Disclaimer: Ein Teil der vorkommenden Namen ist eingetragenes Warenzeichen von Paramount Pictures.
VIIIEin frecher
Sonnenstrahl schien Captain Jean-Luc Picard auf die geschlossenen
Augen und brachte ihn dazu einige Male zu blinzeln, bevor er
aufwachte. Verwirrt setzte er sich auf und versuchte seine Gedanken
zu ordnen, da ihm die Umgebung war völlig fremd war. Das Erste,
was ihm auffiel, war, daß der Schmerz an seinem Hinterkopf
verschwunden war und es gab auch keine Wunde mehr zu spüren, wie
er sich tastend vergewisserte. Das Zweite war der seltsame Raum, in
dem er sich befand. Es war zwar keine luxuriöse Einrichtung,
aber doch einiges mehr, als er noch in der Höhle gehabt hatte.
Er befand sich momentan auf einer Art Pritsche, die mit einem Kissen
und einer Decke ausgestattet war. Keine zwei Meter von ihm entfernt
war ein kleiner quadratischer Holztisch, auf dem eine Obstschale
stand. Unter den zwei großen, in die dicke Steinwand gehauenen,
aber um vom Boden aus zu erreichen, viel zu hoch hängenden
Fenstern stand ein relativ primitiver Hocker, der, da war er sich
sicher, auch schon bessere Zeiten gesehen hatte. Was ihm auffiel, war
die zweite Pritsche, auf der gegenüberliegenden Seite des
Raumes, deren Decke zurückgeschlagen war und deren Kissen eine
kleine Kuhle aufwies, was soviel bedeutete, als daß dort vor
nicht allzu langer Zeit jemand gelegen hatte. Mühsam schwang er
die Beine von seiner eigenen und stand langsam auf. Sie taten ihm weh
– er hatte sie lange Zeit nicht mehr benutzt, aber ansonsten ging
es ihm erstaunlich gut. Er erinnerte sich, daß Botschafter
M'tarr ihn und Beverly niedergeschossen hatte, doch warum war er
hier? Geheilt? Am Leben? Dies sah zwar nicht nach Starfleet aus, doch
irgend jemand mußte mit ihm Erbarmen gehabt haben... Mit
ihm! Aber was war mit Beverly geschehen? War sie noch am Leben?
Und wenn ja, wo hielt sie sich auf? Er blickte zu der Metalltür
gegenüber der Fensterseite und überlegte, ob man sie öffnen
konnte, oder ob er eingesperrt war. Da Ausprobieren die einzige
Methode war, dies herauszufinden ging er zu der Tür hinüber
und besah sie sich näher. Wie er bereits festgestellt hatte, war
sie aus Metall und sah dadurch sehr militärisch aus, auch wenn
es nicht unbedingt zu den massiven Steinwänden paßte. Er
konnte nirgendwo ein elektronisches Schloß erkennen oder
sonstige Technologie, sondern lediglich einen simplen Türgriff.
Er drückte dagegen – und wunderte sich umso mehr, als sie sich
mühelos öffnen ließ. Was hatte das zu bedeuten?
Vorsichtig schlüpfte er durch den Türrahmen und blickte
nach links und rechts. Er war nun auf einem dunklen Flur, der zu
beiden Seiten irgendwann in Dunkelheit verschwand und nur spärlich
von einigen trüben, schmutzigen Leuchtkörpern erhellt
wurde, was ihn zu der Vermutung kommen ließ, daß er sich
in einem, in einen Berg gebauten Gebäude aufhielt. Es war weit
und breit niemand zu sehen und so schloß er die Tür leise
hinter sich, um dem Flur in eine der Richtungen zu folgen. Wachsam
blickte er sich noch einmal nach allen Seiten um und setzte sich
dann, bedacht auf jeden seiner Schritte achtend, in Bewegung. Er
wußte ja weder, wo er war, noch warum er hier war und wollte
deshalb keine unliebsamen Überraschungen erleben. Als
allererstes wollte er herausfinden, was man mit Beverly gemacht hatte
und er hoffte inständig, daß es ihr gutging. Er wußte
nicht, wie er damit umgehen sollte, wenn sie tot wäre, es gab
noch so viele Dinge, die er ihr zu sagen hatte...
