Kapitel 3
in welchem Hermine einen gerissenen Plan hat

„Ich bin beeindruckt."

Blaise blickte von einer Packung „Bohnen jeder Geschmacksrichtung" auf, in der er herumgestochert hatte. Hermine stand am Fußende seines Bettes im Krankenflügel, halb verdeckt von dem Vorhang. „Du kannst dich hinsetzen, wenn du willst", sagte er leise.

Anstatt sich auf den Stuhl zu setzen, hockte sich Hermine ans Ende des Bettes. Blaise schob seine Füße aus dem Weg. Sie legte ein Stück Pergament auf seine Knie. „Notizen aus Alte Runen", erklärte sie. „Obwohl du es im Schlaf getan hast, zieh ich dafür Punkte ab."

„Und ich dachte, das würde mir Bonuspunkte einbringen", witzelte er trocken. Er streckte seine Finger probeweise, bevor er eine braune Bohne nahm. Er versuchte, eine mit Schokoladengeschmack zu finden, aber bislang hatte er nur Schlamm und Johannisbrot erwischt.

Hermine sprach leise. „Ich war ziemlich überrascht, daß du eine Katze warst", gab sie zu. „Aber es ergibt Sinn."

„Was ergibt Sinn?"

„Daß ich mich zu dir hingezogen gefühlt hab." Blaise verspürte einen ärgerlichen Stich, als sie die Vergangenheitsform benutzte. „Es muß eine Art animalischer Instinkt oder so gewesen sein." Ihr Gesicht schien sich aufzuhellen. „Ich werde darüber ein paar Nachforschungen anstellen müssen. Es muß dazu ein paar Bücher in der Bibliothek geben."

„Klar, daß du bei dem Gedanken an Nachforschungen ganz aufgeregt wirst", erwiderte Blaise und bot ihr die Schachtel mit Süßigkeiten an. Sie lehnte sein Angebot mit einem Kopfschütteln ab. „Also, wie groß, glaubst du, ist die Wahrscheinlichkeit?" fragte er, legte die Schachtel wieder weg und sah sie fragend an.

„Wovon?"

„Daß es drei Katzen-Animagi so nah beieinander gibt."

„Oh." Hermine sah nachdenklich aus. „Ich weiß nicht. Ich glaube, niemand könnte eine genaue Zahlenangabe machen, da Animagi ohnehin so selten sind. Es ist bizarr, da hast du recht."

Seufzend fügte Hermine hinzu: „Was soll ich Millicent erzählen? Sie hält mich wahrscheinlich für so eine Art verrückter Catwoman, weil ich sie eine Katze quer durchs Schloß hab jagen lassen."

„Die Betätigung hat ihr vermutlich gutgetan", antwortete Blaise wegwerfend. Zu seiner Überraschung wies ihn Hermine für diese Bemerkung nicht zurecht. Sie sah tatsächlich leicht belustigt aus.

Irgendwie war es Blaise gelungen, die Animagus-Transformation zu vollenden. Unglücklicherweise hatte dieses Ereignis stattgefunden, während er geschlafen hatte, und da er durch tierische Instinkte unterdrückt gewesen war, war es ihm nicht möglich gewesen, sich zurückzuverwandeln. Er war durch das Schloß gewandert, bis Hermine erkannt hatte, daß er die schwarze Katze war, die ihr ständig folgte.

„Aber was soll ich ihr sagen?"

„Wir sagen ihr die Wahrheit", sagte Blaise, während er versuchte, nicht zu gähnen. Er war außerordentlich müde durch die Expedition, auf die er Hermine und Millicent geführt hatte, während die beiden versucht hatten, ihn in seiner Katzen-Gestalt zu fangen.

„Die Wahrheit?" wiederholte Hermine mit weit aufgerissenen Augen. „Die wirkliche Wahrheit?"

„Die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit." Blaise konnte sich nicht erinnern, wo er das schon mal gehört hatte, aber es schien eine passende Antwort zu sein.

„Bist du sicher?"

Blaise wählte eine weitere Bohne aus, diesmal eine pinkfarbene. Er drehte sie zwischen den Fingern und sagte: „Ich erinnere mich nicht an viel aus meiner Zeit als Katze, aber an was ich mich erinnern kann ist, wie abgeschieden die Häuser voneinander sind. Ich meine, ich bemerke es als Mensch, aber es wurde einfach offensichtlicher. Du hast gedacht, ich wäre ein Slytherin. Die Ravenclaws haben geglaubt, ich wäre ein Hufflepuff. Die Hufflepuffs haben mich für einen Gryffindor gehalten … Niemand hat auf den Sprechenden Hut gehört."

