Disclaimer: Ein Teil der vorkommenden Namen ist eingetragenes Warenzeichen von Paramount Pictures.
VIIn der Gegenwart...
"Vati!" Kaum hatte Captain
Jean-Luc Picard sein Quartier betreten, stürmte ihm seine kleine
Tochter entgegen und umarmte seine Beine. Traurig lächelte er
und hob sie hoch, wobei er sie fest an sich drückte. Er küßte
sie sanft auf die Haare. "Hallo, mein Schatz." Mit ihr auf
dem Arm ging er hinüber zur Couch, wo er sich hinsetzte, aber
das Mädchen immer noch auf dem Schoß behielt. Eine
Zeitlang schwiegen beide, Picard starrte ins Leere und Madeleine
beobachtete ihren Vater mit kindlicher Neugier, bis sie schließlich
die Stille brach. "Alles in Ordnung, Vati?" Er hob langsam
den Kopf und blickte in die besorgten Augen des kleinen Mädchens.
Beverlys Augen, er glaubte fast, sie sähe ihn an. "Ich
weiß nicht," murmelte er fast unhörbar. Madeleine
legte den Kopf schräg, sie verstand nicht, wie sollte sie auch?
"Ich hatte ein langes Gespräch mit Deanna - über deine
Mutter. So viele Erinnerungen wurden wieder wach im Guten wie im
Schlechten. Ich vermisse sie sehr." Sanft streichelte er seine
Tochter über die Haare. Er war froh, daß sie für ihr
Alter schon so verständnisvoll war, aber er hätte sie, egal
wie sie geworden wäre, bedingungslos geliebt, immerhin war sie
das einzige, was ihm von Beverly geblieben war, in Madeleine lebte
sie weiter. Das Mädchen hob den Kopf. "Ich vermisse sie
auch," sagte sie ernst. Beinahe hätte Jean-Luc gelächelt,
zu rührend war ihr Verhalten, aber statt dessen stiegen ihm
einige Tränen in die Augen. Sie hatte ihre Mutter ja nie
kennengelernt, kannte sie nur von Bildern aus der Datenbank und den
seltenen Berichten ihres Vaters. Er drückte sie fester an sich
und wieder herrschte Stille im Quartier des Captains. Wieder
unterbrach Madeleine nach einer Weile das Schweigen. "Ich möchte
nicht, daß du traurig bist. Können wir vielleicht etwas
spielen?" Überrascht blickte der Captain seine Tochter an
und setzte sie sanft auf den Boden, bevor er schwach lächelnd
entgegnete: "Aber natürlich können wir das, hol ein
Spiel, ja?" Das Kind lief in den angrenzenden Raum, während
er auf der Couch sitzenblieb und auf sie wartete. Ein Spiel war nicht
das Schlechteste, so kam er vielleicht auf andere Gedanken. Nach
einigen Sekunden kam sie mit einer recht abgenutzten Schachtel wieder
zurück und legte sie vorsichtig auf den Couchtisch, bevor sie
ihn fragend ansah. "Ist Memory in Ordnung?" Er nickte kurz
und hob den Deckel der Schachtel an, bevor er ihn zur Seite legte.
Aus dem Karton kam ihm ein leichter Modergeruch entgegen. Immerhin
hatte dieses Spiel schon ihm als Kind gehört und nun hatte er es
an seine Tochter weitergegeben. So war der Lauf der Dinge. Dieses
abgewetzte Spiel konnte sie alle überleben, wenn es wollte.
Langsam griff er in die Schachtel und holte einige Karten heraus,
mischte sie in der Hand und verteilte sie verdeckt auf dem Tisch.
Dann stellte er den leeren Karton auf den Boden und schaute auf die
auf dem Tisch verstreuten Karten. Memory, wie
passend! Als ob er nicht schon genug Erinnerungen hatte...
Madeleine hob die ersten beiden Karten an und legte sie wieder
zurück, kein passendes Paar. Nun war er an der Reihe. Er war
sich nicht einmal sicher, ob er sich wirklich konzentrieren konnte.
Allzu viele Dinge gingen in seinem Kopf vor. Er hatte heute Morgen
eine Lawine losgetreten, indem er sich Counselor Troi anvertraut
hatte. Nicht, daß er vorher nicht auch in der Vergangenheit
geschwelgt hatte, aber nun hatten all die vergangenen Eindrücke
wieder eine konkrete Form und eine Ordnung bekommen. Er seufzte und
ob ebenfalls zwei Karten an, die er aber, genau wie seine Tochter
wieder zurücklegen mußte.
Sie spielten den ganzen
Abend, bis es Zeit für Madeleine war, schlafen zu gehen. Wie
gewöhnlich half ihr Vater ihr bei Fertigmachen und Zähneputzen,
brachte sie in ihr Bett und las ihr eine Geschichte vor. Dann wachte
er meistens noch, bis sie eingeschlafen war, bevor er sich ebenfalls
bettfertig machte und sich hinlegte. Doch heute konnte er nicht
einschlafen. Er lag mit über den Kopf verschränkten Armen
auf seinem Bett und dachte an Commander Waslewskis gelungenen
Empfang.
7 Jahre früher...
Schlechtgelaunt stand Captain Jean-Luc
Picard im Transporterraum der Enterprise. In wenigen Sekunden sollte
er auf den Planeten Serga VII beamen, um Commander Waslewski bei den
Vorbereitungen des Empfangs zu helfen. Er strich seine Uniform glatt
und lief ungeduldig auf und ab, schließlich wartete er noch auf
Commander Riker, der mit ihm gemeinsam hinunterbeamen sollte. Picard
war froh seine Nummer Eins bei sich zu haben, dann mußte er all
das nicht alleine ertragen. Wenn es nach ihm gegangen wäre,
hätte dieser Empfang gar nicht stattgefunden. Er empfand es als
unerträgliche Zeitverschwendung und hätte so schnell, wie
möglich mit den Verhandlungen begonnen, da sich jede versäumte
Minute rächen konnte, wie er aus Erfahrung wußte. Leider
ließ sich Commander Waslewski da nicht hineinreden. Picard
näherte sich der Konsole des diensthabenden Transporteroffiziers
und trommelte mit den Fingern auf der oberen Kante herum. Wo blieb
Riker denn? Nicht, daß er es eilig hatte, hinunterzubeamen, das
sicher nicht, aber er hoffte darauf, je schneller sie
anfingen, umso schneller fertig zu sein. Er wollte gerade an seinen
Kommunikator tippen, als sich die Tür zischend öffnete und
sein erster Offizier leicht außer Atem eintrat. "Entschuldigen
Sie der Verspätung, Sir," murmelte er. Picard nickte kurz
bestätigend, er wollte Rikers Begründung gar nicht mehr
hören. Gemeinsam stellten sich die Männer auf die
Transporterplattform und fast zeitgleich mit dem Befehl "Energie!"
des Captains entmaterialisierten sie.
