Disclaimer: Ein Teil der vorkommenden Namen ist eingetragenes Warenzeichen von Paramount Pictures.

XI

Beverly saß auf ihrem Bett und sah zum Fenster hinaus, auf die von hier aus unendlich scheinenden Weinberge. Man hatte sie hier im Gästezimmer untergebracht und sie war erfreut gewesen, über die liebevolle Einrichtung. Das Bett war typisch französisch von der Bauart, ohne richtiges Fußende und mit einer seltsamen Schlummerrolle. Zuerst war sie etwas überrascht gewesen, über die fehlende Bettdecke und das fehlende Kopfkissen, aber Jean-Luc hatte sie recht schnell aufgeklärt. Sie fand es erstaunlich, daß sich diese Tradition hier gehalten hatte, fragte sich aber doch, wie man so richtig schlafen konnte. Sie würde es herausfinden... Ansonsten gab es hier nur wenig Einrichtung, zwei Nachttische links und rechts des Bettes aus rotbraunem Holz, auf denen, wie unten in der Diele, Spitzendeckchen lagen und darauf zwei antike Nachttischlampen, die aber mit modernen Leuchtkörpern ausgestattet waren. Dann noch ein rustikaler, bemalter Kleiderschrank in dem sie schon den Inhalt ihres Koffers untergebracht hatte und ein Waschtisch, der aber wohl nur noch dekorativen Zwecken diente. Am Fenster hingen weiße Gardinen und schwere purpurrote Vorhänge, die man nach Belieben öffnen und schließen konnte. Alles in allem konnte man es sich hier wirklich gemütlich machen. Sie winkelte die Beine an und zog sie neben sich auf das Bett, nachdem sie ihre Schuhe abgestreift hatte, dann lehnte sie sich zurück. Durch die Schlummerrolle im Rücken konnte sie immer noch aus dem Fenster sehen. Es war schon eine beeindruckende Landschaft. Sie lächelte und dachte daran, wie nett man sie empfangen hatte. Dies wurden bestimmt ein paar sehr schöne Tage. Sie warf einen Blick auf den Chronometer, den sie an der Hand trug, es war kurz vor 15.00. Noch eine ganze Stunde, dann wollte Jean-Luc sie mitnehmen in die Stadt und ihr die Sehenswürdigkeiten zeigen. Aber was sollte sie mit der verbleibenden Zeit anfangen? Man hatte ihr das Zimmer gezeigt und gesagt, sie solle sich häuslich einrichten und es sich noch ein wenig gemütlich machen, aber danach stand ihr der Sinn strenggenommen gar nicht. Sie seufzte und schwang die Füße wieder vom Bett herunter, tastete nach ihren Schuhen und schlüpfte hinein. Ihr Kleid glatt streichend stand sie auf und ging zur Tür.
Im Erdgeschoß angekommen hörte sie das Klappern von Geschirr. Zaghaft ging sie ins Eßzimmer und sah Marie, die gerade die letzten Gedecke in die Küche trug. "Kann ich helfen?" fragte sie. Überrascht drehte sich Marie nach ihr um und lächelte dann. "Ah, Beverly! Ich habe Sie gar nicht kommen hören. Wenn Sie möchten, gerne! Zu zweit geht es schneller!" Sie rollte mit den Augen. "Die beiden Herren haben sich wieder abgesetzt. Robert meinte, Jean-Luc noch etwas zeigen zu müssen und weg waren sie!" Beverly lachte und nahm Marie einige Teller ab, die sie dann in die Küche trug. "Zu zweit geht es einfach schneller, außerdem ist es ein Gebot der Höflichkeit. Sie sind wirklich sehr gastfreundlich!" Die Französin winkte ab. "Unfug! Freunde von Jean-Luc sind uns immer willkommen! Wie lange kennen Sie sich schon?" Sie ging ans Spülbecken und ließ ein wenig Wasser nach, um die Teller zu reinigen. Nachdenklich blickte Beverly nach oben. "Oh, sehr lange. Inzwischen fast über zwanzig Jahre. Jean-Luc war der