Für einen Moment runzelte sie verwirrt die Stirn. „Du meinst, als er gesagt hat, die Häuser müßten sich vereinen?"

„Genau." Er seufzte resigniert. „Du hast einen schlechten Einfluß auf mich. Du hast mir ein Gewissen gegeben."

Hermine sah verwirrt aus. „Ich bin nicht sicher, daß das etwas Schlechtes ist."

„Für mich ist es das. Ich wollte nie ein gesellschaftliches Bewußtsein. Ich war vollkommen glücklich in meiner kleinen Seifenblase, aber jetzt ist sie …"

„Geplatzt?" schlug Hermine mit einem listigen Grinsen vor. Langsam schien sie sich in seiner Gegenwart wohler zu fühlen. Sie hielt inne und leckte sich die Lippen. „Vielleicht ist es eine gute Idee, es Millicent zu erzählen. Und Pansy, Ron und all den anderen." Nickend ergänzte sie: „Das wird gut sein. Ein Schritt, um die Häuser zusammenzubringen."

Hermine sprach jetzt selbstsicherer, und Blaise konnte praktisch sehen, wie sich die Rädchen in ihrem Kopf drehten, als sich ein Plan formte. Er hustete. Er konnte einen weiteren Haarball fühlen.

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In Hermines Notizbuch standen Namen in ordentlichen Reihen. Sie starrte sie an und benutzte dann ihren Zauberstab, um einige der Namen in eine andere Reihe zu verschieben. Sie seufzte. Es würde hoffentlich funktionieren. Manchmal waren die Leute überraschend.

Schwierig war es nur, den Plan in Gang zu bringen. Einige Leute würden nicht glücklich sein, und sie mußte immer noch mit Harry reden, aber Hermine war zuversichtlich, daß ihr Plan funktionieren würde. Der Plan war wohl etwas seltsam, aber das war vielleicht, was ihn so anziehend machte.

„Hermine, kannst du mir bei meiner Arbeit für Verteidigung helfen?" fragte Ginny Weasley. Ein schwerer Wälzer landete neben Hermine und kippte dabei fast ihr Tintenfäßchen um. „Was machst du da?" Der Rotschopf spähte in Hermines Notizbuch.

Hermine blickte auf und schloß ihr Buch, um die Listen vor Ginny zu verbergen. „Hast du noch deine Galeone?" fragte sie.

Verwirrt antwortete Ginny: „Die Galeone von DA?"

„Ja."

Ginny angelte einen Augenblick lang in der Tasche ihrer Robe herum. Sie zog die Goldmünze hervor. „Ich trag sie immer bei mir. Wieso?" Ihre Augen leuchteten auf. „Denkst du darüber nach, mit DA wieder anzufangen?"

Wärst du interessiert, wenn es so wäre?" fragte sie vorsichtig.

„Selbstverständlich." Ginnys Arbeit für Verteidigung gegen die Dunklen Künste war anscheinend vergessen. „Ich glaube, es gäbe noch ein paar andere, die auch interessiert wären."

Hermine verengte die Augen. „Hast du mit jemandem darüber gesprochen?"

„Nein", erwiderte Ginny spöttisch. „Seh ich aus wie eine Petze?" Sie hatte recht: Sie hatte eindeutig keine durch einen Fluch ausgelösten Pickel. „Ich hab Leute sagen höre, daß es gut wäre, wenn es einen Duellier-Club oder so was gäbe."

„Danke, Gin", sagte Hermine mit einem Grinsen. Sie erhob sich. „Ich werde Harry und Ron suchen gehen." Sie machte Anstalten zu gehen, drehte ich aber noch einmal zu Ginny um. „Tu mir einen Gefallen und verlier diese Galeone nicht."

Ginny sah zu, als Hermine durch das Portaitloch stieg. Mit einem Seufzer sah sie das Buch an, das sie hingelegt hatte. „Ich hasse Hausaufgaben", grummelte sie.

Hermine fand es ziemlich ironisch, daß sie Harry und Ron in der Nähe des Raums der Wünsche fand. Sie lotste sie hinein, trotz Rons Protesten: „Aber wir haben Quidditchtraining!"

„Das Training fängt nicht vor sechs an", sagte sie schroff. Sie würde kein „Nein" als Antwort akzeptieren. Im Zimmer stand ein Tisch, der aussah, als stamme er direkt aus der Bibliothek. Drei Stühle standen darum herum, und Hermine setzte sich.