Schon zum zweiten Mal an
diesem Tag wechselte die Umgebung für Jean-Luc Picard in die
Sternenflottenbasis auf Serga VII, als der Transporterstrahl ihn und
Will Riker aus seiner Obhut entließ. Er atmete fast hörbar
aus, als er entdeckte, daß Commander Waslewski sie dieses Mal
nicht persönlich empfing. Statt dessen begrüßte sie
eine junge bajoranische Offizierin. "Willkommen, Captain?
Commander?" Sie nickte den Beiden zu. "Commander Waslewski
bat mich, Sie zu empfangen und Ihnen den Weg zu dem Saal zu zeigen,
wo der Empfang stattfinden soll, er ist gerade ziemlich beschäftigt.
Wenn Sie mir folgen würden?" Picard lächelte die junge
Frau höflich an. "Gerne Lieutenant." Sie schien ihm
einen recht gewissenhaften Eindruck zu machen und er wollte seine
schlechte Laune nicht an jemandem Unschuldigen auslassen. Irgendwie
würde er diesen Empfang schon überleben, er war ja nicht
alleine. Sie folgten der Bajoranerin, die sie den Korridor entlang zu
einer großen Flügeltür führte. "Dies ist
unser Ballsaal, für die offiziellem Empfänge,"
erklärte sie, während sie die Tür öffnete. Es
schien, als wollte sie noch etwas hinzufügen, überlegte es
sich dann jedoch anders und führte die beiden Männer stumm
in den Raum. Picard sah sich neugierig um. Es war zweifelsohne ein
recht großer Ballsaal, doch im Moment befand sich noch alles in
Vorbereitung auf das Fest. Ein Büfett war dabei, gedeckt zu
werden, einige Offiziere reinigten den Boden und auf einer kleineren
Art Bühne war eine Band in Vorbereitungen verstrickt. In der
Mitte stand Commander Waslewski gemeinsam mit Botschafter M'tarr
und unterhielt sich, wobei er ab und an irgendwelche Befehle
verlauten ließ und dabei, wie für ihn typisch mit den
Armen fuchtelte. Picards Laune verschlechterte sich im Handumdrehen,
als er den Commander erblickte, aber er sah keine Möglichkeit,
dem Empfang jetzt noch zu entgehen. Er atmete tief ein, Augen zu
und durch , setzte ein Lächeln auf und ging langsam zu
Waslewski hinüber. "Guten Abend!" Der
Stationscommander schien mehr als erfreut zu sein, als er den Captain
erblickte. "Guten Abend und willkommen, Captain Picard!"
rief er, nickte Riker, der sich im Hintergrund hielt, kurz zu und
begann dann weiterzureden. "Ich freue mich, daß Sie auf
meinen Vorschlag eingegangen sind, und etwas früher hier
erschienen, um bei den Vorbereitungen zu helfen. Es ist eine Ehre für
mich, daß ein so fähiger Mann wie Sie..."
Botschafter M'tarr unterbrach Waslewskis wieder einsetzen wollenden
Redeschwall. Er verbeugte sich höflich und ruhig und meinte sehr
sachlich: "Entschuldigen Sie mich nun, Commander. Sie wissen,
ich habe andere Dinge zu erledigen." Waslewski blickte den
Botschafter nur leicht verärgert über die Unterbrechung an,
streckte seinen Arm in dessen Richtung aus und schüttelte
mehrmals die Hand. "Jaja, gehen Sie nur." Picard hingegen
wurde hellhörig. Einige Dinge erledigen? Er hütete
sich jedoch zu fragen, um welche Art Dinge es sich handelte. Er
wollte lieber abwarten und beobachten und dann Schlüsse ziehen,
im Gegensatz zu einem gewissen Commander, der in seiner
egozentrischen Art die wichtigsten Details übersah. Der Captain
drehte sich zu dem Botschafter um und erwiderte höflich: "Ich
bedauere es, daß Sie diesem Empfang nicht beiwohnen können,
Botschafter, aber ich verstehe, daß Ihre dringenden Geschäfte
Vorrang haben." M'tarr verbeugte sich noch einmal leicht,
meinte dann: "Entschuldigen Sie mich, Captain?" und verließ
den Saal. In Picards Augen sprang Waslewski viel zu herablassend mit
diesem Serganer um. Er hielt ihn wohl für eine Art Wilden oder
etwas in der Art, doch diese Herablassung konnte sich noch bitter
rächen, denn wenn dieser Mann nicht ein doppeltes Spiel spielte,
war er die Brücke zwischen zwei Welten. Als M'tarr den Saal
verlassen hatte, beugte sich Waslewski zu Picard hinüber und
flüsterte ihm hinter vorgehaltener Hand zu: "Dieser
Botschafter ist eine elende Spaßbremse. Keinem einzigen meiner
Empfänge hat er beigewohnt..." Picard nickte leicht.
Interessant!
Jean-Luc Picard stand leicht an den Tresen des Ballsaales gelehnt
und nippte an seinem Getränk, während er beobachtete, wie
sich der Saal langsam mit Leben füllte. Die letzten
Vorbereitungen waren vor gut einer halben Stunde beendet worden und
nun wartete man auf die Gäste. Wenn er ehrlich war, hatten er
und Riker sich kein bißchen an den gesamten Vorbereitungen
beteiligt und wenn er noch ehrlicher war, hatte er gehofft, Waslewski
seinen Empfang ausreden zu können. Er seufzte leise, während
er auf die Tür starrte. Die ersten Offiziere betraten den Raum.
Es war eine kleinere Gruppe von jungen Leuten gemischter Spezies,
aber Picard kannte keinen von ihnen. Sie gehörten wohl zu
Waslewskis Leuten. Die Gruppe durchquerte den Raum und teilte sich
dann in zwei Teile, wovon der eine Teil sich ansah, was das Büfett
zu bieten hatte, während sich der Rest an einen Tisch setzte und
begann, sich angeregt zu unterhalten. Picard nahm einen weiteren
Schluck seines Getränks, während er die Blicke des
Barkeepers hinter seinem Rücken spürte. "Noch einen,
Sir?" Er drehte sich um und hob das Glas an. "Nein danke,
ich habe noch." "Alles klar..." Wieder wandte sich
Picard der Tür zu. Er war gespannt, wann die ersten Offiziere
der Enterprise eintrafen, denn bisher waren nur Leute gekommen, die
auf Serga VII stationiert waren. Der Raum hatte sich inzwischen
wieder ein wenig mehr gefüllt und es war schwerer geworden den
Überblick zu behalten. Fast auf der gegenüberliegenden
Seite konnte er Commander Riker erkennen, der ein wenig
herumwanderte. Dieser war bisher, außer Waslewski, der zu
Picards Beruhigung gerade anderweitig beschäftigt war, das
einzig bekannte Gesicht.