Er war einige
Meter auf dem dämmrig beleuchteten Flur gegangen, als ihm eine
relativ große Flügeltür auf der rechten Seite ins
Auge stach. Sie schien ins Freie zu führen und war ebenso leicht
zu öffnen, wie die Metalltür des Zimmers, in dem er sich
befunden hatte. Zielstrebig ging er auf diese Tür zu und drückte
sie langsam auf, damit sie kein Geräusch von sich gab. Als sie
weit genug geöffnet war, um erkennen zu können, was auf der
anderen Seite lag, spähte er durch den Spalt und erkannte einen
bei weitem helleren Gang, der nach draußen führte.
Vielleicht war es nicht das schlechteste, ins Freie zu kommen, dachte
er sich, so konnte er möglicherweise erkennen, wo genau er sich
aufhielt. Er öffnete die Tür ganz und schlich den neuen
Gang entlang, der Helligkeit entgegen. Als er schließlich ins
Freie trat, mußte er einen kurzen Moment die Augen zukneifen,
da diese noch an die kühle Dunkelheit des Gebäudes gewöhnt
waren und sich erst mit den neuen Informationen vertraut machen
mußten. Als dies geschehen war, erkannte er einen Innenhof
inmitten von Betongebäuden, die an die angrenzenden Berge gebaut
waren, also befand er sich nach wie vor im Gebirge. In der Mitte
dieses Innenhofes war ein Brunnen, um den herum einige Körbe
standen und auf dessen Rand eine Gestalt saß. Ansonsten war der
Hof wie ausgestorben. Der ganze Komplex hatte eine gesunde Mischung
aus Rückständigkeit und Fortschritt, was eine interessante
Kombination ergab. Er kniff die Augen ein wenig zusammen, um die am
Brunnen sitzende Gestalt besser ausmachen zu können und war sehr
überrascht, als er Beverly erkannte. Freudig eilte er auf sie
zu. "Beverly!" Überrascht drehte sie sich zu ihm um
und stand dann schnell auf. "Jean-Luc, endlich bist du wach!"
Dicht bei ihr blieb er stehen. Nun, da er sie sah, wußte, daß
sie noch lebte, brachte er nichts von all den Dingen heraus, die er
ihr zu sagen hatte, statt dessen räusperte er sich lediglich
nervös. Verwundert blickte sie ihm ins Gesicht. "Ist alles
in Ordnung?" "Ja, aber natürlich... Ich... ich bin
nur so froh, daß man dir... Ich meine.. daß du wohlauf
bist." Erleichtert nahm er sie letztendlich in die Arme und sah
ihr in die Augen. Ihre Gesichter waren nur wenige Zentimeter
voneinander entfernt und es herrschte stummes Einverständnis
zwischen ihnen, doch dieses Mal küßte er sie nicht. Er
drückte sie lediglich voller Erleichterung an sich, was sie ohne
Widerrede geschehen ließ. Sie blieben eine ganze Zeitlang so
stehen, in die Nähe es anderen vertieft und in vollkommener
Einigkeit, bis sie eine fremde Stimme in die Wirklichkeit
zurückholte. "Ich freue mich, daß es Ihnen wieder
besser geht und Sie wieder auf den Beinen sind!" Verwundert
drehte Picard sich um und erblickte eine große, schlanke
Serganerin, die relative einfache, aber zweckmäßige
Kleider trug und wallendes, schwarzes Haar hatte, das durch die hier
ständig wehende Brise, genau wie Beverlys wunderbare rote Haare
ständig in Bewegung war. Er hatte die Frau gar nicht kommen
sehen. "Wer sind Sie? Und wo sind wir hier?" Endlich wurde
er die Fragen los, die ihn schon seit einiger Zeit belasteten. Die
Frau lächelte und entblößte ein strahlend weißes,
gepflegtes, aber raubtierähnliches Gebiß. "Entschuldigen
Sie meine Unhöflichkeit. Ich bin Führerin Ohana und sorge
für Ordnung hier. Sie befinden sich im Stützpunkt unserer
Leute, inmitten des Rainkin-Gebirges!" Ganz war Jean-Luc mit
ihren Antworten nicht zu zufrieden. "Wie definieren Sie ‚Ihre
Leute'? Welcher serganischen Splittergruppe gehören Sie an und
wieso sind wir hier?" Sie seufzte. "Wie man mir sagte, Sie
scheuen keine Fragen. Also schön, ich werde es Ihnen so gut es
geht erklären. Ich gehöre den Maheena-Khaa an, wobei ich
hier betonen möchte, daß wir keine der aggressiven
Terrorgruppen sind, wir versuchen nur, das Gleichgewicht dieses
Planeten beizubehalten. Was Ihr Hiersein betrifft... Darüber
sprechen Sie lieber mit Shandoz. Er brachte Sie vor einigen Tagen
hierher und bestand auf Ihre medizinische Versorgung, sowie eine
angemessene Behandlung Ihrer Begleiterin, doch einen Grund nannte er
uns nicht." "Shandoz? Meinen Sie Botschafter M'tarr?"
