Er fand sie schon nach kurzer Zeit, es war einfach ihrem Geruch zu folgen. Sie saß am Ufer des Sees unter dem Baum auf dem er gesessen hatte. Ihre Arme hatten ihre Knie umschlungen und ihre Haare wehten in dem leichten Wind, der über den See zog. Sie starrte hinaus auf das Wasser, auf irgendwas was nur sie sehen konnte, ihre Augen waren trocken, es waren keine Tränen mehr da die sie noch hätte weinen können.
Langsam ging Inu Yasha auf Kagome zu.
„Hallo." Schon längst war der Hanyou bemerkt worden,
doch hielt sie es nicht für nötig diesen imaginären Punkt auf der
Wasseroberfläche aus den Augen zu lassen. Leise ging er zu ihr uns setzte sich
an ihre Seite.
„Kagome?"
„Hmm."
„Was ist los?"
„Vermisst du Kikyou?" ging sie nicht auf seine Frage
ein.
„Ich glaub nicht. Sie hat ihren Frieden gefunden, ich
freu mich für sie."
„Es tut mir leid."
„Was?" Verständnislos blickte er Kagome an, die noch
immer auf den See starrte, sie brachte es einfach nicht fertig, ihm ins Gesicht
zu sehen.
„Na das vorhin." Ihre Wangen färbten sich rot, bei dem
Gedanken daran. ‚Du meine Güte, hab ich das wirklich getan?'
„Ich...Es braucht dir nicht leid tun. ... Ich fand es
wirklich schön." Auch Inu Yasha wurde rot um die Nase und beide blickten
verlegen auf ihre Hände.
Nach einigen schier endlos dauernden Sekunden, die nur mit
Schweigen gefüllt waren, schafften sie es doch noch den Kopf zu heben und sich
anzuschauen. Jeder versuchte in den Augen des anderen zu lesen.
Stück für Stück rückte Inu Yasha näher, bis er ganz
dicht neben ihr saß, die Gesichter noch immer einander zugewandt. Die junge
Miko lächelte, sie war ja so erleichtert.
Sanft legte der Halbdämon seinen Arm um ihre Schultern und
zog sie näher an sich, ihre Nasenspitzen berührten sich leicht, zu mehr
fehlten aber beiden der Mut. Und so bettet Kagome ihren Kopf entspannt auf
seiner Schulter und beobachtet das Spiegelbild der Sonne auf der kräuselnden
Wasseroberfläche. Inu Yasha schmiegte seine Wange an ihr Haar und zog genüsslich
ihren Duft ein. Sie genossen es einfach so friedlich beieinander zu sitzen, in
der Vergangenheit hatten sie noch nie Gelegenheit dazu gehabt. Und irgendwie war
jetzt alles anders.
Keiner wusste wie viel Zeit verstrichen war, als Inu
Yasha's Magen sich lautstark meldete. Er hatte seine Ramen auch noch nicht
bekommen. Kagome musste kichern bei dem Geräusch. Etwas widerwillig richtete
sie sich wieder auf.
„Komm Inu Yasha, lass uns was essen." Eigentlich hätte
er noch länger so dasitzen mögen, aber der Gedanke an Ramen war auch sehr –
zu sehr – verlockend. Also gingen sie nebeneinander zurück, so nah, dass sich
bei jedem Schritt ihre Hände leicht berührten, was jedes Mal ein leichtes
Kribbeln in den Fingerspitzen der beiden auslöste. Schließlich griff eine mit
Klauen besetzte Hand doch noch entschlossen nach der anderen und die Schritte
stoppten einen Moment. Gingen jedoch gleich wieder weiter, in Richtung Rucksack
und somit zu den Ramen.
Kagome hatte noch 2 Packungen gefunden und bereite somit für
sie 2 Mittagessen zu. Wie sollte es auch anders sein, schlang Inu Yasha seine
Portion in weniger als einer Minute hinunter und fixierte nun gierig Kagome's
Becher. Diese lies sich nach einiger Zeit erweichen und reichte ihm das Essen.
