A/N: Na, wenn ihr mich so nett bittet. Dann wollen wir doch mal sehen, wie es bei Harry und Co. weiter geht!


Magie

„Was ist passiert?" Ein Mädchen, ungefähr im Alter der beiden Jungs, war aufgesprungen während sie die Tür ins Schloss geworfen hatten und sah sie erschrocken an. Sie hatte wirre, buschige Locken.

Beide Jungs antworteten ihr nicht sofort, sondern schienen erst einmal einen Moment zu brauchen, um wieder zu Atem zu kommen. „Todesser!" keuchte der Rothaarige von ihnen, beide Hände auf die Knie gestützt. „Zur Hölle, für diese verdammte Tür müssen wir uns was einfallen lassen, Harry!"

Der Dunkelhaarige keuchte ebenfalls heftig, während er nur nickte. Evanna blickte sich derweilen misstrauisch in dem schummrigen Raum um. „Wo bin ich hier?" fragte sie, sich nicht sicher, ob sie vielleicht grade vom Regen in die Traufe gekommen war …

„Verzeihen Sie." Der Dunkelhaarige schien sich erholt zu haben und räusperte sich. „Aber wir dachten, Sie könnten Hilfe gebrauchen. Mein Name ist Harry Potter. Und das sind", fügte er hastig hinzu, als er die Erkenntnis in ihrem Blick aufflackern sah, „Hermine Granger und Ron Weasley. Sie sind hier in Sicherheit, Miss …?"

„Brave", antwortete Evanna automatisch, während sie einen Schritt auf Harry zuging und ihn mit zu Schlitzen verengten Augen musterte. Unwillkürlich machte er einen Schritt zurück – obwohl er fast einen halben Kopf größer war als sie.

Völlig ohne zu zögern hob sie die Hand und schob ihm die Haare aus der Stirn. Mit einem Finger tippte sie gegen seine Narbe und ohne es verhindern zu können, lief Harry knallrot an.

„Ich hab´ immer gedacht, sie wäre nur ein Mysterium", erklärte die Frau vor ihm fast nachdenklich, ehe sie ihn ansah und grinste. „Außerdem hab´ immer gedacht, Du wärst viel kleiner, Harry Potter! Und schmächtiger."

Seine Röte vertiefte sich augenblicklich noch mehr.

„Nicht so schüchtern." Sie zwinkerte ihn an und Hermine bekam den Verdacht, dass Harry vermutlich jeden Moment die Beine wegknicken würden, wenn sich noch mehr Blut in seinem Kopf sammelte … „Verzeih´ mir übrigens, dass ich jetzt nicht in Ehrfurcht vor Dir auf die Knie sinke, ja!"

Verblüfft nickte er nur.

„Also noch mal. Wo bin ich hier?" kam sie auf ihre eigentliche Frage zurück.

„Entschuldigung, Miss Brave", setzte nun Hermine an, doch die junge Frau wedelte ungeduldig mit einer Hand. „Nennt mich Evanna oder Vanna."

„Tja, äh … Evanna … Sie sind hier im Grimmauldplatz. Dieses Haus gehört Harry."

„Und wo sind die Erwachsenen?"

„Hier gibt es keine Erwachsenen."

Vanna hob bei diesen von Ron gesprochenen Worten verblüfft die Augenbrauen. „Wie alt seid ihr denn?"

„17. Volljährig." Harry hatte seine Stimme offenbar endlich wieder gefunden. „Und hier gibt es sonst wirklich niemanden." Seine Stimme klang bei diesen Worten eigenartig müde.

„Und eure Eltern lassen das wirklich zu?"

Wie auf ein stummes Kommando gab es ein Zischen im Kamin und eine winzige Eule schoss in einer Wolke aus Ruß und Staub hervor. Im Schnabel trug sie einen knallroten Brief. Sie steuerte direkt auf den Jungen mit dem roten Haar zu, der aschfahl geworden war.

„Oh nein", jammerte er los und ging sofort hinter Harry in Deckung. „Ich wusste es. Es war nur eine Frage der Zeit …"

Der Heuler – Evanna musste unweigerlich grinsen, als sie ihn als solchen erkannte – entfaltete sich selbst und brach sofort in ohrenbetäubendes Gekreische aus:

„RONALD WEASLEY! WIE KANNST DU ES WAGEN …?"