Harry und Ron taten es ihr nach, wobei sie sie erwartungsvoll ansahen. „Gibt es etwas, das du uns sagen mußt?" fragte Harry.

„Ja", sagte Hermine mit einem Nicken.

„Dann sag's uns", drängte Ron. „Wir werden dir nicht weh tun."

Hermine war nicht sicher, ob er sich daran halten würde, nachdem sie fertig war. Sie erzählte ihnen von Professor McGonagalls Angebot, sie auszubilden, und wie sie schließlich erfolgreich gewesen war, nur damit ihr gesagt wurde, daß sie sich schadete, und ihre Fähigkeit blockiert wurde.

„Wow." Ron beließ es bei einer Silbe.

Harry starrte auf den Tisch. „Bitte sag was", bettelte Hermine.

„Warum hast du mir nichts gesagt?"

„McGonagall hat mich gebeten, keinem von euch was zu sagen. Ich denke, sie wollte nicht, daß sich jemand Hoffnungen macht."

„Aber du hättest es mir sagen können!" sagte Harry und funkelte sie wütend an. „Ich hätte dir helfen können!"

Hermine biß sich auf die Lippe. Das war nicht alles, was Harry damit meinte, und sie wußten es beide. „Es tut mir leid." Sie streckte ihre Hand aus und legte sie auf seine. Er zuckte leicht zusammen, erlaubte ihr aber, ihn zu berühren. „Da ist noch mehr."

„Mehr?" Ron schien sogar noch überraschter.

„Blaise." Hermine erzählte ihnen von der Abmachung. Sie erzählte ihnen alles, bis zu der Unterhaltung mit Blaise im Krankenflügel. Dann erläuterte sie ihren Plan.

Ron stand der Mund offen. „Du bist verrückt. Genial, aber total irre. Die Leute werden sich gegenseitig umbringen oder so enden wie Malfoy." Er lachte in sich hinein, als er sich das Bild des blauen Slytherin ins Gedächtnis rief. Snape war noch immer nicht in der Lage gewesen, Crabbes Zauberspruch umzukehren, sehr zum Leidwesen Malfoys und zur Freude der übrigen Schüler.

„Harry?" fragte Hermine unsicher und blickte um Unterstützung bittend zu ihm. Er war unverzichtbar für den Plan.

Er holte tief Luft. „Ich bin nicht glücklich darüber, daß du uns nichts von der Animagus-Sache gesagt hast, aber …" Er schenkte ihr kleines Lächeln. „Ich glaube, du hast da eine gute Vision. Ich werde helfen, wenn die Slytherins bereit sind zu kommen."

Du wirst es tun?" fragte Hermine aufgeregt.

„Ja."

„Danke!" Sie stieß praktisch den Tisch um in ihrer Eile, ihn zu umarmen. Harry grinste schief.

„Keine Geheimnisse mehr?" fragte er hoffnungsvoll.

„Ich werd's versuchen", versprach sie, was Ron veranlaßte zu lachen.

Die beiden sahen ihn an, und er zuckte die Schultern. „Das hat sich sehr slytherinhaft angehört. Ich glaube, die färben auf uns ab."

ooOOoo

Daphne gaffte.

„Mach den Mund zu, das steht dir überhaupt nicht." Pansy wandte ihre Aufmerksamkeit Blaise zu, der immer noch im Krankenflügel war. Daphne saß ordentlich auf dem Stuhl neben Blaises Bett, während Pansy und Millicent auf dem Bett saßen, was Blaise zwang, die Knie anzuziehen, um ihnen Platz zu machen. „Bist du sicher, daß du nicht halluziniert hast?" fragte Pansy.

Millicent fügte leise hinzu: „Für mich hört sich das alles wie ein verrückter Traum an." Sie warf sich ein Stück von Blaises Schokolade in den Mund.

„Ist es nicht, Granger hat mir beigebracht, wie man ein Animagus wird."

„Ich dachte, ihr zwei würdet nur, du weißt schon", sagte Daphne und errötete bei dem bloßen Gedanken. Millicent verdrehte die Augen.

„Tun wir nicht", entgegnete Blaise barsch.

Pansy sah nachdenklich aus. Sie schob sich ruhig ihre Haare hinters Ohr. „Ich finde, du hast recht. Die Häuser müssen mit all dieser dummen Rivalität aufhören."

