A/N: Guten Morgen, ihr Lieben! Na, seid ihr gut ins neue Jahr gerutscht? Das will ich doch hoffen! Und um es euch auch sofort zu versüßen, gibt es ein sehr lang erwartetes Kapitel. Ich habe mir zumindest sagen lassen, dass einige von euch einen gewissen sexy Animagis ziemlich vermissen … Sagt alle ‚hallo', denn hier kommt er.
Ach ja, auch wenn jetzt vermutlich keiner mehr liest – seid bitte nicht böse, dass die Kapitel momentan ein wenig mehr Zeit beanspruchen, aber das neue Jahr hat uns Beiden auch neue Aufgaben geschickt. Ich (BineBlack) werde mich bemühen, euch nicht allzu lange warten zu lassen, versprochen. Und wer weiß - vielleicht bekommt ihr einfach zwei Kapitel hintereinander von mir. Jetzt aber viel Spaß! Und vergesst die Reviews nicht!
Druidenmagie
„Okay – ich bin vollkommen ausgeglichen. Die Ruhe selbst. Ich werde jetzt in dieses eigenartige Haus gehen und mich nicht wieder von Gemälden vollkommen aus der Fassung bringen lassen."
Diese Sätze wiederholte Vanna nun schon seit dem Moment, in dem sie aus der Straßenbahn getreten war, und die warme Abendluft sie wieder umwehte.
Sie war am späten Vormittag nach Hause gegangen, hatte geduscht, war noch einmal in ihr eigenes Bettchen gekrochen – und hatte wieder von großen, schwieligen Händen geträumt, die sie erschaudern ließen. Und von dunklen, braunen, traurigen Augen. Oder grauen, traurigen Augen. Oder grünen, traurigen Augen.
Argh!
Vermutlich muss man nicht erwähnen, dass es sie nicht lange im Bett gehalten hatte. Über Werwölfe, die augenscheinlich etwa so gefährlich waren wie kleine Hunde-Welpen und Jungen, denen man mit 17 Jahren schon die Last der Welt aufgebürdet hatte, konnte sie auch ohne Decke über dem blonden Haarschopf nachdenken. Und über den Dritten im Bunde – nun ja, über den WOLLTE sie nicht nachdenken!
Vanna war letztenendes zum Schluss gekommen, dass demjenigen, der beschlossen hatte, Harry Potter müsse die Welt vollkommen allein retten, mal kräftig gegen das Schienbein getreten werden musste.
Jetzt stand sie also wieder am Grimmauldplatz und sah sich misstrauisch um. Molly Weasley hatte ihr, kurz bevor Vanna gegangen war, ein Medaillon überreicht, welches ihr offenbar freien Eintritt zu Nummer 12 gewähren würde. Offenbar befürchtete sie, dass die Teenager ihren neuen Anstandswauwau vielleicht nicht reinlassen würden. Bei der Erinnerung an Harry, der sie mit Missachtung gestraft hatte, seit sie ihre völlig unbegründeten Werwolf-Befürchtungen ausgespuckt hatte, zog Vanna eine Grimasse. So falsch war diese Vermutung wahrscheinlich gar nicht gewesen. Na, das konnte ja heiter werden …
Mit betont gestrafften Schultern verlagerte sie die voll gestopften Papiertüten im Arm, die die Hälfte ihres Monatsgehaltes in Naturalien beinhalteten, und griff nach der Türklinke des grade wieder erschienenen Hauses. Doch ihre Fingerspitzen berührten das kühle Metall nicht einmal – denn vorher wurde die Tür aufgerissen und Vanna stand Remus gegenüber.
Schon fast hatte sie einen frechen Spruch auf den Lippen von wegen „Wow, ein echter englischer Gentleman", doch diese Neckerei blieb ihr im Halse stecken. Er sah aus, als habe er grade persönlich die Hölle durchschritten. Seine grauen Augen waren aufgerissen und starrten sie einen Moment lang mit einer solchen Qual an, dass es ihr förmlich die Brust zuschnürte.
„Alles in Ordnung?" fragte sie alarmiert.
Er nickte nur mit gesenktem Blick, schob sich an ihr vorbei und murmelte etwas Unverständliches von wegen „Beine vertreten" und „Bald wieder zurück". Dann verschwand er hastig die Straße entlang. Er wirkte fast, als sei der Leibhaftige ihm immer noch auf den Fersen.
‚Wunderbares Haus… Es gibt allen ein so echtes Gefühl von Geborgenheit und Erwünscht sein.' Sarkasmus war schon immer Evannas Stärke gewesen.