Eine halbe Stunde später war der
Saal fast gerammelt voll und es war gänzlich unmöglich noch
jedes einzelne Gesicht zu erfassen. Mittlerweile waren auch mehr
Leute dazugekommen, die er kannte, obwohl er trotzdem der Meinung
war, daß noch einige Führungsoffiziere fehlten. Natürlich
wußte er es nicht genau, da man in diesem Getümmel leicht
etwas übersehen konnte, aber er war der festen Meinung weder
Counselor Troi noch Beverly bisher gesehen zu haben. Commander Riker
hatte er zwischendurch aus dem Blickfeld verloren, entdeckte ihn dann
aber gegenüber der Band wieder. Sein Chefingenieur trieb sich
gemeinsam mit Data am Büfett herum. Das Büfett! Eigentlich
könnte er sich langsam auch etwas holen, bemerkte er, denn ein
Hungergefühl machte sich in seinem Magen breit. Er stellte sein
Glas auf den Tresen und ging hinüber. Als er das Büfett
erreichte, waren Geordi und der Androide schon wieder gegangen.
Picard schüttelte leicht den Kopf, nahm einen Teller und besah
sich die vorhandenen Speisen. Das Meiste davon kannte er überhaupt
nicht, es war wohl etwas typisch Serganisches, trotzdem entschied er
sich, etwas davon zu probieren. Besonders eine große Schüssel
mit einem unbekannten Püree hatte es ihm angetan. Er nahm den
bereitgestellten Löffel und gab etwas auf seinen Teller, dann
nahm er aus einem Korb mehrere Scheiben Weißbrot. Gerade als er
sich das zugehörige Besteck holen wurde, sprach ihn eine Stimme
von hinten an. "Ah, Captain. Wie ich sehe, probieren auch Sie
das Ti'tkal. Es ist eine exzellente Spezialität von diesem
Planeten." Erschrocken drehte sich Picard um und schaffte es
gerade noch, sich zu beherrschen, nicht das Gesicht zu verziehen.
"Äh, guten Abend Commander Waslewski. Ja, ich muß
zugeben es hat mich regelrecht angelacht. Ich bin gespannt, wie es
schmeckt." "Captain, ich freue mich außerordentlich,
daß Sie dieser Festlichkeit zugestimmt haben. Gestatten Sie,
daß wir an den Tresen zurückgehen? Dann können Sie in
Ruhe essen und ich kann Sie einiges fragen." Alles bloß
das nicht! "Aber selbstverständlich Commander."
Picard konnte sein Pech nicht fassen, er hatte gehofft Waslewski den
Rest des Abends aus dem Weg gehen zu können und nun das. Schon
auf dem Weg zum Tresen begann er eine seiner interessanten
Geschichten zu erzählen: "Haben Sie sich nicht schon immer
gefragt, wie das großartige Ti'tkal hergestellt wird? Dafür
haben die Serganer ein ganz besonderes Rezept..." Er begann dem
Captain eine genaue Beschreibung der Zubereitung dieses Rezepts zu
geben, doch wenn er später daran dachte, konnte er sich an keine
Einzelheiten mehr erinnern, er wußte nur noch, daß er
zusammen mit Waslewski zurück an den Tresen gegangen war. Dort
stellte er den Teller ab und aß langsam, während er sich
die endlosen langweiligen Tiraden des Commanders anhören mußte.
Wenigstens hielt das Essen, was es versprach, in der Beziehung hatte
Waslewski recht behalten und er bedauerte es fast, als er seinen
Teller leer gegessen hatte und von sich wegschob. Er drehte sich vom
Tresen fort und ließ seine Blicke über den Saal wandern,
sich über sich selbst wundernd. Es schien ihm fast, als hielte
er nach etwas Bestimmten Ausschau, konnte es aber nicht einordnen.
Neben ihm begann der Commander nun über philosophische Themen zu
schwadronieren. Aus dem Augenwinkel konnte Picard einige Meter rechts
von ihm am Tresen Riker erkennen, der ihm einen vielsagenden Blick
zuwarf, den er nur erwidern konnte. Er seufzte leise auf und
versuchte sich wieder dem Stationscommander zuzuwenden. Das letzte,
was er noch von Riker sehen konnte, war, daß sich Chefingenieur
Geordi LaForge zu ihm gesellte. Er fragte sich, was nun passieren
würde, während er abwesend nickte, um Waslewski wenigstens
das Gefühl zu geben, daß er zuhörte. Die
beiden Offiziere hatten wohl doch ein Herz für ihn, denn sie
näherten sich langsam, bevor Geordi lautstark mit einem "Guten
Abend, Captain!" Waslewskis Ausführungen unterbrach. Dann
lehnte er sich neben Picard an den Tresen. Riker nickte ihm nur
höflich zu, denn man hatte sich an diesem Abend ja bereits
gesehen. Der Captain bedachte die beiden mit einem dankbaren Blick,
er war wirklich zutiefst erleichtert, daß sie den Wortschwall
des Commanders zum Anhalten gebracht hatten. Leider hatte er sich
schneller als erwartet wieder gefangen und begrüßte die
Neuankömmlinge, überschwenglich mit den Armen fuchtelnd.
"Guten Abend meine Herren! Ich freue mich zu sehen, ich hatte
gerade ein höchst interessantes Gespräch mit Ihrem Captain,
über.." Picard hatte Probleme, nicht laut aufzulachen.
Interessant? Gespräch? Ihm kam es eher wie ein Monolog
vor, aber nun gut... Bevor Waslewski sich wieder festbiß,
unterbrach auch er ihn lieber, indem er seine beiden Offiziere
ebenfalls begrüßte. Leider dauerte der Austausch der
Begrüßungsfloskeln nicht allzu lange und bevor sowohl
Riker, LaForge oder auch der Captain etwas dagegen unternehmen
konnten, fing der Commander, wohl die Gelegenheit sehend vor drei
Zuhörern seine Weisheiten zum Besten geben zu können,
erneut an. "Wie ich schon sagte, unterhielten Ihr Captain und
ich mich gerade über eine höchste interessante Theorie. Ich
persönlich, obwohl es viele Gegenargumente gibt, bin absolut der
Meinung, daß..." Dann hielt er unvermittelt inne und
drehte sich zu der großen Eingangstür um. Picard tauschte
mit Geordi und Riker ein paar verwunderte Blicke, denn was konnte es
sein, daß einen Commander Waslewski zum Schweigen bringen
konnte? Er drehte den Kopf, um eine Antwort auf diese Frage zu
erhalten und sah, wie Beverly gemeinsam mit Counselor Troi den Saal
betrat. Er hatte doch gewußt, daß sie noch nicht da
waren. Neben ihm murmelte Waslewski mit halboffenem Mund: "Donner
und Doria, mein lieber Captain Picard. Ich bin beeindruckt. Gehören
diese beiden bezaubernden Damen nicht zu ihren Führungsoffizieren?"