„Sagst du das nur wegen deiner Beziehung mit Weasley?" fragte Millicent düster.

„Meine Eltern waren Ravenclaws. Sie haben sich geschämt, als ich nach Slytherin gekommen bin. Sie haben sich für michgeschämt." Die Vertrauensschülerin atmete mit feuchten Augen tief ein, um sich zu beruhigen. „Ich will, daß es für unsere Kinder anders ist."

„Deine und Weasleys Kinder?" fragte Blaise träge, während er sich in ein ausgebeultes Kissen zurücklehnte.

Sie machte ein finsteres Gesicht. „Nein. Aber du weißt, was ich meine." Sie wandte sich an Daphne. Wenn du nach Hufflepuff gekommen wärst, wie hätten deine Eltern oder Großeltern reagiert?"

Daphne ließ die Blase zerplatzen, die sie geblasen hatte, und steckte sich das Kaugummi wieder in den Mund. „Großvater Greengrass hätte mich in seinem Testament übergangen. Da gibt es ein Art Vertragsk… klau…"

„Klausel", ergänzte Pansy sanft.

„Klausel", sagte Daphne nickend, „daß Erben der Greengrasses keine Hufflepuffs sein können." Sie beugte sich vor und sagte mit gedämpfter Stimme: „Daddy glaubt, daß Onkel Albie herausgestrichen wird, weil er eine Hufflepuff geheiratet hat." Sie lehnte sich wieder auf ihrem Platz zurück und blickte die anderen erwartungsvoll an.

Pansy sah zufrieden aus. „Das ist genau, was ich meine. Wir haben alle viel zu viele Vorurteile." Millicent öffnete den Mund, wie um zu protestieren, aber Pansy fuhr fort: „Alle hassen uns, weil wir Slytherins sind. Niemand traut uns, und in der momentanen Situationkönnen wir, glaub ich, jeden Verbündeten gebrauchen, den wir kriegen können."

„Wir tun uns keinen Gefallen, wenn wir uns weiterhin von den restlichen Schülern absondern." Blaise unterdrückte ein Gähnen.

„Ich bin dabei", sagte Millicent stirnrunzelnd. „Grangers Plan klingt völlig blödsinnig, aber wir sollten es vermutlich versuchen."

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Als Justin ihre Hand nahm, als sie zusammen den Klassenraum für Alte Runen verließen, fühlte Hermine, wie sie rot wurde. Er lächelte sie warm an. „Liegt es an mir", fragte er, „oder wird Professor Mayfair von Tag zu Tag langweiliger?"

„Wir nehmen im Augenblick nur nicht unbedingt das interessanteste Thema durch", erwiderte Hermine vorsichtig, während sie sich fragte, wie sie Justin dazu bringen konnte, ihre Hand loszulassen.

„Schätze, du hast recht." Er zuckte mit den Schultern. „Willst du heute mit mir zu Mittag essen? Ich bin sicher, meine Freunde hätten nichts dagegen, wenn du bei uns sitzen würdest."

Hermine hatte keine besondere Lust, am Hufflepuff-Tisch zu sitzen. Sie waren wirklich nett – obwohl Ernie ununterbrochen seine Konspirationstheorien von sich gab – aber Hermine war sicher, daß sie das Thema von jeder Menge Klatsch werden würde, wenn sie sich zu ihnen setzte.

„Ich hab Harry und Ron gesagt, daß ich sie zum Mittagessen treffen würde."

In Wahrheit hatte Hermine zu den zwei Gryffindors nach dem Frühstück an diesem Morgen nur ein oberflächliches „Ich seh euch später" gesagt. Justin wußte das glücklicherweise nicht.

Er sah sie erwartungsvoll an, aber die Einladung kam nie. Justin war einen Moment still, bevor er sagte: „Wir könnten uns später treffen. Du hast heute Nachmittag eine Freistunde, nicht?" Hermine nickte. „Ich auch. Wir könnten spazierengehen … Ich könnte dir mein Projekt für Kräuterkunde zeigen …"

Auf ihrem Weg zur Großen Halle sprach Justin fest von seiner Arbeit für Kräuterkunde und daß sie das Fach nicht hätte abgeben sollen. „Es ist wirklich faszinierend", beharrte er und fuhr sich mit einer Hand durch sein blondes Haar, genervt, daß Hermine das nicht erkennen konnte.

Direkt vor der Großen Halle kamen sie zum Stehen. „Ich sollte zu meinen Freunden gehen", sagte Hermine schnell, als sie sah, wie Harry und Ron sich setzten.

