A/N: Auch wenn ich zugegebenermaßen sehr gern eure Bettel-Mails bekommen hätte, ich will ja mal gar nicht so sein. Ist schließlich Sonntag. Und ich bin ja auch (meistens) ein netter Mensch. Dieses Kapitel gehört dann wieder komplett meiner Lieblings-Co-Autorin. Und ich finde, sie hat unsere Mädels wunderbar hingekriegt. Also, los geht´s:
Frauenpower
Das Erste, was Rica registrierte, als sie die Augen aufschlug, war das flackernde Kerzenlicht neben ihrem Bett, das den ihr völlig unbekannten, reichlich karg eingerichteten Raum zumindest spärlich erleuchtete. Benommen blickte sie sich um.
Wo war sie hier? Und wie war sie hierher gekommen?
Ihr Körper fühlte sich merkwürdig taub und schwach an. Irgendwie schwerelos. Als ob sie in eine dicke, weiche Watteschicht gehüllt wäre, die es ihr unmöglich machte, sich zu bewegen, ohne sie dabei allerdings einzuengen…
Mit gerunzelter Stirn versuchte sie sich daran zu erinnern, wie sie in dieses Zimmer gekommen war, aber sie schaffte es einfach nicht. Dieser Raum war ihr absolut unbekannt. Er war nicht besonders groß und nur mit einem Bett, einem einfachen Schrank und dem Tischchen ausgestattet, auf dem die flackernden Kerzen einige gläserne Phiolen und einen großen Wasserkrug beleuchteten. Die Wände könnten ganz sicher mal einen neuen Anstrich vertragen, überlegte Rica flüchtig. Und das Fenster müsste wohl auch mal wieder geputzt werden. Aber offenbar waren die Hauselfen hier nicht besonders…
Hauselfen!
Tokky!
Harry Potter!
Mit geradezu erschreckender Intensität stürzten plötzlich die Bilder auf sie ein, als ihre Erinnerung mit einem Schlag zurückkehrte. Der lange, dunkle Gang zu den Katakomben, die schwere Kerkertür mit den eisernen Beschlägen. Der Schockzauber, mit dem sie diesen Snape belegt hatte. Und Greyback. Dieser widerliche Fenrir Greyback, wie er rasend vor Wut auf sie einschlug und eintrat. Die furchtbaren Schmerzen, die in ihrem Körper getobt hatten. Und die verzweifelten Schreie der zwei eingesperrten Jungendlichen, die ihr nicht helfen konnten, ebenso wenig, wie sie selbst in der Lage gewesen war, ihnen zu helfen…
Was war passiert? Was war mit Harry und seiner Freundin? Und wie kam sie hierher, in dieses Zimmer? Hatte Greyback sie etwa hier eingesperrt, um sie sich doch noch gefügig zu machen? Furcht stieg in ihr auf, als sie sich erneut umblickte, hektischer diesmal. Ihr Atem beschleunigte sich. Sie musste hier weg! Aber aus irgendeinem Grunde schienen ihre Glieder ihr nicht zu gehorchen. Hilflos lag sie da, unfähig sich koordiniert zu bewegen.
Verdammt, verdammt, verdammt! Warum hatte dieses Monster sie nicht einfach getötet? Dann hätte sie es jetzt wenigstens hinter sich…
Als die Tür sich plötzlich öffnete, zuckte sie furchtsam zusammen, aber es war nicht Greyback, sondern ein schlankes Mädchen mit buschigen, braunen Haaren, das den Raum betrat und sie überraschend freundlich anlächelte. „Oh, Sie sind endlich wach! Willkommen am Grimmauldplatz, Miss Rabastan. Ich bin Hermine Granger. Wie fühlen Sie sich?"
