Lucas sah ihn einen Moment noch mit kritischen Blick an, dann ließ er es sein und machte sich auf zur MagnetBahn, sie funktionierte seit gut zehn Minuten wieder. Wären sie nicht gerade Zeuge geworden, wie einige Offiziere aus ihr gestiegen wären, hätte er den ganzen Weg zur Brücke wohl auf dem normalen Weg bewältigt. Als Rufus sich neben ihm in die kleine Kabine setzte sah er zur Seite. "Was willst du noch hier?"
Rufus Wainwright ließ keinen Zweifel daran was er noch hier wollte, das konnte man ihm direkt aus den Augen ablesen. "Mein Schatz, du weißt doch ich folge dir überallhin."
Lucas legte den Kopf in den Nacken und sah zur Decke. "Wieso muss ich immer nur so ein Glück haben? Wieso?" In dem Moment ging ein Ruckeln durch die Kabine, das Licht flackerte und auf einmal war alles still um sie herum. "Na ganz toll." grummelte Lucas noch hinterher.
Räuspernd meldete sich der Sänger. "Lucas?"
"Sag mir jetzt bitte nicht du hättest Angst im Dunkeln."
"Hehehe", lachte Rufus.
"Hehehehehe", lachte jemand anderes.
"Das ist nicht komisch, Rufus!"
"Das war ich nicht!"
"Doch aber natürlich warst du das! Du willst mir Angst einjagen, damit ich zu dir gekrochen komme und mich von dir trösten lasse, bis hier wieder alles geht. Aber da hast du dir den Falschen ausgesucht. Ich bin schließlich schon länger hier auf dem Boot. Die Tatsache, dass wir im dunkeln im MagLev stecken geblieben sind, lässt mich nur darauf schließen, dass der Notstrom für diese Sektion abgeklemmt wurde, weil hier gerade Arbeiten durchgeführt werden. Ich schätze mal, die Reparatur war nur Flickwerk, das nur notdürftig was gebracht hat. Oder aber es ist eine Sicherung durchgebrannt, die in dem ganzen übersehen wurde. Kein Grund für falsche Hoffnungen oder Sorgen." Eine kleine Pause trat ein.
"Lucas?"
"Was denn? Ich versuche gerade die Klappe zu finden, um zur nächsten Station kurbeln zu können." Tastend bewegte sich Lucas im dunkeln voran.
"Aha... gut, dann pass auf, das du nicht auf Wolfgang Amadeus trittst, der ist gerade aus meiner Tasche gesprungen."
"Ganz toll!" stöhnte Lucas. "Kannst du nicht einmal auf das Vieh aufpassen? Wieso hälst du ihn nicht fest? Er hat vielleicht Angst im dunkeln?" Eigentlich hatte Lucas mehr Angst von dem Tier gefressen zu werden, anstatt diesem selbst Gefühle wie Angst zu zutrauen. Bei dem Appetit, den das Tier vorzuweisen hatte.
"Was kann ich dafür, wenn er plötzlich Panik bekommt? Ich wollte ihn ja beruhigen und ihn trösten!"
"Dann such ihn und ich bleibe derweil hier stehen." Jedoch fiel Lucas noch etwas ein. "Und falls du mich ertasten solltest, lass deine Finger von mir und such weiter!"
Der Teenager hörte wie sich jemand bewegt und in der kleinen Kabine herum tastete. "Wolfgang Amadeus, komm her mein Süßer. Papa sucht dich."
"Papa?"
"Was dagegen? Wäre Freund besser? Oder großer Bruder?"
"Papa."
"Hör auf Rufus!"
"Das bin ich ab er nicht!"
"Hey, treib mich nicht zum Wahnsinn und schon gar nicht im dunkeln und erst recht nicht wenn wir irgendwo eingesperrt sind!"
"Aber ich bin das nicht gewesen!"
"Hehehehehe."
"L-l-l-l-u-u-u-c-a-s?"
"Stotter hier jetzt nicht rum!"
"Aber mir wird das hier gerade sehr ... un... un... unheimlich."
Innerlich stöhnte Lucas genervt auf. Das konnte doch nun wirklich nicht wahr sein. "Was habe ich nur heute verbrochen um hier so gestört zu weraahahh!"
"LUCAS ... Au!" Rufus war beim erschrockenen Aufschrei des Computergenies aufgesprungen und hatte sich an etwas gestoßen.
"Ich habe Wolfgang Amadeus... und er knuddelt sich gerade an meine Backe."
