Disclaimer: Ein Teil der vorkommenden Namen ist eingetragenes Warenzeichen von Paramount Pictures.

VIII

Ein frecher Sonnenstrahl schien Captain Jean-Luc Picard auf die geschlossenen Augen und brachte ihn dazu einige Male zu blinzeln, bevor er aufwachte. Verwirrt setzte er sich auf und versuchte seine Gedanken zu ordnen, da ihm die Umgebung war völlig fremd war. Das Erste, was ihm auffiel, war, daß der Schmerz an seinem Hinterkopf verschwunden war und es gab auch keine Wunde mehr zu spüren, wie er sich tastend vergewisserte. Das Zweite war der seltsame Raum, in dem er sich befand. Es war zwar keine luxuriöse Einrichtung, aber doch einiges mehr, als er noch in der Höhle gehabt hatte. Er befand sich momentan auf einer Art Pritsche, die mit einem Kissen und einer Decke ausgestattet war. Keine zwei Meter von ihm entfernt war ein kleiner quadratischer Holztisch, auf dem eine Obstschale stand. Unter den zwei großen, in die dicke Steinwand gehauenen, aber um vom Boden aus zu erreichen, viel zu hoch hängenden Fenstern stand ein relativ primitiver Hocker, der, da war er sich sicher, auch schon bessere Zeiten gesehen hatte. Was ihm auffiel, war die zweite Pritsche, auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes, deren Decke zurückgeschlagen war und deren Kissen eine kleine Kuhle aufwies, was soviel bedeutete, als daß dort vor nicht allzu langer Zeit jemand gelegen hatte. Mühsam schwang er die Beine von seiner eigenen und stand langsam auf. Sie taten ihm weh – er hatte sie lange Zeit nicht mehr benutzt, aber ansonsten ging es ihm erstaunlich gut. Er erinnerte sich, daß Botschafter M'tarr ihn und Beverly niedergeschossen hatte, doch warum war er hier? Geheilt? Am Leben? Dies sah zwar nicht nach Starfleet aus, doch irgend jemand mußte mit ihm Erbarmen gehabt haben... Mit ihm! Aber was war mit Beverly geschehen? War sie noch am Leben? Und wenn ja, wo hielt sie sich auf? Er blickte zu der Metalltür gegenüber der Fensterseite und überlegte, ob man sie öffnen konnte, oder ob er eingesperrt war. Da Ausprobieren die einzige Methode war, dies herauszufinden ging er zu der Tür hinüber und besah sie sich näher. Wie er bereits festgestellt hatte, war sie aus Metall und sah dadurch sehr militärisch aus, auch wenn es nicht unbedingt zu den massiven Steinwänden paßte. Er konnte nirgendwo ein elektronisches Schloß erkennen oder sonstige Technologie, sondern lediglich einen simplen Türgriff. Er drückte dagegen – und wunderte sich umso mehr, als sie sich mühelos öffnen ließ. Was hatte das zu bedeuten? Vorsichtig schlüpfte er durch den Türrahmen und blickte nach links und rechts. Er war nun auf einem dunklen Flur, der zu beiden Seiten irgendwann in Dunkelheit verschwand und nur spärlich von einigen trüben, schmutzigen Leuchtkörpern erhellt wurde, was ihn zu der Vermutung kommen ließ, daß er sich in einem, in einen Berg gebauten Gebäude aufhielt. Es war weit und breit niemand zu sehen und so schloß er die Tür leise hinter sich, um dem Flur in eine der Richtungen zu folgen. Wachsam blickte er sich noch einmal nach allen Seiten um und setzte sich dann, bedacht auf jeden seiner Schritte achtend, in Bewegung. Er wußte ja weder, wo er war, noch warum er hier war und wollte deshalb keine unliebsamen Überraschungen erleben. Als allererstes wollte er herausfinden, was man mit Beverly gemacht hatte und er hoffte inständig, daß es ihr gutging. Er wußte nicht, wie er damit umgehen sollte, wenn sie tot wäre, es gab noch so viele Dinge, die er ihr zu sagen hatte...
