Hallo, heute bekommt Ihr es wieder mit mir (RemusBride) zu tun! Ich wünsche Euch viel Spaß beim neuen Kapitel und erinnere noch mal an die Philosophie der Marauderfriends: „Geupdatet wird erst, wenn die Reviewanzahl stimmt!" °Zwinker° Also: Schwarzlesen verboten!
Ein Heuler und zwei Pakete
Harry, den Zauberstab noch immer drohend erhoben, brauchte einen Augenblick, um zu realisieren, was Moody gerade gesagt hatte. Seine Augen hefteten sich auf den bewusstlosen Mann, der noch immer über Kingsley Shacklebolts Schulter hing, und er spürte, wie sich sein Herz bang zusammenzog beim Gedanken, jetzt möglicherweise auch noch Remus Lupin zu verlieren. Und dann – urplötzlich – schlug seine Angst in heiße Wut um. Zornig funkelte er den alten Ex-Auroren an. „Nennen Sie dieses Gesindel, das Greyback da um sich geschart hat, nie wieder seine Kumpel! Er hat sich Professor Dumbledore gegenüber bereit erklärt, diese … Leute für den Orden auszuspionieren! Und er hat nichts mit ihnen gemein! Gar nichts! Das ist Professor Lupin, nicht irgendein … Er ist mein Freund!"
Er musste sich abwenden, um die plötzlich feuchten Augen vor den Anderen zu verbergen. Professor Lupin war verletzt. Er hätte getötet werden können. Der letzte noch lebende Freund seiner Eltern … Sein letztes Bindeglied zu Sirius … Hilflos ballte er die Hände zu festen Fäusten und kämpfte gegen den wilden Schmerz in seiner Brust an, von dem er eigentlich gehofft hatte, er hätte ihn für immer hinter sich gelassen.
Verschwommen nahm er wahr, wie Hermine in das plötzlich entstandene, betretene Schweigen hinein den großen, schwarzen Auroren leise bat, Professor Lupin doch bitte in das erste Schlafzimmer auf der linken Seite zu bringen. Erst als er sich wieder völlig unter Kontrolle hatte, folgte er den Anderen dorthin – gerade rechtzeitig, um zu hören, wie Alastor Moody Evanna direkt vor der Tür des Krankenzimmers einem Verhör darüber unterziehen wollte, wer sie sei und was sie hier am Grimmauldplatz zu suchen hätte. Glücklicherweise ließ diese sich jedoch nicht so schnell einschüchtern, weshalb beide gleich darauf in eine leise aber dennoch ziemlich erbitterte Diskussion darüber verstrickt waren, ob Harry als rechtmäßiger Hauseigentümer auch allein darüber zu befinden hätte, wen er einlud und wen nicht.
Harry ließ sie streiten.
Das Einzige, was ihn im Moment interessierte, war der verletzte Mann, den Shacklebolt gerade vorsichtig auf dem frisch bezogenen Bett abgeladen hatte und dem er jetzt die feuchte und schmutzige Kleidung abstreifte, sofern man die Fetzen, die er nach seiner gefährlichen Flucht noch trug, denn als Kleidung bezeichnen konnte. Und Lupin selbst sah genauso furchtbar aus! Unzählige Kratzer und Schnitte bedeckten die blasse Haut, Prellungen schimmerten in den unterschiedlichsten Farben und in Brusthöhe schillerte ein Bluterguss vom Durchmesser eines Quaffles.
„Was ist mit ihm passiert?" War das wirklich seine eigene Stimme? So gepresst, wie die Worte herauskamen, hätte er sie vermutlich selbst nicht erkannt.
„Er ist aufgeflogen!" Moody ließ einen Augenblick von Evanna ab, die ihn aus noch immer zornig zusammengekniffenen Augen musterte, um Harrys Frage zu beantworten. „Diese verfluchte Bande von Werwölfen hat ihn enttarnt. Sie haben ihn übel zusammengeschlagen und fast zu Tode gehetzt. Er musste von einer zwanzig Meter hohen Klippe in den Fluss springen, um sich in Sicherheit zu bringen. Keine Ahnung, wie es ihm gelungen ist, lebend ans Ufer zu kommen."
„Um Merlins Willen, und dann bringen Sie ihn hierher?" Entsetzt sah Evanna in die Runde, bevor sie näher an das Bett trat und die Körpertemperatur des Verletzten prüfte, indem sie ihm die Hand auf die Stirn legte. „Er gehört ins St. Mungos! Er könnte schwere, innere Verletzungen haben!"
„Unmöglich", Kingsley Shacklebolt schüttelte entschieden den Kopf und das Licht der Kerzen auf dem Nachttisch spiegelte sich in dem goldenen Ring in seinem Ohr. „In zwei Nächten ist Vollmond! Wir können ihn nicht ins St. Mungos bringen!"