‚Das werden wohl die letzten Ramen sein, die er je
bekommt. Ich kann mir ja dann was von Nemura holen.' Schnell war auch dieser
Becher leer gegessen.
„Kagome, was ist das hier für ein Dorf? Irgendwie riecht
es hier so vertraut."
„Shippo lebt hier."
„Shippo! Der kleine Quälgeist?"
„Alter Quälgeist wäre wohl passender." Kagome
kicherte. Sie musste wieder daran denken, wie oft die beiden sich früher
gegenseitig geärgert hatten, was meistens zu einem ‚Osuwari' für Inu Yasha
geführt hatte.
„Wie geht es ihm?" Er klang leicht besorgt.
„Nicht so gut. Wenn du möchtest können wir ihn
besuchen."
Inu Yasha nickte und wirkte dabei sehr nachdenklich. Kagome
ging voraus, der Hanyou stand kurz nach ihr auf, hatte sie aber gleich
eingeholt. Dies mal nahm er gleich ihre Hand, DAS wollte er so schnell nicht
mehr aufgeben. Zu seiner Verwunderung erregte das ungleiche Paar kein großes
Aufsehen. Hanyou's waren hier
keine Besonderheit mehr.
Beim Durchqueren des Dorfes fielen Inu Yasha auch die
anderen auf, die hier einfach mit den Menschen zusammenlebten. Nur Dämonen
konnte er keine ausmachen. Außer dem einen.
Sie waren bei Shippos Hütte angekommen und Inu Yasha
wollte eintreten, taumelte jedoch ein paar Schritte zurück.
„Du meine Güte!"
Selbst Kagome musste sich die Nase zuhalten. Die Zustände
hier waren noch schlimmer als mein letzten Mal, obwohl sie doch nur ein, zwei
Tage weg gewesen war.
„Shippo?" fragte sie leise in die Dunkelheit hinein.
Eigentlich erwartet sie keine Antwort.
„Ja!" kam es schwach von etwas weiter hinten.
Erleichtert atmete sie auf, was sie aber gleich bereute, es
kostet sie einiges nicht hinauszulaufen oder sich zu übergeben.
Mit angehaltener Luft ging sie gleich die Fenster öffnen.
Geblendet von dem eindringenden Sonnenschein, kniff sie erst mal die Augen
zusammen, es dauerte eine Weile, bis sie in dem kleinen Zimmer wieder etwas
erkennen konnte. Der Wind hatte in der Zwischenzeit auch den Gestank etwas
hinausgetragen, und so schaffte es auch Inu Yasha mit seiner empfindlichen Nase
durch die Tür.
Shippo war in einem schrecklichen Zustand. Erwar total
abgemagert, sogar seinen Rippen traten schon durch die Haut und er hatte
merklich einige Zeit nicht gebadet.
Kagome machte sich Vorwürfe.
‚Warum hab ich das vorher nicht schon bemerkt?' „Inu
Yasha, bring Shippo nach draußen, während ich hier sauber mache. Ach
ja, und hol noch was zu Essen von Nemura für ihn!"
„Ja mach ich. Hey alter Mann, wo ist Shippo?"
‚Das kann doch nicht wahr sein! Ist er so blöd oder tut er nur so?' „Osuwari."
„Was hab ich jetzt wieder gemacht?" nuschelte er vom dreckigen Boden herauf.
„DAS ist Shippo." Und deutete auf das Klappergestell von einem Kitsunen.
Sichtlich schockiert stand der Halbdämon da, und konnte sich erst nach Minuten dazu überwinden den Kranken hinaus zu tragen. Vorsichtig setzte er ihn vor dem Haus ab und drehte sich weg, um zu Nemura zu gehen. Doch Shippo konnte es nicht lassen, er freute sich so die beiden wieder zu sehen.
„Was hast du schon wieder angestellt, dass Kagome so lange fort war?" Er hatte trotz seiner Schwäche ein freches Grinsen im Gesicht.