"Genau den... Was ist mit ihm?" Jean-Luc tauschte einen
Blick mit Beverly, blickte dann wieder die Frau, die sich als Ohana
vorgestellt hatte an und schüttelte den Kopf. "Ich bin ein
wenig verwirrt," gestand er. "Ich bin mir nicht im Klaren,
was er von uns will." "Wie ich bereits sagte, sprechen Sie
mit ihm!" kam die lapidare Antwort. "Und wo finde ich ihn?"
entgegnete der Captain daraufhin gereizter. Ohana lachte und tat so,
als hätte sie den gereizten Unterton in seiner Stimme nicht
gehört. "Ich soll Sie zu ihm bringen, jetzt wo Sie wach
sind. Er hat ebenfalls einige Fragen an Sie..." "Das trifft
sich ausgezeichnet!" Die Serganerin nickte und wies dann auf
eine breite Tür in einem der Betonklötze auf der anderen
Seite des Hofes. "Hier entlang, bitte!" Sie setzte sich
langsam in Bewegung und achtete darauf, daß ihr die beiden
Menschen auch folgten. Instinktiv ergriff Jean-Luc Beverlys Hand und
lief Ohana nach, die schon den halben Hof überquert hatte.
Das
Innere dieses Komplexes war total verschieden, von dem Gebäude
in dem Jean-Luc aufgewacht war. Der Gang, der von der Tür weiter
ins Zentrum des Gebäudes führte war hell und deutlich
erleuchtet und die Türen sahen nicht so militärisch und alt
aus. Sie schienen relativ neu und gut gepflegt und hatten außerdem
elektronische Vorrichtungen zum Öffnen. Kurz gesagt, alles
erschien viel belebter und wohnlicher. Außerdem liefen hier
auch einige Serganer geschäftig hin und her und es war nicht so
ausgestorben und verlassen, wie das andere Gebäude und der
Innenhof. Sie liefen einige Meter den Gang hinunter, bis Ohana bei
einer der Türen stehenblieb und etwas in der seitlichen
Kontrolltafel eingab. Es dauerte eine kurze Zeit, bevor sich die Tür
nach zwei Seiten öffnete und den Weg freigab. Die Serganerin
verbeugte sich leicht und wies sowohl Picard als auch Beverly an,
hindurchzutreten. Als dies geschehen war, meinte sie: "Da wären
wir! Ich muß Sie nun bitten, alleine weiterzugehen, weil ich
noch andere Dinge zu erledigen habe. Es ist nicht mehr weit."
Jean-Luc wollte gerade den Mund aufmachen und sich beschweren, als
Beverly ihm sanft die Hand auf den Arm legte und ihm ein klein wenig
zuvorkam. "Vielen Dank!" sagte sie. "Wir werden es
schon finden." Ohana nickte ein weiteres Mal und verschwand
dann, wobei sich zeitgleich die Tür schloß. Jean-Luc
seufzte resignierend. "Und was jetzt? Langsam habe ich genug von
diesen Spielchen. Ich will endlich wissen was Sache ist!" "Und
das werden Sie auch erfahren, Captain Picard!" hörte er
eine angenehm tiefe Stimme hinter sich. Sofort drehte Jean-Luc sich
um und erblickte Botschafter M'tarr, der am Ende des Ganges an
einem Türrahmen gelehnt stand und die beiden Neuankömmlinge
amüsiert beobachtete. "Aber zuallererst begrüße
ich Sie natürlich ganz herzlich. Ich bin froh, daß Ihre
Verletzung so gut verheilt ist." "Vielleicht haben Sie
Verständnis dafür, daß ich Sie nicht ganz so
enthusiastisch begrüßen kann, Botschafter!"