Seufzend trat sie durch die geöffnete Tür und ließ sie dann geräuschvoll ins Schloss fallen. Fast genoss sie das sofort erklingende Geschrei, welches einsetzte, und machte sich nicht die Mühe, das Gemälde der ehemaligen Hausherrin zum Schweigen zu bringen. Ohne es zu beachten schritt sie an ihm vorbei, den Blick fest auf die Küchentür gerichtet, unter der ein schwacher Lichtschimmer sichtbar war.
Die Tür mit der Schulter aufstoßend betrat sie den immer noch dunklen, leicht muffigen Raum. Offenbar war die Putzkolonne noch nicht bis hierher vorgedrungen. Mit einem erleichterten Seufzer ließ sie die Einkaufstüten auf die Anrichte der Küche rutschen – ehe sie die schattenhafte Gestalt am Tisch entdeckte.
Harry, vor sich ein Buch aufgeschlagen, saß dort, die Hände tief in den Haaren vergraben, die Augen fest geschlossen, als fürchte er etwas Grauenhaftes sehen zu müssen, wenn er sie wieder öffnete. Die Idee mit dem Tritt gegen das Schienbein für denjenigen, der auf die grandiose Idee gekommen war, den armen Jungen zum Retter der Welt zu erklären, wurde immer verlockender …
Einen Moment spielte Evanna mit dem Gedanken, einfach damit zu beginnen die Sachen in die Schränke zu räumen und ihm durch diesen Krach genügend Zeit zu geben, sich zu sammeln. Teenager schätzen es nicht, wenn man unvorbereitet in ihre Gefühlswelten einbrach. Aber sie hatte schon immer eine viel zu große Klappe gehabt.
„Wer?"
Harrys Blick zuckte erschrocken hoch und für eine winzige Sekunde las sie Tränen darin, ehe er barscher als gewollt fragte: „Was?"
„Bin ich Schuld?" Vanna hatte es nun doch für Besser befunden, so unbeteiligt wie möglich die Nahrungsmittel auszupacken. „Wenn ja, dann möchte ich mich entschuldigen. Es war dumm von mir und ich habe Deinen Freund wirklich falsch eingeschätzt. Er ist nett. Ich verspreche, dass ich kein Wort mehr darüber verlieren werde."
Aus den Augenwinkeln konnte sie seine verwirrt gerunzelte Stirn erahnen. Als er verstand, was sie meinte, schüttelte er nur den Kopf.
„Nein. Damit hat es gar nicht zu tun. Und … ich hab´ wohl etwas zu hart reagiert. Ich mag es nicht, wenn meine Freunde als Freak … dafür war ich zu lange selbst einer."
Vanna schluckte innerlich.
Harry seufzte, ehe er sich vom Stuhl erhob und sich in einem vermeintlich unbeobachteten Moment mit dem Ärmel über die Augen wischte. Er versuchte es mit dem Putzen seiner Brillengläser und einem abgehackten Wegwischen von imaginärem Schweiß auf seiner Stirn zu kaschieren.
„Ich hatte nur grade eine neue Lektion im Erwachsen werden."
Den Tisch umrundend warf er einen kurzen Blick auf die nun voll gestellte Anrichte, ehe er sich an Evanna vorbei schummeln wollte.
„Danke für das …"
Weiter kam er nicht, denn im nächsten Moment hatte sie die Arme um ihn geschlungen und drückte ihn fest an sich. Harry versteifte sich so deutlich, dass sie allen Mut zusammenkratzen musste, um ihn nicht augenblicklich wieder los zu lassen.
„'Erwachsen sein' ist nichts Erstrebenswertes, Harry Potter. Jeder sagt zwar ständig, dass es das Ziel des Lebens sein sollte – aber das ist nicht wahr. Es ist immer besser, sich ein Stück des inneren Kindes zu bewahren."
Bei ihren Worten konnte sie spüren, wie er sich ein ganz kleines bisschen entspannte. Nur eine Nuance, die ihr zeigte, dass ihre Worte ein wenig halfen.
„Ich vermisse ihn nur so sehr." Seine Worte waren kaum mehr als ein Flüstern und unwillkürlich verstärkte sie ihre Umarmung.
„Das ist in Ordnung. Wenn jemand, den man so gern hatte aus dem eigenen Leben endgültig verschwindet, dann darf man traurig sein. So sehr, dass man das Gefühl hat, die eigene Welt stürzt zusammen."
Harry schien ihr zuzustimmen, denn er begann, ein wenig zu zittern.