„Grimmauldplatz?", flüsterte sie mit trockenen Lippen und warf einen Blick auf die Tür, die das junge Mädchen nicht wieder geschlossen hatte. Ein trister Gang war zu sehen. Und eine weitere Tür, die ihrer genau gegenüber lag. Aber kein Fenrir Greyback…
Hermine Granger nickte, während sie ihr etwas Wasser in ein Glas goss, einen Trinkhalm hineinsteckte und ihr half, sich etwas aufzurichten, damit sie ihre trockene Kehle befeuchten konnte. „Grimmauldplatz Nummer Zwölf in London. Harry hat Sie hierher bringen lassen. In seinem Brief stand, dass Sie versucht hätten, ihn und Ginny aus den Händen der Todesser zu befreien. Und Snape hat, als er Sie hierher brachte berichtet, dass Greyback Sie beinahe zu Tode geprügelt hätte, als er Sie dabei erwischte."
„Snape?" Ein weiterer furchtsamer Blick zur Tür. Snape sollte sie hierher gebracht haben? Auf Anweisung von Harry Potter? Nichts davon ergab auch nur den geringsten Sinn für Rica. „Snape hat mich hierher gebracht? Aber er ist doch…"
„Ein Todesser?" Hermine lächelte schwach. Hatte sie das nicht auch noch bis gestern geglaubt? Verdammt, der Kerl war so etwas von undurchsichtig… Und sie konnte ihm noch immer nicht das geringste bisschen Sympathie entgegenbringen. Aber Professor Lupin glaubte ihm offenbar. Und Hermine vertraute Professor Lupin. Also würde sie wohl auch Snape trauen müssen, zumal ja sogar Harry das zu tun schien.
„Ja. Er ist sogar ein ziemlich hochrangiger Todesser, wenn man den Gerüchten glauben darf", bestätigte die Rothaarige gerade leise.
„Das glauben alle. Aber in Wirklichkeit gehört er zum Orden des Phönix'. Er ist unser Spion in Voldemorts Reihen." So unglaublich das auch klingen mochte…
Rica horchte auf. Snape war ein Spion? Andererseits, die zweite Information in Hermines Satz war ihr irgendwie noch wichtiger... „Der ‚Orden des Phönix'? Also stimmt es", murmelte sie nachdenklich.
Hermine horchte auf. „Was stimmt?"
Sie versuchte sich im Bett aufzusetzen, scheiterte aber kläglich, weil sie sich einfach nicht richtig zu bewegen vermochte. „Was ist mit mir? Warum kann ich nicht…?"
„Keine Sorge, das ist nur eine Nachwirkung des Heiltrankes", beruhigte das braunhaarige Mädchen sie und stellte das inzwischen leere Wasserglas auf das Tischchen zurück. „Dieser Greyback hatte Sie ganz schön zugerichtet. Madam Pomfrey, die ehemalige Schulkrankenschwester von Hogwarts, hat Ihnen in den vergangenen Stunden ein paar ziemlich starke Mixturen verabreicht. Vor allem Mittel zur Schmerzbehandlung. Und die Heilzauber, welche sie anwenden musste, waren auch sehr komplex. Es wird noch etwas dauern, bis Ihre Glieder Ihnen wieder richtig gehorchen."
Die rothaarige Hexe seufzte leise, bevor sie den Kopf wieder in das Kissen sinken ließ. „Deshalb habe ich also gar keine Schmerzen."
„Stimmt. Ihre Verletzungen waren sehr schwer, Miss Rabastan…"
„Rica." Sie schloss einen Moment die Augen, weil sie sich plötzlich schrecklich müde fühlte. „Nenn' mich Rica, ja?"
„Okay, Rica. Ich bin Hermine. Du hattest ein paar Knochenbrüche, Prellungen, Quetschungen und Platzwunden. Und wenn Snape und Harry dich nicht noch in diesen Katakomben notdürftig versorgt hätten, hättest du den Apparations-Zauber, mit dem du hierher gebracht wurdest, vermutlich nicht überlebt. Madam Pomfrey hat zwar inzwischen alles wieder gerichtet, aber es wird noch eine Weile dauern, bis deine Kräfte vollständig zurückkehren."
„Aber ich bin hier sicher."