"Doch. Counselor Troi dürften Sie bereits kennen, sie
begleitete mich heute morgen," erwiderte er so beiläufig
wie möglich, in der Hoffnung, damit wäre das Interesse des
Commanders befriedigt - leider weit gefehlt. Statt dessen insistierte
er weiter. "Ach ja, richtig, jetzt nachdem Sie es sagen. Ich
wußte doch, daß ich dieses hübsche Gesicht bereits
kenne. Eine solche Frau kann man einfach nicht vergessen!" Mit
den Augen rollend schielte Picard zu Riker und Geordi und formte mit
den Lippen die Worte: "Bitte, alles bloß das nicht..."
Irgend etwas in ihm wollte nicht, daß sich der
Stationscommander näher mit den beiden Frauen beschäftigte,
doch dieser war nicht zu bremsen. "Und wer ist ihre rothaarige
Begleiterin?" Bitte nicht! "Das... das ist mein
Leitender Medizinischer Offizier, Beverly Crusher." "Ich
verstehe, danke, und jetzt entschuldigen Sie mich." Es gab
nichts mehr, was Waslewski noch bei den drei Männern hielt, er
versuchte sich einen Weg durch die Menge zu bahnen in Richtung
Flügeltür. Ärger ergriff von Picard Besitz. Was fiel
diesem Kerl ein? Es mochte ja noch angehen, daß er mehr
Interesse für Vergnügungen als für Diplomatie hatte,
es war auch noch in Ordnung, daß er ein gänzlich von sich
überzeugter Langweiler war, aber daß er jetzt auch noch
meinte, mit diesen beiden Frauen zu flirten war zu viel. Dem war doch
so? Oder war es etwas anderes, was ihn ärgerte? Er schüttelte
unmerklich den Kopf und zischte wütend: "Er sollte sich
besser um die Kolonie kümmern, als um meine weiblichen
Führungsoffiziere..." Es ärgerte ihn, daß er nun
für Waslewskis Verfehlungen gerade stehen mußte und dessen
Fehlleistungen korrigieren sollte. Hätte es den Ärger mit
den Terroristen nicht gegeben, wäre die Enterprise niemals zu
diesem Planeten geflogen und er hätte sich weder den
langweiligen Empfang, noch den bei weitem langweiligeren Commander
antun müssen. "Ich weiß nicht, Sir," hörte
er Riker sagen, "es spricht doch für Beverly und Deanna,
daß sie sein Interesse erregen!" Aber Picard fand das
überhaupt nicht witzig, ihn störte Waslewskis Verhalten
maßlos. Er warf Riker einen strengen Blick zu und eilte dann
dem Commander nach, auch wenn er keine wirkliche Erklärung dafür
hatte, es war ein vages Gefühl, daß er es einfach tun
mußte.
Waslewski stand schon bei Beverly und Counselor Troi, als Picard
ihn endlich erreicht hatte und hatte die beiden Damen bereits
begrüßt. Irgendwie sah er dies alles mit sehr gemischten
Gefühlen, über die er sich selbst nicht klar war. Er bekam
abwesend mit, wie sich Waslewski vorstellte und dann dem Counselor
einen dicken Handkuß verabreichte. Beverly hingegen war ein
wenig schlauer gewesen und wohl auch schon vorbereitet, denn sie ließ
ihre Hände hinter dem Rücken verschwinden. Sie meinte
lediglich reserviert: "Guten Abend Commander!", wandte sich
dann aber mit einem herzlicheren Lächeln an Picard. "Hallo,
Jean-Luc!" Er nickte ihr zu. "Guten Abend, Doktor!"
und reichte ihr den Arm zum Unterhaken. Immer noch lächelnd nahm
sie an und gemeinsam entfernten sie sich von Commander Waslewski und
der unglücklichen Deanna Troi. Als sie ein paar Meter gegangen
waren blieb Beverly plötzlich stehen und blickte ihm in die
Augen. "So reserviert heute, Captain?" Er seufzte.
"Beverly, verstehen Sie doch, ich fühle mich überhaupt
nicht wohl in meiner Haut. Ich habe ein ungutes Gefühl bei
diesem Empfang, ich halte es einfach nicht für richtig, ganz zu
schweigen davon, daß mich Commander Waslewski bis eben zu Tode
gelangweilt hat." Sie strich eine lose Haarsträhne zurück
und blickte ihn weiterhin an, wobei sie aber wieder leicht grinste.
"Danke, daß Sie mich vor dem selben Schicksal bewahrt
haben." Er verbeugte sich leicht. "Es war mir eine Ehre."
Dann wechselte sie abrupt das Thema. "Ich möchte nicht
unhöflich erscheinen, aber allmählich verspüre ich ein
wenig Hunger. Ich bin sicher, Sie haben bereits die Gelegenheit
gehabt von dem Büfett zu probieren. Gibt es etwas, was Sie mir
empfehlen können?" "Aber sicher, kommen Sie!"
"Danke, Jean-Luc!" Also schlugen Sie den Weg in Richtung
des reichlich mit Speisen gedeckten Tisches ein. "Erlauben Sie
mir eine Frage, Beverly?" "Aber natürlich, sogar
mehrere..." Er drehte sich zu ihr um. "Wieso sind Sie
später gekommen?" "Haben Sie mich vermißt?"
Er preßte die Lippen aufeinander und antwortete nicht,
vielleicht weil er die Antwort nicht kannte, vielleicht aber auch,
weil er sie kannte. Sie trat ein Stück näher zu ihm
heran und griff seine Hand. "Nein, es gab noch etliches zu tun,
auf der Krankenstation. Um ehrlich zu sein, haben bei Fähnrich
Jefferson die Wehen eingesetzt. Und das ist.. naja...," sie
zuckte mit den Achseln, "auch der Grund, weshalb ich lediglich
meine Galauniform anhabe. Für mehr hat es nicht mehr gereicht.
Allzu spät wollte ich ja auch nicht kommen..." Er nickte.
"Ich... verstehe..." In Gedanken war er noch bei ihrer
Frage. Haben Sie mich vermißt? Es hatte ihn ein wenig
überrascht, daß sie so etwas fragte und er war nicht
vorbereitet gewesen, auf der anderen Seite war sie für ihre
direkte Art auch bekannt und er schätzte dies eigentlich an ihr.
Trotzdem, in letzter Zeit war sowieso alles irgendwie ein wenig
verwirrend. Vielleicht lag es an dem Schlafmangel, vielleicht an der
seltsamen Situation auf dem Planeten, er wußte es nicht. Und er
wollte auch nicht mehr länger darüber nachdenken. Erst
jetzt bemerkte er, daß Beverly seine Hand immer noch hielt und
er nutzte die Gelegenheit und drückte sie. "Aber nun lassen
Sie uns endlich zum Büfett gehen," sagte er. "Gerne,"
erwiderte sie grinsend.