Wenn es im Lexikon unter dem Wort „Verständnislosigkeit" eine Abbildung gegeben hätte, so wäre das Evanna Braves Gesicht bei dieser Antwort gewesen. „Was hat denn der Vollmond damit zu tun?"
Einen Augeblick schwiegen die Anwesenden und wechselten betretene Blicke. Alle bis auf Moody, der in raues, abgehacktes Gelächter ausbrach. „Im St. Mungos würden sie sich bestimmt bedanken, wenn wir ihnen um diese Zeit des Monats einen Werwolf brächten, glauben Sie nicht auch, Miss Brave?"
„Einen … einen Werwolf? Aber …" Evanna trat unwillkürlich einen Schritt vom Bett weg. Ihre Augen huschten durch den Raum, als hoffe sie, dass irgendjemand über diesen Scherz schmunzeln würde. Allerdings war wohl niemandem nach Lachen zumute, denn sie blickte nur in ernste, steinerne Gesichter.
Ein hörbares Schlucken. „Und was passiert, wenn er sich in der übernächsten Nacht verwandelt?"
„Falls er seinen Wolfsbanntrank eingenommen hat, wovon ich ausgehe, und es uns gelingt, noch zwei Portionen für heute und morgen aufzutreiben, was schon schwieriger werden könnte, wird er nur körperlich transformieren. Er behält seinen menschlichen Verstand und ist völlig ungefährlich", erklärte Hermine in einem Ton, als wäre das völlig selbstverständliches Allgemeinwissen.
Evanna wirkte nicht sonderlich beruhigt. „Und wenn ihr diese zwei Portionen nicht besorgen könnt?"
„Dann werden wir ihn in einen extra präparierten Raum im Keller dieses Hauses bringen müssen, in dem er früher schon die Vollmondnächte verbracht hat, wenn ihm kein Wolfsbanntrank zur Verfügung stand." Das kam von Harry, in genau dem gleichen Ton.
Evanna blickte ihn etwas fassungslos an, angesichts der absoluten Selbstverständlichkeit, mit der er darüber sprach, bei Vollmond einen ausgewachsenen Werwolf in seinem Haus zu beherbergen.
Er musste ihren Blick wohl richtig gedeutet haben, denn seine grünen Augen verengten sich etwas. „Hör zu, Miss Brave, niemand verlangt von dir, die nächste Vollmondnacht in diesem Haus zu verbringen! Aber Professor Lupin ist unser Freund. Er gehört zu uns. Und wir werden für ihn da sein, wann immer er uns braucht! Weil er das Gleiche auch für uns tun würde!"
„Was mich wieder auf die Frage zurückbringt, wo wir den Wolfsbanntrank für ihn herbekommen sollen", bemerkte Hermine mit sorgenvoll gerunzelter Stirn und lenkte so die Aufmerksamkeit wieder auf sich.
„Frag doch mal Du-Weißt-Schon-Wen, ob er uns nicht seinen neuesten Busenfreund, diesen verdammten Verräter und Mörder, mal ausborgen könnte, um ihn zu brauen!", schlug Ron ihr grimmig vor. „Mir fällt nämlich gerade kein Anderer ein, der dazu in der Lage wäre!"
„Mal ganz davon abgesehen, dass Professor Lupin erst mal aufwachen müsste, um ihn trinken zu können", brachte Ginny sich leise in Erinnerung. Sie war neben Harry getreten, um ihm so stumm ihre Unterstützung zu signalisieren. „Ich werde am besten Mum anflohen und sie fragen, ob sie nicht für ein paar Tage herkommen kann. Denn eure neue Freundin hier", sie nickte Evanna freundlich zu, „hat vollkommen Recht. Er muss ordentlich versorgt werden. Und da wir ihn nicht ins St. Mungos bringen können, brauchen wir jemanden hier, der etwas von Krankenpflege versteht!"
„Bist du völlig verrückt geworden?" Ron wurde angesichts dieser Aussicht so blass, dass seine Sommersprossen zu fluoreszieren schienen. „Wenn du Mum hierher bringst, haben wir in diesem Haus keine ruhige Minute mehr! Oh Gott, sie wird mich anbrüllen! Und anschließend wird sie mich umbringen! Oder sie bringt mich erst um und brüllt mich danach an! Oder …"
Selbst Harry musste angesichts dieser unverhohlenen Panik seines besten Freundes grinsen. „Hol sie her, Ginny!", bat er dessen Schwester allerdings trotzdem, dankbar für die gute Idee. Wenn der Preis für Professor Lupins Genesung war, dass Molly Weasley ihrem widerspenstigen jüngsten Sohn ordentlich die Ohren lang zog, so musste er eben bezahlt werden. Er konnte ein winziges bisschen Schadenfreude nicht verleugnen, hatten Ron und Hermine ihn mit ihrem Entschluss, künftig mit ihm zusammenleben zu wollen, doch förmlich überfahren.
