Disclaimer: Ein Teil der vorkommenden Namen ist eingetragenes Warenzeichen von Paramount Pictures.
VIIIn der Gegenwart...
Als Counselor Deanna Troi zu ihrer Frühschicht die Brücke betrat, wurde sie schon von einem höchst unglücklich dreinblickenden Commander Riker erwartet, der auf dem Kommandosessel saß. Sie nickte ihm zur Begrüßung zu und kam dann ohne Umschweife zur Sache: "Was ist passiert?" Er seufzte auf. "Eben hat sich Hayes wieder gemeldet. Er ist in zwei Tagen hier. Was geht hier nur vor? Mir scheint es, als würde er sich besonders beeilen hier anzukommen. Aber was verspricht er sich? Wie dem auch sei, Sie haben nur noch zwei Tage Zeit, den Captain psychologisch zu stabilisieren." Sie schüttelte leicht den Kopf, daß ihre schwarzen Locken sich schwungvoll mitbewegten. "Wahrlich keine leichte Aufgabe, zumal wir es seit sage und schreibe fünf Jahren versuchen." "Vergessen Sie nicht, daß der Captain nun endlich die Bereitschaft zeigt über das Vergangene zu sprechen, was er die ganzen letzten Jahre nicht getan hat." "Aber genügt das? Es sind nur noch zwei Tage, Will und er ist immer noch so gequält wie damals. Ich kann seinen Schmerz unverändert spüren." "Tun Sie Ihr Bestes!" "Aber..." "Tun Sie es einfach!" "Will, ich hatte mit mehr Zeit gerechnet. Zwei Tage liegt außerhalb dem Menschenmöglichen." "Glauben Sie, ich weiß das nicht?" gab er gereizt zurück. Resigniert setzte sie sich auf den Sessel rechts neben ihm. "Ich gebe mein Bestes, versprochen!" sagte sie schließlich. Er nickte. "Danke Deanna, ich weiß das zu schätzen."
Als Deanna mehrere Stunden später wieder im Bereitschaftsraum des Captains saß, um dort weiterzumachen, wo sie am vergangenen Tag aufgehört hatten, fiel es ihr schwer, nicht unablässig an Wills Worte denken zu müssen. Nur noch zwei Tage Zeit? So, wie der Captain momentan auf sie wirkte, war ihre Aufgabe auf keinen Fall in zwei Tagen zu schaffen. Sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Picard stand, wie schon so oft am Fenster und blickte in die vorüberziehenden Sterne. Sie wußte, daß er sich ihrer Anwesenheit zwar bewußt war, aber trotzdem war er mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Nach einigen Minuten drehte er sich endlich zu ihr um. "Ich habe heute Nacht nochmal Revue passieren lassen, was auf dem Empfang passierte, bevor Beverly und ich ins Freie gingen, aber daran werden Sie sich ebenfalls erinnern." Sie nickte. "Ja, ich sprach gestern auch noch einmal mit Will und Geordi darüber. Auch ihnen ist der damalige Empfang noch in bester Erinnerung." "Ich verstehe..." Er wanderte einige Male auf und ab und erzählte Deanna dabei in kurzen Sätzen, wie es aus seiner Perspektive ausgesehen hatte und setzte sich dann endlich, nachdem er geendet hatte, zu ihr auf die Couch. "Wissen Sie, nachdem mich der Stein, oder was immer es war, getroffen hatte, verlor ich das Bewußtsein. Ich bin erst Stunden später wieder aufgewacht." Sie saß still da und ließ sich ein weiteres Mal vom Klang seiner Stimme 7 Jahre in die Vergangenheit tragen.
7 Jahre früher...
Desorientierung war das Erste was von Captain Jean-Luc Picard Besitz ergriff, als er die Augen wieder aufschlug. Kurz darauf kamen Hilflosigkeit und starke Kopfschmerzen dazu. "Wo... bin ich?" stöhnte er und merkte, daß jedes Wort zu viel war. Eine sanfte Hand strich ihm über den Kopf und eine beruhigende Stimme murmelte: "Shhhhht, Sie wurden am Kopf verletzt, Jean-Luc. Bleiben Sie ruhig liegen. Es ist alles in Ordnung." In Ordnung? "Beverly..." Er versuchte sich aufzusetzen, doch sie drückte ihn sanft, aber bestimmt wieder zurück auf den Boden. "Versuchen Sie, sich möglichst wenig zu bewegen. Wenn es Ihnen besser geht, werde ich Ihnen alles erzählen." Er spürte, wie etwas Feuchtes, Kühles seine Wunde berührte und atmete tief ein und aus. Irgendwie hatte diese kühle Feuchtigkeit eine beruhigende Wirkung auf ihn. Er schloß die Augen wieder und ließ Beverlys Berührung auf sich einwirken. Es dauerte nicht lange, bis er eingeschlafen war.
Er wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war, als er erneut
die Augen aufschlug. Dieses Mal erschien ihm alles viel klarer und er
merkte erst jetzt, daß er sich in einer Höhle befand.
Draußen war es inzwischen hell geworden und das Sonnenlicht
schien durch den Eingang leicht hinein. Trotzdem war es unglaublich
kühl hier drinnen. Und dann war da natürlich noch Beverly.
Als er eben aufgewacht war, war ihm schlagartig bewußt
geworden, daß sein Kopf die ganze Zeit auf ihren Oberschenkeln
geruht hatte, da sie in kniender Körperhaltung auf dem Boden
saß. So konnte sie seine Wunde versorgen, während er
geschlafen hatte und bestimmt hatte sie schon längst bemerkt,
daß er wach war. Er war ihr noch nie auf solch eine kuriose
Weise nahe gewesen und irgendwie fing die gesamte Situation langsam
aber sicher an, absurd zu werden. Ruckartig setzte er sich auf und
drehte sich zu ihr nach hinten um. Was er sah, überraschte ihn
doch etwas. Wie er schon gewußt hatte, kniete sie auf dem
Boden, aber ihr Oberkörper war an einen Felsen neben ihr gelehnt
und sie schlief. In einer Hand hielt sie noch immer einen Stoffetzen,
der sich bei näherer Betrachtung als die kühle Feuchtigkeit
entpuppte, die er gespürt hatte – sie hatte seine blutende
Wunde ausgewaschen und bei noch näherer Betrachtung fiel ihm
auf, daß sie das Stück Stoff aus dem Oberteil ihrer
Uniform gerissen hatte. Wie als hätte sie seine Bewegung
gespürt, schlug sie just in diesem Moment die Augen auf.