„Aber irgendwann wird es leichter", versprach sie mit jetzt eigener seltsam schwankender Stimme.
„Das glaube ich nicht. Nicht, nachdem ich jetzt weiß, dass …"
„Dass was?"
„Nicht wichtig. Ich … ich muss … Verzeihung." Er tauchte unter ihr hinweg und verließ hastig die Küche. Seufzend sah Vanna ihm nach. Irgendwie hätte sie ihm gern mehr geholfen.
Eine ganze Weile beschäftigte sie sich mit dem Einräumen der Schränke – nachdem sie ein Doxy-Nest ausgeräuchert hatte und kurz durch die Schränke gewischt hatte. Das war ja widerlich! Hatte diese ach so ehrwürdige Sabberhexe da draußen etwa keinen Hauselfen gehabt!
Nachdem sie also die Milchprodukte wie Joghurt und Käse mit einem Kühlungs-Zauber belegt hatte und Brot sowie Cornflakes sicher im jetzt sauberen Schrank ihrem Endverbraucher harrten, ließ sich Vanna auf den Stuhl plumpsen, auf dem Harry eben noch gesessen hatte. Und erst jetzt fiel ihr Blick auf das aufgeklappte Buch, welches er zurück gelassen hatte. Überrascht zog sie es näher heran und überflog den Text.
Reanimus-Magicus-Zauber!
„Leben und Tod sind auf ewig verbunden.
Doch nicht für immer verloren ist, was entschwunden."
Vanna runzelte verwirrt die Stirn. Nicht immer verloren ist, was entschwunden! Vielleicht ein altertümlicher Aufrufe-Zauber! Doch die folgenden Zeilen ließen ihr den Atem stocken:
„Zurück in das Leben, wieder heimwärts ins Licht,
wird der gebracht, für den man die Formel spricht."
Hieß das etwa …? Mittlerweile war ihre Nase dem Buch so nahe, dass ihre Nasenspitze fast das alte Pergament berührte. Als die Küchentür allerdings gegen die Wand krachte, sprang sie fast vom Stuhl. Ohne darüber nachzudenken riss Evanna das Buch an sich und ließ es hinter ihrem Rücken verschwinden.
Molly Wesley betrat den Raum und schien einen Moment beunruhigt, ehe sie die junge Frau erkannte. „Oh. Evanna! Ich wusste nicht, dass Sie schon hier sind. Wer hat Ihnen die Tür geöffnet, meine Liebe?"
„Ähhh. Mr. Lupin … war so … freundlich …"
„Remus?" Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen, ehe sie ein ungeduldiges Geräusch von sich gab. „Dieser Mann ist fast so stur wie ein Hyppogreif! Ich habe ihm schon hundertmal gesagt …!"
Während die ältere Frau erneut in Schimpfteraden über ihren unkooperativen Patienten ausbrach, schummelte sich Vanna in Richtung Tür. Und mit einem „Die Schränke habe ich schon gewischt!" fegte sie die Treppe hinauf, in das Zimmer, in dem sie geschlafen hatte.
Oben angekommen hatte Evanna die Tür mit einem personenbezogenen Schutzzauber versehen, sich auf das Bett geworfen und sich in den Text des alten Druidenrituals vertieft. Lange hatte sie darüber nachgegrübelt. Wenn sie es richtig verstand, dann ermöglichte dieser alte Zauber, sinnlos Gestorbene ins Leben zurückzuholen.
„Leben und Tod sind auf ewig verbunden. Doch nicht für immer verloren ist, was entschwunden. Zurück in das Leben, wieder heimwärts ins Licht, wird der gebracht, für den man die Formel spricht.", wiederholte Vanna leise die ersten Zeilen. So weit, so gut.
„Mit Liebe und Blut, so wie wir geboren, holst Du Dir zurück, was schien auf ewig verloren. Besiegst den Tod mit magischer List, um das, was längst sein eigen ist." Auch klar. Wenn sie diesen Zauber sprach, würde der sinnlos Getötete also wiederkehren. Aber der wirklich spannende Teil kam erst jetzt:
„Gib Dein menschliches Blut aus freiem Willen, ein Tropfen genügt, um die Gier zu stillen.
Den zu besänftigen, der die Seelen bewacht, hinter dem Vorhang in ewiger Nacht. Brennt das Blut dann in grünem Feuer, erscheint in den Flammen, welcher Dir ist so teuer. Sofern die Formel Du nicht verschweigst, Du den Mut zu diesem Spruche zeigst."