Es war kaum mehr als ein Flüstern, aber der flehende Klang ihrer Stimme blieb Hermine dennoch nicht verborgen. Sie nickte mit leichtem, beruhigendem Lächeln. „Das bist du. Das ist so ziemlich das Beste, was man über diesen hässlichen Kasten hier sagen kann. Dass er sicher ist. Niemand, der nicht zum Orden gehört oder von einem Bewohner des Hauses eingeladen wird, kann herein. Ich weiß, es sieht furchtbar aus, aber wir sind noch nicht dazu gekommen, die Räume ein wenig herzurichten…"
„Es ist wundervoll!" Rica lächelte unter Tränen, als Hermine sie völlig verblüfft ansah. „Es ist wirklich absolut wundervoll!"
Und als diese daraufhin trocken bemerkte: „Ich glaube, Greyback hat wohl auch deine Augen ziemlich hart getroffen!", konnte sie sogar leise lachen.
„Nein, du verstehst nicht. Es ist wirklich wundervoll, weil dieses widerliche Monster Greyback mich hier nicht finden kann", erklärte sie leise und eine einzelne Träne der Erleichterung löste sich aus ihren Wimpern und rann ihre Wange hinab in die langen, roten Locken. „Meine Familie hat mich auf Befehl des Dunklen Lords mit ihm verlobt. Ich sollte wohl so eine Art Belohnung für die Gefolgstreue seines „Rudels" sein. Meine Mutter hat mich sogar mit dem Imperius-Fluch belegt, damit ich mich dieser Heirat nicht länger widersetze. Und wenn die arme Tokky mir nicht geholfen hätte…"
„Tokky?"
„Die bedauernswerte Hauselfe meiner Mutter. Sie hat ihr Leben riskiert und mir erklärt, wie ich den Fluch brechen kann. Und sie hat mir gesagt, dass ich – wenn überhaupt – beim Orden des Phönix' Schutz finden könnte. Wenn es mir gelänge, Harry Potter zu befreien…"
So war das also. Hermine nickte langsam, als sie die Zusammenhänge zu begreifen begann. „Deine Familie sind also Todesser?"
Rica nickte. Warum sollte sie etwas absolut Offensichtliches nicht ehrlich zugeben? „Mein Vater sitzt seit über einem Jahr in Askaban. Und meine Mutter und mein Bruder zählen zu Voldemorts treuesten Anhängern."
„Und du? Was ist mit dir?"
Rica verzog das Gesicht. „Ich habe mit meiner Familie nicht viel zu schaffen. Bis vor wenigen Wochen habe ich noch in Spanien gelebt. Bei Verwandten, zu denen man mich schon als Baby abgeschoben hatte, weil ich kein Junge geworden war. Mein Onkel und meine Tante starben allerdings bei einem Unfall. Und dann ist mein Bruder plötzlich gekommen und hat mich hierher geholt. Er sagte, meine Verbindung mit diesem Greyback würde dafür sorgen, dass das Ansehen meiner Familie in den Augen des Dunklen Lords wieder steigen würde. Sie würde das Versagen meines Vaters ausgleichen, der einen Auftrag Voldemorts nicht erfolgreich ausgeführt hätte."
„Himmel!" Hermine erinnerte sich an den Kampf im Ministerium und die Todesser, die danach nach Askaban verbracht worden waren. Bei diesem Kampf war Sirius gestorben. Und hier sah sie eine der Konsequenzen, die jener Kampf auf die andere Seite gehabt hatte. Eine unschuldige junge Frau, die gegen ihren Willen verheiratet werden sollte, um Lord Voldemort zu besänftigen – damit ihre Familie nicht mehr unter der Unzufriedenheit ihres Herrn und Meisters zu leiden hätte ... Die man einfach an ein widerliches, grauenvolles Monster verscherbelte...
„Werde ich hier bleiben können?" Ricas bange Frage riss sie aus ihren Gedanken.
Hermine wirkte etwas verblüfft. „Warum solltest du denn nicht bleiben können?"