schleuderte Picard ihm ungehalten entgegen. "Ich habe nicht die
geringste Ahnung, was Sie von uns wollen und noch weniger, was Ihre
Pläne sind!" "Selbstverständlich habe ich dafür
vollstes Verständnis, Captain, aber deshalb möchte ich ja
mit Ihnen sprechen," kam die höfliche Antwort. "Ich
bitte Sie, mir zu folgen, denn hier auf dem Gang diskutiere ich nur
höchst ungern." Wütend knirschte Jean-Luc mit den
Zähnen. Ihm ging diese stoische Höflichkeit des Serganers
langsam auf die Nerven. Klare Worte wären ihm weitaus lieber
gewesen. So folgte er M'tarr schnell, der sie in ein mittelgroßes,
sehr hell erleuchtetes Zimmer führte. Auf dem Boden lag ein
recht einfacher Teppich der gut handgeknüpft sein konnte und am
Fenster war ein massiver Holztisch, der schon etwas abgenutzt wirkte,
aber trotzdem als Blickfang diente. Auf diesem Tisch lagen eine Menge
technischer Komponenten, wie Teile von Computern und sonstige Drähte
und Schnittstellen und ein bequem aussehender Stuhl stand dahinter.
Es gab zudem noch zwei weitere Stühle, die aber bei weitem nicht
so bequem aussahen. Das war alles an Mobiliar. An den Wänden
hingen noch, wie Jean-Luc sofort ins Auge fiel, einige Waffen, die
allerdings etwas veraltet wirkten und wohl nur noch einem dekorativen
Zweck dienten. Trotzdem ließ es auf den Charakter der Person
schließen, der das Zimmer gehörte. Er wünschte er
hätte Counselor Troi bei sich gehabt. Ihre empathischen
Fähigkeiten hätten ihm bestimmt die ein oder andere Frage
beantworten können. So mußte er sich auf seinen gesunden
Menschenverstand und seine diplomatischen Fähigkeiten verlassen.