Mit langem Gesicht und einem Augenausdruck wie ein geprügelter Welpe schlich Ron aus dem Zimmer. „Ich bin tot!", hörte Evanna ihn im Gang verzweifelt vor sich hinmurmeln. „Ich bin ja so was von tot …"
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Ungefähr eine Stunde später konnte sie sich davon überzeugen, dass er – wenn überhaupt – nur unwesentlich übertrieben hatte. Molly Weasley, die sich nicht einmal die Zeit nahm, die Anwesenden zu begrüßen und sich Evanna vorzustellen, bevor sie über ihren abtrünnigen Sohn herfiel, war eine kleine, rundliche Frau mit feuerroten Haaren und einer Unmenge Sommersprossen auf dem runden, jetzt vor Zorn hochroten Gesicht. Und was ihre Stimme betraf, so konnten die Weasley-Kinder wohl guten Gewissens behaupten, dass sie von dem einzigen menschlichen Heuler der ganzen magischen Welt abstammten.
Aus den Augenwinkeln sah Vanna, wie Hermine sich zur Küchentür hinaus stahl, während die gesamte Aufmerksamkeit Mrs. Weasleys auf ihren Sohn gerichtet war. Und gleich darauf wünschte sie insgeheim, sie wäre ihrem Beispiel gefolgt, und ebenfalls an das Krankenbett des Verletzten geflüchtet, welches der jugendliche Hausherr nicht ein einziges Mal verlassen hatte, seit Moody und Shacklebolt gegangen waren. Aber dazu war es jetzt zu spät.
„Ronald Weasley!", keifte die Frau nämlich gerade ohrenbetäubend los, kaum dass sie vom Kaminrost herunter getreten war, „wie kannst du es wagen, deinem Vater und mir so etwas anzutun! Du bist zwar seit kurzem volljährig, aber das bedeutet noch lange nicht, dass du uns keinen Respekt mehr schuldest! Es ist schon schlimm genug, dass Fred und George in Zeiten wie diesen beschlossen haben, nicht mehr zu Hause zu wohnen und dein Vater und ich des Nachts vor lauter Sorge um sie nicht schlafen können! Jetzt musst du auch noch damit anfangen! Kannst du mir mal sagen, was das soll? Kannst du dich nicht etwas vernünftiger verhalten? Nimm dir doch mal ein Beispiel an deinen älteren Brüdern! Sogar Bill ist wieder nach Hause gekommen, nachdem Du-Weißt-Schon-Wer zurückgekehrt ist! Und Charly denkt auch darüber nach, seinen Job in Rumänien aufzugeben und zu uns zurück zu kommen! Aber ausgerechnet Fred, George, du und ... und Percy …"
Abrupt verstummte sie und Evanna, die eben noch Ron bedauert hatte, der mit blassem, ängstlichem Gesicht direkt neben der Tür stand und wirkte, als wolle er jeden Moment die Flucht ergreifen, bemerkte, dass der kleinen rundlichen Frau plötzlich die Tränen in die Augen schossen. Der plötzliche Stimmungswechsel kam völlig unerwartet, so dass Vanna ungläubig blinzelnd überlegte, ob sie es denn noch mit der gleichen Mrs. Weasley zu tun hatten wie eben.
Der jungen, rothaarigen Hexe, die sich ihr als „Ginny, Rons Schwester" vorgestellt hatte, waren die Tränen wohl auch aufgefallen, denn sie trat rasch auf ihre Mutter zu und umarmte sie. „Sei doch nicht traurig wegen dieses Hohlkopfes Percy, Mum. Eines Tages wird er schon noch merken, was er alles in seinem Bestreben, möglichst schnell Karriere zu machen, falsch gemacht hat. Er kommt irgendwann zurück, ganz bestimmt!"
Ron, noch immer neben der Tür, murmelte grimmig etwas vor sich hin, das in Evannas Ohren verdächtig nach „Und wenn nicht, dann ist das auch kein Verlust!" klang, bevor er ebenfalls zögernd auf seine Mutter zutrat und die Arme um sie legte.