Rica biss sich nervös auf die Lippen. „Das fragst du noch? Immerhin stamme ich aus einer Familie von Voldemort-Anhängern! Mein Vater sitzt in Askaban! Das wird einigen Leuten hier bestimmt nicht gefallen. Und ... ich habe diesen Snape, der ja offenbar ein Ordensmitglied ist, in den Katakomben auch noch mit einem Schockzauber ausgeschaltet, weil ich dachte, dass er auch ein Todesser sei…"
„Und Sie haben ganze Arbeit dabei geleistet, Miss Rabastan", ließ sich eine gedehnte Männerstimme von der Tür her vernehmen. „Etwas mehr Kraft hinter dem Fluch und wir wären jetzt vermutlich beide tot!"
Erschrocken blickte Rica auf und sah direkt in die ironisch blitzenden, schwarzen Augen Severus Snapes.
- - - - -
Catherine tigerte nervös in der Halle auf und ab. Sie hatte ein verdammt ungutes Gefühl bei dieser Sache! Natürlich hatte sie vollstes Verständnis dafür, dass Sirius Black es gar nicht erwarten konnte, endlich zu seinem Patensohn zu gelangen. Und dass Remus und sogar Ron ihn begleiteten, war wohl zu erwarten gewesen. Wenigstens waren sie zu dritt weniger gefährdet, als wenn einer allein losgezogen wäre. Aber dennoch … dieser eisige Klumpen in ihrem Innern schien von Minute zu Minute anzuwachsen und ihr die Luft abzuschnüren. Was, wenn ihnen etwas zustieß? Was, wenn REMUS etwas zustieß?
Sie schaffte es einfach nicht, ihre Unruhe zu unterdrücken. Die Angst um ihn lauerte in ihrem Hinterkopf, seit er sich mit einem dieser warmen Lächeln von ihr verabschiedet hatte, die ihr jedes Mal das Herz in der Brust herumrollten und in ihr den Wunsch weckten, ihm einfach um den Hals zu fallen, das Gesicht an seiner Schulter zu vergraben und ihn nie, niemals wieder loszulassen.
‚Ein Spaziergang', hatte er gesagt. Sie würden einfach nach Calwell apparieren, Harry und Ginny dabei helfen, diesen Horcrux zu finden und sie zum Grimmauldplatz zurückbringen. Keine große Sache.
Pah! Hielt er sie etwas für blöd? Wenn es wirklich keine große Sache war, warum hatte Sirius dann so vehement darauf bestanden, die Heirat mit Evanna vorher noch über die Bühne zu bringen? Wenn es sich lediglich um einen völlig ungefährlichen Spaziergang handelte, einen kurzen Ausflug, dann hätte diese komische Blutschutzgeschichte doch noch ein paar Stunden warten können, nicht wahr?
Warum neigten Männer eigentlich immer dazu, Frauen gegenüber jede Art von Gefahr zu leugnen? Besonders schwangeren Frauen gegenüber? Glaubten sie wirklich, dass ein Fötus im Bauch der Tod jeglicher Intelligenz wäre? Dass die Schwangerschaftshormone die Gehirntätigkeit außer Kraft setzten?
Wenn sie nicht so furchtbar besorgt gewesen wäre, hätte sie vermutlich vor Wut Feuer gespuckt! Aber so wie die Dinge im Augenblick lagen…
Eine Tür klappte und Evanna betrat die Halle, noch immer in dem knappen Top, das ihr Hochzeitskleid gewesen war. „Du siehst aus, wie ich mich fühle!", kommentierte sie Catherines nervös ineinander verschlungene Finger und ihren angespannten Gesichtsausdruck. „Komm' mit in die Küche. Wenn du dich nicht hinsetzt, sondern hier weiter auf und ab läufst wie eine gefangene Hörnerwölfin, wird Madam Pomfrey dich noch an deinem Bett festbinden."
Catherine verzog das Gesicht. „Was soll ich denn sonst hier tun?"
Ein leichtes Grinsen breitete sich auf dem Gesicht der hübschen Blondine aus. „Der Letzte, der mir diese Frage gestellt hat, war Sirius."
„Ach ja? Und was hast du ihm geantwortet?"
Das Grinsen vertiefte sich. „Nicht viel. Aber ich habe ihn geküsst, bis wir beide völlig außer Atem waren."
„Oh."