"Oh, gut. Hast du eine Brusttasche an deinem Hemd? Er mag es, wenn er in einer schlafen kann. Tu ihn am besten da rein, dann passiert ihm nichts." Rufus rieb sich den Kopf an der Stelle, die mit einem Teil der Kabine kollidiert war.
"Warum nimmst du ihn nicht wieder? Es ist dein bester Freund."
"Schon, aber im Moment will er doch lieber mit dir kuscheln. Hehehe, der weiß schon was er will. ... ... ... Dieses mal macht mir keiner was nach."
"Natürlich nicht, das warst ja auch du. Komm nimm jetzt das Tier und lass mich nach der Kurbel suchen, sonst kommen wir nie mehr auf die Brücke!" Lucas nahm Wolfgang Amadeus von der Schulter, der sich zu einer kleinen Kugel in seinen Handflächen zusammen rollte und tapste vorsichtig im dunkeln nach vorn, bis er Rufus auf die Füße trat.
"Autsch!"
"Sorry. Halt deine Hände auf."
"Schon geschehen."
"Entschuldige, aber ich meinte nicht, dass du mich damit halb umarmen solltest. Ich will dir den kleinen Vielfraß geben!"
"Bist du sicher Wolfgang Amadeus zu haben und nicht etwas anderes?"
"Was soll die Frage schon wieder? Wo sind denn deine Hände jetzt?"
"Weggenommen! Irgendwer macht mich hier die ganze Zeit nach. Glaubst du nicht, es kann hier jemand rein gekommen sein, als es dunkel wurde? Vielleicht ist das alles mit Absicht geschehen. Was machst du an meinem Hemd? Hähä, das kannst du ruhig öfters machen, wenn du mich abtasten willst, stell ich mich noch umgedreht an die Wand."
"Auf einmal keine Angst mehr?"
"Doch, aber wenn du mich berührst und bei mir bist, ist das nicht mehr so stark. Außerdem hat das was versautes, wenn du verstehst."
"Träum weiter! Ah, hier." Lucas ließ das kleine Fellknäul in die Brusttasche von Rufus' Hemd flutschen und begab sich dann wieder zu der Wand. Um ein Haar wäre er dagegen gelaufen, weil er die Entfernung unterschätzt hatte.
Der Sänger hatte unterdessen seine Brusttasche abgetastet und vorsichtig geprüft, ob das auch wirklich sein Wolfgang Amadeus war. Man konnte ja nie wissen. "Geht es dir gut?"
"Mir?"
"Nicht dir, Wolfgang Amadeus. Oder halt, bist du noch in Ordnung?"
"Bin ich jetzt gemeint?"
"Ja, jetzt warst du gemeint."
"Wieso sollte es mir nicht gut gehen?"
"Ach, nur so."
"Rufus?"
"Ja mein Süßer?"
"Zwei Sachen"
"Alles was du willst."
"Als erstes, halt den Mund."
"Wieso? Lucas, das kannst du nicht machen. Darf ich singen?"
"NEIN! Zweitens; keine Spitznamen mehr!"
"Komm schon, wir sind doch praktisch unter uns." Zur Bekräftigung fiepte das Äffchen in seiner Brusttasche noch.
Ein Klacken und anschließend ein metallisches Geräusch, als die Klappe auf den Boden fiel, kündigten an, dass Lucas die Kurbel gefunden hatte. "Setz dich einfach nur hin und genieße die Fahrt, ich kurbel jetzt zum nächsten Halt und möchte nichts mehr hören." Dennoch hörte er das Brummen des Sängers, als dieser sich wieder hinsetzte. Die Kabine begann sich sehr langsam vorwärts zu bewegen und es dauerte über zehn Minuten, bis sie die nächste Station erreichten. Die Kurbel klemmte ständig und der Teenager hatte Probleme sie zu benutzen. Endlich rastete jedoch etwas ein, das ihm sagte, dass sie da waren und lösten die Schranken an den Türen.
Mit den Fingerspitzen tastete Lucas nach dem Spalt des Schotts um es aufzuschieben, was zum Glück leichter war als die MagnetBahn zum nächsten Deck zu kurbeln. Endlich fiel wieder ein wenig Licht in die kleine Kammer.
Gehetzt sah Rufus sich um. "Hier ist niemand!"
"Natürlich ist da niemand, das habe ich dir doch gesagt. Geh am besten in deine Kabine und ruh dich etwas aus. Du brauchst dringend ein wenig Schlaf!" Lucas trat hinaus in den Gang, orientierte sich kurz wo genau sie jetzt auf dem Boot waren und machte sich eiligst auf dem Weg zur Brücke.