„Ich hab gar nichts gemacht!" mit knackenden Knöcheln drehte er sich um, und verpasste – in alte Gewohnheiten verfallendend- Shippo eine Kopfnuss.
„Au, au!" jammerte dieser dann gespielt und Kagome stand auch schon in der Tür. Sie lies ihn gar nicht zu Wort kommen. „OSUWARI! Wie kannst du nur den armen alten Shippo schlagen?"
„Aber,... aber,.." seufz
„Schön, dass ihr wieder da seid." Der Alte hatte Tränen in den Augen. „Ich hab euch so vermisst."
„Ach Shippo..." Kagome umarmte ihn sanft. „ich hab dich, euch, auch vermisst."
Inu Yasha stand nur da, und wusste nicht was er tun sollte. ‚Er hat mich reingelegt' schmollte er, nur wirklich böse konnte er ihm auch nicht sein. Er entschied sich einfach Essen holen zu gehen und kam bald mit etwas Suppe zurück, die er dem Kitsunen reichte.
‚So, und nun knöpf ich mir den vor, der für seinen Zustand verantwortlich ist.'
Kagome war endlich fertig, sie hatte die Hütte wieder auf Hochglanz gebracht. Na ja, soweit dies halt möglich war. Und wollte gerade Shippo, der draußen eingeschlagen war, wecken und hinein bringen, als sie vom Dorfplatz her Schreie hörte.
‚Ein Dämon?' schnell lief Kagome zum Ort des Geschehens, Pfeil und Bogen schon gespannt und schussbereit. Als sie ankam, lies sie diesen aber wieder sinken und starrte ungläubig auf die Szene vor ihr, ebenso wie Sessi, Miroku und Sango.
Mitten auf dem Platz stand Inu Yasha, hielt den Dorfältesten kopfüber und schüttelte ihn.
„Ich... kann... nichts... dafür. ... Er... hat... niemanden... zu...sich...gelassen..." stammelte dieser.
„INU YASHA!" schrie Kagome entrüste zu ihm rüber. Erschrocken lies es den Mann fallen, der sich sofort auf allen Vieren aus dem Staub machte.
„Osuwari!" (Der arme muss heute aber oft Dreck fressen! ) „Was sollte das?"
„Die wollte Shippo verhungern lassen." Kam es beleidigt vom Boden.
Kagome kniete sich zu ihm runter. „Aber Inu Yasha ..." meinte sie leicht vorwurfsvoll und schüttelte den Kopf. Dabei lies sie es, denn um sie herum standen noch immer die ganzen Schaulustigen, und denen wollte sie nun wirklich nicht noch mehr bieten.
„Komm, lass uns gehen." Sie nahm in bei der Hand und zog ihn hoch. Zusammen gingen sie zurück zu Hüte, wo sie den noch immer schlafenden Shippo hinein brachten.
Die Sonne verschwand allmählich hinter dem Horizont und färbte den Himmel. Und mit der Hereinbrechenden Nacht kam auch ihre Kälte, fröstelnd richtet Kagome sich ihren Schlafsack her. ‚Wie hab ich den letzte Nacht vermisst! In der Höhle allerdings ist er mir gar nicht abgegangen.' Ein verträumtes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Weiterhin in Gedanken kuschelte sie sich in ihr „Bett" und träumte von ihrem Halbdämonen. Sie bemerkte nicht mehr, wie dieser es sich in ihrer Nähe an der Wand gemütlich machte und sie beobachtete. Lange sah er zu, wie sie sich im Schlaf bewegte und anscheinend etwas sehr schönes in ihrer Traumwelt erlebte. ‚Zu gern wüsste ich, was sie so glücklich macht, dass sie ihm Schlaf so selig lächelt.' Und dann fielen auch ihm die Augen zu.
In der NachtInu Yasha öffnete die Augen, irgendetwas hatte ihn geweckt. Oder besser gesagt das Fehlen von etwas.