Es dauerte nicht lange, bis Beverly ihre
Wahl getroffen hatte und mit einem vollen Teller auf einen der Tische
zusteuerte. Jean-Luc war ein wenig unsicher, ob er sie überhaupt
noch begleiten sollte, oder ob er sich nicht lieber auch einmal um
seine anderen Offiziere kümmern sollte, doch nach ihrer Frage
"Kommen Sie noch mit?" erübrigte sich das wohl.
Gemeinsam fanden sie einen Tisch, wo Beverly den Teller sofort
abstellte, doch bevor sie sich setzte, konnte sie es nicht verkneifen
noch einmal zu ihrer Freundin Deanna hinüberzusehen. Auch
Jean-Luc folgte ihrem Blick und fand den Counselor inmitten der
Menschenmenge neben Waslewski, gequält mit den Augen rollend
wieder. Es fiel ihm auf, daß sie, als sie bemerkte, daß
Beverly sie ansah, wortlos mit den Lippen ein Wort formte, doch er
konnte nicht erkennen, was es heißen sollte. Die Ärztin
hingegen schon. Sanft stupste sie ihn an. Überrascht blickte er
auf und fragte: "Was ist?" Beverly grinste. "Ich bin
Deanna noch einen Gefallen schuldig." "So? Und welchen?"
Sie griff sich seinen Arm. "Helfen Sie mir, Lieutenant Commander
Data zu finden?" "Wozu das denn?" "Nun, es geht
um ein Gespräch, das Deanna und ich im Turbolift hatten, bevor
wir hierher kamen. Sie erzählte mir von Commander Waslewskis Art
und ich meinte, wenn er es gar zu toll treibe, verschaffen wir ihm
einfach Mister Data als Gesprächspartner. Der kann so noch etwas
über Small Talk lernen und wir haben unsere Ruhe. Wie hört
sich das für Sie an?" Nun begann auch Picard breit zu
grinsen. "Um ehrlich zu sein, gemein - aber genial. Data wird
uns wohl wirklich nicht böse sein, mich ärgert nur, daß
ich darauf nicht schon selbst früher kam." "Tja,
manchmal haben auch wir Frauen noch das ein oder andere Ass im
Ärmel." Er schüttelte den Kopf. "Glauben Sie mir,
Beverly, wenn ich Sie so sehe, fällt es mir schwer, das zu
bezweifeln." "Worauf warten wir dann noch?" Nach
einigem Umsehen hatten sie Data auch schon entdeckt. Er stand nun
wieder bei Commander Riker und Geordi und unterhielt sich recht gut
mit ihnen. Beverly verlor keine Zeit mehr, sie ließ ihr Essen
stehen und ging zu dem Trio hinüber. Picard blickte ihr
verwundert nach, bevor er ihr folgte und schüttelte erneut den
Kopf. Diese Frau brachte es fertig immer wieder zu überraschen,
dabei kannte er sie schon so lange. Sie wirkte so unglaublich brav
und doch war da dieses gewisse Etwas, das er und jeder andere niemals
unterschätzen durfte, auch wenn es ihm schwerfiel zu begreifen.
Er blieb in einigem Abstand zu ihr stehen und beobachtete, wie es
weiterging. Als die Drei auf Beverly aufmerksam wurden, wurde sie
natürlich höflich begrüßt. Freundlich grüßte
sie zurück, bevor sie sich an den ahnungslosen Androiden wandte:
"Der Grund, warum ich Sie hier aufsuchte, ist eigentlich nur
der, daß ich eine Frage an Mister Data habe..." "Wie
kann ich Ihnen helfen?" entgegnete dieser natürlich sofort.
Beverly setzte ein nettes Lächeln auf und fuhr fort: "Mich
hat interessiert, ob Sie bereits die Ehre hatten, sich mit Commander
Waslewski zu unterhalten?" Picard bemerkte die feixenden Blicke,
die sich Riker und Geordi zuwarfen und hatte ebenfalls Mühe
seine Amüsement nicht allzu deutlich zu zeigen. Verdammt, sie
ist gut! "Nein, leider nicht.." gab ihr Data als
Antwort zurück. "Schade, er ist nämlich ein sehr
gebildeter Mann und ein höchst interessanter Gesprächspartner.
Ich denke, Sie können viel von ihm lernen, was menschliches
Verhalten angeht.." "Tatsächlich?" "Aber
ja.." Sie setzte einen solch ernsten Gesichtsausdruck auf, daß
man es ihr, wüßte man es nicht besser, wirklich hätte
abkaufen können. Irgendwo tat Picard der arme Data auch leid,
aber da der Zweck bekanntlich die Mittel heiligte und der Androide
tatsächlich etwas über die Menschlichkeit würde lernen
können, war Beverlys kleine Schwindelei durchaus vertretbar.
Data legte den Kopf auf seine typische Art schräg und fragte
dann: "Und wo kann ich den Commander finden?" Sie hob den
Arm und deutete in die Richtung, in der Waslewski zu finden war.
"Dort drüben, er unterhält sich gerade mit Counselor
Troi." Er folgte ihrem Finger mit den Augen und nickte dann.
"Ich glaube ich sehe ihn. Danke für den Tip, Doktor! Ich
werde ihn so bald wie möglich aufsuchen." "Tun Sie
das. Ich gehe dann wieder, auf einem der Tische steht noch mein
Essen." Er nickte ihr zu. "In Ordnung!" Dann drehte er
sich wieder Riker und LaForge zu. Picard grinste breit, als sie sich
ihm wieder näherte. "Gratuliere," sagte er zwinkernd.
"Es ist zwar eigentlich nicht sehr nett, den armen Data so
hereinzulegen, aber so, wie Sie das herübergebracht haben..."
"Danke für das Kompliment, ich weiß das zu schätzen.
Hoffentlich macht er sich bald auf den Weg, ich möchte Deanna
nicht allzu lange leiden lassen." Er nickte, immer noch
grinsend. "Gern geschehen. Um Zweiteres müssen Sie sich,
denke ich, keine Sorgen machen. Mister Data ist sehr zuverlässig."
Sie drehte sich um und sah zu dem Tisch, wo sie ihren Teller
abgestellt hatte. "Sie haben Recht, hoffen wir es. Aber nun will
ich wirklich endlich essen." Er lachte. "Dann gehen wir
besser. Das mit Data renkt sich schon irgendwie ein. Sie haben Ihr
Bestes getan." Zu zweit kehrten sie zu dem Tisch mit dem
stehengelassenen Teller zurück. Jean-Luc wartete bis Beverly
sich gesetzt hatte und setzte sich dann ihr gegenüber. Er
beobachtete sie still, während sie ihren Teller zunehmend leerte
und ließ seine Gedanken ein wenig wandern. Er fragte sich,
welchen Weg die Ereignisse auf diesem Planeten nehmen würden und
welche Rolle er dabei spielte. Was ihn zutiefst beunruhigte, war, daß
kein einziger Serganer anwesend war und Botschafter M'tarr immer
eine Ausrede suchte, nicht an Waslewskis Empfängen teilzunehmen.
