Die Zeit vergessend schwammen sie um die Wette, knufften sich gegenseitig, wobei der Delphin Lucas gegen die Seite rammte oder ließen sich an der Oberfläche des Wassers verträumt treiben.

„Ist das nicht süß?" hörte Lucas plötzlich eine vertraute Stimme hinter sich und fuhr herum. Rufus hatte seinen Ellbogen auf den Beckenrand aufgestützt und seinen Kopf verträumt auf die Handfläche gelegt. Sein neues Haustier spazierte von seiner Schulter auf den Rand des Moonpools und griff mit einer Pfote ins Wasser. Es sah aus, als würde das Tier die Wassertemperatur messen wollen. Darwin schwamm zu Rufus. „Schwimmst du mit Darwin und Lucas?"

„Oh, nein, nein, ich fürchte das wird meiner Frisur nicht besonders gefallen."

„Abrasieren, Darwin auch kahl, schwimmt gut."

Rufus riß die Augen auf. „Bist du verrückt? Ich bin doch kein Delphin! Nein, auf keinen Fall werde ich mir den Kopf rasieren."

„Wäre doch mal was neues, findest du nicht?" Lucas kam zum Rand geschwommen.

„Nein, finde ich nicht." tat der Sänger zickig und sah zu Wolfgang Amadeus. „Willst du mal auf Darwin reiten?" Er nahm das kleine Äffchen in die Hände und hielt es über Darwin. „Lässt du meinen Wolfgang Amadeus denn einmal auf dir reiten? Das wird ihm sicher gefallen, wenn er hier seine Runde drehen darf."

„Darwin, das ist Wolfgang Amadeus, der neue kleine Hausfreund von Rufus." stellte Lucas den Delphin mit dem Wesen vor. „Wolfgang Amadeus das ist Darwin."

„So wie du das sagst, klingt das abfällig!" sagte Rufus zu Lucas.

Das Teenager grinste. „Tut mir leid, ist mir nur so raus gerutscht."

Der Delphin schien misstrauisch, denn er zögerte ehe er näher zu dem Tier kam und es sich von Rufus vor die Finne setzen ließ.

„Halt dich gut fest, mein Süßer."

„Was soll das denn werden?" fragte Lucas, als er sah was der Sänger da tat.

„Wolfgang Amadeus möchte auf einem Delphin reiten." Vorsichtig ließ er das Tier los und trat einen Schritt zurück. Ob Darwin gefiel was man da mit ihm machte oder nicht, das konnte Lucas nicht sagen, einzig das er langsam losschwamm. Er drehte einige Kreise im Moonpool während das affenartige Tier auf dessen Rücken ruhig da saß, als würde es eine Kreuzfahrt machen.

„Ist er nicht goldig? Mein kleiner Wolfgang Amadeus hat einen neuen Freund gefunden!" Rufus legte dabei seine Hand auf die nasse Schulter des Teenagers, der sich auf den Rand des MoonPool gesetzt hatte. „Kannst du dir nicht was trockenes anziehen, oder überhaupt etwas, das nicht so nass ist?"

Lucas sah angewidert auf die Hand auf seiner Schulter. „Davon träumst du wohl!" Dann schob er die Hand unsanft von seiner Schulter.

„Bist du immer noch zickig?" Rufus lehnte sich auf seine Unterarme stützend an den Rand des Moonpools. Lucas antwortete ihm nicht, sondern sah eher misstrauisch auf das affenähnliche Tier auf Darwins Rücken. Sobald sich die Gelegenheit dazu gab, wollte er sich damit mal genauer beschäftigen, denn es stimmte damit eindeutig etwas nicht. Hoffentlich hatte Smith bereits Erfolg gehabt und konnte etwas darüber in Erfahrung bringen.

„Hast du Lust nachher dir ein paar Songs anzuhören, die ich neu geschrieben habe?" unterbrach Rufus die Gedanken des Teenagers.

„Wie?"

„Keine Angst, es ist dieses mal keiner dabei, der dir gewidmet ist, doch ich würde ganz gerne einmal von jemanden die Meinung hören, wie er sie findet. Normalerweise mache ich das im Studio bei meinem Produzenten, aber ich bin mir mit manchen so unsicher."