Er war einige Meter auf dem dämmrig beleuchteten Flur gegangen, als ihm eine relativ große Flügeltür auf der rechten Seite ins Auge stach. Sie schien ins Freie zu führen und war ebenso leicht zu öffnen, wie die Metalltür des Zimmers, in dem er sich befunden hatte. Zielstrebig ging er auf diese Tür zu und drückte sie langsam auf, damit sie kein Geräusch von sich gab. Als sie weit genug geöffnet war, um erkennen zu können, was auf der anderen Seite lag, spähte er durch den Spalt und erkannte einen bei weitem helleren Gang, der nach draußen führte. Vielleicht war es nicht das schlechteste, ins Freie zu kommen, dachte er sich, so konnte er möglicherweise erkennen, wo genau er sich aufhielt. Er öffnete die Tür ganz und schlich den neuen Gang entlang, der Helligkeit entgegen. Als er schließlich ins Freie trat, mußte er einen kurzen Moment die Augen zukneifen, da diese noch an die kühle Dunkelheit des Gebäudes gewöhnt waren und sich erst mit den neuen Informationen vertraut machen mußten. Als dies geschehen war, erkannte er einen Innenhof inmitten von Betongebäuden, die an die angrenzenden Berge gebaut waren, also befand er sich nach wie vor im Gebirge. In der Mitte dieses Innenhofes war ein Brunnen, um den herum einige Körbe standen und auf dessen Rand eine Gestalt saß. Ansonsten war der Hof wie ausgestorben. Der ganze Komplex hatte eine gesunde Mischung aus Rückständigkeit und Fortschritt, was eine interessante Kombination ergab. Er kniff die Augen ein wenig zusammen, um die am Brunnen sitzende Gestalt besser ausmachen zu können und war sehr überrascht, als er Beverly erkannte. Freudig eilte er auf sie zu. "Beverly!" Überrascht drehte sie sich zu ihm um und stand dann schnell auf. "Jean-Luc, endlich bist du wach!" Dicht bei ihr blieb er stehen. Nun, da er sie sah, wußte, daß sie noch lebte, brachte er nichts von all den Dingen heraus, die er ihr zu sagen hatte, statt dessen räusperte er sich lediglich nervös. Verwundert blickte sie ihm ins Gesicht. "Ist alles in Ordnung?" "Ja, aber natürlich... Ich... ich bin nur so froh, daß man dir... Ich meine.. daß du wohlauf bist." Erleichtert nahm er sie letztendlich in die Arme und sah ihr in die Augen. Ihre Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt und es herrschte stummes Einverständnis zwischen ihnen, doch dieses Mal küßte er sie nicht. Er drückte sie lediglich voller Erleichterung an sich, was sie ohne Widerrede geschehen ließ. Sie blieben eine ganze Zeitlang so stehen, in die Nähe es anderen vertieft und in vollkommener Einigkeit, bis sie eine fremde Stimme in die Wirklichkeit zurückholte. "Ich freue mich, daß es Ihnen wieder besser geht und Sie wieder auf den Beinen sind!" Verwundert drehte Picard sich um und erblickte eine große, schlanke Serganerin, die relative einfache, aber zweckmäßige Kleider trug und wallendes, schwarzes Haar hatte, das durch die hier ständig wehende Brise, genau wie Beverlys wunderbare rote Haare ständig in Bewegung war. Er hatte die Frau gar nicht kommen sehen. "Wer sind Sie? Und wo sind wir hier?" Endlich wurde er die Fragen los, die ihn schon seit einiger Zeit belasteten. Die Frau lächelte und entblößte ein strahlend weißes, gepflegtes, aber raubtierähnliches Gebiß. "Entschuldigen Sie meine Unhöflichkeit. Ich bin Führerin Ohana und sorge für Ordnung hier. Sie befinden sich im Stützpunkt unserer Leute, inmitten des Rainkin-Gebirges!" Ganz war Jean-Luc mit ihren Antworten nicht zu zufrieden. "Wie definieren Sie ‚Ihre Leute'? Welcher serganischen Splittergruppe gehören Sie an und wieso sind wir hier?" Sie seufzte. "Wie man mir sagte, Sie scheuen keine