„Allerdings. Oh. Aber keine Angst bitte, derartige Aktionen sind für ihn allein reserviert."
„Das beruhigt mich ungemein", murmelte Catherine belustigt und ließ sich endlich auf einem der Küchenstühle nieder. Es tat gut, einfach mal nur etwas rumzualbern. „So sehr ich eine Ablenkung gebrauchen könnte, das ist nicht ganz mein Ding, fürchte ich."
„Ich würde sagen, das käme auf deinen Partner an, oder? Wenn ein gewisser Werwolf auf die Idee käme, diese Methode an dir auszuprobieren, wärest du ganz sicher nicht abgeneigt, Süße." Evanna kicherte diabolisch, goss ihnen jeweils ein Glas Milch ein und stellte eine Schachtel mit Keksen auf den Tisch. „Meine Hochzeitstorte", kommentierte sie mit einem Seufzen.
Catherine war unwillkürlich errötet. „Merkt man mir so deutlich an, dass ich Remus ... mag?"
„Na ja, lass es mich mal so ausdrücken; du siehst ihn an, als würdest du gerne genüsslich einen großen, saftigen Bissen nehmen, bevor du über ihn herfällst und ihn mit Haut und Haaren verschlingst."
„Also ähnlich wie du Sirius ansiehst."
Evanna errötete ebenfalls, ignorierte aber dann den Einwurf einfach. „Und was unseren Mr. Lupin betrifft", spann sie ihren Faden stattdessen weiter, „so sieht er aus, als wolle er den Boden küssen, auf den du deine Schritte setzt. Worauf wartest du also noch?"
Catherine zog eine hübsch geschwungene Augenbraue hoch. „Auf seine Rückkehr?"
„Guter Plan! Könnte sonst schwierig werden!", prustete Vanna vergnügt los, was auch Catherine zum Lachen brachte.
„Freches Gör!"
„Und das von einer Frau, die jünger ist als ich!"
„Himmel, im Moment fühle ich mich ziemlich alt!", seufzte Catherine und wurde wieder ernst. „Ich habe eine gescheiterte Ehe hinter mir, einen dreijährigen Sohn und bin fast im achten Monat schwanger. Und ich stelle fest, dass ich tatsächlich charakterlos genug bin, um dich ein klitzekleines bisschen zu beneiden. Du hast vor wenigen Stunden einen Mann geheiratet, den du wirklich zu lieben scheinst. Und so, wie er dich ansieht..."
Vanna zuckte unbehaglich die Achseln. „Irgendwie fühle ich mich mit der ganzen Situation nicht wohl", bekannte sie leise. „Sirius hat mich geheiratet, um mich unter den Blutschutz seiner Familie zu stellen, nicht weil er bis über beide Ohren in mich verliebt ist. Als Remus mit dieser Idee von der Heirat ankam, hat er das mehr als deutlich gemacht."
„Das mag so gewesen sein, aber so wie er dich ansieht, hat die Situation sich von Grund auf verändert. Du bedeutest ihm etwas, Evanna. Glaub mir!"
Zweifelnd blickte die Blondine sie an. Die Küchentür, die so schwungvoll aufgestoßen wurde, dass sie mit einem Krachen gegen die Wand donnerte, enthob sie einer Antwort. Beide Frauen wirbelten erschrocken herum und starrten Hermine an, die heftig atmend im Türrahmen stand. Hinter ihr tauchte gerade Severus Snape auf.
„Probleme!", stieß Hermine hervor und ihre braunen Augen zeigten deutlich, dass sie schrecklich aufgewühlt war. „Voldemort ist in Schottland. Ich befürchte, dass er den Horcrux sucht, den er in Professor Dumbledore verborgen hatte!"
„Großer Gott!" Catherine war ungeachtet ihres inzwischen beachtlichen Leibesumfanges erschrocken aufgesprungen. „Woher weißt du das, Hermine?"