beste Freund meines Mannes..." Dann griff sie sich ein Geschirrhandtuch und begann die bereits gespülten Teller abzutrocknen "Sie sind verheiratet?" "Ich war es... Mein Mann starb schon vor langer Zeit. Ich muß zugeben nach seinem Tod verloren wir uns ein wenig aus den Augen, aber dann stellte ich den Antrag, auf die Enterprise versetzt zu werden und begegnete ihm wieder." "Sie haben sich nie aufgegeben, obwohl es sicher hart war..." "Das mußte ich, schon alleine meinem Sohn zuliebe!" "Sie haben einen Sohn?" "Wesley ist inzwischen 19 Jahre alt und besucht zur Zeit die Sternenflottenakademie. Manchmal vermisse ich ihn richtig." "Dann ist er ein wenig älter, als unser René. Dessen größter Traum es ebenfalls ist, eines Tages die Akademie besuchen zu dürfen, zu Roberts Leidwesen. Er schlägt sehr nach Jean-Luc, dieser Tatendrang, diese Neugier das Unbekannte zu erforschen. Leider ist er zur Zeit nicht Zuhause, aber ich bin mir sicher, Sie werden ihn noch kennenlernen während Ihres Aufenthalts hier." "Ich würde mich freuen... Zumal Jean-Luc mir einiges von ihm erzählt hat." "Tatsächlich?" "Ja, aber eigentlich nur das, was Sie mir auch sagten. Er bewunderte seinen Forscherdrang." Marie lächelte versonnen. "Er hat so gar nichts mit Robert gemein..." "Bei Wes war es genau umgekehrt, er erinnerte mich immer sehr an Jack, meinen Mann, auch wenn er ihn nie richtig kennengelernt hatte. Als Jean-Luc mir die Nachricht seines Todes brachte, war er gerade 5 Jahre alt." "Jean-Luc!" "Er war damals Jacks Captain gewesen, auf der Stargazer, als dieses Unglück geschah. Ich sehe ihn heute noch vor mir, wie er vor der Tür stand, kreidebleich." "Das tut mir alles sehr leid für Sie, Sie hatten es sicher nicht leicht gehabt." Beverly lächelte leicht. "Ich hatte es auch nicht schwerer als andere. Zuerst galt meine erste Sorge meinem Sohn, ich kam an zweiter Stelle. Ich beschloß, trotz allem meine Stelle als Ärztin nicht aufzugeben, vielleicht um in diesem Beruf Ablenkung zu finden und mich weiterzuentwickeln. Und als ich dann die Gelegenheit bekam, auf dem Flaggschiff der Föderation zu dienen ergriff ich sie." "Wußten Sie, wer der Captain war?" "Allerdings, ich hatte seinen Namen als erstes gelesen. Vielleicht spielte dies auch eine Rolle, warum ich mich so entschied. Ich freute mich jedenfalls, ihn wiederzusehen nach all den Jahren, obwohl er anfangs weniger begeistert war, mich zu sehen." "Wieso das denn?" "Ich weiß es nicht, zumindest nicht wirklich. Es dauerte zwar nicht lange, bis wir wieder Freunde wurden, so wie früher, aber darüber schwieg er sich immer aus und ich habe ihn nie danach gefragt." "Ich wußte nicht, wie komplex Ihre Beziehung zueinander ist," meinte Marie nachdenklich und Beverly nickte stumm. Während ihres Gespräches hatten sie das gesamte Geschirr gespült und Roberts Frau machte sich nun daran, es wegzuräumen, wobei Beverly ihr beim besten Willen nicht helfen konnte, da sie keine Ahnung hatte, wohin damit. Eine Weile sah sie Marie schweigend zu, bevor sie die Stille unterbrach. "Sehen Sie, da ist etwas, was ich Sie fragen wollte..." Überrascht blickte die Französin sie an. "Ich möchte Ihnen gerne antworten, wenn ich kann..." "Nun..." Beverly wollte gerade ansetzen zu reden, als sie aus dem Flur Stimmen hörte. Jean-Luc und Robert waren zurückgekehrt. "Es hat Zeit," murmelte sie und ging langsam aus der Küche.