Fragen. Also schön, ich werde es Ihnen so gut es geht erklären. Ich gehöre den Maheena-Khaa an, wobei ich hier betonen möchte, daß wir keine der aggressiven Terrorgruppen sind, wir versuchen nur, das Gleichgewicht dieses Planeten beizubehalten. Was Ihr Hiersein betrifft... Darüber sprechen Sie lieber mit Shandoz. Er brachte Sie vor einigen Tagen hierher und bestand auf Ihre medizinische Versorgung, sowie eine angemessene Behandlung Ihrer Begleiterin, doch einen Grund nannte er uns nicht." "Shandoz? Meinen Sie Botschafter M'tarr?" "Genau den... Was ist mit ihm?" Jean-Luc tauschte einen Blick mit Beverly, blickte dann wieder die Frau, die sich als Ohana vorgestellt hatte an und schüttelte den Kopf. "Ich bin ein wenig verwirrt," gestand er. "Ich bin mir nicht im Klaren, was er von uns will." "Wie ich bereits sagte, sprechen Sie mit ihm!" kam die lapidare Antwort. "Und wo finde ich ihn?" entgegnete der Captain daraufhin gereizter. Ohana lachte und tat so, als hätte sie den gereizten Unterton in seiner Stimme nicht gehört. "Ich soll Sie zu ihm bringen, jetzt wo Sie wach sind. Er hat ebenfalls einige Fragen an Sie..." "Das trifft sich ausgezeichnet!" Die Serganerin nickte und wies dann auf eine breite Tür in einem der Betonklötze auf der anderen Seite des Hofes. "Hier entlang, bitte!" Sie setzte sich langsam in Bewegung und achtete darauf, daß ihr die beiden Menschen auch folgten. Instinktiv ergriff Jean-Luc Beverlys Hand und lief Ohana nach, die schon den halben Hof überquert hatte.
Das Innere dieses Komplexes war total verschieden, von dem Gebäude in dem Jean-Luc aufgewacht war. Der Gang, der von der Tür weiter ins Zentrum des Gebäudes führte war hell und deutlich erleuchtet und die Türen sahen nicht so militärisch und alt aus. Sie schienen relativ neu und gut gepflegt und hatten außerdem elektronische Vorrichtungen zum Öffnen. Kurz gesagt, alles erschien viel belebter und wohnlicher. Außerdem liefen hier auch einige Serganer geschäftig hin und her und es war nicht so ausgestorben und verlassen, wie das andere Gebäude und der Innenhof. Sie liefen einige Meter den Gang hinunter, bis Ohana bei einer der Türen stehenblieb und etwas in der seitlichen Kontrolltafel eingab. Es dauerte eine kurze Zeit, bevor sich die Tür nach zwei Seiten öffnete und den Weg freigab. Die Serganerin verbeugte sich leicht und wies sowohl Picard als auch Beverly an, hindurchzutreten. Als dies geschehen war, meinte sie: "Da wären wir! Ich muß Sie nun bitten, alleine weiterzugehen, weil ich noch andere Dinge zu erledigen habe. Es ist nicht mehr weit." Jean-Luc wollte gerade den Mund aufmachen und sich beschweren, als Beverly ihm sanft die Hand auf den Arm legte und ihm ein klein wenig zuvorkam. "Vielen Dank!" sagte sie. "Wir werden es schon finden." Ohana nickte ein weiteres Mal und verschwand dann, wobei sich zeitgleich die Tür schloß. Jean-Luc seufzte resignierend. "Und was jetzt? Langsam habe ich genug von diesen Spielchen. Ich will endlich wissen was Sache ist!" "Und das werden Sie auch erfahren, Captain Picard!" hörte er eine angenehm tiefe Stimme hinter sich. Sofort drehte Jean-Luc sich um und erblickte Botschafter M'tarr, der am Ende des Ganges an einem Türrahmen gelehnt stand und die beiden Neuankömmlinge amüsiert beobachtete. "Aber zuallererst begrüße ich Sie natürlich ganz herzlich. Ich bin froh, daß Ihre Verletzung so gut verheilt ist." "Vielleicht haben Sie Verständnis dafür, daß ich Sie nicht ganz so enthusiastisch begrüßen kann, Botschafter!" schleuderte Picard ihm ungehalten entgegen. "Ich habe nicht die geringste Ahnung, was Sie von uns wollen