Vanna runzelte die Stirn. Sie hatte den Raum bereits mehrere Male durchquert. Wenn also jemand sein Blut opferte – nicht einmal viel – es zu grünem Feuer hinzufügte und dann die Zauberformel sprach, würde die Seele wieder zurückkehren? Viel zu einfach. Wo war der Haken?
Sie schüttelte den Kopf und versuchte die aufgeregte kleine Stimme in ihrem Inneren zum Schweigen zu bringen, die ihr ständig zuflüsterte, dass sie ihn – IHN, Sirius Black – so einfach wieder zurückholen konnte. Dass sie endlich das lang ersehnte Lächeln bekommen würde!
Bei Merlin, es wäre um so Vieles einfacher darüber nachzudenken, wenn ihr Herz ihr nicht vor Aufregung in der Kehle klopfen würde. Und sie diese verdammten Hände aus ihren Träumen vergessen könnte!
Sie trat wieder zurück ans Bett und las auch den letzten Rest des Textes:
„Reanimus Magicus – das ist das Wort, welches nimmt dem Tod die Beute fort. Sprich es aus mit Mut und Bedacht und den Namen dessen, der soll werden gebracht."
Stöhnend vergrub sie das Gesicht in den Händen. Kein Wunder, dass Harry eben so verstört gewesen war! Sie konnte ja selbst kaum einen klaren Gedanken fassen!
Während Vanna also wie ein gefangenes Tier in einem viel zu engen Käfig auf und ab lief, schob Harry leise seine eigene Zimmertür auf und lugte nach draußen. Er hatte einen Entschluss gefasst. Und da er wusste, dass keiner seiner Freunde damit einverstanden sein würde, hatte er beschlossen, ihnen nichts davon zu sagen.
Er steckte seinen Zauberstab in die dafür extra eingenähte Tasche seines Reiseumhangs und warf einen letzten Blick über die Schulter. Er würde alles, was er besaß, zurücklassen. Sein Schulkoffer und Hedwigs Eulenkäfig standen immer noch auf ihren alten Plätzen. Nur ein Blatt Pergament war neu, auf welches er hastig gekritzelt hatte: ‚Macht euch keine Sorgen!' Er machte sich keine Illusionen darüber, dass sie es trotzdem tun würden.
Harry würde aber trotzdem nicht länger hier bleiben, in diesem Haus, welches ihn so schmerzlich an Sirius erinnerte. Er würde endlich die Horcruxe suchen! Auch wenn er keine Ahnung hatte, wo er anfangen sollte.
Sehnsüchtig dachte er darüber nach, wie einfach die Suche mit Hermine und Rons Hilfe werden würde. Aber sie mussten hier bleiben. Sie MUSSTEN! Er würde still und heimlich verschwinden – und es gab nichts, was sie dagegen tun konnten!
Leise schlüpfte er auf den Flur. Ein Griff in seine Umhang-Tasche sagte ihm, dass er auch den Tarnumhang dabei hatte. Er würde ihn vielleicht brauchen …
Harry flitze die Treppe so schnell und so leise wie möglich hinab und griff nach dem Türknauf der Haustüre. Sie knarzte so laut, dass er befürchtete, man könne ihn auch noch in Sussex hören. Doch zum Glück schien die Lautstärke durch seine Anspannung nur verstärkt worden zu sein. Nichts rührte sich – das Gemälde der alten Mrs. Black blieb stumm und auch keiner der Bewohner stürzte herbei.
Er atmete tief durch. Dann trat er entschlossen hinaus, schloss die Tür wieder und konzentrierte sich auf das für ihn einzig logische Ziel – Hogsmeade.
Fast im gleichen Augenblick, in dem Harry die Tür leise hinter sich ins Schloss zog, stieß Vanna ihre Tür auf und ging, das Buch Slytherins fest an sich pressend, auf das riesige Gemälde von Sirius zu. Die Lippen fest aufeinander gepresst sah sie zu dem Mann darauf empor.
„Lass uns beten, dass die Mitglieder dieses Haushaltes Dich genügend lieben", erklärte sie dem Bild, dessen ‚Bewohner' wieder teilnahmslos zur Decke schaute.
Mit einem dumpfen ‚plumps' landete das Buch auf dem Boden. Vanna hatte keine Zeit zur Vorsicht. Ihre Hände zitterten und sie konnte das Blut in ihren Ohren förmlich rauschen hören, während sie ihren Zauberstab hervorzog und einmal tief durchatmete.