Picard war zwar weiß Gott kein Telepath, doch selbst sein
gesunder Menschenverstand sagte ihm, daß es nicht nur eine
potentielle Abneigung gegen den Commander sein konnte, die den
Botschafter von den Empfängen fernhielt. Nachdenklich trommelte
er mit den Fingern auf dem Tisch herum, während er sich
überlegte, wie er diese Erkenntnisse für einen etwaigen
Vorteil bei den Verhandlungen nutzen könnte, obwohl er
bezweifelte auch nur den geringsten Nutzen daraus ziehen zu können.
Er hatte nichts in der Hand außer vagen Vermutungen, nicht den
kümmerlichsten Beweis. Trotzdem sollte er die Augen offenhalten
und nicht auf alles blind vertrauen, wie Commander Waslewski. "Alles
in Ordnung, Jean-Luc?" riß ihn Beverlys Stimme aus den
Gedanken. "Sie wirken so bedrückt.." "Nachdenklich..."
erwiderte er zerstreut. "Wie bitte?" "Ich.. ich bin
nur ein wenig nachdenklich." Sie legte ihr Besteck auf den fast
leeren Teller und faltete die Hände. "Ich würde Ihnen
gerne helfen, wenn ich könnte..." Er seufzte. "Ich
weiß ja selbst nicht, ob ich recht habe. Es geht um Botschafter
M'tarr..." "Ich erinnere mich. Sie sprachen vorhin in
Ihrem Bereitschaftsraum von ihm... Er scheint Sie sehr zu
beschäftigen." "Wissen Sie, ich habe vorhin von
Commander Waslewski erfahren, daß der Botschafter grundsätzlich
bei keinem seiner Empfänge anwesend ist, nicht ein einziger
Serganer ist hier." Sie blickte sich im ganzen Raum um und
meinte dann: "Jetzt, da Sie es sagen. Es ist wirklich nicht
einer hier." "Wie gesagt, ich kann mich auch täuschen,
aber es gibt so viele Ungereimtheiten im Verhalten von Botschafter
M'tarr. Ich finde ihn nicht vertrauenswürdig." "Aber
Sie können es nicht beweisen." "Das ist ja das
Problem, ich habe nichts als meine Beobachtungen..." "Nicht
sehr viel..." "Nein, leider nicht." Sie griff das
Besteck wieder auf und aß den letzten noch auf dem Teller
vorhandenen Bissen, bevor sie erwiderte: "Es tut mir sehr leid,
aber ich habe auch keinen Rat für Sie, außer wachsam zu
bleiben und alles, was der Botschafter sagt auf die Goldwaage zu
legen." Er nickte seufzend. "Es wird wohl das Beste
sein..." Sie legte Messer und Gabel wieder hin.
"Wahrscheinlich..." Eine Weile sagte keiner von beiden
ein Wort. Obwohl im Raum eine nicht zu unterschätzende
Geräuschkulisse lag, die von einer Band und sehr vielen sich
unterhaltenden Stimmen geschaffen wurde, kam es Picard in der
Erinnerung immer so vor, als hätte in diesem Moment komplette
Stille geherrscht. Schließlich war es wieder Beverly, die das
Wort ergriff. "Ich möchte nicht, daß Sie heute abend
so nachdenklich sind. Sie finden ja im Moment doch keine Lösung."
"Und was schlagen Sie vor, soll ich tun? Mich mit Commander
Waslewski unterhalten?" Seine Stimme bekam einen ironischen
Unterton, der Beverly trotz allem doch zum Schmunzeln brachte. "Aber
nein," erklärte sie, "was ich im Sinn habe, dürfte
Ihnen etwas mehr Spaß machen..." Er zog eine Augenbraue
hoch. "So?" Sie nickte ernsthaft. "Da bin ich mir
sicher." Langsam erhob sie sich von ihrem Stuhl und schob ihn an
den Tisch zurück, dann näherte sie sich dem Captain
langsam. Dieser hob abwehrend die Hände. "Sie wollen doch
nicht... Beverly NEIN!" "Warum nicht?" Sie setzte
einen flehenden Gesichtsausdruck auf. "Ach kommen Sie Jean-Luc.
Sie sind kein so übler Tänzer, wie Sie immer tun."
"Ach nein? Ich möchte nicht, daß man mich sieht.
Außerdem..." Mit einem schelmischen Grinsen fügte er
hinzu "... kann ich es niemals mit dem ‚Tanzenden Doktor'
aufnehmen!" Mit gespieltem Ärger setzte sie die Hände
an die Hüften. "Wer hat Ihnen das erzählt?"
Sein Grinsen wurde breiter. "Sagen wir einfach, ich weiß
es." Sie seufzte und rollte die Augen. "Und ich wollte es
geheim halten. Manche Dinge verbreiten sich schneller als Warp auf
dem Schiff..." "Da muß ich Ihnen recht geben und
deshalb werde ich heute abend nicht tanzen!" konterte er
schnell. Wieder seufzte sie. "Ein hoffnungsloser Fall... Ich
kann nicht mehr sagen, als Bitte, Jean-Luc. Ich würde mich sehr
freuen." Er blickte sie an und der verschmitzte Gesichtsausdruck
verschwand aus seinem Gesicht. "Würde ich Ihnen wirklich
so eine große Freude machen, wenn ich mit Ihnen tanzte?"
Sie nickte mehrmals stumm und auch ihr Gesicht war erstaunlich ernst
geworden. Er seufzte laut und schlug mit der Hand auf den Tisch. "Na
schön," murmelte er, "aber ich bin mir sicher ich
bereue es..." Auch er stand langsam von seinem Stuhl auf. "Gehen
wir, bevor ich es mir anders überlege.." fügte er
knurrend an. Beverly ergriff seine Hand. "Danke," flüsterte
sie.
Als sie die Tanzfläche betraten, bemerkte Jean-Luc, daß
es außer ihm und Beverly noch viele andere Paare gab und er
hegte die schwache Hoffnung, doch nicht von allzu vielen Offizieren
gesehen zu werden, weil sonst die Gerüchteküche wieder
anfing zu brodeln. Das Dumme war einfach nur, er konnte ihr keinen
Wunsch wirklich abschlagen, wenn sie nur nett genug darum bat, dazu
war sie eine viel zu gute Freundin von ihm. Zur Zeit spielte die
Kapelle etwas eher Langsames, worüber er aber, wenn er ehrlich
war, nicht besonders traurig war. Er legte seine rechte Hand auf
Beverlys Rücken und ergriff mit seiner linken Hand die ihre.