und noch weniger, was Ihre Pläne sind!" "Selbstverständlich habe ich dafür vollstes Verständnis, Captain, aber deshalb möchte ich ja mit Ihnen sprechen," kam die höfliche Antwort. "Ich bitte Sie, mir zu folgen, denn hier auf dem Gang diskutiere ich nur höchst ungern." Wütend knirschte Jean-Luc mit den Zähnen. Ihm ging diese stoische Höflichkeit des Serganers langsam auf die Nerven. Klare Worte wären ihm weitaus lieber gewesen. So folgte er M'tarr schnell, der sie in ein mittelgroßes, sehr hell erleuchtetes Zimmer führte. Auf dem Boden lag ein recht einfacher Teppich der gut handgeknüpft sein konnte und am Fenster war ein massiver Holztisch, der schon etwas abgenutzt wirkte, aber trotzdem als Blickfang diente. Auf diesem Tisch lagen eine Menge technischer Komponenten, wie Teile von Computern und sonstige Drähte und Schnittstellen und ein bequem aussehender Stuhl stand dahinter. Es gab zudem noch zwei weitere Stühle, die aber bei weitem nicht so bequem aussahen. Das war alles an Mobiliar. An den Wänden hingen noch, wie Jean-Luc sofort ins Auge fiel, einige Waffen, die allerdings etwas veraltet wirkten und wohl nur noch einem dekorativen Zweck dienten. Trotzdem ließ es auf den Charakter der Person schließen, der das Zimmer gehörte. Er wünschte er hätte Counselor Troi bei sich gehabt. Ihre empathischen Fähigkeiten hätten ihm bestimmt die ein oder andere Frage beantworten können. So mußte er sich auf seinen gesunden Menschenverstand und seine diplomatischen Fähigkeiten verlassen. Trotz allem war es aber nicht das schlechteste, daß er zumindest Beverly bei sich hatte. Er drehte sich kurz zu ihr um und sie nickte ihm beschwichtigend zu. Irgendwie beruhigte ihn, daß sie hier war. Sie war ihm eine Stütze und er erkannte wieder einmal das Band, welches sie über die Jahre hinweg immer mehr verbunden hatte. Er hatte das Gefühl, sie inzwischen sehr gut zu kennen und wußte, daß es ihr umgekehrt genauso gehen mußte. Und trotzdem... waren sie immer noch einfach gute Freunde. Natürlich hatte er noch immer kein gutes Gefühl dabei, wenn er an so etwas dachte, denn es kam ihm, selbst nach über 20 Jahren immer noch wie ein Betrug an seinem besten Freund Jack vor. Es gab eine Zeit in der er fast täglich an die biblische Geschichte von König David hatte denken müssen, der den treuen Krieger Uria in den Tod geschickt hatte, um dessen Frau Batseba für sich zu bekommen und er hatte sich schuldig gefühlt, jedes Mal wenn er Beverly angesehen hatte. Irgendwann hatte er es nicht mehr ausgehalten und war gegangen, vielleicht sogar regelrecht geflohen. Er hatte sie mit ihrem kleinen Sohn alleine gelassen, aus seinen Schuldgefühlen heraus, obwohl sie ihn damals vielleicht gebraucht hätte. Eine Zeitlang waren sie noch schriftlich in Kontakt geblieben, oder besser gesagt, Beverly hatte ihm noch einige Male ausführliche Briefe gesandt, die er nur knapp und später gar nicht mehr beantwortet hatte. Irgendwann war der Kontakt eingeschlafen und er hatte sie erst wieder gesehen, als sie an Bord der Enterprise kam, um dort als Schiffsärztin ihren Dienst aufzunehmen. Im ersten Moment war er erschrocken darüber, zum Teil aus Angst vor seinen Gefühlen, aber auch weil er immer noch dieses schlechte Gewissen ihr gegenüber hatte, denn er wußte, er hatte sie schlecht und falsch behandelt. Sie hatte es besser verdient, nach allem, was ihr widerfahren war. Trotzdem gelang es ihnen in den kommenden Jahren eine tiefere Freundschaft aufzubauen und auch wenn sie selten über das Vergangene sprachen, schien es ihm, hatten sie eine stumme Übereinkunft getroffen. Er nahm sich vor, sobald