"Beverly, ich..." Sie setzte ein mattes Lächeln auf.
"Ich sagte Ihnen doch, Sie sollen ruhig liegenbleiben."
"Ich... was ist passiert?" Sie streckte ihre Arme aus und
stand langsam auf. "Ich werde es Ihnen erst erzählen, wenn
Sie sich wieder hinlegen. Es ist höchst wahrscheinlich, daß
Sie eine Gehirnerschütterung erlitten haben, Jean-Luc, und ich
möchte nicht, daß Sie sich überanstrengen, bis Hilfe
kommt!" "Hilfe? Beverly, könnten Sie sich etwas klarer
ausdrücken?" Sie seufzte und näherte sich ihm langsam.
"Wie ich bereits sagte: Schonen Sie sich! Wenn Sie sich wieder
hingelegt haben, erzähle ich Ihnen alles." "Ich möchte
mich aber nicht mehr hinlegen..." Sie seufzte erneut und stemmte
ihre rechte Hand an die Hüfte. "Von allen Patienten, die
ich je hatte sind Sie wohl mit Abstand der sturste, Jean-Luc.
Vertrauen Sie meinen medizinischen Fähigkeiten nicht?" Das
saß! Er hob abwehrend die Hände. "Nein, Beverly!
Hören Sie... es..." Er nahm die Hände seufzend
wieder herunter. "Natürlich vertraue ich Ihnen, aber es ist
einfach so, daß ich momentan ein wenig sitzen möchte, wenn
ich schon nicht aufstehen darf." Sie schüttelte sanft den
Kopf. "Na schön, aber lehnen Sie sich wenigstens an eine
der Felswände." Er wollte sich gerade mit den Händen
ein wenig vom Boden abdrücken um näher an eine der Wände
heranzurücken, als sie sich hinter ihn stellte, ihm unter die
Achseln griff und ihm dabei half zur Felswand zu gelangen. "Bitte,
strengen Sie sich nicht an." Er nickte ihr dankbar zu, als sie
ihn wieder losließ. Dann lehnte er sich zurück und war
froh, daß ihn der kalte Fels abstützte. Die Wunde auf
seinem Kopf machte sich wieder bemerkbar und brannte höllisch.
Er verzog kurz das Gesicht, bis der Schmerz ein wenig nachgelassen
hatte und war sich sehr wohl bewußt, daß Beverly dies
ebenfalls bemerkt haben mußte. Besorgt blickte sie ihn an und
legte sanft eine Hand auf seine Schulter. "Geht es wieder?"
Er nickte schnell, nicht daß sie sich unnötig aufregte.
"Ja.." "Sie haben eine schwere Platzwunde auf dem Kopf
davongetragen, ich bin froh, daß ich die Blutung einigermaßen
zum Stillstand bringen konnte, aber ohne Hautregenerator müssen
Sie wohl einige Zeit auf die Selbstheilung Ihres Körpers
vertrauen." "Ich verstehe..., aber nun möchte ich doch
wissen..." "Was passiert ist? Sie geben nicht auf Jean-Luc,
oder?" Sie seufzte leise. "Na schön, ich werde es
Ihnen endlich erzählen, damit Sie sich nicht aufregen."
"Das ist sehr rücksichtsvoll von Ihnen, Doktor. Als letztes
kann ich mich erinnern, daß diese Gestalten einen Sprengsatz an
der Nordwestseite des Sternenflottenhauptquartiers angebracht hatten
und daß die Außenmauer kurze Zeit später in die Luft
flog. Was geschah dann?" Wieder seufzte sie. "Eine ganze
Menge..." Sie besah sich noch einmal seine Wunde und setzte sich
dann neben ihn an die Wand. "Ich wollte gerade die anderen
warnen, als ich, genau wie Sie, die Explosion wahrnahm. Erschrocken
drehte ich mich um und rief Ihren Namen, da ich schon befürchtet
hatte, Ihnen wäre etwas passiert..." "Richtig, und ich
antwortete Ihnen noch..." "Ja, aber anscheinend hatte ich
sie abgelenkt, denn ich sah eines der Trümmerteile auf Sie
zustürzen. Bevor ich Sie warnen konnte, war es bereits zu spät.
Der Stein hatte Sie am Kopf getroffen und, wie ich schon erwähnte,
eine große Platzwunde hinterlassen. Außerdem hatten Sie
das Bewußtsein verloren. Ich.. es tut mir leid. Hätte ich
Sie nicht abgelenkt, wären Sie dem Stein vermutlich
ausgewichen." Er versuchte ein Lächeln aufzusetzen, doch es
glich eher einer Grimasse. "Sie brauchen sich nicht zu
entschuldigen. Was geschehen ist, ist geschehen. Machen wir das Beste
daraus." Sie schluckte und nickte dann zögernd. Um sie zu
ermuntern, griff er nach ihrer Hand und drückte sie sanft.
"Keine Vorwürfe, Beverly.." "Danke..."
erwiderte sie leise und begann dann fortzufahren. "Gleich
nachdem die Außenwand explodiert war, begann eine Schießerei
und es schien, als kämen diese Terroristen oder was immer sie
auch waren von allen Seiten. Zuerst hatte ich Angst, sie würden
uns entdecken, doch irgendwie blieben wir im Schutz der Dunkelheit
verborgen. Dort konnten wir aber auch nicht ewig bleiben. Früher
oder später wären wir gefunden worden. Ich wußte
zuerst nicht was ich tun sollte. Es war unwahrscheinlich, daß
Sie in der nächsten Zeit aufwachen würden und selbst dann
hätten Sie sich nicht bewegen können. Ins Hauptquartier
zurückzukehren wäre einem Selbstmord gleichgekommen. Nach
einigem Überlegen entschied ich mich für die nahen Berge.