Geräuschvoll schnäuzte sich Molly Weasley in ein großes, bunt kariertes Taschentuch. Aber offensichtlich war ihre Standpauke noch nicht beendet, weil sie sich sofort wieder auf ihren unvorsichtigen Sohn stürzte, der jetzt direkt vor ihr stehend nicht einmal mehr die Möglichkeit zu einer raschen Flucht hatte. „Eines versichere ich dir, Ronald! Das letzte Wort ist in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen! Ich werde auf keinen Fall zulassen, dass ihr Drei hier allein wohnen bleibt, besonders jetzt wo Dumbledores Schutzzauber nicht mehr auf dem Haus liegen!" Wieder schluchzte sie auf. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass er wirklich tot ist …"
„Wir haben hier etwas mindestens genau so Gutes wie Professor Dumbledores Schutzzauber, Mum!", widersprach Ron in beruhigendem Ton. „Harry hat nämlich bei unserer Ankunft hier den Blutsbann des Hausherrn erneuert! Das bedeutet, dass ohne sein ausdrückliches Einverständnis niemand dieses Haus betreten kann. Es kommt niemand herein, den er oder ein anderer Bewohner des Hauses nicht persönlich eingeladen oder hereingelassen hat!"
Diese Information brachte Mrs. Weasley tatsächlich für ungefähr eineinhalb Sekunden zum Schweigen. Dann hatte sie das nächste Argument parat. „Aha, und wer wird für euch sorgen? Oder zumindest nach euch sehen, ob ihr auch alles habt, was ihr braucht? Ihr mögt zwar dem Gesetz nach erwachsen sein, aber ihr seid noch lange keine voll ausgebildete Zauberer, vergesst das bitte nicht! Und viel zu jung, um für euch selbst sorgen zu können! Ich werde bestimmt nicht zulassen, dass …"
„Wir werden Harry nicht allein in diesem riesigen Haus lassen, in dem ihn alles an Sirius erinnert, Mum! Und Harry wird nicht mit zum Fuchsbau kommen, weil er niemanden in Gefahr bringen will. Und zu den Dursleys wird er auch nicht zurückgehen, wozu auch, der Schutz, den ihre Verwandtschaft mit seiner Mutter ihm gegeben hat, ist erloschen, als er siebzehn wurde. Warum sollte er sich diesen furchtbaren Menschen also weiterhin aussetzen?"
Das brachte Mrs. Weasley erneut für einen Augenblick zum Schweigen. Dann seufzte sie schwer: „Es gefällt mit trotzdem nicht, dass ihr Drei hier ganz allein leben wollt. Nur Harry, Hermine und du."
„Professor Lupin ist doch auch noch da", erinnerte Ginny ihre Mutter. „Er ist bestimmt bald wieder gesund. Und er wird schon aufpassen, dass Harry, Ron und Hermine nicht in Schwierigkeiten geraten!"
Wenn Evanna jetzt erwartet hatte, dass Molly Weasley vielleicht nicht gerade begeistert über die Aussicht wäre, ihren Sohn in der Obhut eines Werwolfes zu lassen, wurde sie eines Besseren belehrt. Mollys einziger Kommentar bestand nämlich in dem Hinweis, dass eben dieser Remus Lupin in nächster Zeit wohl kaum in der Lage wäre, auf drei lebhafte Teenager zu achten, die ein gewisses Talent dafür hätten, sich in Schwierigkeiten zu bringen. Und dass sie selbst nicht länger als ein paar Tage bleiben könne, weil sie immerhin noch eine Hochzeit vorzubereiten hätte …
„Ich könnte auf sie Acht geben!", hörte sie sich zu ihrer eigenen Verblüffung anbieten.
Drei Rotschöpfe drehten sich zu ihr um und sahen sie erstaunt an.
Okay, wenn sie sich schon in diese Situation hineinmanövriert hatte, dann sollte sie die Sache vielleicht richtig angehen ... „Mein Name ist Evanna Brave", erklärte sie, während sie Mrs. Weasley die Hand zum Gruß entgegenstreckte. „Harry und Ihr Sohn Ron haben mich gestern Abend vor ein paar Todessern gerettet, die mich aufs Korn genommen hatten. Und Harry war so freundlich, mir für diese Nacht ein Bett anzubieten, damit ich mich nicht noch mal mit diesen Kerlen anlegen musste. Und es würde mir nichts ausmachen, jeden Tag hier vorbeizuschauen, ob auch alles in Ordnung ist."
Auch wenn sie dann bestimmt jedes Mal wieder vor diesem verwirrenden Bild von Sirius Black stehen und ihn heimlich anhimmeln würde...
Molly ergriff die angebotene Hand der fremden jungen Frau und auf ihrem Gesicht breitete sich ein freundliches Lächeln aus, während sie blitzschnell alle Einzelheiten von Evannas Erscheinung in sich aufnahm. Anfang dreißig, hübsch, aufgeschlossen. Und aufgrund ihres Alters vermutlich vernünftig genug, um sich von den drei Teenagern nicht zu irgendwelchen wilden Abenteuern überreden zu lassen … Offensichtlich war sie recht angetan von dem, was sie sah, denn ihr Lächeln vertiefte sich. „Hallo Evanna. Freut mich, Sie kennen zu lernen. Nennen Sie mich doch bitte Molly!"