sie wieder auf der Enterprise waren, sofern das passieren sollte, ausführlich mit ihr darüber zu sprechen und sie um Verzeihung zu bitten, anstatt das Geschehene zu verdrängen, wie er es die ganze Zeit über getan hatte. Botschafter M'tarr holte ihn zurück in die Wirklichkeit, als er ihn und Beverly bat, Platz zu nehmen und sich selbst an den massiven Holztisch setzte. Jean-Luc blickte Beverly kurz an und kam dann der Bitte des Botschafters nach. Er hoffte nun endlich all die Fragen loszuwerden, die ihn schon seitdem er aufgewacht war, drückten. "Ich hoffe, Botschafter, Sie können mir nun endlich erklären was das soll. Ich möchte wissen, auf wessen Seite Sie stehen!" erklärte er ungeduldig und gereizt. M'tarr lächelte freundlich, während er die Hände faltete und auf den Tisch legte. "Eines sollten Sie wissen, Captain. Ich stehe alleine auf der Seite der Serganer. Ich möchte nicht, daß meinem Volk Schaden widerfährt, aber das bedeutet nicht, daß ich gegen Starfleet arbeite, meine Leute stehen mir lediglich näher. Und nennen Sie mich nicht Botschafter, diesen Titel mußte ich nur annehmen, um mit Ihnen in Kontakt treten zu können!" Picard nickte langsam. "In Ordnung. Ich glaube weitere Details möchte ich in dieser Hinsicht nicht wissen, aber etwas anderes: Warum haben Sie mich und Dr. Crusher hierher bringen lassen und meine Wunde versorgt?" "Es war notwendig!" "Und wieso haben Sie auf uns geschossen?" "Auch das war notwendig!" Der Captain seufzte. Dieses Gespräch fing an, ihm keinen Spaß mehr zu machen und M'tarr mit seinen nichtssagenden Antworten zu nerven. Nervös trommelte er mit seinen Hand auf der Tischplatte herum und wartete ab. Eine Zeitlang herrschte unbequeme Stille im Raum, bis der Serganer nachdenklich anfing zu sprechen. "Ich gebe zu, Sie haben ein Recht auf diese Antworten und darum versuche ich es Ihnen zu erklären. Stellen Sie sich vor, ich hätte die Höhle unverrichteter Dinge wieder verlassen und Ihre Leute hätten Sie gefunden. Was hätten Sie ihnen erzählt? Daß Merdok sie töten wollte und ich dazwischenkam, aber Sie mir trotzdem mißtrauten, denn Sie wollten nicht mit mir gehen. Wahrscheinlich wäre der gesamte Verdacht auf mich gefallen. Ich mußte Sie unbedingt mitnehmen und Sie von meinen Absichten überzeugen." "Und was sind Ihre Absichten? War es wirklich nötig uns niederzuschießen?" M'tarr nickte langsam. "Anders wären Sie nicht mitgekommen. Ich habe keinen von Ihnen verletzt, sondern nur betäubt und ich habe Anweisung gegeben, daß Ihnen hier kein Haar gekrümmt wird." "Warum haben Sie uns nicht einfach die Wahrheit gesagt?" "Ich wäre das Risiko eingegangen, daß Sie mir nicht glaubten und was dann? Man hätte mich als Verbrecher abgestempelt!" Nachdenklich legte Picard einen Finger an den Mund. Die Argumente des Serganers enthielten durchaus Logik, auch wenn seine Methoden vielleicht auf den ersten Blick etwas grob erschienen. Aber es stimmte schon. Man hatte sowohl ihm, als auch Beverly nichts getan und sogar seine Verletzung behandelt. "Nehmen wir an, ich glaube Ihnen. Weswegen ist es so wichtig, uns von Ihren Absichten zu überzeugen?" "Weil ich nicht gegen die Föderation arbeite, wie ich Ihnen bereits mitteilte. Ich bin dafür, daß Sie weiterhin einen Stützpunkt auf diesem Planeten unterhalten, denn Sie sind eine Bereicherung für das Volk. Nur leider vertragen einige, wie Merdok, den Fortschritt nicht..." "Merdok... richtig! Woher kennen Sie ihn so gut? Selbst wenn Sie abstreiten, direkt mit ihm zusammenzuarbeiten, scheint es mir doch, daß Sie untereinander Kontakt haben, wie sonst hätten Sie ihn angeblich