Dieser Mann verdiente es einfach nicht, wie einer von vielen zwischen den Seiten eines Geschichtsbuches zu verschwinden. Er wurde von zu vielen Leuten gebraucht. Von Remus Lupin, dessen Schmerz über den Verlust des besten Freundes seinen Blick fast splittern ließ wie Glas.
Und auch Harry brauchte ihn. Harry brauchte ihn so sehr!
‚Und was ist mit Dir?'
Evanna versuchte diese innere Stimme zu ignorieren. Sie wollte nicht darüber nachdenken, wie wichtig ihr innerhalb der letzten beiden Tage ein Fremder geworden war …
„Flamara erigivatis!" Vor ihr erschien eine kühle, grünliche Flamme, die scheinbar in der Luft zu schweben schien. Ihr selbst wollte es währenddessen einfach nicht mehr gelingen, tief Atem zu schöpfen …
Als sie fast schon wieder soweit Vernunft angenommen hatte, um sich selbst als vollkommen verrückt zu bezeichnen, wandte Sirius den Kopf und sah sie an. Etwas Flehendes lag in seinem Blick. Und ehe sich Vanna versah, hatte sie sich mit einem kleinen Messer, welches sie früher zur Zaubertrank-Zubereitung benutzt hatte, in die Hand geschnitten.
Der Schmerz holte sie für eine winzige Sekunde aus ihrer Starre, ebenso wie das warme, rote Blut, welches langsam aus dem Schnitt in ihrer Handfläche sickerte. Doch ehe sie noch einen zweifelnden Gedanken verschwenden konnte, hatte sie die Hand ausgestreckt und hielt sie direkt in die Flamme hinein.
„Reanimus Magicus Sirius Black!"
Fast schien die Erde unter ihren Füßen zu beben. Nein, das war keine Einbildung. Sie konnte die wenigen Dinge, die Harrys und Molly Weasleys Säuberungsaktion überstanden hatten, klirren hören. Das Gemälde vor ihr begann wild zu wackeln, während der darauf Abgebildete ihren Blick nicht los ließ.
Erschrocken wollte Evanna einen Schritt zurück weichen, ihre Hand aus der Flamme ziehen – doch etwas hielt sie fest. Blinde Todespanik ergriff sie. Dieses Etwas, was sie gepackt hielt, war eiskalt und schien sie förmlich auszusaugen. Sie spürte, wie ihre Kräfte schwanden, wie ihre Knie sich in Pudding verwandelten und ihr kalter Schweiß ausbrach! Heftig warf sich mit ihrem gesamten Gewicht gegen den Widerstand. Und als die Kälte durch etwas Warmes ersetzt wurde, schrie sie auf.
Völlig außer sich zog und zerrte sie – und dann erschien ihre Hand wieder. Verschlungen mit einer Anderen. Dunkler und größer als ihre eigene. Und diese zweite Hand hatte etwas seltsam Vertrautes!
Zentimeter für Zentimeter erschien mehr von dieser Hand. Und plötzlich erreichte das Beben seinen Zenit. Mit einem ohrenbetäubenden Krachen schien die Luft zu zerreißen und Evanna riss unwillkürlich den freien Arm vors Gesicht, um nicht von dem plötzlichen weißen Licht geblendet zu werden.
Etwas Schweres wurde gegen sie geschleudert. Vanna verlor den Boden unter den Füßen, landete rücklings hilflos wie eine Schildkröte auf dem Boden und ein paar qualvolle Sekunden lang presste das fremde Gewicht alle Luft aus ihrer Lunge. Erst nach einem panischen Strampeln ihrerseits und einem halb ersticktem Laut rollte sich dieses Etwas schwerfällig von ihr hinunter. Keuchend rang sie nach Luft. Evanna fühlte sich seltsam schlapp, als hätte eine lange Krankheit an ihren Kräften gezehrt. Und ihre Lungen brüllten geradezu nach Sauerstoff, den sie gierig einatmete.
Erst ungefähr eine Minute später, als der Schwindel etwas nachgelassen hatte, schaffte sie es sich mit einem gequälten Laut hochzustemmen und einen Blick auf das zu werfen, was ihr der Zauber geschickt hatte.
Es war ein Mann. Ein wenig älter als sie, mit wirrem, leicht verfilzten, dunklen Haaren. Seine Brust hob und senkte sich ebenso hektisch, wie ihre es bis vor wenigen Sekunden auch noch getan hatte.
Und als sich ihre Blicke trafen, er sie mit weit aufgerissenen Augen anstarrte, wurde Evanna das erste Mal in ihrem Leben ohnmächtig. Sie blickte direkt in die dunkelbraunen Augen von Sirius Black!