Es dauerte zwar einige Stunden, bis ich diese Höhle gefunden
hatte, aber ich dachte mir, hier wären Sie sicher. Außerdem
fließt in der Nähe des Eingangs ein kleiner Fluß
vorbei." Jean-Luc hob die Hand. "Moment mal,"
unterbrach er, "bedeutet das, Sie haben mich den ganzen Weg in
die Berge mitgeschleppt?" Sie antwortete nicht. "Beverly?"
"Ja.. das habe ich getan... Was ist mir anderes übrig
geblieben?" "Aber das ist doch unmenschlich. Ich war doch
viel zu schwer. Warum haben Sie mich nicht liegengelassen?" "Und
Sie dem Tod übergeben? Jean-Luc, es ist meine Pflicht, Leben zu
retten..." "Es ist nicht gesagt, daß..." "Es
ist gesagt, daß die Sie getötet hätten. Wer
einen solchen Anschlag durchführt, für den ist ein
verletzter, am Boden liegender Mann, noch dazu ein Captain der
Sternenflotte ein gefundenes Fressen. Ich wußte was ich tat.
Mir war ja nichts passiert und sonst war niemand da, den ich um Hilfe
fragen konnte." Jean-Luc blickte zu Boden. Ihm hatte es die
Sprache verschlagen. Beverly hatte ihn mutterseelenalleine vom
Sternenflottenstützpunkt zu einer sicheren Höhle in den
Bergen geschleppt und sich dann um seine Wunde gekümmert. Er
wollte lieber nicht wissen, wie viele Kilometer sie zurückgelegt
hatte und wie oft sie vor Erschöpfung beinahe zusammengebrochen
war. Er drehte sich zu ihr hin und umarmte sie innig. Jede andere
Geste erschien ihm zu gering, für das, was sie getan hatte. "Ich
weiß nicht, wie ich das jemals wieder gut machen kann.
Beverly..." flüsterte er. "Und da entschuldigen Sie
sich dafür, mich abgelenkt zu haben... Es war sicher nicht
leicht." Vorsichtig löste sie sich aus seiner Umarmung und
stand langsam wieder auf, wobei sie ihn recht schief anlächelte.
"Ich kann nur sagen, ich tat es für Sie... Aber bitte ruhen
Sie sich aus. Ich bin sicher, Sie sind durstig. Warten Sie, ich hole
etwas Wasser." Er blickte ihr nach, als sie aus der Höhle
verschwand, um zu nahe gelegenen Fluß zu gehen, den sie erwähnt
hatte. Sie hatte recht, er war wirklich sehr durstig. Er fragte sich,
wie lange er wohl bewußtlos gewesen war und beschloß, sie
das zu fragen, wenn sie wiederkam. Langsam begann sein Rücken zu
schmerzen und er verlagerte die Sitzposition ein wenig. Dennoch
fühlte er sich mehr als elend. Was wohl passiert wäre, wenn
Beverly ihm nicht hätte helfen können? Er empfand tiefen
Respekt und große Bewunderung für ihre Leistung, auch wenn
er es nicht auszudrücken vermochte. Er atmete tief aus und
versuchte, sich nicht auf die wieder auftretenden Schmerzen zu
konzentrieren. Zum Glück gab es hier nirgends einen Spiegel, in
dem er seine Wunde betrachten konnte, es war bestimmt kein schöner
Anblick. Es dauerte nicht lange, bis Beverly zurückkehrte. In
ihrer Hand hielt sie einen weiteren, aus ihrer Uniform
herausgerissenen, tropfnassen Stoffetzen. Bevor er etwas sagen
konnte, zuckte sie schon mit den Achseln. "Es tut mir leid, ich
habe keine andere Möglichkeit, das Wasser zu transportieren."
"Ist doch in Ordnung... Ich finde Ihre Idee eigentlich recht
gut..." Lächelnd erwiderte sie: "Danke.." und
näherte sich ihm dann langsam, bevor sie sich vorsichtig neben
ihn kniete und ihm das nasse Stück Stoff reichte. "Wie ich
sehe, haben Sie schon Ihren Durst gelöscht," meinte er,
während er das Stoffstück annahm und gierig daran saugte –
die nassen Haare ihres Ponys sprachen Bände. Sie nickte und
wartete dann ab, bis er fertig war mit trinken, um ihm den Fetzen
wieder abzunehmen. "Noch etwas?" "Danke, nein momentan
nicht." "Gut.." Sie legte das Stück Stoff zur
Seite. "Wie fühlen Sie sich?" Mit einem mehr
aufgesetzten Lächeln antwortete er: "Naja, es könnte
besser sein. Aber Sie haben mir sehr geholfen. Ich kann Ihnen nicht
oft genug danken." "Ich denke, das hätte jeder getan."
"Auf Commander Riker und Mister Data kann das auch ohne
Umschweife zutreffen, aber..." Er seufzte und brach ab. "Sie
meinen, für mich als Frau war das eine besondere Leistung?"
"Genau!" "War es nicht! Es mag anstrengend gewesen
sein, aber es war meine Pflicht." "Wenn Sie meinen... für
mich bleibt es eine große Leistung. Aber was ich Sie noch
fragen wollte: Wie lange war ich bewußtlos und wie lange sind
wir schon hier?" Ohne groß nachzudenken entgegnete sie:
"Ich denke, so um die fünf – sechs Stunden dürften
Sie schon weggetreten gewesen sein, dann haben Sie noch mal gute fünf
Stunden geschlafen. Also sind wir nun seit ungefähr zehn Stunden
hier..." "Haben Sie auch geschlafen?" "Ja, ein
wenig..." "Ich möchte, daß Sie sich ebenfalls
ausruhen, Beverly. Ich laufe Ihnen nicht davon." Ein wenig
mißtrauisch blickte sie ihn schon an. "Wirklich?"
"Ich verspreche es!" "Ich will mich mal auf das Wort
eines Sternenflottencaptains verlassen.., aber keine Tricks,
Jean-Luc. Ich liege neben Ihnen, ich bekomme alles mit." Er
lachte auf. "Sie sind sehr besorgt..." "Das bin ich um
jeden meiner Patienten, aber Sie sind ein besonderes Exemplar."