davon abhalten können, Waslewskis Stützpunkt mehrmals anzugreifen...!" M'tarr vergrub sein Gesicht in den Händen, die auf dem Tisch abgestützt waren und seufzte laut. "Ein dunkles Kapitel, Captain. Ein sehr dunkles Kapitel. Merdok ist ein Narr, aber er ist auch mein Bruder..." "Ihr ... Bruder!" Überrascht riß Picard die Augen auf. "Das würde zumindest einiges erklären, Jean-Luc..." flüsterte Beverly ihm leise zu und er nickte langsam. Es dauerte eine Weile, bis er diese Information verarbeitet hatte, doch es warf ein neues Licht auf die Sache. Zwei Brüder die in ihren Prinzipien unterschiedlicher nicht sein konnten und gleichzeitig mit- und gegeneinander arbeiteten. "Und was wollen Sie jetzt tun? Können Sie garantieren, daß die feindlichen Akte gegen Starfleet aufhören werden?" "Ich bin mir nicht sicher... Ich konnte Merdok niemals davon überzeugen, er war schon immer ein Sturkopf, aber ich habe gehofft, Sie könnten es. Sehen Sie, die Diskussion Starfleet spaltet mein Volk langsam in zwei Parteien, die sich einander immer mehr entfremden, denn ein Großteil plädierte ja gemeinsam mit der Regierung für die Aufnahme. Gegner des Entschlusses wurden überhört und so kam es schließlich zu diesen extremen Maßnahmen. Captain, diese Sache ist nicht nur ein Konflikt mit Starfleet und den Serganern, sondern auch ein Konflikt der Serganer unter sich, der, wenn er nicht bald beendet werden kann, zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führen kann, was ich gerne verhindern würde. Dies war übrigens auch der Anlaß für die Gründung der Maheena-Khaa. Wir hofften Krisenherde entschärfen zu können. Sie verstehen sicher, daß Sie die Situation nur verschlimmert hätten, wenn Sie mich als Verbrecher dargestellt hätten, was ganz sicher der Fall gewesen wäre. Das war der Grund, für Ihre, wenn man es so will, Entführung. Es steht Ihnen jederzeit frei, zu gehen, doch ich bitte Sie, helfen Sie mir, den Konflikt zu beenden, von mir aus im Namen Starfleets. Unsere Interessen decken sich doch, bis zu einem gewissen Grad." Picard runzelte die Stirn und begann nachdenklich auf seiner Unterlippe herumzukauen. Es hätte sicher Vorteile auf das Angebot einzugehen, das ihm M'tarr gerade gemacht hatte, doch fragte er sich weshalb gerade seine Person so wichtig sein sollte. Er hatte zwar eine Vermutung, aber wollte diese erst betätigt wissen, bevor er sich auf weitere Details und Diskussionen einließ. "Warum soll gerade ich Ihnen helfen?" "Captain, Sie wissen so gut wie ich, daß Commander Waslewski ein unfähiger Mann ist. Es war ein Fehler, ihn hier zu stationieren, denn er bestätigte die Vermutungen, die diejenigen hegten, die gegen den Eintritt in die Föderation waren und machte auch die anderen, die keine Gegner der Entscheidung waren ein wenig zweifelnd. Wurden Sie nicht hierher gerufen, um die gespannte Situation zu lösen? Genau das sollen Sie tun, denn nach den Informationen, die ich über Sie habe, sind Sie ein glaubwürdiger und qualifizierter Mann. Ich könnte dafür sorgen, daß Merdok Ihnen wenigstens zuhört, was Sie zu sagen haben. Sicher wird er seine Meinung nicht sofort ändern, aber vielleicht können Sie ihn wenigstens für vernünftige Argumente ein wenig zugänglicher machen." Das war es, was Picard hören wollte. Genau diese Vermutung hatte er gehegt und irgendwie schloß sich der Kreis nun wieder. Alles, was vorher unsinnig schien, machte nun Sinn. Er nickte M'tarr zu. "Ich denke, darüber läßt sich reden. Wir könnten, denke ich, einig werden." Freudig reichte der Serganer Jean-Luc die Hand. "Ich wußte, daß Sie ein vernünftiger Mann sind Captain!"