„Okay", sagte er mit einem Grinsen. „Ich treff dich gegen drei in der Eingangshalle." Justin sah sich rasch um, bevor er ihr einen kurzen Kuß gab. Er nahm ihre Stille als ein gute Zeichen und lächelte, bevor er ihre Hand losließ und zum Hufflepuff-Tisch hinüberwanderte.

Innerlich stöhnte Hermine bei dem Gedanken daran, was sie da gerade zugestimmt hatte.

Sie wußte von Neville, daß die Schüler auf UTZ-Niveau ihre privaten Arbeiten in einem kleinen Gewächshaus hinter den anderen aufbewahrten.

Sie wußte von Ginny, wofür dieses Gewächshaus genutzt wurde, wenn keine anderen Schüler dort waren.

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Die Mitglieder von Dumbledores Armee, die noch in Hogwarts waren, unterhielten sich untereinander. Wie gewöhnlich bot ihnen der Raum der Wünsche einen geeigneten Ort zum Üben, und die Mitglieder machten sich wieder damit vertraut.

Harry hatte Hermines Lächeln bemerkt, als sie gesehen hatte, daß in dem Raum Banner für alle vier Häuser aufgehängt waren. Es schien, als wisse sogar der Raum, was vor sich ging.

Ron verdrehte den Ärmelaufschlag seiner Robe und fragte: „Was meinst du, wie lange sie noch weg sein wird?" Hermine war vor ein paar Minuten mit Pergament und Feder in der Hand losgegangen, um die neuen Mitglieder von Dumbledores Armee abzuholen.

„Nicht lange, nehm ich an." Er umklammerte seinen Zauberstab fester, als es unbedingt nötig war. Er seufzte. „Laß es uns hinter uns bringen."

Als es Harry bei seinem ersten Versuch nicht gelang, die Aufmerksamkeit der anderen Mitglieder von Dumbledores Armee zu erlangen, half Ron aus: „Hey, haltet mal die Klappe, ja?" Stille senkte sich über die anderen Schüler, durchbrochen von Ginnys Kichern. Ron warf ihr nur kurz einen wütenden Blick zu, bevor er sich wieder an Harry wandte. „Sie gehören ganz dir, Kumpel."

„Ähm, danke", sagte Harry. Er lächelte die anderen Schüler vorsichtig an. „Hallo, alle zusammen. Willkommen zurück." Es gab einige Beifallsrufe, die Harry erröten ließen. „Wir werden damit anfangen, ein paar Zaubersprüche durchzugehen, die wir letztes Jahr geübt haben, wenn Hermine zurückkommt. Sie ist unterwegs, um ein paar neue Mitglieder zu holen."

Einige begannen zu flüstern. Wer? Wahrscheinlich irgendwelche Fünftkläßler. Vielleicht ein paar jüngere Schüler.

„Wenn sie hier sind, möchte ich, daß ihr euch mit jemandem aus einem anderen Haus zusammentut", verkündete Harry. Er sah, wie Parvati begann, sich langsam auf ihrer Schwester zuzuschieben, und warf ihr einen scharfen Blick zu. Sie blieb stehen, einen verlegenen Ausdruck im Gesicht.

Hermine trat ein, hinter ihr die anderen. Die Mitglieder von Dumbledores Armee starrten sie an. Justin Finch-Fletchley machte einen Schritt nach vorn.

„Was", fragte er mit verengten Augen, „machen die hier?"

„Die haben letztes Jahr für Umbridge gearbeitet", erhob Parvati Patil ihre Stimme. Pansy schien zu schrumpfen, aber Millicent hielt den Kopf erhoben.

„Das war letztes Jahr", sagte Ron. Justins Augen weiteten sich.

„Du meinst nicht im Ernst, daß sie bei uns mitmachen sollen, oder?" fragte er an Harry gewandt. „Nach allem, was wir wissen, werden sie uns verraten an …"

„An wen?" fragte Hermine schrill, nachdem sie ihr Pergament zurück in ihre Tasche gesteckt hatte. Es hatte vier neue Unterschriften. „Für den Fall, daß du es nicht bemerkt hast, Umbridge ist nicht mehr hier."

„Der Feind ist etwas größer", sagte Harry geduldig und widerstand dem Drang, Justin zu verfluchen, damit er still war. „Voldemort ist kein ehrgeiziger kleiner Lehrer für Verteidigung." Einige sogen scharf die Luft ein, aber eine benommene Stille war vorherrschend. „Wir müssen zusammenhalten. Ich weiß nicht, wie das bei euch ist, aber ich bin es leid, Leuten aufgrund ihrer Hauszugehörigkeit aus dem Weg zu gehen."