„Unsicher? Du? Bei Musik? Ich höre wohl nicht richtig."

„Normalerweise bin ich das ja auch nicht, aber ich möchte doch endlich ein Nummer eins Album und dafür muss ich radiofreundlicher werden." Rufus kreiste mit der rechten Hand im Wasser.

„Fühlt sich nicht so toll an, wenn man gewissen Zwängen auferlegen ist, nicht?" grinste Lucas vor sich hin.

„Hörst du es dir an?" lenkte Rufus sofort ab. Darwin kam mit Wolfgang-Amadeus zu ihnen zurück. Das Wesen hopste auf den Rand des Beckens und kuschelte sich an die Brust des Sängers.

„Klar, ich würde mich sogar freuen. Darf ich das heimlich aufnehmen und dann überall bei deinen anderen Fans verbreiten?"

„Dann verklage ich dich!"

„Ist gut, dann ohne Aufnahmegerät."

„Hier bist du Lucas. Ich suche dich schon auf dem ganzen Boot." Captain Bridger betrat das Seedeck. Er war davon ausgegangen, dass der Teenager die Spielstunde mit Darwin längst beendet hatte. Lucas sah zu ihm auf. „Gibt es ein Problem?"

Bridger lehnte sich zwischen Rufus und Lucas und streichelte Darwin die Schnauze. „Bridger spielen mit Darwin?"

„Tut mir leid, ich bin noch mit den Reparaturen beschäftigt. Das wird wohl noch etwas dauern."

„Wie lange wird es dauern bis die Schäden behoben sind?" fragte Lucas, der erschrocken war, als er den Zustand der seaQuest gesehen hatte bei seiner Rückkehr an Bord. Zu seinem Unglück funktionierte in seiner Kabine noch nicht einmal der Strom. Sie hatten eine kleine Taschenlampe aufgestellt um wenigstens etwas zu sehen. Die Lebenserhaltungssysteme waren das erste was repariert wurde, dennoch dauerte das alles. Es war ein Wunder, dass es keine ernsthaften Verletzten gegeben hatte.

„Bestimmt zwei Wochen, aber wir müssen nicht mehr lange hier im Dock bleiben. Sobald die äußeren Schäden behoben worden sind und wir wieder fahrttüchtig sind, kann es weiter gehen." Bridger wandte sich an Rufus. „Commander Ford hat mir mitgeteilt, dass es für sie kein Problem sei, wenn sie dadurch erst später wieder in New York sind."

Rufus lächelte. „Aber natürlich nicht. Mir macht das nichts aus, auf die Weise habe ich genügend Ruhe um mich ein wenig um ein paar neue Songs zu kümmern, die mir im Kopf herum schwirren und die ich für mein neues Album brauche. Mir gehen hier nämlich keine Produzenten und Manager auf die Nerven, dass ich diesen und jenen Termin wahr nehmen soll und dort in das Studio zu kommen habe. Das hier ist das Paradies für jemanden wie mich." Er zwinkterte verführerisch Lucas zu. Seinen Plan jemanden umzukrempeln hatte er noch nicht abgelegt. „Außerdem kann ich hier ebenfalls meine Songs testen."

„Verlass dich aber nicht zu sehr auf meinen Geschmack, hier sind einige daran schon verzweifelt, weil sie meine Musikvorlieben nicht ausstehen können." fuchtelte Lucas mit dem Zeigefinger herum.

Rufus schien das keineswegs zu beunruhigen. „Ach ich vertraue dir da ganz und gar, schließlich hast du alle meine Alben und ich muss es wissen, hast du sie mir doch damals alle zum signieren gegeben." Er stützte das Kinn auf die Handfläche und warf Lucas erneut einen mehr als nur verführerischen Blick zu.

Der Teenager rutschte ins Wasser zurück, den Kopf schüttelnd. „Schwimm nicht zuweit raus, ich könnte dich nachher gebrauchen." sagte Bridger.

Sofort war die Aufmerksamkeit von Lucas wieder dem Captain entgegen gerichtet. „Gibt es doch Probleme?"