Hermine erschien in der Küchentür. „Guten Morgen, Mrs. Weasley. Könnten Sie mit in Professor Lupins Zimmer kommen? Er ist gerade aufgewacht. Und er will partout nicht im Bett liegen bleiben ..."
Mit einem grimmigen Lächeln griff Molly nach dem Korb mit Bandagen, Salben und Zaubertränken, der noch immer auf dem Kaminrost stand. „Natürlich Liebes, ich komme schon!"
Ein verschwörerischer Blick in Evannas Richtung. „Männer sind ganz furchtbare Patienten, müssen Sie wissen! Entweder sie jammern und stöhnen in einer Tour und sind nicht mal in der Lage einen einfachen Aufrufzauber durchzuführen, so dass man ihnen jede Tasse Tee einzeln servieren muss, oder sie sind nicht im Bett zu halten und wollen Bäume ausreißen, obwohl sie vermutlich an einem Grashalm scheitern würden! Ich weiß nicht, welche Sorte schlimmer ist!"
Und damit eilte sie aus dem Raum und ließ Evanna mit dem Gedanken zurück, dass es vermutlich besser wäre, wenn dieser Werw ... dieser Professor Lupin zur ersten Kategorie gehören würde.
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Evanna beschloss, sich noch etwas nützlich zu machen, bevor sie das Haus verließ und begann, die Küche aufzuräumen. Das war das Mindeste, was sie tun konnte, um sich für die Übernachtung und das Frühstück zu bedanken, das Ginny Weasley ihr zwinkernd serviert hatte, nachdem dieser alte Auror sie und seinen gewaltigen Verfolgungswahn vorhin in die Küche geschleppt hatte, um sie noch einmal ordentlich auszuquetschen.
Die Tatsache, dass die frischen Brötchen, die Eier und der Frühstücksspeck trotz des misstrauischen Verhörs köstlich gewesen waren, sprach für das Kochtalent des jungen Mädchens, wie Evanna neidvoll zugeben musste. Sie selbst war in der Küche eine Niete, die sogar das Teewasser anbrennen ließ. Aber einen Tisch abzuräumen und das Geschirr zu spülen, bekam sie noch hin. Und danach würde sie hier verschwinden, bevor Harry ihr noch einmal einen dieser finsteren Blicke zuwerfen konnte, mit denen er sie bedachte, seit sie sich ihre Angst vor seinem Werwolfs-Freund hatte anmerken lassen.
Mit einer gewissen Schadenfreude stellte sie kurz darauf fest, dass Molly ihr beachtliches Lungenvolumen und ihre Heuler-Qualitäten nicht nur für ihre Kinder aufsparte, denn wenn sie nicht alles täuschte, bekam ein gewisser Patient da gerade eine Standpauke gehalten, die sich gewaschen hatte. Wenn dieser Remus Lupin innerhalb der nächsten Stunde – also dem Zeitraum, den der verabreichte Heiltrank brauchen würde, um seine volle Wirkung zu entfalten – noch einmal auf den Einfall kommen sollte, sein Bett verlassen zu wollen, dann würde er ihn gewiss schnell als ganz schlechte Idee verwerfen …
Etwas raschelte hinter ihr und ein großer grauer Waldkauz kam durch den Kamin in die Küche geflattert. Evanna zuckte kurz zusammen. Wenn sie eine Eule bekam, pflegte das Tier am Fenster zu klopfen. Aber dann fiel ihr ein, dass die Fenster dieses Hauses ja mit Schutzzaubern versiegelt waren und sich nicht öffnen ließen. Nachdenklich musterte sie das Tier, das gerade das Gefieder sträubte, um es vom Kaminstaub zu befreien, bevor es ihr den Fuß entgegenstreckte, an dem ein kleines, längliches Päckchen befestigt war.
Zögernd, weil sie nicht wirklich ein Mitglied dieses Haushaltes war, löste Evanna die Schnur und nahm dem Kauz seine Last ab, der daraufhin sofort wieder durch den Kamin verschwand. Ratlos blickte sie auf das Päckchen, bis sie in einer Ecke den Namen „Remus Lupin" entdeckte.
Na prima, jetzt durfte sie auch noch die Postbotin für einen Werwolf spielen!
Seufzend verließ sie die Küche, durchquerte die riesige Halle und ging einen Korridor entlang, bis sie das Krankenzimmer erreicht hatte, wo sie an die Tür klopfte. Zu ihrer Erleichterung wurde sie nicht hereingebeten, sondern die Tür öffnete sich und sie blickte in Harry Potters Gesicht, das sich bei ihrem Anblick sofort verfinsterte. Der Junge pflegte seinen Groll, wie andere Leute ihre Zimmerpflanzen!
