerunzelter Stirn auf die Anzeigen hinab und kaute nervös auf seiner Unterlippe.
„Wing?" rief Quatre. "Kannst du uns sagen wer das ist? Du hast doch erwähnt dass die Schiffe immer eine Signatur aussenden."
Eine Weile war es still, dann antwortete Wing, „Ich bekomme keine klare Kennung. Alles was ich erkennen kann ist dass das Schiff nur einen Passagier hat. Einen OZ."
Quatre presste die Lippen zusammen und schüttelte leicht den Kopf. Offenbar gefiel ihm diese Antwort genauso wenig wie mir.
„Was sollen wir tun?" fragte ich leise.
Quatre hob den Kopf. „Im Moment können wir nicht viel tun, fürchte ich," antwortete er mir. „Zumindest nicht wenn wir nicht Duos und Heeros Aufenthaltsort verraten wollen indem wir Funkkontakt zu ihnen aufnehmen."
Ich nickte zur Bestätigung, und dann warteten wir schweigend ab. Und genau wie Wing gesagt hatte, nur fünf Minuten später erschien plötzlich ein Schiff und näherte sich der Fabrik. Es flog geradewegs auf einen der Eingänge zu und dockte dort an. Und dort blieb es dann.
Die nächsten Minuten schienen viel zu langsam zu vergehen. Quatre und ich starrten hinaus auf das andere Schiff, das einfach nur an der Fabrik festgemacht war und sich nicht rührte. Wer war damit angekommen? Und warum? Und war das Eintreffen des Unbekannten für Heero und Duo eher von Vorteil oder Nachteil? Und woher wusste der fremde OZ von dieser Fabrik? Ich konnte mir nicht vorstellen dass J den Standort irgendjemandem verraten würde. Es musste also jemand sein, dem er vertraute. Was nicht gerade für den unbekannten OZ sprach.
„Verdammt, verdammt, verdammt," murmelte Quatre vor sich hin, und ich konnte ihm nur zustimmen. Ich fühlte mich äußerst angespannt und vollkommen hilflos. Am liebsten wäre ich losgerannt um Heero und Duo zu helfen – aber wer wusste schon ob das nicht gerade das Gegenteil bewirkt hätte? Doch hier rumzusitzen und nur zu warten machte mich fast wahnsinnig.
Quatre ging es offenbar ganz genauso. Er murmelte ständig irgendetwas vor sich hin und wurde von Minute zu Minute immer unruhiger. Inzwischen rutschte er fast fieberhaft auf seinem Sessel hin und her. Ich konnte sehen wie sehr er sich um unsere Freunde sorgte. Und ich wusste auf einmal, dass ich irgendetwas dagegen unternehmen musste. Ich konnte es einfach nicht ertragen Quatre so nervös zu sehen.
Langsam, fast zaudernd streckte ich meine Hand aus und legte sie auf Quatres Arm. Sofort drehte der Blonde seinen Kopf in meine Richtung und warf mir einen Blick zu. Dann lächelte er plötzlich und schien sich tatsächlich etwas zu entspannen. Ich erwiderte das Lächeln zögernd. Ich war zwar wirklich froh dass ich Quatre durch meine Berührung helfen konnte, dennoch war es einfach noch zu ungewohnt für mich so viel zu lächeln.
Quatre legte seine Hand auf meine, drückte einmal kurz zu und ließ sie dann dort liegen. Und dieser Kontakt bewirkte in mir dasselbe was meine Berührung offenbar bei Quatre bewirkt hatte. Ich fühlte mich sofort viel ruhiger.
Quatre öffnete den Mund um etwas zu sagen, als seine Augen plötzlich ganz rund wurden. Ich warf ihm einen besorgten Blick zu, doch Quatre schien mich gar nicht mehr wahrzunehmen. Mit einem Aufkeuchen riss er sich von mir los und krümmte sich auf seinem Sitz zusammen.
„Quatre!" rief ich aus und sprang von meinem Sitz auf. Ich kniete mich neben Quatre auf den Boden und versuchte seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Doch vergeblich, Quatre hatte die Arme fest um seinen Brustkorb geschlungen und beugte sich weit nach vorne. Das bisschen das ich von seinem Gesicht sehen konnte war völlig verzerrt.
„Quatre! Was ist los?" rief ich immer besorgter. Ich hatte keine Ahnung was hier eben geschehen war, aber Quatre hatte offensichtlich Schmerzen und ich konnte nichts dagegen tun!
„Quatre!" Ich packte ihn an den Schultern und versuchte ihn aufzurichten. Doch Quatre wimmerte nur und versuchte sich noch mehr zusammenzurollen.
„Quatre! Ich bin es, Trowa! Was ist los?" Immer wieder rief ich nach ihm, und dann, nach einer Ewigkeit wie mir schien, beruhigte sich Quatres Atem wieder. Das Keuchen ging zurück, und auch die schreckliche Muskelanspannung in seinem Körper ließ nach. Dann richtete er sich endlich auf.
„Quatre?" fragte ich, noch immer sehr besorgt. „Wie geht es dir? Was ist passiert?"
„Trowa?" fragte Quatre schwach und sah mich kurz an. Doch dann keuchte er erneut auf und ich wollte mich schon wieder besorgt über ihn beugen. Doch diesmal krümmte er sich nicht auf seinem Sessel zusammen, sondern sprang auf und starrte ungläubig nach oben an die Decke des Cockpits – dort wo er immer hinsah wenn er mit dem Schiff sprach.
„Wing!" rief er, und seine Stimme klang absolut ungläubig. „Wing... Warum... warum hast du uns denn nichts davon gesagt?"
Ich blickte Quatre verwirrt an. Was meinte er denn? Was hatte Wing uns nicht gesagt? Doch im nächsten Moment vergaß ich diese Fragen auch schon wieder, denn Wing antwortete Quatre. Doch es klang so überhaupt nicht wie die Wing die ich kannte. Anstatt leicht metallisch und absolut emotionslos klang ihre Stimme auf einmal – qualvoll. Voller Angst und Entsetzen. Und Schmerz. Und so dauerte es tatsächlich einige Sekunden bis ich überhaupt registrierte, was sie genau sagte:
„Shini... Er ist verletzt... Er wird sterben..."