In der Gegenwart...

Picard blickte hoch zu Deanna Troi, die geduldig neben ihm saß. "Was dann passierte, wissen Sie ja!" Langsam nickte die Halbbetazoidin. Ja, das wußte sie nun wieder. Nachdem man die Schäden, die am serganischen Sternenflottenstützpunkt entstanden waren, halbwegs repariert hatte, hatte man endlich Zeit und Gelegenheit aufgebracht, Suchtrupps nach dem Captain und dem Doktor auszusenden, die jedoch nach einiger Zeit erfolglos zurückkehrten. Man hatte nur Teile der Uniform von Beverly gefunden, doch sonst gab es keine Spur der beiden. Umso erstaunlicher war es, als sie, wie durch ein Wunder einen Tag später in Begleitung von Botschafter M'tarr zurückkehren unverletzt und wohlauf. Beide waren sie Fragen darüber, was geschehen war, ausgewichen und hatten nur die nötigsten Antworten gegeben. Der Rest war, bis eben, ein Geheimnis geblieben und irgendwie beruhigte Deanna es sehr, daß sie nun wußte, was genau vorgefallen war. Sie fand die Vorstellung der beiden in dieser Höhle sogar unglaublich romantisch und ein wenig kam es ihr vor, wie in den alten Tagen. Vielleicht erzählte sie dem Captain irgendwann im Laufe dieses Gesprächs auch ihre eigenen Erfahrungen mit Beverly. Wie ihre Freundin sie beispielsweise aufgesucht und um Rat gefragt hatte, wie es nun weitergehen sollte. Aber das hatte Zeit, erst sollte Picard seine aufgewühlte Seele einigermaßen beruhigen, das war wichtiger. Die Verhandlungen, die nach der Rückkehr der beiden und dem Auftauchen von M'tarr geführt wurden, verliefen sogar relativ erfolgreich. Sie war froh dabeigewesen zu sein und dem Captain mit ihrem empathischen Fähigkeiten zur Seite gestanden haben zu können. Wie erwartet hatte Merdok erst gezögert und konnte auch nicht vollends überzeugt werden, dennoch gelang es wenigstens, ihn mithilfe seines Bruders und einiger anderer Serganer davon zu überzeugen, keine Gewalt mehr anzuwenden und abzuwarten, wie der neue Commander seine Arbeit verrichtete. Fast hatte ihr Waslewski ja leid getan, als man ihn damals aufgrund von Captain Picards Bericht und dem seiner Führungsoffiziere für "nicht geeignet für Führungspositionen" deklariert und strafversetzt hatte. Nicht geeignet für Führungspositionen? Sie schauderte ein wenig. Dies bekam erstaunlich aktuelle Bezüge. Sie schielte zu ihrem nachdenklichen Captain hinüber, dem das selbe Schicksal blühte, ohne daß er etwas davon wußte und atmete aus. Offensichtlich hatte Waslewskis Nachfolger ein wohl glücklicheres Händchen, denn die Enterprise hatte seitdem nie wieder etwas von Serga VII gehört, nachdem alles geklärt gewesen war. "Was Sie nicht wissen..." fuhr Picard plötzlich fort und riß sie aus den Gedanken, "ist, wie es mir ergangen war, als ich nach dieser Mission wieder zurück auf der Enterprise war. Ich hatte mir vorgenommen, Beverly so viele Dinge zu sagen, aber ich brachte es anfangs nicht über mich...