„Das hier ist gerade eben gekommen!" Sie hielt ihm das Päckchen hin und anders als sie entdeckte Harry die Anschrift sofort. Er nickte, dankte ihr kurz und schloss die Tür.
Und Evanna starrte das Türblatt an und fragte sich unwillkürlich, ob sie je wieder dieses zögernde Lächeln zu sehen bekommen würde, das er ihr am Vorabend noch geschenkt hatte. Fast fühlte sie sich versucht, noch einmal zu klopfen, aber dann siegte ihr Stolz und sie drehte sich auf dem Absatz um und ging in die Küche zurück. Je eher sie hier verschwand, umso besser!
„Wer war das?" Remus Lupin hatte sich halb aufgerichtet, was ihm ein missbilligendes Schnalzen und einen zornigen Blick von Molly einbrachte. Sofort ließ er sich wieder in die Kissen zurücksinken. Sein letzter Hörsturz lag noch nicht lange genug zurück, als dass er bereits einen neuen riskiert hätte.
„Niemand Besonderes." Harry trat an das Bett und reichte ihm ein kleines Päckchen. „Das ist eben für Sie gekommen."
Bereits als sich seine Finger um das Paket schlossen, wusste Remus, was es enthielt. Und die Art der Zustellung sagte ihm den Rest. Tonks. Vermutlich hatte sie erkannt, was ihm schon eine ganze Weile klar gewesen war, dass sie einfach zu verschieden waren … Er riss das Päckchen auf, schüttelte seinen Zauberstab auf die Bettdecke und drehte ihn einen Moment lang nachdenklich zwischen den Fingern, bevor er langsam den Briefbogen entfaltete, der ebenfalls aus dem Päckchen gefallen war.
Lieber Remus,
wenn Du diese Zeilen liest, habe ich bereits meine neue Stelle angetreten. Ich habe beim Zauberei-Ministerium gekündigt und mich nach Rumänien versetzen lassen, wo ich Charly Weasleys Aufgabenbereich für den Orden übernehmen werde.
Mir ist der Gedanke unerträglich, dass Du durch meine Schuld beinahe gestorben wärest. Ich hätte mich nicht so an Dich klammern dürfen, zumal mir von Anfang an bewusst war, dass Du in mir nie mehr als eine gute Freundin gesehen hast und ich Dich regelrecht in diese Beziehung hineingedrängt habe. Ich habe endlich erkannt, dass Deine Freundschaft mir mehr bedeutet, als ein Verhältnis, in dem wir beide nicht das Gleiche sehen.
Es tut mir Leid. Verzeih mir bitte.
Tonks
Rumänien.
Einen Augenblick lang schloss er die Augen und lauschte auf das Klappen der Tür, weil Molly und Harry diskret das Zimmer verlassen hatten. Rumänien. Endgültiger könnte ein Abschied wohl nicht sein. Soviel zum Traum von einer eigenen Familie – Menschen, die zu ihm gehörten.
Andererseits war es wahrscheinlich besser so. Was für ein Familienvater könnte ein Werwolf schon sein? Und wenn man für seine Kinder nur eine permanente Gefahr darstellte, war es sicher besser, wenn man gar nicht erst welche in die Welt setzte …
Müde drehte er den Kopf zur Wand und starrte auf die fleckige Tapete des trostlosen Zimmers, in dem er untergebracht worden war. Er hasste dieses Haus! Niemals hätte er geglaubt, jemals wieder hierher kommen zu müssen. Nicht nach Dumbledores Tod. Was wohl der beste Beweis war, dass das Schicksal eine recht fiese Art hatte, einen Mann gelegentlich bei den Ohren zu packen.
Harry lebte jetzt tatsächlich am Grimmauldplatz! Und wenn er ehrlich zu sich war, musste er zugeben, dass das zu erwarten gewesen war, nachdem er nun volljährig geworden war. Selbstverständlich würde er nicht bei der verhassten Verwandtschaft bleiben, die ihn seit frühester Kindheit wie einen Aussätzigen behandelt hatte …
Nun, so sehr er diesen alten Kasten verabscheute, er würde Harry, Ron und Hermine nicht allein hier leben lassen. Molly hatte absolut klargestellt, dass sie Ron notfalls an seinen Ohren nach Hause in den Fuchsbau schleifen würde, wenn er sich nicht bereit erklärte, ebenfalls hier zu leben und ein Auge auf die Kinder zu haben. Also würde er genau das tun. Zu mehr war er im Moment ja sowieso nicht zu gebrauchen … Und wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass er das Unterrichten und die Schüler mehr vermisst hatte, als er je gedacht hätte. Vielleicht bekäme er durch dieses Arrangement etwas davon zurück, ganz abgesehen von dem guten Gefühl, Harry näher sein zu können als in all den Jahren zuvor. Der Junge hatte so viel von seinen Eltern … Und Sirius hatte auch auf ihn abgefärbt …
Verblüfft und auch etwas erschrocken blickte er auf, als die Tür plötzlich schwungvoll aufgestoßen wurde und sich gleich vier Personen gleichzeitig in das Zimmer drängelten. Hermine führte die kleine Prozession an, in der Hand hielt sie eine kleine Metallkassette. Und auf ihrem Gesicht lag ein so verwirrter, ratloser Ausdruck, dass er sich unwillkürlich wieder aufrichtete, seiner gebrochenen Rippe und Mollys zornigem Blick zum Trotz. „Ist etwas passiert?"