„Allerdings. Unser System hat bei dem Angriff ebenfalls einiges abbekommen und ich fürchte das fällt eher in deinen Bereich. Ich lasse auch nur ungern jemanden daran, der nicht zur UEO gehört und wir befinden uns nun einmal nicht mal annähernd in der Nähe der amerikanischen Küste. Sieh es dir einfach nur an und sag mir dann, was du davon hälst. Vielleicht bekommen wir bis dahin wieder die Stromzufuhr hin."

„Das wäre mir auch ganz recht, denn wie ich gesehen habe ist es auf der Brücke gerade sehr ungemütlich und da möchte ich nicht unbedingt gerade mich konzentrieren müssen." Lucas war etwas hinaus geglitten im Wasser und kam nun wieder zurück. Darwin hielt sich dicht bei ihm und kuschelte sich unter die kraulende Hand dessen. Just in dem Moment hopste Wolfgang Amadeus unter Rufus Brust hervor und auf die Schulter von Nathan Bridger. Der Captain erschrak über diesen unerwarteten Zug des Tieres, dessen Anwesenheit er noch nicht einmal annähernd bemerkt hatte und blickte nun etwas verschüchtert auf seine Schulter. Noch nie zuvor hatte Lucas dieses Unsicherheit bei dem UEO Captain gesehen. Seine Augen zeigten auf einmal einen Ausdruck von Verletzlichkeit, die ihm ganz uneigen war. Langsam kletterte Lucas aus dem Becken. „Captain?"

Bridger schien ihn nicht zu hören. Seine Augen starrten ununterbrochen auf das kleine Wessen, das auf seinen Hinterläufen aufgerichtet auf dessen Schulter saß und ihm in die Augen sah.

„Ist das nicht süß?" lächelte Rufus. „Wolfgang Amadeus hat einen neuen Freund gefunden. Erst dich Lucas und nun auch noch den Captain. Ich glaube er mag sie." Der Sänger trat die zwei Schritte, die Bridger bei dem Sprung des Tieres zurück gewichen war wieder an diesen heran und streichelte seinem kleinen Freund über den Rücken. Was auch immer gerade vor gegangen war, auf einmal wich die Steifheit aus dem Captain und er lockerte sich wieder. Lucas hatte die Stirn in Falten gelegt und beobachtete den älteren Mann sehr genau. Irgendwas stimmte hier doch nicht. Das Tier hatte sich auf Bridgers Schulter herum gedreht und sah zu seinem menschlichen Freund, der die Handfläche diesem hin hielt, damit es zu ihm zurück kam. Flink hüpfte es auf diese und schmiegte sich anschließend in die Brusttasche des Hemdes. Einzig sein Kopf sah noch neugierig aus dieser. Eine Pfote lag am Rand, doch sonst war das Tier völlig verschwunden.

Bis Bridger sich wieder gefangen hatte, ihm war seltsam zumute gewesen, er hatte ein Gefühl verspührt, wie er es zuletzt nach Carols Tod empfanden hatte, vergingen einige Augenblicke. Kritisch wurde Wolfgang Amadeus in dieser Zeit von Lucas beäugt. Der Entschluß dem Tier auf die Schliche zu kommen wurde immer stärker.

„So, unser neuer Gast weicht ihnen nicht mehr von der Seite?" sagte Bridger, nun endlich wieder in seiner gewohnten Art.

Langsam rollten die Augen Lucas' von Wolfgang Amadeus zum Captain zurück. Er schien wirklich wieder ganz normal. Dennoch – hier stimmte eindeutig etwas nicht.

„Ihre veehrte Frau Dr. Smith sagte, dass es kein Problem sei, wenn ich mich ein wenig um ihn kümmere. Hey, was hälst du davon, wenn ich dir auch meine neuen Songs vorspiele?" begeistert sah Rufus zu seinem kleinen Tierchen, dessen große Augen ihn scheu musterten. Es wirkte so zerbrechlich und eingeschüchtert, obwohl Lucas das Gefühl hatte, als stecke sehr viel mehr in dem Tier, als es den Anschein hatte.

Bridger lachte. „Tun sie sich keinen Zwang an. Ich glaube nicht, dass es irgendjemanden stören würde, wenn sich dies bei ihnen befindet."