„Von Rica. Sie hat von der Hauselfe ihrer Familie gehört, dass der Dunkle Lord in Schottland sei. Und ... ich habe in der letzten Nacht noch etwas recherchiert. Ein Mensch selbst kann kein Horcrux sein. Er kann allerdings dazu missbraucht werden, ein solches Objekt in ihm zu verbergen. Stirbt der Träger allerdings, so materialisiert der Horcrux sich an einer Stelle, die dem Träger etwas bedeutet hat. Laut Professor McGonagall besaß Professor Dumbledore ein Cottage in Calwell, wohin er sich immer gerne zurückzog – und wo auch Harry den Horcrux vermutet." Sie brach ab, ihre Augen flackerten. Und dann stieß sie hervor: „Calwell liegt in Schottland!"
„Du meinst, Sirius, Remus und Ron könnten in Calwell auf Voldemort treffen?" Evanna wurde blass, ihre braunen Augen waren vor Schreck weit aufgerissen. „Und Harry und Ginny..."
Hermine nickte nur.
„Was können wir tun?" Die Frage kam von Catherine und war an niemand bestimmten gerichtet. „Wir müssen sie warnen, aber wie? Eine Eule wäre gewiss nicht schnell genug..."
Hermine blickte hilfesuchend zu Snape hinüber, der noch immer mit unbeweglichem Gesicht in der Tür stand und den Disput schweigend verfolgte. „Professor..."
„Ich appariere zurück." Seine Stimme war ruhig, bar jeder Emotion. „Greyback hat vermutlich nicht gesehen, wer ihn außer Gefecht gesetzt hat. Ich kann also behaupten, dass ein paar Ordensmitglieder uns in den Katakomben überwältigt und Potter und Weasley befreit haben. Und dass ich festgenommen wurde und später fliehen konnte."
„Und wenn dieser Greyback nun doch...", wendete Hermine zaghaft ein.
„Das Risiko muss ich eingehen. Sollte Voldemort tatsächlich auf Potter und die anderen stoßen, so haben sie keine Chance gegen ihn, Miss Granger. Nicht solange er noch immer über mehrere Horcruxe verfügt. Das Medaillon ist zwar in unserer Hand, aber noch nicht vernichtet. Außerdem existiert der Horcrux noch, den Dumbledore in sich getragen hat. Dann wäre da noch der Hufflepuff-Becher, den wir erst ausspüren müssen, und ein Horcrux, von dem wir keine Ahnung haben, wie er beschaffen ist und wo er sich befindet. Solange diese Objekte nicht vernichtet sind, wird Voldemort in einem Kampf immer die Oberhand behalten. Also muss ich zurück. Wir müssen wissen, was bei den Todessern los ist. Und vielleicht kann ich auch auf andere Weise helfen..."
Catherines Augen weiteten sich entsetzt, als ihr die verborgene Bedeutung seiner Worte aufging. Sicher, er könnte versuchen, die Freunde zu befreien, falls sie lebend in Voldemorts Hände gerieten. Aber falls es dafür keine Chance gab ... Sie weigerte sich, diesen Gedanken zu Ende zu denken. Weigerte sich, sich auszumalen, was ihnen bevorstehen würde, wenn sie lebend in die Hände des dunklen Lords fielen. Unfähig, auch nur ein einziges Wort durch ihre panisch verengte Kehle zu quetschen, stand sie da und blickte ihn lediglich an.
Evanna starrte auf ihre zitternden Hände hinab und versuchte zu verarbeiten, was sie gerade erfahren hatte. Sie könnte Sirius verlieren, kaum dass sie ein paar Stunden seine Frau war! Und sie hatte keine Magie mehr, um ihn ein weiteres Mal zurückzuholen. Diesmal würde der Verlust für immer sein! Jetzt, wo sie gerade zu ahnen begann, wie groß dieser Verlust für sie tatsächlich war...
Es war schließlich Hermine, die das angespannte Schweigen brach. „Seien Sie vorsichtig, Professor. Bitte."
Eine dunkle Augenbraue wanderte spöttisch in die Höhe. „SIE sorgen sich um MICH, Miss Granger? Dazu besteht kein Grund. Ich spiele dieses Spiel schon seit einer Zeit, in der Sie noch in den Windeln gelegen haben."