"Tatsächlich?" "Sie sind mit Abstand der am
schwersten zu bändigende Patient. Sie sind stur und Sie kennen
Ihre Grenzen nicht." "So hart, Beverly?" "Es ist
nur die Wahrheit." Er begann zu schmunzeln. "Ist mir auch
lieber... Aber nun erteile ich dem Leitenden Medizinischen Offizier
einen Befehl: Ruhen Sie sich aus!" "Ich könnte Sie für
dienstunfähig erklären, dann könnten Sie mir lange
befehlen..." kam grinsend die Gegenantwort. "Aber Sie haben
recht Jean-Luc. Ich bin müde und mir tun sämtliche Glieder
weh. Nachdem ich Ihr ehrenhaftes Versprechen habe, daß Sie
nicht davonlaufen, werde ich Ihnen glauben." Erleichtert
beobachtete er, wie sie sich neben ihm auf den Boden legte,
zusammenrollte und kurze Zeit später tief und fest schlief. Sie
hatte es verdient, fand er, während er ihren regelmäßigen
Atemzügen lauschte. Sie war schön, wenn sie schlief. Er
blickte sie lange an und begann nachzudenken. Was bedeutete diese
Frau für ihn und er ihr? Nachdem sie, um ehrlich zu sein, zu
seinem großen Entsetzen, auf die Enterprise versetzt worden
war, waren sie über die Jahre gute Freunde geworden. Und
manchmal gab es diese Momente, in denen er glaubte, daß da mehr
war als Freundschaft. Er wußte nicht wie er ihr Verhältnis
nennen sollte, nach allem, was in der Vergangenheit geschehen war,
aber manchmal ging es zweifellos über normale Freundschaft
hinaus. Er schüttelte den Kopf. Verrückt! Hatte die
Gehirnerschütterung ihm doch übler mitgespielt, als er
dachte? "Wir sind Freunde, mehr nicht!" murmelte er leise
vor sich hin. Und dennoch konnte er seine Augen nicht von ihr lösen.
Er beobachtete, wie sich ihr Brustkorb regelmäßig hob und
senkte und schließlich strich er ihr sogar sanft über die
Haare.
Er wußte nicht, wie lange er dort in der Höhle
in den Bergen des Planeten Serga VII gesessen hatte und lediglich
Beverly beim Schlafen beobachtet, aber letzten Ende überkam auch
ihn eine Müdigkeit. Er war nicht auf der Höhe, soviel war
ihm bewußt, also war es kein Wunder, wenn er schneller
ermüdete. Zwar war dieser Steinboden furchtbar schmutzig und
unbequem, aber das konnte man nun auch nicht mehr ändern. Er war
froh, daß er noch lebte. Nachdem er ausgiebig gegähnt
hatte, legte er sich neben Beverly auf den Boden. Es beruhigte ihn,
daß er ihre Wärme spüren und ihren Duft riechen
konnte und bald war auch er eingeschlafen. Hoffentlich fand man sie
bald, war sein letzter Gedanke, er wußte nicht, wohin das noch
führte, mit dieser Frau alleine zu sein.
Es dämmerte
schon, als er wieder erwachte. Das erste, was er bemerkte, noch bevor
er gänzlich wach war, war daß der Platz, an dem sie
gelegen hatte, leer war. Seine tastende Hand griff ins Leere. Er
setzte sich langsam auf und sah sich in der Höhle um, aber
Beverly war nicht da. Er sah nur das rötliche, auf Dämmerung
hinweisende Licht im Höhleneingang und hörte zum ersten
Mal, seit er hier war, den Fluß in der Ferne rauschen. Um
wieder etwas Leben in seine etwas steif gewordenen Gliedmaßen
zu bekommen, streckte er sich ausgiebig und setzte sich dann wieder
an die Felswand. Es beunruhigte ihn zwar zutiefst, daß sie
nicht da war, aber sie hatte ihm gesagt, er solle sich nicht
überanstrengen und daran wollte er sich halten. Sie wußte
bestimmt, was sie tat. Er vertrieb sich die Zeit, indem er sich in
der kleinen, nicht besonders schönen Höhle umsah. Sie war
kühl, hart und steinig, mehr konnte man dazu nicht bemerken.
Außerdem machte sich ein breites Hungergefühl in seinem
Magen breit. Er hatte seit einem Tag nichts gegessen und nur
sporadisch getrunken, außerdem begann seine Wunde wieder
wehzutun. Ob Beverly wohl zum Sternenflottenstützpunkt
zurückgegangen war, um Hilfe zu holen? Nein, das konnte er sich
nicht vorstellen, sie würde ihn niemals alleine hier liegen
lassen. Aber Hilfe... er fragte sich, wann man sie finden würde.
Nachdem, was sie ihm berichtet hatte, hatte es einen heftigen Kampf
gegeben. Bis man sich davon nicht erholt hatte, würde man wohl
keine Suchtrupps losschicken. Doch wann würde das sein? Ohne
professionelle medizinische Versorgung, konnte er den Weg zum
Stützpunkt nicht zurücklaufen. Aber war es überhaupt
ratsam dorthin zurückzukehren? Was war, wenn die Kämpfe
immer noch tobten? Nein, das konnte er sich nicht vorstellen. Aber
was ihm noch mehr Sorgen bereitete war die Frage, ob es Tote gegeben
hatte, was er für sehr viel wahrscheinlicher hielt. Warum konnte
man diese Dinge nicht ohne Blutvergießen klarstellen? Warum
waren immer Unschuldige die Opfer? Sie waren hergekommen, um die
gespannte Situation mit Diplomatie zu lösen und alles war im
Chaos geendet. Kein besonders großer Erfolg. Ihm fiel erneut
Botschafter M'tarr ein. War es möglich, daß er
dahintersteckte? Er wußte, daß an diesem Abend ein
Empfang stattfinden sollte und daß man Starfleet damit einen
empfindlichen Schlag versetzen konnte. Er glaubte nicht mehr an
Zufall. Wenn er nur von hier weg könnte und jemandem seine
Erkenntnisse mitteilen, der etwas damit anfangen konnte... Aber das
war wohl reine Utopie, denn Beverly hatte ihm ausdrücklich
verboten sich groß zu bewegen. Er verschränkte die Arme
vor der Brust und seufzte laut und vernehmlich. Es sah so aus, als
müßte man nun ohne ihn und seine diplomatischen
Fähigkeiten auskommen. Und alles bloß, weil ihn ein
Trümmerteil am Kopf getroffen hatte. Aber auf der anderen Seite:
was wäre passiert, wenn er im Gebäude geblieben wäre,
wäre er dann überhaupt noch am Leben?