Sie wäre beinahe mit Jean-Luc zusammengestoßen, der entschlossenen Schrittes ins Eßzimmer marschierte. Es schien als hätte er eine lautstarke Diskussion mit Robert geführt, deren Inhalt ihr sich aber ob der französischen Sprache entzog. Jedenfalls wirkte er sehr aufgebracht. Im letzten Moment wich sie ihm noch aus und sah ihn entgeistert an, sagte aber kein Wort. Dies war alleine die Sache seines Bruders und ihm. "Entschuldigung," murmelte er abwesend zu ihr und dann zu Robert: "Nun kein Wort mehr davon!" Dieser nickte und schlenderte gemütlich in die Küche zu Marie, wobei er Beverly sehr genau ansah, zumindest empfand sie dies so. Jean-Luc hingegen ließ sich ungestüm auf einen Stuhl fallen und tat genau das Gegenteil von seinem Bruder, er vermied es sie anzusehen. Verwirrt blickte sie von einem zum anderen und ging dann wortlos in den Flur. Langsam fragte sie sich doch, worüber die beiden diskutiert hatten. Sie zuckte mit den Schultern, warf noch einen letzten Blick zurück und stieg dann die Treppen hinauf zu ihrem Zimmer, wo sie sich aufs Bett fallen ließ. Es dauerte nicht lange, bis es an der Tür klopfte und Jean-Luc, bevor sie antworten konnte, das Zimmer betrat. Er sah etwas durcheinander aus, fand sie. "Beverly?" fragte er zaghaft. Sie lächelte. "Ja?" "Sind Sie soweit? Zum Aufbruch, meine ich. Ich wollte Ihnen doch die Stadt zeigen." Sie nickte und stand wieder vom Bett auf. "Aber sicher bin ich das!" Der Blick auf den Chronometer verriet ihr, daß es noch lange nicht 16.00 war, aber das erwähnte sie lieber nicht. "Ach und entschuldigen Sie den Vorfall mit meinem Bruder eben... Es gab einige... Differenzen.." "Schon in Ordnung, Jean-Luc, deshalb brauchen Sie sich doch nicht zu entschuldigen." Aufmunternd klopfte sie ihm auf die Schulter. Es sei denn... Ob es bei dieser Diskussion um sie ging? Selbst wenn, es ging sie nichts an, Jean-Luc war ihr Freund, sie vertraute ihm. Er nickte ihr dankbar zu und gemeinsam verließen sie das Haus.

La Barre war eine beeindruckende Stadt, wenn man es überhaupt als Stadt bezeichnen konnte. Das, was Beverly bisher davon zu Gesicht bekommen erschien ihr wie ein idyllisches Dorf und sie erinnerte sich an das Wenige, das sie noch von dem Vortrag des Computers mitbekommen hatte, bevor sie eingeschlafen war. Da es zur Erhaltung der Natur gegründet worden war, erschien es auch sehr dörflich und naturnah, nur einige, vor den Häusern parkende Gleiter störten beschauliche das Bild. Was sie allerdings wunderte, war die Tatsache, daß einige der Gebäude älter erschienen als 2271 erbaut. Sie beschloß Jean-Luc später danach zu fragen, doch erst einmal wollte sie den Stadtbesuch genießen und zuhören, was er ihr erzählen würde. Sie genoß es, neben ihm herzulaufen in der milden Sommerluft, sich von seiner Stimme forttragen zu lassen und sich die schöne, naturbelassene Landschaft anzusehen. Ein Gefühl der Wärme, vielleicht besser zu beschreiben als Zuneigung für den Mann neben sich, der so glücklich in seiner Umwelt aufging, erfüllte sie. Man merkte Jean-Luc an, daß dies sein Zuhause war, denn er benahm sich so anders, viel entspannter und freier, als auf der Enterprise. Beverly beneidete ihn ein wenig um seine Kindheit in diesem wunderbaren Fleckchen Erde, war