Dann bewegten sie sich im Rhythmus zur Musik. Er versuchte geradeaus
zu starren und nicht auf die anderen Leute zu achten, da er sich
höchst unwohl fühlte. Er kam sich vor, wie auf dem
Präsentierteller und hatte Mühe, sich nicht zu versteifen.
Wenn er ihr wenigstens eine Freude hatte machen können...
Plötzlich spürte er etwas Warmes auf seiner Schulter und
erkannte, daß sie sich dort mit dem Kinn an ihn schmiegte. Es
kostete ihn größte Überwindung nicht nach hinten zu
springen und so flüsterte er lediglich: "Was tun Sie da?"
"Ich tanze...," kam die lakonische Antwort. "Das sehe
ich, aber muß es... so... sein? ...Vor allen Leuten?"
Irgendwie war ihm diese ganze Situation mehr als peinlich und wenn er
es sich recht überlegte... Nein, eigentlich war es bei
weitem angenehmer, mit Beverly zu tanzen, als mit Commander Waslewski
zu "reden". Sie hob den Kopf und blickte ihm wieder in
die Augen. "Ich verstehe nicht. Entspannen Sie sich doch
einfach, glauben Sie mir, es tut Ihnen gut." Er atmete
geräuschvoll aus. "Na schön..." Wieder legte sie
ihr Kinn auf seine Schulter. Er konnte den Duft ihrer Haare riechen
und manchmal rieben sie über seine Wange... Dann verstand er.
Vorsichtig lehnte er seinen Kopf gegen ihren und schloß die
Augen. Er konnte spüren, wie sie ihre Gesichtsmuskeln zu einem
Lächeln verzog. Sollten die anderen doch denken, was sie
wollten, er tanzte lediglich mit einer guten Freundin. Gute
Freundin? Langsam rutschte die Hand, die er auf ihrem Rücken
liegen hatte, ein wenig nach unten. Er konnte es nicht leugnen, sie
war immer noch eine attraktive Frau, so wie sie es vor bereits über
zwanzig Jahren gewesen war, als sie noch mit seinem besten Freund
Jack verheiratet gewesen war. Damals war auch er in sie verliebt
gewesen, doch das war nun schon so lange her. Es war eine
unerfreuliche Situation gewesen, welche durch Jacks Tod nur noch
unerfreulicher geworden war. Er hatte sich daraufhin geschworen, ihr
niemals von seinen Gefühlen für sie zu erzählen, da er
sich immer ein wenig schuldig daran gefühlt hatte und es als
einen Betrug seinem Freund gegenüber gesehen hätte, aber
das war nun längst vorbei, die damaligen Gefühle längst
verblaßt. Oder? Doch dann gab es wieder diese
Situationen, wie diese hier, in denen er sich über sich selbst
nicht im Klaren war. Nachdem er erst einmal das Gefühl der
Peinlichkeit halbwegs überwunden hatte, mußte er zugeben,
daß es sich irgendwie gut anfühlte, ihr so nahe zu
sein, sie so berühren zu können. Unmerklich zog er sie ein
wenig fester an sich und wunderte sich dann über sich selbst.
Sie schien es nicht einmal bemerkt zu haben, oder wollte sie es nicht
bemerken? Langsam wurde er sich selbst unheimlich. Wie konnte er so
die Beherrschung verlieren? Lange hielt er es nicht mehr aus...
"Ich muß raus!" Überrascht hob sie den Kopf wieder. "Bitte?" "Ich sagte, mir wird es hier drinnen ein wenig zu stickig, ich muß an die frische Luft." "Aha!" Sofort ließ sie los und auch er sie. "Finden Sie nicht auch, daß hier mehr als schlechte Luft herrscht?" "Nein, eigentlich nicht..." "Aber... Mir kommt es jedenfalls so vor." Wieder blickte sie ihn an, mit ihren ausdrucksstarken blauen Augen und griff nach seiner Hand, die sie eben losgelassen hatte. "Sie brauchen sich doch nicht zu entschuldigen Jean-Luc. Es empfindet eben jeder anders." Er schluckte und nickte dann. "So wird es sein." "Ich denke, ein wenig frische Luft, tut mir auch gut. Kann ich mitkommen?" Jean-Luc wußte nicht, was er davon halten sollte. Auf der einen Seite bereitete ihm ihre Gesellschaft wirklich Freude, aber andererseits wollte er doch von ihr weg, da dieser Tanz etwas in ihm ausgelöst hatte, woran er nicht einmal zu denken wagte. Hatte er sich möglicherweise deshalb galant aus der Affäre ziehen wollen? Er drückte ihre Hand. "Wenn Sie möchten," sagte er.
Als sie von dem großen Ballsaal auf die Terrasse vor dem
Gebäude traten, wehte ihnen ein laues Lüftchen entgegen. Es
war vollkommene Nacht und man konnte nur sehr wenig von dem Garten
des Sternenflottenhauptquartiers erkennen. Das Wenige, was man sehen
konnte, wurde durch das Licht von innerhalb des Baus und von dem
schwachen Licht des einen Mondes des Planeten sichtbar gemacht, aber
viel war es nicht, da das Licht das vom Ballsaal kam, eigentlich nur
die Terrasse beleuchtete. Man konnte auf dem Boden recht gut die
Lichtvierecke erkennen. Die weiter entfernte Landschaft blieb
weitestgehend verborgen, es war nur die dunkle Silhouette des
Gebirges und vereinzelter Bäume erkennbar. "Eine
erstaunliche laue Sommernacht," bemerkte Jean-Luc. "Ja..,"
entgegnete Beverly. Erst jetzt fiel ihm auf, daß er sie immer
noch an der Hand hielt und ließ sie schnell los. Er atmete
mehrmals tief ein und aus. "Eine gute Luft.." "Hm.."
Sie standen wieder eine Weile stumm da und starrten in die
Dunkelheit, aber es war kein peinliches Schweigen. Es gab nichts zu
sagen, es gab nur die Anwesenheit des anderen. Für Jean-Luc war
es eine recht sonderbare Situation, denn er hatte vorher in Beverlys
Gegenwart nichts derartiges erlebt. Überhaupt empfand er diesen
Abend als anders im Vergleich zu ihrem vorhergehenden Verhältnis
gegenüber, auch wenn er nicht wußte, wie er es definieren
sollte. "Beverly?" "Ja?" "Darf ich Sie etwas
fragen?" "Sicher.." "Warum... ich meine.. warum
haben Sie bisher den gesamten Abend alleine mit mir verbracht?"