Das Geräusch
von sich nähernden Schritten ließ ihn aus seinen Gedanken
hochfahren. Automatisch zuckte er zusammen. Für den Fall, daß
der sich nähernde Jemand feindlich gesonnen war, gab es für
ihn keine Möglichkeit, sich zu verstecken. Umso erleichterter
atmete er auf, als er Beverly erkannte, die zum Eingang herein kam.
Er sah, daß sie das Oberteil ihrer Uniform ganz ausgezogen
hatte und zu einem Bündel zusammengeschnürt in der Hand
hielt. Sie war nun am Oberkörper nur noch mit dem klassischen
Tanktop der Sternenflottenoffiziere bekleidet. "Wo waren Sie?"
fragte er, wobei er sie doch anlächelte, froh, daß sie
wieder da war. "Ich habe mich draußen ein wenig umgesehen
in der Hoffnung, etwas Eßbares zu finden," entgegnete sie
ihm, während sie auf ihn zukam und das Bündel vor ihm
abstellte. "Wie ich sehe, waren Sie erfolgreich..." "Naja
mehr oder weniger..." Sie kauerte sich neben ihn und öffnete
das zusammengebundene Uniformoberteil. Zum Vorschein kamen einige
Wurzeln und Beeren. "Es tut mir leid, aber die Landschaft ist
hier sehr rauh und unwegsam. Es hat über eine Stunde gedauert,
das Wenige zu finden." Er berührte sie sanft am Arm und
meinte dann: "Das ist schon mehr als genug. Ich rechnete nicht
damit, die nächste Zeit überhaupt etwas Eßbares in
Magen zu bekommen. Vielen Dank." "Gern geschehen..."
Er betrachtete noch einmal die vor ihm ausgebreiteten Nahrungsmittel
an, während sie sich ein weiteres Mal seine Wunde ansah.
"Jean-Luc," fragte sie schließlich leise. "Schmerzt
die Wunde noch sehr?" Er nickte. "Ja, es handelt sich um
einen seltsam klopfenden Schmerz.." "Verdammt, wie ich mir
dachte. Es hat sich entzündet und hier draußen habe ich
keine Möglichkeit zur Desinfektion!" "Ist es sehr
schlimm?" "Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Es kommt
darauf an, wie es sich entwickelt, aber Wundfieber könnten Sie
schon bekommen..." "Wundfieber..." murmelte er leise
vor sich hin. "Aber das muß nicht der Fall sein, oder? Ich
meine, momentan geht es mir noch gut und es kommt sicher bald
jemand." Sie zuckte mit den Schultern. "Ich habe keine
Ahnung.." "Und wenn Sie Hilfe holen gingen?" "Und
Sie hier alleine lassen? Nie im Leben. Es dauert Stunden, bis ich den
Stützpunkt erreicht habe. In dieser Zeit könnte mit Ihnen
alles mögliche sein. Ich bleibe hier." Wieder nickte er.
"In Ordnung. Um ehrlich zu sein, fühle ich mich auch
wohler, mit Ihnen in der Nähe..." Sie lächelte ihn
matt an und wechselte dann abrupt das Thema: "Ich werde Ihnen
noch etwas zu trinken holen... Sie brauchen viel Flüssigkeit.."
Bevor er ihr antworten konnte, war sie schon aufgestanden und mit
einem ihrer Stoffetzen in der Hand aus der Höhle gegangen. Er
mußte ein wenig schmunzeln. Es war schon bewundernswert, wie
praktisch Beverly ihr Oberteil verwendet hatte und dieses Tanktop
stand ihr ausgezeichnet, fand er.
Wenige Minuten später saß sie wieder neben ihm, während
er gierig die Flüssigkeit aus dem Stück Stoff saugte. Als
er fertig war, reichte er es ihr wieder und sie legte es neben sich
auf den Boden. "Ich mache mir Sorgen, Jean-Luc.." gestand
sie ihm leise. Überrascht sah er sie an. "Worüber
denn?" "Um Sie... Mir gefällt diese Wunde überhaupt
nicht und es wird immer schlimmer." Ermutigend legte er den Arm
um sie und zog sie an wenig zu sich her. "Momentan geht es mir
noch gut. Das Schlimmste muß nicht immer eintreten. Warten wir
ab.." Sie nickte stumm und blickte traurig zu Boden. "Vielleicht
haben Sie recht... Hoffen wir das Beste..." Es war ihm
unerträglich, sie wegen ihm so niedergeschlagen zu sehen. "Recht
daran glauben scheinen Sie nicht zu wollen?" Sie schüttelte
leicht den Kopf. "Beverly.. ich..." Langsam hob sie den
Kopf wieder und blickte ihm tief in die Augen. Er wußte nicht,
was es war, aber irgend etwas in ihm brachte ihn in diesem Moment
dazu, sie noch näher an sich heranzuziehen und dann küßte
er sie sanft auf den Mund. Sein Bewußtsein schrie auf, denn er
befürchtete fast, daß er sie erschreckt und verärgert
hatte, immerhin war sie seine beste Freundin, doch zu seiner großen
Überraschung erwiderte sie den Kuß zuerst zögernd und
dann recht intensiv. Er schlang seine Arme um sie, um sie noch
dichter bei sich zu haben, während er sie nun fordernder,
verlangender küßte. Es war ihm bewußt, daß es
nicht er selbst war, der dies tat, aber es fühlte sich einfach
richtig an. Er spürte ihren warmen Atem und ihren Herzschlag
wobei er zeitgleich mit seiner Zunge ihren Mund erforschte und sie
das gleiche bei ihm tat. Es erschien ihm eine Ewigkeit, bis sie sich
atemlos voneinander lösten, sich aber immer noch in einer engen
Umarmung hielten, dicht aneinander geschmiegt, die Wärme und
Nähe des anderen allgegenwärtig spürend. Er bemerkte
die Tränen, die ihr die Wange hinunterliefen erst zu spät.