ihre eigene auf Arvada III bei weitem nicht so rosig gewesen, doch den Gedanken daran wollte sie jetzt ganz weit verbannen. Unweigerlich griff sie nach seiner Hand und er nahm sie gerne an. Hand in Hand liefen sie durch die belebten Straßen des kleinen Ortes, während Jean-Luc ihr zu dem ein oder anderen Gebäude eine Geschichte erzählte, der sie aufmerksam lauschte. Er führte sie weiter in den Ortskern hinein, bis sie zu einem kleinen Platz kamen, der von einer Reihe Bäume umsäumt war. In seiner Mitte war eine kleine Rasenfläche auf der ein steinernes Monument mit einer Steintafel stand. "Das ist der Champlain Gedenkplatz," informierte Jean-Luc sie. "Dem Gründer der Stadt gewidmet?" fragte sie. "Ja. Woher wissen Sie das?" Sie lächelte. "Ich habe versucht, mich ein wenig über den Ort zu informieren. Bernard Champlain nicht wahr?" Er nickte und grinste ein wenig. Verwundert legte sie den Kopf schräg. "Warum grinsen Sie?" "Es tut mir leid..." entgegnete er, "ich amüsierte mich ein wenig über Ihre Aussprache des Namens, aber im Prinzip ist es richtig." Sie grinste ebenfalls und knuffte ihn sanft in die Seite. "Ich gebe mir doch Mühe! Es ist nicht nett, sich darüber lustig zu machen!" "Nein, ist es wirklich nicht...," gestand er ein. "Es wird nicht wieder vorkommen..." Zufrieden nickte sie. "Vielen Dank!" "Gern geschehen..!" Er lächelte sie noch einmal an und begann dann etwas über die Geschichte der Ortes an sich zu erzählen. Nun erfuhr Beverly auch, wieso es einige Häuser gab, die älter waren als 2271, denn es stellte sich heraus, daß La Barre auf den Grundlagen einer alten Siedlung gebaut worden war und dann umbenannt wurde. Früher hieß das Dorf Availlon und war eine größere Stadt gewesen, bevor dies alles den Umstrukturierungsmaßnahmen zum Opfer gefallen war. Erstaunlich, wie die Welt sich wandeln konnte, dachte sie. Sie erfuhr ebenfalls, daß sie sich hier in Burgund befanden. Die Namen der Landschaften, so Jean-Luc, hatte man beibehalten.

Nach einem ausführlichen Stadtrundgang schlenderten sie beide noch über einsame, staubige Feldwege inmitten unzähliger Wingerte. Die Sonne stand schon lange im Zenit und warf einen angenehm warmes Licht, das sich langsam, doch stetig in die Abenddämmerung verwandelte. Sie hielten sich an der Hand, während sie schweigend nebeneinander herliefen. Für Beverly reichte dies vollkommen aus. Jean-Luc hatte ihr in den letzten Stunden sehr viel erzählt, nun empfand sie es als sehr angenehm lediglich die Landschaft auf sich einwirken zu lassen. Im Gras neben dem Weg konnte sie das fröhliche Zirpen von Grillen vernehmen und in der Ferne hörte sie einen Bach plätschern. Sie fragte sich, ob dieses Fleckchen Erde schon immer so unberührt war, wie jetzt. Zwar wußte sie ob dem heute Gehörten schon die Antwort, konnte es sich aber kaum vorstellen. Auf die Geschichte der Menschen konnte man keineswegs stolz sein, aber sie war erleichtert in einer Zeit zu leben, in der man es geschafft hatte in Frieden und ohne Mangel zu leben, ohne daß die Natur darunter litt, die es der Menschheit mit einer die dagewesenen Blüte dankte. Ja, die Erde hatte sich wieder in ein Paradies verwandelt, dafür gab es jetzt anderswo Brennpunkte. Ein niemals enden wollender Konflikt, wie