„Oder Geheimnisse zu haben", ließ sich Blaise vernehmen.

Harry nickte. „Oder Geheimnisse zu haben. Wer von euch Probleme damit hat, daß Slytherins Dumbledores Armee beitreten, dem empfehle ich, jetzt zu gehen." Er sah Justin scharf an, und der Hufflepuff trat einen Schritt zurück.

Die Mitglieder tauschten Blicke aus. Würde jemand gehen? Nein.

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Nach der dritten Sitzung war die Gruppe um zehn Personen gewachsen, die allesamt von Hermine handverlesen waren. Harry mußte zugeben, daß sie einige Male eine interessante Wahl getroffen hatte, aber alle schienen zu kooperieren.

Er klopfte etwas Staub von seiner Robe. Sie hatten den Patronus-Zauber geübt, und die anderen Mitglieder fingen gerade an, den Raum der Wünsche zu verlassen, die meisten von ihnen zufrieden mit ihren Fortschritten.

Auch Harry war glücklich darüber, wie die Dinge liefen. Die Leute schienen nicht alles wieder vergessen zu haben, das war hilfreich.

„Du bist ein sehr guter Lehrer", sagte eine Stimme hinter ihm. Überrascht drehte er sich um.

„Oh, danke", sagte er, als er Daphne Greengrass sah, die ihn anstrahlte.

„Ich hab mich gefragt", fuhr sie fort, „na ja, eigentlich Luna und ich, ob es sie auch in anderen Farben gibt."

„Ob es was in anderen Farben gibt?" Harry war definitiv verwirrt von der Slytherin. Was hatte sie gerade gefragt?

„Die Patronusse. Patroni." Sie legte die Stirn in Falten, während sie über den Plural von „Patronus" nachgrübelte. „Ob man sie auch in anderen Farben erscheinen lassen kann", sagte sie.

„Äh, nein", antwortete Harry. „Nur in Weiß, glaub ich."

„Okay." Daphne grinste. „Das ist schön zu wissen." Mit einem breiten Grinsen ging sie davon.

Harry blinzelte. Das war bizarr gewesen. Weshalb sollte man einen Patronus in einer anderen Farbe wollen? Das mußte eine Mädchen-Sache sein.

„Mach den Mund zu, Potter, du wirst noch eine Fliege verschlucken." Von wo er gerade eins der Banner, das von einem danebengezielten Patronus von der Wand gerissen worden war, wieder gerichtet hatte blickte Blaise zu Harry hinüber.

Harry sah ihn erschrocken an und erwiderte: „Ich hab nicht … mein Mund …"

Blaise hob die Augenbrauen. „Ehrlich", bemerkte er mit einem Kopfschütteln, „es hat keinen Zweck, ihr mit offenem Mund nachzustarren. So nett Daphne ist, sie ist nicht die Hellste, wenn es um so etwas geht."

Mit finsterer Miene sagte Harry: „Ich habe ihr nicht nachgestarrt."

„Natürlich nicht", meinte Blaise herablassend. „Du hast nur tief eingeatmet."


Anmerkungen:
Das ging ausnahmsweise mal schneller, als ich dachte. :) Danke für für eure Reviews, besonders nach der langen Wartezeit! Schön, daß ihr noch da seid. :)

Saxas13: Nein, ich vergesse euch nicht - würd ich doch nie ;) - dauert leider trotzdem lange...
Zum gehören Vokabeln aus dem Themenbereich Anzügliche Beleidigungen wohl kaum, oder? Fände ich jedenfalls ziemlich beunruhigend... ;)

teddy172:Du hattest recht, wie du siehst. :)

LadyEvelyn:Ja, Katzen sind schon niedlich. Davon kommen wohl auch noch einige vor. :)

Nina-issaja: Gute Besserung, ich hoffe, das hier hilft gleich noch ein bißchen. :)
Der Blockierungszauber hat noch Nebenwirkungen. Aber das kommt später. ;)

Zutzi alias Susi: Danke, besonders für den Hinweis mit den , darauf hatte ich nun wirklich überhaupt nicht geachtet. :) Gut zu wissen, daß auch mal jemand wirklich aufpaßt.
Freut mich, daß ich dich überzeugt hab. :)

Danke an: Feilian, Rubinonyx und kura91!