Der Rest der Nachricht ging völlig in dem neu einsetzenden Krach unter, denn Samtvorhänge flogen von einem Gemälde zur Seite und enthüllten eine wirklich hässliche alte Hexe, die in Gezeter und Gekreische ausbrach – zusammen mit der anscheinend völlig außer Rand und Band geratenen Eule, die wie ein Pingpong-Ball herumwirbelte und pfiff.

Evanna hielt sich mit gerunzelter Stirn die Ohren zu und machte zwei Schritte rückwärts. Um prompt mit dem Oberschenkel schmerzhaft gegen einen Bilderrahmen zu stoßen.

Die junge Hexe – Hermine? – stürzte zu dem geifernden Gemälde hinüber und brachte es unsanft mit einem Schocker zum Schweigen. Augenblicklich herrschte fast etwas wie Stille – wenn man von dem offensichtlich grade frisch ausgebrochenen Streit zwischen den beiden Jungs einmal absah.

Doch Vanna hörte nicht wirklich etwas davon. Viel zu sehr war sie von dem Bild innerhalb des Rahmens gefangen, mit dem ihr Oberschenkel grade so schmerzhaft Bekanntschaft geschlossen hatte.

Ein Mann war darauf abgebildet, offenbar ein paar Jahre älter als sie. Er lehnte an einer Wand und starrte eine ganze Zeit lang an die Decke, bis er den Kopf wandte und direkt in Evannas Gesicht blickte. Gegen ihren Willen begann ihr Herz wie verrückt zu klopfen, während sie ihm wie hypnotisiert in die dunklen Augen sah.

So viel lag darin.

Wut.

Schmerz.

Angst.

Hoffnungslosigkeit.

Aber auch ein immenser Überlebenswille – und fast etwas wie eine Herausforderung. Als wäre er sicher, dass ihn nichts mehr verletzen könne …

Seine Körperhaltung war zwar gebeugt, sein gesamter Körper schien verwüstet, als habe er unvorstellbar Schreckliches durchgestanden. Aber trotz Allem strahlte er immense Kraft aus. Und eine unglaubliche körperliche Anziehung. Fast etwas wie dunkle Erotik. Seine Lippen, auf dem Bild erschöpft entspannt, waren voll und sinnlich geschwungen. Und ein harter, männlicher lag Zug darum, der wunderbar zu seinem energischen Kinn passte.

Ehe Vanna wusste, was sie tat, hatte sie die Hand ausgestreckt, in dem Bestreben, ihn zu berühren. Ihn zu spüren! Doch dann wandte er den Blick ab, senkte den Kopf und sein ausdrucksstarkes Gesicht verschwand hinter dunklem, leicht ungepflegtem Haar.

Der Zauber, der von ihm ausgegangen war, verpuffte fast augenblicklich. Beinah erschrocken zuckte Evanna zurück. Irritiert die Stirn gerunzelt starrte sie auf das Bild, ehe sie von der jungen Hexe abgelenkt wurde, die sich wieder zu ihr gesellte.

„Wer ist das?" fragte Vanna, nachdem sie in paar Mal geschluckt hatte, um ihren plötzlich staubtrocken gewordenen Mund zu befeuchten.

„Sagt Ihnen der Name ‚Sirius Black' etwas?"

„Er kommt mir bekannt vor." Sie hatte sich nie großartig für Politik oder etwas Ähnliches interessiert. Es war schon ein Wunder, wenn Evanna Brave überhaupt die Zeitung las.

„Er hat jahrelang unschuldig in Askaban gesessen und konnte vor drei Jahren flüchten. Es war ein riesiger Skandal und der Tagesprophet war Monate lang voll davon", erklärte Hermine derweilen, überrascht, dass die Frau neben ihr offenbar wirklich nichts von dem Tumult damals mitbekommen hatte. Es war doch in aller Munde gewesen!

Evanna nickte jetzt. „Stimmt. Hatte er nicht angeblich seine Eltern …?" Sie warf einen kurzen Blick zu den beiden Jungs hinüber, speziell zu Harry, die immer noch miteinander stritten.

„Das wurde ihm vorgeworfen, ja. Aber wie gesagt, er war unschuldig. Und er war Harrys Pate."