"Es tut mir so leid... Ich wollte nicht... Ich habe dich
verletzt..." flüsterte er rauh. Sie befreite sich
vorsichtig aus seiner Umarmung und wich ein wenig nach hinten zurück.
"Jean-Luc, du verstehst nicht..." Sie verbarg das Gesicht
vor ihm. "Nicht jetzt..." Hastig stand sie auf und rannte
aus der Höhle. Traurig blickte er ihr nach. Er hatte sich eine
Menge vorzuwerfen. Wie hatte er dies auch tun können? Ihr
Verhältnis würde nie wieder so sein, wie früher...
Als
sie nach einiger Zeit zurückkehrte, sagte sie keinen Ton und
setzte sich ein wenig weiter von ihm fort. Sie starrte ins Leere und
ihre Wangen glänzten immer noch von Tränen, auch wenn sie
nicht laut weinte. Es tat ihm so leid. Er hätte sie gerne in den
Arm genommen und getröstet, aber er selbst war schuld an ihrer
derzeitigen Gemütslage. Nur eines war ihm klar geworden: Seine
Gefühle für sie waren nicht verblaßt, sondern noch so
stark, wie vor 20 Jahren, vielleicht noch stärker. Doch er hatte
es falsch angepackt und vielleicht komplett ruiniert. Welcher Teufel
hatte ihn eben nur geritten? Sie sprachen den gesamten Abend nicht
mehr miteinander, nur einmal kam Beverly zu ihm herüber und
versorgte seine Wunde notdürftig, nahm sich ein paar Beeren aus
dem Bündel und setzte sich wieder an ihren neuen Platz, um dann
stillschweigend zu essen.
Irgendwann mußte er wohl
eingeschlafen sein, denn als er durch das Geräusch schwerer
Schritte aufgeschreckt wurde, war es mitten in der Nacht. Er hörte
mehrere männlich klingende Stimmen, verstand aber auch dieses
Mal kein Wort. Unmerklich versteifte er sich. Die dumpfe Vorahnung,
daß diese Leute ihnen nicht freundlich gesonnen waren,
beschlich ihn. Er hielt die Luft an, um unnötige Geräusche
zu vermeiden und hoffte, aus welchem Grund auch immer, daß, wer
immer es auch war, nicht vorhatte, die Höhle zu betreten. Leise
setzte er sich auf und sah, daß Beverly ebenfalls wach war. Sie
war aufgestanden und hatte sich an die Felswand gedrückt,
während sie den Eingang beobachtete. Jean-Luc hörte, wie
die Stimmen lauter wurden und näher kamen und preßte sich
auch an die Felswand, obwohl er dieses Verhalten eigentlich unlogisch
fand, es war wohl der uralte Reflex, sich verstecken zu wollen. Er
spürte Beverly Blick auf sich und ihre unausgesprochene
Botschaft, sich nicht anzustrengen. Stumm nickte er ihr als
Bestätigung zu und starrte dann wieder auf den Höhleneingang,
während er angespannt lauschte. Die Sekunden erschienen ihm wie
eine Ewigkeit, in denen er eindringlich hoffte, diese Personen würden
weiterziehen. Spätestens, als ihn der Strahl einer Handlampe
traf, wurden alle seine Hoffnungen zunichte gemacht. Vom hellen Licht
der Lampe geblendet, kniff er die Augen zusammen und konnte den
näherkommenden Mann nicht erkennen, dieser ihn aber umso besser.
Jean-Luc hörte ihn etwas in unbekannter Sprache nach draußen
rufen und kurz darauf konnte er die Schritte weiterer Männer
vernehmen, die Lampe blendete ihn noch zu stark, um etwas sehen zu
können. Schützend hob er die Hand vor die Augen, denn er
konnte dieser unerträglichen Helligkeit nicht mehr standhalten.
Genau in diesem Moment nahm der Unbekannte seine Lampe von ihm weg
und richtete sie auf Beverly, die noch immer an die Felswand gepreßt
dastand. Es dauerte ein wenig, bis Picards Augen wieder richtig sehen
konnten, aber als es endlich soweit war, erkannte er, daß sie
trotz allem keine sichtbare Spur von Angst zeigte. Sie stand recht
gefaßt da und fragte schließlich: "Was wollen Sie
von uns?" Der Fremde nahm die Lampe herunter, daß sie nur
noch den Boden beleuchte. "Sieh an, sie an," sagte er in
gebrochenem Föderationsenglisch. "Ihr beide könnt ja
auch sprechen. Was sagt man dazu, zwei Sternenflottenoffiziere
inmitten dieser Einöde." "Dasselbe könnte ich Sie
fragen," konterte sie hitzig. "Was machen fünf
serganische Männer in dieser Einöde?" Er fing an zu
lachen, aber es war ein freudloses, kaltes Lachen. "Da ihr
beiden wahrscheinlich sowieso nicht mit dem Leben davonkommen werdet,
kann ich es euch auch erzählen: Die serganische
Befreiungsbewegung hat in diesen Bergen ihren Stützpunkt. Wir
kehren gerade von einer halbwegs gelungenen Mission zurück und
wollten hier eigentlich übernachten. Es ist wirklich großes
Pech, daß ihr euch ausgerechnet diese Höhle als
Unterschlupf ausgesucht habt." Mit dem Gesicht wies er auf den
am Boden sitzenden Jean-Luc. "Er ist verletzt. Tötet ihn!
Mit dieser Frau könnten wir unter Umständen noch etwas
anfangen. Sie gäbe eine brauchbare Geisel ab."