Trotz allem war es aber nicht das schlechteste, daß er
zumindest Beverly bei sich hatte. Er drehte sich kurz zu ihr um und
sie nickte ihm beschwichtigend zu. Irgendwie beruhigte ihn, daß
sie hier war. Sie war ihm eine Stütze und er erkannte wieder
einmal das Band, welches sie über die Jahre hinweg immer mehr
verbunden hatte. Er hatte das Gefühl, sie inzwischen sehr gut zu
kennen und wußte, daß es ihr umgekehrt genauso gehen
mußte. Und trotzdem... waren sie immer noch einfach gute
Freunde. Natürlich hatte er noch immer kein gutes Gefühl
dabei, wenn er an so etwas dachte, denn es kam ihm, selbst nach über
20 Jahren immer noch wie ein Betrug an seinem besten Freund Jack vor.
Es gab eine Zeit in der er fast täglich an die biblische
Geschichte von König David hatte denken müssen, der den
treuen Krieger Uria in den Tod geschickt hatte, um dessen Frau
Batseba für sich zu bekommen und er hatte sich schuldig gefühlt,
jedes Mal wenn er Beverly angesehen hatte. Irgendwann hatte er es
nicht mehr ausgehalten und war gegangen, vielleicht sogar regelrecht
geflohen. Er hatte sie mit ihrem kleinen Sohn alleine gelassen, aus
seinen Schuldgefühlen heraus, obwohl sie ihn damals vielleicht
gebraucht hätte. Eine Zeitlang waren sie noch schriftlich in
Kontakt geblieben, oder besser gesagt, Beverly hatte ihm noch einige
Male ausführliche Briefe gesandt, die er nur knapp und später
gar nicht mehr beantwortet hatte. Irgendwann war der Kontakt
eingeschlafen und er hatte sie erst wieder gesehen, als sie an Bord
der Enterprise kam, um dort als Schiffsärztin ihren Dienst
aufzunehmen. Im ersten Moment war er erschrocken darüber, zum
Teil aus Angst vor seinen Gefühlen, aber auch weil er immer noch
dieses schlechte Gewissen ihr gegenüber hatte, denn er wußte,
er hatte sie schlecht und falsch behandelt. Sie hatte es besser
verdient, nach allem, was ihr widerfahren war. Trotzdem gelang es
ihnen in den kommenden Jahren eine tiefere Freundschaft aufzubauen
und auch wenn sie selten über das Vergangene sprachen, schien es
ihm, hatten sie eine stumme Übereinkunft getroffen. Er nahm sich
vor, sobald sie wieder auf der Enterprise waren, sofern das passieren
sollte, ausführlich mit ihr darüber zu sprechen und sie um
Verzeihung zu bitten, anstatt das Geschehene zu verdrängen, wie
er es die ganze Zeit über getan hatte. Botschafter M'tarr
holte ihn zurück in die Wirklichkeit, als er ihn und Beverly
bat, Platz zu nehmen und sich selbst an den massiven Holztisch
setzte. Jean-Luc blickte Beverly kurz an und kam dann der Bitte des
Botschafters nach. Er hoffte nun endlich all die Fragen loszuwerden,
die ihn schon seitdem er aufgewacht war, drückten. "Ich
hoffe, Botschafter, Sie können mir nun endlich erklären was
das soll. Ich möchte wissen, auf wessen Seite Sie stehen!"
erklärte er ungeduldig und gereizt. M'tarr lächelte
freundlich, während er die Hände faltete und auf den Tisch
legte. "Eines sollten Sie wissen, Captain. Ich stehe alleine auf
der Seite der Serganer. Ich möchte nicht, daß meinem Volk
Schaden widerfährt, aber das bedeutet nicht, daß ich gegen
Starfleet arbeite, meine Leute stehen mir lediglich näher. Und
nennen Sie mich nicht Botschafter, diesen Titel mußte ich nur
annehmen, um mit Ihnen in Kontakt treten zu können!" Picard
nickte langsam. "In Ordnung. Ich glaube weitere Details möchte
ich in dieser Hinsicht nicht wissen, aber etwas anderes: Warum haben
Sie mich und Dr. Crusher hierher bringen lassen und meine Wunde
versorgt?" "Es war notwendig!" "Und wieso haben
Sie auf uns geschossen?" "Auch das war notwendig!" Der
Captain seufzte. Dieses Gespräch fing an, ihm keinen Spaß
mehr zu machen und M'tarr mit seinen nichtssagenden Antworten zu
nerven. Nervös trommelte er mit seinen Hand auf der Tischplatte
herum und wartete ab. Eine Zeitlang herrschte unbequeme Stille im
Raum, bis der Serganer nachdenklich anfing zu sprechen. "Ich
gebe zu, Sie haben ein Recht auf diese Antworten und darum versuche
ich es Ihnen zu erklären. Stellen Sie sich vor, ich hätte
die Höhle unverrichteter Dinge wieder verlassen und Ihre Leute
hätten Sie gefunden. Was hätten Sie ihnen erzählt? Daß
Merdok sie töten wollte und ich dazwischenkam, aber Sie mir
trotzdem mißtrauten, denn Sie wollten nicht mit mir gehen.
Wahrscheinlich wäre der gesamte Verdacht auf mich gefallen. Ich
mußte Sie unbedingt mitnehmen und Sie von meinen Absichten
überzeugen." "Und was sind Ihre Absichten? War es
wirklich nötig uns niederzuschießen?" M'tarr nickte
langsam. "Anders wären Sie nicht mitgekommen. Ich habe
keinen von Ihnen verletzt, sondern nur betäubt und ich habe
Anweisung gegeben, daß Ihnen hier kein Haar gekrümmt
wird." "Warum haben Sie uns nicht einfach die Wahrheit
gesagt?" "Ich wäre das Risiko eingegangen, daß
Sie mir nicht glaubten und was dann? Man hätte mich als
Verbrecher abgestempelt!" Nachdenklich legte Picard einen Finger
an den Mund. Die Argumente des Serganers enthielten durchaus Logik,
auch wenn seine Methoden vielleicht auf den ersten Blick etwas grob
erschienen. Aber es stimmte schon. Man hatte sowohl ihm, als auch
Beverly nichts getan und sogar seine Verletzung behandelt. "Nehmen
wir an, ich glaube Ihnen. Weswegen ist es so wichtig, uns von Ihren
Absichten zu überzeugen?" "Weil ich nicht gegen die
Föderation arbeite, wie ich Ihnen bereits mitteilte. Ich bin
dafür, daß Sie weiterhin einen Stützpunkt auf diesem
Planeten unterhalten, denn Sie sind eine Bereicherung für das
Volk. Nur leider vertragen einige, wie Merdok, den Fortschritt
nicht..." "Merdok... richtig! Woher kennen Sie ihn so gut?