„War?"

„Er ist tot."

Erschrocken blickte Vanna sie von der Seite an. Etwas an dieser Nachricht hatte sie schwer getroffen und hinterließ einen bohrenden Schmerz in ihren Eingeweiden. „Tot?" Zur Hölle, wieso fühlte sich das für sie so falsch an? Sie kannte ihn doch gar nicht!

„Er fiel im Kampf mit Todessern durch einen Torbogen im Ministerium und verschwand. Er war das letzte Rest Familie, den Harry noch hatte …"

Die junge Frau schluckte und sah Harry nach, der grade aufgebracht die Treppe hinaufstürmte und oben angekommen eine Tür wütend hinter sich zuwarf.


Wie konnten sie es wagen? Wie konnten Ron und Hermine einfach so über seinen Kopf hinweg entscheiden? Zuerst „retteten" sie ihn von den Dursleys, dann begleiteten sie ihn gegen seinen Willen hierher – und jetzt hatten sie auch noch beschlossen, hier zu bleiben? Es war SEIN Haus! Er entschied, wer hier leben durfte! Nicht sie!

Mit einem wütenden Geräusch ließ Harry sich rücklings aufs Bett fallen und hustete prompt, weil ihn sofort eine dicke Staubwolke einhüllte. Mit tränenden Augen zog er sich die Brille aus und rieb sich durch das Gesicht.

Wieso er?

Wieso IMMER er!

„'Auserwählter' sein ist ein ganz schön beschissener Job!" erklärte er der fleckigen Decke, die er jetzt nur noch verschwommen wahrnahm. Vielleicht würde die Welt besser werden, wenn er seine Brille einfach nie mehr aufsetzte … wenn er einfach nicht mehr genau hinsah.

Fest die Augen schließend versuchte er einfach gar nichts zu denken. Hey, er hatte sich zwar vorgenommen, erwachsen zu werden, trotz allem durfte er sich doch im Schutz seines Zimmer ein wenig Schwäche hingeben, oder! Sich wie als Kind vorstellen, dass wenn er die Augen schloss er einfach verschwand.

Wie er so dalag, blitzte plötzlich ein Bild durch seinen Kopf. Ein rothaariges Mädchen mit Millionen von Sommersprossen auf der hübschen Stupsnase und einem ganz besonderen Lächeln, welches nur er zu sehen bekam, wenn er sie versuchte aufzuziehen. Fast konnte Harry hören, wie sie mit einem versteckten Lachen in der Stimme tadelnd seinen Namen sagte. Nur bei ihr klang er schön. Nur bei ihr mochte er es, Harry Potter zu sein.

Ginny .

Neben Hermine das einzige weibliche Wesen, dem es egal zu sein schien, wer er war. Die nicht in Ehrfurcht vor ihm erstarrte und es wagte, ihm offen und ehrlich an den Kopf zu werfen, was für ein Idiot er manchmal sein konnte.

Ginny … die so wunderbar küssen konnte. Und ihn umarmte, wenn er es brauchte. Auch wenn er es selbst noch gar nicht wusste.

Er konnte gar nichts gegen die Erinnerung an sie tun, wie sie neben ihm saß nach Dumbledores Beerdigung. Ihm zugehört hatte, als er ihr sagte, er dürfe sie nicht mehr sehen, weil er sie sonst in Gefahr brachte. Sie hatte nur genickt und ihm gesagt: „Ich kann nicht behaupten, dass ich überrascht bin. Ich wusste, dass es irgendwann passieren würde. Ich wusste, Du würdest nicht glücklich sein, wenn Du Voldemort nicht jagst. Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich Dich so mag."

Ihre Worte hatten sich tief in sein Gedächtnis gegraben und er seufzte laut. Sie hatte nicht geschrieen. Hatte ihn nicht gebeten, nicht zu gehen oder bei ihr zu bleiben. Sie hatte ihn verstanden. Ginny hatte ihn wirklich verstanden. Und – zur Hölle – er vermisste sie wie einen Teil von sich selbst.

Ein leises Klopfen an der Tür schreckte ihn aus seinen Gedanken auf. Hastig setzte er die Brille auf und erhob sich vom Bett.

„Ja?" fragte Harry wenig freundlich, in der festen Überzeugung, dass es Hermine und Ron wären. Doch Evanna Brave streckte den Kopf durch die Tür und lächelte ihn an.