Zwei
seiner Leute traten vor und wollten Beverly ergreifen, während
ein dritter sich, seine Schußwaffe zückend, auf Picard
zubewegte und die Waffe dann auf ihn richtete. Reflexartig versuchte
Jean-Luc nach hinten auszuweichen, stieß aber bald an die
Höhlenwand und sah sich unmittelbar wieder mit dem Phaserlauf
des Fremden konfrontiert. Er atmete tief ein und hoffte, es würde,
wenn schon, bitte schnell gehen. Bevor der Serganer allerdings
abdrücken konnte, wurde er von den Problemen seiner Kameraden
abgelenkt, die ernsthafte Schwierigkeiten hatten, die wild um sich
schlagende Beverly festzuhalten. "Was wollt ihr damit
erreichen?" schrie sie, mit einem selbst für Jean-Luc
überraschend wilden Gesichtsausdruck. Der Anführer lachte
wieder. "Unsere Freiheit, was denn sonst?" Inzwischen
hatten es die beiden Männer geschafft, Beverly festzuhalten,
aber sie blickte den Anführer immer noch wütend an, ihre
Haare hingen ihr quer über das Gesicht. "Und ist Gewalt die
einzige Lösung? Die Enterprise kam hierher um Frieden zu stiften
und das ist alles, was sie hier erwartet? Ein Anschlag?" Es
gelang ihr, sich loszureißen und sie stellte sich schützend
vor Jean-Luc. "Er ist verletzt und braucht Hilfe, aber statt
dessen wollt ihr ihn töten?" "Ganz recht," kam
die gefühlskalte Antwort. "Wir wollen die Sternenflotte
hier nicht und solche Methoden sind die beste Möglichkeit, euch
wieder loszuwerden.." "Es denkt aber nicht jeder so...
Warum fließt immer unschuldiges Blut?" "Es reicht!"
Mit einem weiteren Kopfnicken gab der Anführer demjenigen seiner
Leute mit dem Phaser einen weiteren Befehl und dieser schubste
Beverly brutal zur Seite um dann wieder auf Jean-Luc zu zielen. Sie
wurde sofort von den beiden anderen Serganer gepackt, damit sie nicht
noch einmal dazwischen kam, denn sie fing auch jetzt wieder an, wild
um sich zu schlagen und zu treten. "Nein!" schrie sie.
"Nein, nein, nein! Laßt ihn doch leben! Was habt ihr von
seinem Tod?" "Wir statuieren lediglich ein Exempel!"
kam die lapidare Antwort. "Und wozu?" Sie versuchte ihn
hinzuhalten, aber er ging nicht wieder darauf ein. Gerade wollte er
den Befehl zum Schießen erteilen, als ihn eine befehlende
Stimme davon abhielt: "Merdok, sn'hea tlep wonhaa dl'aae!"
Entgeistert drehten er und seine Leute sich zum Höhleneingang um
und herein kam zu Picards größter Überraschung
Botschafter Shandoz M'tarr. "Merdok, was tust du da?"
wiederholte er noch einmal in für Picard nun auch verständlichem
Englisch. Der Anführer, dessen Name also Merdok war, schleuderte
M'tarr etwas auf serganisch entgegen, doch das entzog sich komplett
dem Verständnis des Captains. Auffällig war nur, daß
sich der Botschafter nicht beeindrucken ließ. Unbeirrt sprach
er auf Englisch weiter: "Ich habe dich die ganze Zeit gesucht,
um dir zu sagen, daß die Sternenflotte ein unbeteiligtes
Schiff, die Enterprise geschickt hat, damit dieser Konflikt endlich
diplomatisch geklärt wird. Es ist Zeit für Verhandlungen!
Und du, du hättest beinahe den Captain dieses Schiffes getötet!
Bist du dir der Konsequenzen dieser Tat eigentlich bewußt?"
Merdok wies auf Picard und sagte etwas, das wie eine Frage klang.
M'tarr nickte. Wieder stellte Merdok allem Anschein nach eine
Frage. "Hoono hat mir gesagt, wo du dich aller
Wahrscheinlichkeit nach aufhalten wirst. Ich bin froh, noch
rechtzeitig gekommen zu sein." Resigniert blickte der Anführer
zu Boden und machte dann seinen Männern klar, sowohl Jean-Luc,
als auch Beverly in Frieden zu lassen. Ohne zu zögern ließ
man die Ärztin los und auch der Phaserlauf verschwand vom
Gesichtsfeld des Captains, obwohl Jean-Luc nicht sicher war, wie
glücklich diese Männer über den Befehl ihres Anführers
waren. Sofort kniete sich Beverly zu ihm hinunter und berührte
ihn an der Schulter. "Alles in Ordnung?" flüsterte
sie. "Danke, daß du sie hingehalten und um mein Leben
gekämpft hast," entgegnete er sanft. Sie begann sanft zu
lächeln. "Nichts zu danken..." Nichts erinnerte mehr
an ihre emotionale Verfassung, noch vor ein paar Stunden, aber trotz
allem stand dieser Kuß nun zwischen ihnen, egal, ob sie es
verschwiegen oder verdrängten. In ihm jedenfalls hatte er die
alten Gefühle wachgerufen und er fragte sich, wie er in Zukunft
damit umgehen wolle. Im Moment allerdings verfolgte er lieber den
harten Disput von M'tarr und Merdok, der nun zwar, da man von ihm
und Beverly abgelassen hatte, komplett auf serganisch geführt
wurde, doch die Intentionen und Tonlagen konnte er trotz allem
verstehen. Er fragte sich, was M'tarr mit diesem selbsternannten
Anführer der serganischen Rebellen zu tun hatte.