Selbst wenn Sie abstreiten, direkt mit ihm zusammenzuarbeiten,
scheint es mir doch, daß Sie untereinander Kontakt haben, wie
sonst hätten Sie ihn angeblich davon abhalten können,
Waslewskis Stützpunkt mehrmals anzugreifen...!" M'tarr
vergrub sein Gesicht in den Händen, die auf dem Tisch abgestützt
waren und seufzte laut. "Ein dunkles Kapitel, Captain. Ein sehr
dunkles Kapitel. Merdok ist ein Narr, aber er ist auch mein
Bruder..." "Ihr ... Bruder!" Überrascht riß
Picard die Augen auf. "Das würde zumindest einiges
erklären, Jean-Luc..." flüsterte Beverly ihm leise zu
und er nickte langsam. Es dauerte eine Weile, bis er diese
Information verarbeitet hatte, doch es warf ein neues Licht auf die
Sache. Zwei Brüder die in ihren Prinzipien unterschiedlicher
nicht sein konnten und gleichzeitig mit- und gegeneinander
arbeiteten. "Und was wollen Sie jetzt tun? Können Sie
garantieren, daß die feindlichen Akte gegen Starfleet aufhören
werden?" "Ich bin mir nicht sicher... Ich konnte Merdok
niemals davon überzeugen, er war schon immer ein Sturkopf, aber
ich habe gehofft, Sie könnten es. Sehen Sie, die Diskussion
Starfleet spaltet mein Volk langsam in zwei Parteien, die sich
einander immer mehr entfremden, denn ein Großteil plädierte
ja gemeinsam mit der Regierung für die Aufnahme. Gegner des
Entschlusses wurden überhört und so kam es schließlich
zu diesen extremen Maßnahmen. Captain, diese Sache ist nicht
nur ein Konflikt mit Starfleet und den Serganern, sondern auch ein
Konflikt der Serganer unter sich, der, wenn er nicht bald beendet
werden kann, zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führen
kann, was ich gerne verhindern würde. Dies war übrigens
auch der Anlaß für die Gründung der Maheena-Khaa. Wir
hofften Krisenherde entschärfen zu können. Sie verstehen
sicher, daß Sie die Situation nur verschlimmert hätten,
wenn Sie mich als Verbrecher dargestellt hätten, was ganz sicher
der Fall gewesen wäre. Das war der Grund, für Ihre, wenn
man es so will, Entführung. Es steht Ihnen jederzeit frei, zu
gehen, doch ich bitte Sie, helfen Sie mir, den Konflikt zu beenden,
von mir aus im Namen Starfleets. Unsere Interessen decken sich doch,
bis zu einem gewissen Grad." Picard runzelte die Stirn und
begann nachdenklich auf seiner Unterlippe herumzukauen. Es hätte
sicher Vorteile auf das Angebot einzugehen, das ihm M'tarr gerade
gemacht hatte, doch fragte er sich weshalb gerade seine Person so
wichtig sein sollte. Er hatte zwar eine Vermutung, aber wollte diese
erst betätigt wissen, bevor er sich auf weitere Details und
Diskussionen einließ. "Warum soll gerade ich Ihnen
helfen?" "Captain, Sie wissen so gut wie ich, daß
Commander Waslewski ein unfähiger Mann ist. Es war ein Fehler,
ihn hier zu stationieren, denn er bestätigte die Vermutungen,
die diejenigen hegten, die gegen den Eintritt in die Föderation
waren und machte auch die anderen, die keine Gegner der Entscheidung
waren ein wenig zweifelnd. Wurden Sie nicht hierher gerufen, um die
gespannte Situation zu lösen? Genau das sollen Sie tun, denn
nach den Informationen, die ich über Sie habe, sind Sie ein
glaubwürdiger und qualifizierter Mann. Ich könnte dafür
sorgen, daß Merdok Ihnen wenigstens zuhört, was Sie zu
sagen haben. Sicher wird er seine Meinung nicht sofort ändern,
aber vielleicht können Sie ihn wenigstens für vernünftige
Argumente ein wenig zugänglicher machen." Das war es, was
Picard hören wollte. Genau diese Vermutung hatte er gehegt und
irgendwie schloß sich der Kreis nun wieder. Alles, was vorher
unsinnig schien, machte nun Sinn. Er nickte M'tarr zu. "Ich
denke, darüber läßt sich reden. Wir könnten,
denke ich, einig werden." Freudig reichte der Serganer Jean-Luc
die Hand. "Ich wußte, daß Sie ein vernünftiger
Mann sind Captain!"