Sie antwortete erst einige Zeit später. "Ich weiß es
nicht. Ich glaube Sie taten mir leid..." "Ich tat Ihnen
leid?" "Ja!" "Inwiefern?" "Ich glaube
ich wollte verhindern, daß Commander Waslewski sich noch einmal
mit Ihnen unterhält... und überhaupt..." "Ja?"
"Ich mag Ihre Gesellschaft Jean-Luc. Umgekehrt könnte ich
fragen, warum ich den Abend nicht hätte mit Ihnen verbringen
sollen?" Eine berechtigte Frage, fand er, sie waren schließlich
Freunde, gute Freunde. "Ich weiß nicht..." "Sehen
Sie?" Irgendwo hatte sie recht, aber trotzdem befriedigte ihn
die Antwort auf seine Frage nicht. Vielleicht gab es gar keine
Antwort? Auf alle Fälle war es besser das Thema zu wechseln.
"Ich würde mir gerne den Garten näher ansehen."
"Sie mögen Botanik, Jean-Luc? Ich bin überrascht..."
"Naja, nicht direkt, aber es erinnert mich an die Zeit auf
meiner Akademie..." Langsam stieg er die Stufen die von der
Terrasse zum Boden führten hinunter. Beverly folgte ihm
unaufgefordert. "Zeit auf der Akademie? Ach ja richtig. Es hat
mir Boothby zu tun, habe ich recht?" Er nickte, dann fiel ihm
auf, daß sie dies in der Dunkelheit wohl nicht würde sehen
können und fügte hastig ein "Ja!" dazu. "Sie
kennen mich gut.." "Sie haben aber auch oft genug von
Boothby erzählt..." "Mag sein, aber Sie haben es sich
immerhin gemerkt." Sie hatten Boden erreicht und sofort
versanken Jean-Lucs Füße in weichem Gras. Zuerst war er
ein wenig überrascht, da er vorher die ganze Zeit auf hartem
Grund gelaufen war, aber er hatte sich recht schnell daran gewöhnt.
Er ging einen Schritt zur Seite, damit auch Beverly nachkommen
konnte. Um sie herum war fast vollkommene Dunkelheit, da das Licht
des Ballsaales nun nicht mehr zur Ausleuchtung genügte und der
Mond gerade durch eine vorüberziehende Wolke verdeckt war, doch
irgendwie störte es Jean-Luc nicht. Langsam schlenderte er über
den Rasen und nachdem sich seine Augen vollends an die Nacht gewöhnt
hatten, konnte er auch hier und da die Silhouetten von Büschen,
Statuen, Bänken und ähnlichem erkennen. Hell hob sich ein
Kiesweg aus der Dunkelheit ab und er entschied, auf dem Weg ein paar
Schritte zu tun. Beverly lief schweigsam neben ihm und sah sich
genauso neugierig um, wie er. Es dauerte nicht lange und er konnte
das bekannte Knirschen des Kieses unter seinen Schuhen hören.
Eine ganze Weile wanderten sie schweigend im Garten umher, sahen sich
um und genossen das lau wehende Lüftchen. "Das hier ist
doch viel schöner, als auf dem Holodeck," meinte Picard
nach einer Weile. Beverly wollte gerade etwas antworten, als er sie
an der Schulter packte und ihr bedeutete leise zu sein. Mehrere
Sekunden lang herrschte erdrückende Stille, dann hörte er
das Stimmengemurmel erneut, das er vor ein paar Sekunden schon einmal
gehört hatte. Er konnte zwar orten, wo es herkam, aber er
verstand die einzelnen Worte nicht. Jedenfalls erregte es seine
Neugier. Er drehte sich zu Beverly um, deren Gesichtsausdruck ihm die
letzte Bestätigung gab. Schnell sprangen sie auf den Rasen
zurück, um unnötige Geräusche zu vermeiden und
näherten sich der Stelle, von der sie Stimmen herzukommen
glaubten. Nach wenigen Metern hatten sie die Nordwestseite des
Gebäudes erreicht und konnten dort mehrere schattenhafte Figuren
erkennen, die sich mit Handlampen ausgerüstet an der Außenmauer
zu schaffen machten. Schnell suchten sie hinter einem großen
Nadelbaum Schutz, damit die Gestalten sie nicht erkennen konnten.
Auch aus der Nähe konnte Picard die Wortfetzen nicht verstehen,
dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Diese Leute sprachen
serganisch! Und er wollte nicht mehr Jean-Luc Picard heißen,
wenn die etwas Gutes im Schilde führten. "Können Sie
erkennen, was die da machen?" flüsterte er Beverly zu.
"Nein," flüsterte sie zurück. "Wie ist es
möglich, daß diese Leute noch nicht von der Sicherheit
entdeckt werden konnten?" "Ich fürchte, alle
Sicherheitsmänner sind auf Commander Waslewskis Empfang und die
restlichen Überwachungsvorrichtungen sind von Profis schnell
ausgeschaltet." Er seufzte. "Und ich fürchte, Sie
haben recht. Wir sollten den anderen Bescheid sagen. Ist denn dieser
Waslewski zu gar nichts fähig?" Er tippte an seinen
Kommunikator und sprach leise hinein: "Picard an Commander
Waslewski!" Es blieb tot. "Picard an Lieutenant Worf!"
Wieder Stille. "Picard an Commander Riker!"
Auch dieses Mal geschah nichts. "Verdammt, sie haben die
Kommunikation ausgeschaltet," fluchte er leise. "Wir müssen
sie wohl persönlich warnen!"
"Aber jemand sollte
diese Kerle im Auge behalten..." "Das ist wahr.." Er
begann nachzudenken, bevor er kurze Zeit später die Lösung
hatte. "Okay, Beverly, gehen Sie zurück und sagen Sie den
anderen Bescheid, ich bleibe hier." "In Ordnung!"
Leise schlich sie von ihm fort und es dauerte nicht lange, bis die
Dunkelheit sie verschlungen hatte. Picard hingegen blieb stehen und
ließ die seltsamen Gestalten nicht aus den Augen. Er konnte
gerade noch erkennen, wie sie etwas an der Außenwand des
Gebäudes befestigten und dann ebenfalls in die Nacht hinein
verschwanden. In dem Moment, in dem er erkannte, was geschehen war,
war es auch schon zu spät. "Sprengsätze!"
murmelte er, gleichzeitig als die Nordwestwand des Baus in die Luft
flog. Trümmerteile stiebten in alle Richtungen davon und einige
Gesteinsbrocken verfehlten ihn um Haaresbreite. Dann hörte er
ihre Stimme in der Dunkelheit. "Jean-Luc?
Jean-Luc? Alles in Ordnung?" "Beverly..." Er
wußte nicht, woher es kam, doch plötzlich traf ihn etwas
hart am Kopf. Bevor er noch irgend etwas tun konnte, wurde ihm
schwarz vor Augen und er verlor das Bewußtsein.