Der Streit
der beiden Serganer dauert noch eine ganze Weile an, doch Botschafter
M'tarr ging als Sieger hervor. Aufgebracht, aber ansonsten
friedlich verließ Merdok mit seinen Leuten die Höhle,
während ihnen der Botschafter zufrieden nachblickte. Jean-Luc
selbst wußte nicht, was er von alledem halten sollte. Sicher,
M'tarr hatte ihm und Beverly soeben das Leben gerettet, aber er
wußte immer noch nicht, auf welcher Seite dieser Mann nun
stand. Vorsichtig drückte er Beverlys Hand, was sie dazu
veranlaßte, ihn anzublicken. "Mir ist diese Sache immer
noch nicht ganz geheuer," flüsterte er, während sich
M'tarr ihnen langsam näherte. "Wer weiß, ob wir
nicht vom Regen in die Traufe geraten sind?" Langsam nickte sie
und blickte ihn besorgt an. "Wir werden sehen, ändern
können wir es sowieso nicht mehr..." Sanft strich sie über
den Rücken, wohl um ihn ein wenig zu beruhigen. Ein wenig
überraschte ihn ihr Verhalten schon, aber nicht unangenehm. Er
lächelte kurz, wurde dann aber wieder ernst, als M'tarr dicht
vor ihm stehen blieb. "Ich grüße Sie, Captain Picard
und auch Ihre charmante Begleiterin, deren Bekanntschaft ich bisher
nicht gemacht habe." Höflich nickte Jean-Luc dem
Botschafter zu, während Beverly sich umgehend vorstellte. "Sie
sind Botschafter Shandoz M'tarr, nicht wahr? Ich habe einiges von
Ihnen gehört. Ich bin Dr. Beverly Crusher, Leitender
Medizinischer Offizier der Enterprise." "Es freut mich, Sie
kennenzulernen, Dr. Crusher." "Ganz meinerseits!"
Angespannt verfolgte Picard die Konversation und fragte sich, ob und
wann der Botschafter die Katze aus dem Sack ließe. Bisher
verlief alles auf recht oberflächlicher Basis, aber es wollte
auch niemand etwas falsches sagen. "Wie ich sehe, wurden Sie
verletzt Captain. Die Wunde sieht nicht gut aus," bemerkte
M'tarr nun. "Ja, es geschah während dem Anschlag auf das
Hauptquartier ich hielt mich gerade im Freien auf und wurde von einem
Trümmerteil getroffen." Hatte er zu viel gesagt? Sie
waren diesem Mann auf Gedeih und Verderb ausgeliefert..
Nachdenklich runzelte der Serganer die Stirn, bis er schließlich
zugab: "Merdok ist ein Narr. Er versteht diese ganze Situation
nicht und dieser Anschlag war eine unnütze Verschwendung von
Ressourcen und Gefährdung von Leben. Ich hoffte ihn, von seinem
Vorhaben abbringen zu können, aber ich kam nicht mehr
rechtzeitig. Dieses Mal nicht!" "Wie meinen Sie das?"
Ein wenig überrascht war der Captain von dieser Aussage schon.
M'tarr seufzte. "Es war keine neue Idee von Merdok, bei einem
von Commander Waslewskis leider viel zu zahlreichen Empfängen
einen Anschlag zu verüben. Er und seine Gruppe von
Gleichgesinnten, wollen keinen Fortschritt, keinen Kontakt mit
anderen Rassen. Durch den Eintritt des Planeten in die Föderation
war für ihn klar, was sein Weg ist, aber ich konnte ihn jedesmal
im letzten Moment überreden davon abzulassen."
"Interessant..." Ganz recht mochte Picard ihm nicht
glauben, aber was hatte er momentan für Möglichkeiten? Zur
Zeit schien ihnen der Botschafter nicht feindlich gesinnt, auch wenn
immer noch vieles im Dunkeln blieb. Er überlegte, ob er es
riskieren konnte, den Botschafter um Hilfe zu fragen, ohne in eine
Falle zu tappen, doch Beverly nahm ihm diese Überlegungen
gänzlich ab. "Haben all diese Dinge nicht noch Zeit?"
fragte sie ungeduldig, während sie auf Jean-Luc wies. "Sie
haben gesehen, daß er verletzt ist, er braucht schnellstens
medizinische Versorgung." "Sie haben vollkommen recht,
Doktor. Wie dumm von mir!" "Könnten Sie unter
Umständen, jemand von Starfleet über unseren Aufenthaltsort
in Kenntnis setzen?" Sie wechselte ein paar Blicke mit dem
Captain und er sah in ihren Augen, daß sie M'tarr
genausowenig traute, wie er es tat, aber sie hatte recht, wenn sie
sagte, er brauche medizinische Unterstützung, denn er spürte
selbst, wie sich die Wunde mit jeder Stunde, die verstrich, stärker
entzündete. Wenn er die beiden, ihnen zur Zeit verbleibenden
Alternativen abwägte, blieb ihm und Beverly wirklich keine allzu
große Wahl. Da sie sich vehement weigerte, alleine zu gehen und
Hilfe zu holen, gab es nur die Möglichkeit auf die Rettungsteams
zu warten, falls man überhaupt welche losschickte, oder die sich
gerade eben ergebene Gelegenheit ergreifen und den nicht wirklich
vertrauenswürdigen Botschafter um Unterstützung zu bitten.
Eine Wahl zwischen Pest und Cholera, wie ihm schien. Und das, wo er
nicht einmal wußte, wie die Lage zur Zeit im Hauptquartier von
Starfleet an und für sich aussah. Die Stimme des Serganers riß
ihn aus seinen Gedanken. "Bedauere," sagte er zu Beverly,
"das ist mir momentan nicht möglich, allerdings könnten
wir Ihren Captain zu einem unserer Lager schaffen, damit er die
Versorgung, die er benötigt, dort erhält." Kummervoll
blickte Beverly zu Jean-Luc herunter, sie ahnte was er dachte und war
wohl der selben Meinung. "Ich fürchte, das kann ich nicht
annehmen," entgegnete sie vorsichtig. Dieser gesamte Dialog
glich zweier Raubkatzen, die vorsichtig umeinander herumschlichen,
die Motive des anderen vermeintlich kennend, aber doch nicht
angreifend. Und dann zückte M'tarr den Phaser. "Ich
wußte, Sie würden so reagieren," bemerkte er kühl,
wobei er die Waffe geradewegs auf die Ärztin richtete. Jean-Luc
hörte sie empört aufkeuchen, er selbst fühlte nur
seine Vermutungen bestätigt, selbst wenn ihn das Verhalten des
Botschafters traurig stimmte. Der Serganer fuhr fort: "Es ist
nicht persönlich, aber ich kann nicht zulassen, daß Sie
meine Pläne durchkreuzen..." Picard sah, wie der
Energiestrahl auf ihn zukam und ihn direkt traf. Er spürte nicht
einmal Schmerzen und war schon nicht mehr bei Bewußtsein, als
er seitlich auf den Steinboden kippte.