In der Gegenwart...
Picard blickte hoch zu Deanna Troi, die geduldig neben ihm saß. "Was dann passierte, wissen Sie ja!" Langsam nickte die Halbbetazoidin. Ja, das wußte sie nun wieder. Nachdem man die Schäden, die am serganischen Sternenflottenstützpunkt entstanden waren, halbwegs repariert hatte, hatte man endlich Zeit und Gelegenheit aufgebracht, Suchtrupps nach dem Captain und dem Doktor auszusenden, die jedoch nach einiger Zeit erfolglos zurückkehrten. Man hatte nur Teile der Uniform von Beverly gefunden, doch sonst gab es keine Spur der beiden. Umso erstaunlicher war es, als sie, wie durch ein Wunder einen Tag später in Begleitung von Botschafter M'tarr zurückkehren unverletzt und wohlauf. Beide waren sie Fragen darüber, was geschehen war, ausgewichen und hatten nur die nötigsten Antworten gegeben. Der Rest war, bis eben, ein Geheimnis geblieben und irgendwie beruhigte Deanna es sehr, daß sie nun wußte, was genau vorgefallen war. Sie fand die Vorstellung der beiden in dieser Höhle sogar unglaublich romantisch und ein wenig kam es ihr vor, wie in den alten Tagen. Vielleicht erzählte sie dem Captain irgendwann im Laufe dieses Gesprächs auch ihre eigenen Erfahrungen mit Beverly. Wie ihre Freundin sie beispielsweise aufgesucht und um Rat gefragt hatte, wie es nun weitergehen sollte. Aber das hatte Zeit, erst sollte Picard seine aufgewühlte Seele einigermaßen beruhigen, das war wichtiger. Die Verhandlungen, die nach der Rückkehr der beiden und dem Auftauchen von M'tarr geführt wurden, verliefen sogar relativ erfolgreich. Sie war froh dabeigewesen zu sein und dem Captain mit ihrem empathischen Fähigkeiten zur Seite gestanden haben zu können. Wie erwartet hatte Merdok erst gezögert und konnte auch nicht vollends überzeugt werden, dennoch gelang es wenigstens, ihn mithilfe seines Bruders und einiger anderer Serganer davon zu überzeugen, keine Gewalt mehr anzuwenden und abzuwarten, wie der neue Commander seine Arbeit verrichtete. Fast hatte ihr Waslewski ja leid getan, als man ihn damals aufgrund von Captain Picards Bericht und dem seiner Führungsoffiziere für "nicht geeignet für Führungspositionen" deklariert und strafversetzt hatte. Nicht geeignet für Führungspositionen? Sie schauderte ein wenig. Dies bekam erstaunlich aktuelle Bezüge. Sie schielte zu ihrem nachdenklichen Captain hinüber, dem das selbe Schicksal blühte, ohne daß er etwas davon wußte und atmete aus. Offensichtlich hatte Waslewskis Nachfolger ein wohl glücklicheres Händchen, denn die Enterprise hatte seitdem nie wieder etwas von Serga VII gehört, nachdem alles geklärt gewesen war. "Was Sie nicht wissen..." fuhr Picard plötzlich fort und riß sie aus den Gedanken, "ist, wie es mir ergangen war, als ich nach dieser Mission wieder zurück auf der Enterprise war. Ich hatte mir vorgenommen, Beverly so viele Dinge zu sagen, aber ich brachte es anfangs nicht über mich...