Wortlos stellte Hermine das Kästchen auf die Bettdecke und hob den Deckel. Und Remus traute seinen Augen nicht. Zwei Phiolen Wolfsbanntrank! „Wo habt ihr den denn her?"
„Das ist ja das Komische!" Rons Gesicht spiegelte seine Verwirrung deutlich wider. „Es stand plötzlich im Kamin!"
„Im Kamin?"
„Ja. Das Feuer ging an, die Flammen wurden grün und ich dachte, wir bekämen Besuch. Aber dann erklang nur so ein ganz merkwürdiges Zischen und plötzlich stand diese Schatulle auf dem Kaminrost …" Hilflos zuckte er die Achseln. „Haben Sie eine Ahnung, wer das geschickt haben mag?"
„Nicht die Geringste." Remus nahm eine Phiole heraus, entkorkte sie und schnupperte daran. Eindeutig Wolfsbanntrank. Nachdenklich schloss er den Deckel des Kästchens und stellte es vorsichtig auf den Nachttisch. „Aber wer immer es gewesen ist – er erspart mir eine ungemütliche Nacht im Keller."
„Sie wollen es trinken, obwohl Sie nicht wissen, wer das Zeug zusammengerührt hat?" Fassungslos sah Harry den Mann im Bett an. „Was, wenn das gar kein Wolfsbanntrank ist? Oder wenn er vergiftet ist?"
„Glaub mir, Harry, ich trinke das Zeug jetzt schon so lange, dass ich ganz sicher bemerken würde, wenn jemand daran herummanipuliert hätte. Außerdem vermute ich, dass Alastor oder Kingsley den Trank aufgetrieben haben."
Zögernd nickte der Junge. Das wäre natürlich möglich …
„Und jetzt werdet ihr wieder verschwinden und damit weitermachen, dieses Haus in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen!", schaltete Molly sich entschieden ein. „Professor Lupin brach seine Ruhe, wenn dieser Rippenbruch vor der übernächsten Nacht verheilen soll!" Mit einem Gesichtsausdruck, der mehr als deutlich machte, dass sie in dieser Beziehung nicht mit sich handeln lassen würde, scheuchte sie die drei Jugendlichen vor die Tür.
„Und du, Remus Lupin, wirst jetzt die zweite Phiole des Heiltrankes austrinken und widerspruchslos noch mindestens eine Stunde im Bett bleiben, hast du mich verstanden?", fügte sie, die Fäuste drohend in die Hüften gestemmt, hinzu.
„Ja Madam!", murmelte er friedfertig, was ihm ein Stirnrunzeln und einen äußerst misstrauischen Blick eintrug, bevor Mrs. Weasley das Tablett mit dem leeren Frühstücksgeschirr nahm und das Zimmer verließ.
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Kingscross hatte sich kaum verändert, dachte Catherine, als sie mit dem schlafenden Josh auf dem Arm aus dem Zug stieg. Noch immer herrschte hier die gleiche Hektik und Betriebsamkeit wie zu der Zeit, als sie mit ihren Muggel-Eltern von London aus in den Urlaub gefahren war. Nur, dass ihr Herz damals vor Aufregung und Vorfreude schneller geschlagen hatte - und nicht aus nackter Angst.
Die raschen, prüfenden Blicke, mit denen sie ihre Umgebung absuchte, waren ihr schon fast in Fleisch und Blut übergegangen. Sie hatte länger als vierundzwanzig Stunden nicht mehr geschlafen und langsam spürte sie die quälende Erschöpfung sogar trotz des Unmengen Adrenalins in ihrem Blut. Aber sie hatte keine Zeit zum Ausruhen. Noch nicht.