„Laufe ich Gefahr, Gliedmaßen zu verlieren, wenn ich rein komme?" fragte sie mit zwinkernden braunen Augen.

Überrascht schüttelte er den Kopf. „Wieso kommen Sie darauf?"

„Ich wurde gewarnt vor Deinem Temperament, Auserwählter."

Harry verzog bei ihrem letzten Wort das Gesicht. „Nicht. Bitte nennen Sie mich nicht so, Miss Brave."

„Ich sagte doch schon, sag´ Evanna. Sonst sehe ich mich gezwungen, das Gesieze zu erwidern, Mr. Potter!"

Fast etwas wie ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Er zog zumindest einen Mundwinkel in die Höhe. Vanna nahm das als gutes Zeichen, betrat das Zimmer, nachdem sie noch einmal kurz verschwunden war, und schloss dann die Tür hinter sich.

„Du warst nie scharf auf den Posten, stimmt´s?"

Harry schnaubte. „Nein. Definitiv nicht."

Er sah Evanna dabei zu, wie sie sich im Schneidersitz mitten auf dem Boden setzte und damit begann, ihren Zopf zu lösen und den Kopf zu schütteln, damit sich das honigblonde Haar lockerte. In kürzester Zeit floss es in schweren, großen Locken über ihren Rücken.

„Danke übrigens für meine Rettung, Harry. Ohne Dich und Deinen Freund könnte man mich vermutlich mittlerweile in Stückchen von der nächsten Wand abkratzen …"

„Schon gut. Das ist mein Job."

„Wenn Du das sagst."

„Wie sind Sie … wie bist Du eigentlich in diese Situation geraten?" Auch Harry ließ sich auf dem staubigen Boden nieder und lehnte sich gegen das Bett.

„Ich konnte meine große Klappe nicht halten." Sie verdrehte die Augen gen Decke und erzählte ihm in kurzen Zügen, wie sie in das Schlamassel hineingeraten war. Harry sah sie an, als sei sie völlig durchgedreht, nachdem sie geendet hatte. „Das hätte aber auch verdammt ins Auge gehen können!"

„Wäre nicht das erste Mal. So ungezügelt meine spitze Zunge in diesen Situationen ist, genauso schell arbeitet dann mein Hirn, wenn es darum geht, wieder rauszukommen." Sie seufzt und stütze sich mit den Händen hinter sich auf den Boden. „Sobald diese Typen verschwunden sind, mache ich mich wieder auf den Weg. Ich werde euch nicht lange behelligen."

„Das ist schon okay. Du kannst so lange bleiben, wie Du möchtest. Das Haus ist riesig."

„Deinen Freunden gegenüber klagst Du aber nicht so gastfreundlich", erklärte sie betont gleichmütig. Doch innerlich spitze sie die Ohren, was er wohl antworten würde …

„Weil sie mich geärgert haben!" murrte der Junge prompt und runzelte die Stirn. „Sie können nicht einfach über meinen Kopf hinweg entscheiden!"

„Und wie sie das können. Sie müssen sogar, denn sie sind Deine Freunde, Harry! Das ist nämlich IHR Job! Immer das Beste für Dich zu wollen, egal, ob Du damit einverstanden bist."

Bei diesem Satz musste Harry unweigerlich ein kleines bisschen lächeln – und in gewisser Weise hatte er bei Ginny doch auch so reagiert. Einfach über ihren Kopf hinweg entschieden. Oder?

Die Erkenntnis sickerte langsam in ihn ein und seine Wut verrauchte fast augenblicklich. Auch wenn er es mühsam zu verbergen suchte. Vermutlich war sein Temperament wirklich mörderisch …

Danke, Mum …!'

„Okay, genug geredet." Überrascht sah er ihr dabei zu, wie sie behände aufsprang und in die Hände klatschte. „Komm schon, auf, auf! Wir müssen noch ein Bild aufhängen!"


Ich finde Vanna so klasse. Hihihihihi! Endlich mal jemand, der nicht in Ehrfurcht vor Harry erstarrt. Findet ihr nicht. Mals sehen, wie viele Reviews ich für dieses Kapitel ernte ... Lasst mich bitte nicht hängen, okay?