Er lies seinen Blick durch den kleinen Raum schweifen. ‚Kagome ist weg.' Er stand auf und ging aus der Hütte. Im hellen Mondlicht konnte er sie noch aus dem Dorf gehen sehen. Ihre Gestalt glitt fast lautlos durch das schlafende Dorf.
‚Seit wann kann sie sich so leise bewegen?'
Er folgte ihr über die Dächer der Hütten um nicht bemerkt zu werden; einen kurzen Augenblick lang hatte er sie aus den Augen verloren, fand sie jedoch schnell wieder.
Sie saß am Rande der Klippe und schaute hinunter auf die Wälder, Wiesen und Flüsse. Er setzte sich neben sie.
„Was machst du hier?"
„Nachdenken."
„Über was?"
„Ich denke, ich werde eine Weile hier bleiben. Jemand muss sich um Shippo kümmern."
Als er nichts darauf sagte, sprach sie weiter.
„Bleibst du bei mir?" und drehte sich zu ihm um, voller Angst ein Nein als Antwort zu bekommen. Stattdessen...
„Natürlich! Ich lass dich nicht mehr aus den Augen. Als ich dies das letzte Mal gemacht habe, bist du für 500 Jahre verschwunden!"
Kagome lächelte und lehnte sich an.
‚Es ist so friedlich hier. Kaum zu glauben, dass da draußen irgendwo Naraku mit seinen Abkömmlingen wütet.' Und Inu Yasha zog sie näher an sich. Beide genossen die Stille der Nacht.
„Inu Yasha, schau eine Sternschnuppe!" rief Kagome plötzlich, so dass er leicht zusammen zuckte.
„Na und?"
„Da kann man sich was wünschen." Und sie schloss die Augen und dachte an ihren Wunsch.
„Und was hast du dir gewunschen?"
„Das darf man doch nicht verraten, sonst geht es nicht in Erfüllung. Und du?"
„Du hast doch eben gesagt, dass man das nicht verraten darf!"
Kagome lächelte und sah ihm in die Augen.
„Eigentlich hatte ich zwei." Flüsterte sie. Der Blick dieser goldenen Augen hatte sie in ihren Bann gezogen und langsam versagte ihr, ihre Stimme den Dienst.
I: ‚Ich hätte nie gedacht, dass ich meinem je so nah sein würde.' Sein Gesicht näherte sich ihrem.
„Inu Y..." hauchte sie nur noch, bevor sie ihre Augen schloss und einfach das Gefühl seines Kusses auf ihren Lippen genoss.
Viel zu bald löste er sich wieder von ihr und nahm sie fest in seine Arme, nie wieder wollte er sie gehen lassen.
„Einer hat sich gerade erfüllt." Sagte Kagome ganz leise, wusste sie doch, dass er es trotzdem hören würde.
Das Herz schlug dem Halbdämon bis zu Hals. ‚Sie wollte gern von mir geküsst werden!' Er war glücklich wie noch nie in seinem Leben.
K: ‚So hab ich mir meinen ersten Kuss immer vorgestellt. Obwohl ... Eigentlich war das ja gar nicht mein erster Kuss. NEIN, der andere zählt nicht. Es ist dieser Moment, den ich mir für immer in meiner Erinnerung bewahren möchte.' Sie kuschelte sich näher an ihn.
‚Jetzt oder nie!' „Kagome, ich liebe dich."
Doch auf eine Antwort würde er vergeblich warten, die junge Frau war schon längst wieder im Reich der Träume. Mit einem Seufzen hob er sie hoch und trug sie zurück in ihren Schlafsack. ‚Irgendwie hat dieser Ort hier etwas magisches an sich.'
Nachdem er sich vergewissert hatte, dass Kagome warm eingepackt war , ging er wieder hinaus, um die restliche Nacht auf einem Baum zu verbringen. Er lies seinen Blick noch einmal über den Sternenhimmel wandern, in der Hoffnung noch einmal so einen fallenden Stern zu sehen. Denn anscheinend besaßen diese wirklich Zauberkräfte. Doch er suchte vergeblich und so ergab auch er sich seinem Schlaf.