Seit sie mit Josh in der letzten Nacht aus Port Sinclair geflohen war, waren sie ständig in Bewegung geblieben. Sie waren auf geradezu grotesken Umwegen durch das ganze Land gereist, weil Catherine es unbedingt vermeiden wollte, irgendwelche Spuren zu hinterlassen. Aber irgendwie waren sie letztendlich trotzdem in London gelandet, auch wenn Catherine sich tatsächlich erst beim Aussteigen aus dem Zug eingestanden hatte, dass sie eigentlich schon die ganze Zeit hierher unterwegs gewesen waren.
Nach London.
Zum Grimmauldplatz 12.
Ihr gesamtes Leben stand auf dem Kopf und im Arm hielt sie ein Kind, für das die Welt nicht mehr die Gleiche sein würde, wenn es erwachte. Sie wollte Antworten, und die würde sie vermutlich nur dort bekommen können. Warum war dieser fremde Zauberer – Dung – von diesen Todessern gejagt worden? Und warum hatte er so vehement darauf bestanden, dass sie hierher kam?
Suchend blickte sie sich um, bevor sie ihren erschöpft schlafenden Sohn fester umfasste und in Richtung Ausgang eilte. Wenn sie Glück hatte, erwischte sie sogar um diese Tageszeit ein Taxi, auch wenn das am frühen Nachmittag immer recht schwierig war …
An einem Zeitungskiosk in der Nähe der großen Tür, die ins Freie führte, hielt sie einen Augenblick lang inne und betrachtete ihr Spiegelbild in der Glasscheibe. Himmel, sie sah einfach furchtbar aus! Das lange, schwarze Haar hatte sich teilweise aus dem Zopf gelöst und fiel ihr in wirren Locken über die Schultern. Ihr sonst so exotisch anmutender Teint war einer erschöpften Blässe gewichen und die Ringe unter den dunkelbraunen Augen waren nicht zu übersehen. Außerdem schmerzte ihr Rücken – in dem fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft, in dem sie sich befand, war es wahrscheinlich nicht besonders ratsam, in unbequemen öffentlichen Verkehrsmitteln durch halb England zu reisen und dabei einen völlig verstörten Dreijährigen auf dem Arm zu halten …
Ungeweinte Tränen schnürten ihr die Kehle zu, als sie auf den schwarzen Lockenkopf ihres Sohnes herabsah, der an ihrer Schulter lehnte. Normalerweise hätte sie ihrem Sohn schon längst den Daumen aus dem Mund gezogen – ein Dreijähriger sollte nun bestimmt nicht mehr nuckeln! – aber heute war sie fast froh über das winzige bisschen Trost, das Josh aus dieser Beschäftigung zog. Er hatte so viel verloren! Seine gesamte sorglose Kindheit!
Seufzend lehnte sie einen Augenblick lang ihre Wange auf die wirren Locken des Kindes und schloss die Augen, um tief den süßen, tröstlichen Geruch ihres Kindes zu inhalieren. Was sollte jetzt nur werden?
Als sie die Augen wieder öffnete erschrak sie. Den Mann, dessen Spiegelbild sie im Fenster des Kiosks sah, hatte sie schon vorher gesehen! Das war sie ganz sicher! Er war groß und dunkel gekleidet. Sein schwarzes Haar ließ seine Haut ziemlich hell wirken. Und dann war da noch diese Nase. Recht groß und ziemlich krumm. Sie war ganz sicher, dass dieser Mann auch schon bei ihrem letzten Zwischenstopp auf dem Bahnsteig gestanden und sie aus seinen kalten, schwarzen Augen gemustert hatte. Noch schien er sie allerdings nicht entdeckt zu haben, denn er blickte sich gerade suchend um.
Rasch huschte Catherine auf die andere Seite des Kiosks, wo sie im Schatten stand und nicht so leicht gesehen werden konnte. Hoffentlich wachte Josh jetzt nicht auf und begann wieder zu weinen! Sie konnte ihrem Sohn zwar nicht verdenken, dass er wieder nach Hause wollte und verständnislos jammerte, weil das nicht ging, aber gerade in diesem Moment wäre es vermutlich fatal gewesen.
Vorsichtig spähte sie um die Ecke des Kiosks – und zuckte zurück, weil die Augen des Fremden jetzt genau auf ihr ruhten. Oh großer Gott, was sollte sie nur tun? Panikerfüllt drückte sie sich tiefer in den Schatten, ihr Atem kam in kurzen, abgehackten Stößen. Und ihre Glieder zitterten derart, dass sie fast befürchtete, ihren Sohn fallen zu lassen. Gleich würde er mit drohend erhobenem Zauberstab auf sie zukommen und …
Nichts geschah.
Sie wartete eine Minute, zwei Minuten … Niemand kam, um sie zu töten. Nach einer Weile spähte sie wieder vorsichtig um die Ecke des Kiosks, aber der Fremde war verschwunden.