„Was allerdings nicht bedeutet, dass Sie es jetzt nicht doch noch verlieren könnten."
Vier Köpfe wendeten sich überrascht der leisen Frauenstimme zu. Rica lehnte totenbleich an der Wand neben der Tür, weil ihre Beine sie einfach nicht mehr tragen wollten. Und wenn Snape sie nicht geistesgegenwärtig aufgefangen hätte, wäre sie vermutlich zu Boden gesunken. Er konnte gerade noch zugreifen, als ihre Knie nachgaben, und hielt plötzlich eine zierliche Frau mit herrlichem, feuerroten Haaren im Arm, deren Körper lediglich in einem dünnen Nachthemd steckte und deren zarter, blumiger Duft ihm in die Nase stieg. Mit einem fast zornigen Ausdruck im Gesicht half er ihr auf einen der Stühle.
„Was tun Sie hier eigentlich? Sie sollten doch im Bett bleiben!"
„Um dort was zu tun?" Sie atmete mehrmals tief durch, ihre Hände noch immer an seine Unterarme geklammert, bis es ihr schließlich gelang, das schwächende Schwindelgefühl abzuschütteln. Schließlich blickte sie zu ihm auf. „Danke, das war schon das zweite Mal, dass Sie mich gerettet haben."
„Dieses Mal wäre es allerdings nicht nötig gewesen, wenn Sie vernünftig genug gewesen wären, im Bett zu bleiben, wo Sie hingehören!", schnarrte er, als er sich aufrichtete.
„Sie haben Recht." Ricas Griff lockerte sich und ihre Hände strichen unabsichtlich über seine Unterarme, als sie sie zurückzog. „Es tut mir Leid. Ich habe es nur nicht mehr ausgehalten. Als mir klar wurde, was passieren könnte ... Ich musste..." Hilflos brach sie ab und starrte ihm hinterher, als er ohne ein weiteres Wort den Raum verließ.
Einen Augenblick später ertönte ein Apparationsknall.
„Ist schon gut, Rica." Hermine nickte ihr freundlich zu. „Du musst dich nicht entschuldigen. Wir sind im Moment alle etwas erregt. Am besten wäre es, wenn wir uns jetzt etwas beruhigen und..."
„Beruhigen? BERUHIGEN?" Evanna starrte sie an, als hätte sie den Verstand verloren. „Mein Mann ist dort draußen. Zusammen mit Remus und Ron! Und Harry und Ginny sind ebenfalls in Schottland! Und du sagst, wir sollten uns beruhigen? Oh verdammt! Und ich kann nicht einmal zu ihnen! Ohne Magie kann ich nicht apparieren!" Frustriert begann sie in der Küche auf und ab zu laufen.
„Nun, ich kann es!"
Fassungslos starrte Evanna Catherine an. „Du bist schwanger!"
Diese warf einen gespielt erstaunten Blick auf ihren deutlich gewölbten Leib. „Tatsächlich? Ups, das ist mir ja noch gar nicht aufgefallen!" Sie drehte sich zu Hermine um. „Du passt doch auf Josh auf, nicht wahr?"
Heftiges Kopfschütteln war die Antwort. „Kommt nicht infrage! Ich komme mit!"
Catherine sah Evanna an, die die Arme vor der Brust verschränkt hatte. Doch auch hier erntete sie nur ein stures Kopfschütteln. „Vergiss es. Wenn ihr zwei nach Calwell apparieren wollt, werdet ihr mich gefälligst mitschleppen!"
Catherine wollte etwas entgegnen, aber in diesem Augenblick färbten sich die Flammen im Kamin grün.
Mit einem grimmigen Lächeln blickte sie der Frau entgegen, die gerade vom Kaminrost stieg und verblüfft in die Runde blickte.
„Guten Tag, Madam Pomfrey. Sie kommen gerade zu rechten Zeit!"
Es lebe das perfekte Timing! Na, dann wollen wir unseren Mädels doch mal ganz feste die Daumen drücken, dass Alles gut wird und sie rechtzeitig … bevor … Gott, kann ich gemein sein. REVIEWS!