„Sein Name ist Wolfgang Amadeus." verkündete Rufus stolz.

Kritisch sah Bridger für einen Moment zu dem Tier ehe er seinen gelasseneren Ausdruck wieder annahm.

„Vielleicht ist es aber eine sie." setzte Lucas ein.

„Ach nein... oder etwa doch?" Rufus wirkte verunsichert. „Du meinst doch wohl nicht etwa, das es sich wirklich um ein Weibchen handeln könnte?"

Lucas verkniff sich ein Grinsen. „Ich dachte immer du würdest sofort wissen mit welchem Geschlecht du es zu tun hast. Wäre doch fatal wenn man erst zu spät merkt, was man da hat."

„Oh, ach das... nein, da bin ich mir immer sicher." Nun wieder neuen Mut gefasst fügte er noch hinzu. „Wolfgang Amadeus ist ganz sicher ein er!" Für den Fall aller Fälle würde er das aber noch nach prüfen. Gleich. Sofort. Sobald er wieder allein war und ihm keiner dabei zusah.

„Bridger spielen mit Darwin?" meldete sich der Delphin in die Erinnerung der Menschen zurück, die ihn anscheinend vergessen zu haben schienen.

„Tut mir leid mein Freund, aber das wird nicht möglich sein. Die seaQuest ist noch zu beschädigt und ich habe eine Menge zu tun. Lucas hat doch jetzt sicherlich schon mit dir gespielt. Warum gehst du nicht ein wenig raus und fängst dir ein paar Fische?" sagte Bridger an den Rand des Moon Pools gelehnt während er seinem Delphin über die Melone strich.

„Darwin Fisch fressen wird. Schleuse öffnen!" Es klang mehr wie ein Befehl denn eine Bitte die da von dem Meeressäuger kam. Lucas sah das als Beendigung seiner Dienste, da stürmte auf einmal noch jemand auf das Seedeck und das nicht gerade wenig wütend. Einer ihrer Arme war mit Gips versehen und steckte dazu noch in einer Schlinge. Dies hielt sie aber nicht ab, mit der anderen freien Hand nach dem Ohr des Teenagers zu greifen. „Habe ich dir nicht gesagt, du sollst sofort zu mir kommen, wenn ihr zurück seid? Kind, wie siehst du denn nur aus? Halb ausgehungert bist du! Ich wusste doch, wenn ich dich dieser Teufelsfrau anvertraue, dann kommt einfach nichts dabei raus. Bestimmt hat sie sich noch nicht einmal um dich gekümmert, während ihr da draußen wart." Nachdem ihm halb das Ohr abgerissen worden war, steckte er auf einmal in einer wilden Umarmung und Iva schien sich noch nicht einmal darum zu kümmern, dass er völlig nass war.

„Wieso ist die gute Dr. Westphalen nicht mehr hier? Sie hatte wenigstens ein Auge für dich und da musste man sich nie Sorgen um dein leibliches Wohl machen. Los, zieh dir etwas trockenes an und dann bekommst du was ganz leckeres von mir und kannst soviel essen wie du willst." Lucas hatte nicht einmal die Möglichkeit zu reagieren, schon wurde er nach draußen geschleift, nachdem Iva ihm, obwohl nur ein Arm unverletzt war, auch noch beim abtrocknen helfen wollte.

„Sie können auch mitkommen, Mr. Wainwright, sie sehen schließlich nicht besser aus." rief ihre durchhallende Stimme, als Rufus gerade dabei war sich heimlich aus dem Staub zu machen. Hängenden Kopfes folgte er ihr also. Ein Trost blieb ihm, er war wenigstens nicht ganz allein sondern teilte sich das Leid mit Lucas. Wolfgang Amadeus war ganz in seine Brusttasche gerutscht und hatte sich zu einem kleinen Schläfchen zusammen gerollt. Bridger sah dem ganzen nur amüsiert nach. Er war froh, dass er kaum einen Anlaß bot um die Küchenfrau auf sich aufmerksam zu machen. Darwin erinnerte ihn mit einem Schwall Wasser daran, dass er noch einen Auftrag zu erledigen hatte, ehe er an seine Arbeit zurück kehren konnte.