sie vor ein paar Wochen auf Serga VII gesehen hatten. Sie schüttelte sanft den Kopf. Es war ein viel zu schöner Tag um sich mit solchen Dingen zu belasten, auch wenn sie Serga nicht nur in schlechter Erinnerung hatte. Sie warf Jean-Luc einen zärtlichen Blick zu und lächelte sanft. Möglicherweise traf sie ihre Entscheidung früher als erwartet, ihn so frei und ungezwungen zu sehen, hatte etwas in ihr ausgelöst. Wenn sie doch nur wüßte, wie er reagieren würde... Jean-Lucs aufgebrachte Stimme riß sie aus den Gedanken. Er wies auf eine Stelle in der Wiese, die wie ein Graben aussah und Beverly erkannte den fröhlich plätschernden Fluß, der sich dort versteckt haben mußte. "Hier habe ich als kleiner Junge immer Frösche gejagt!" rief er fröhlich. "Ich hätte nicht gedacht, diese Stelle wiederzusehen..." Er löste sich von ihrer Hand und lief auf den Bach zu. Kurz vor der Mulde blieb er stehen und blickte hinunter. "Aber die Frösche sind verschwunden..." Ein wenig Enttäuschung schwang in seiner Stimme mit. Gemächlich folgte Beverly ihm nach. "Vielleicht haben Sie nicht gut genug nachgesehen?" rief sie ihm lachend zu. "Nein, das glaube ich nicht!" Er trat einen Schritt vor und blickte suchend nach unten. "Ich habe immer genau gesehen, wooooooh...Verdammt!" Beverly konnte ihn nur noch mit den Armen rudern sehen, dann war es passiert. Er lag im Wasser! "Jean-Luc!" stieß sie hervor während sie auf den Bachlauf zurannte. Sie hatte Mühe ernst zu bleiben, als sie ihn vollkommen durchnäßt dort unten liegen sah. Er stand langsam auf und das Wasser triefte aus seinen Kleidern. Zu ihrer Überraschung grinste er, so sah sie keine weitere Notwendigkeit mehr, das Lachen zu unterdrücken. "Glauben Sie nicht, daß mir das zum ersten Mal passiert! Als Kind ist es mir oft genug untergekommen und jedes Mal wenn meine Mutter mich mit klatschnassen Kleidern zurückkehren sah, hielt sie mir denselben Vortrag. Aus mir werde nie im Leben etwas werden, sagte sie, ich sei zu nichts nütze..." Er zuckte mit den Schultern. "Sie sehen also..." Lachend entgegnete sie: "Vielleicht hatte sie sogar Recht in gewisser Weise, aber warten Sie, ich helfe Ihnen herauf..." Sie trat einen Schritt näher heran und besah sich den Boden. Man konnte deutlich die Spuren erkennen, wo Jean-Luc abgerutscht war, aber das sollte ihr nicht passieren. Sorgfältig wählte sie ihre Schritte, trat nur auf Stellen, an denen sie die Erde sicher wähnte, dann beugte sie sich nach unten. "Nehmen Sie meine Hand!" Er nickte und wenig später spürte sie seine nasse kalte Hand auf der ihren. Sie griff zu und verlagerte ihr Gewicht nach hinten, während Jean-Luc versuchte die Uferböschung hinaufzuklettern. Sie wollte gerade einen Schritt nach hinten gehen, als sie ebenfalls abrutschte. Sie versuchte noch ihr Gleichgewicht wiederzufinden, doch es nützte nichts mehr. Schreiend landete sie auf Jean-Luc, der wiederum durch die Wucht des Aufpralls zurück ins Wasser geworfen wurde. Schnell kletterte sie von ihm herunter und strich sich ihre nun nassen Haare aus dem Gesicht. "Es tut mir leid... Habe ich Ihnen wehgetan?" "Sie sind eine umwerfende Frau, wissen Sie das?" kommentierte er trocken. "Aber ich kann Sie beruhigen, ich habe mich nicht verletzt!" Langsam stand er auf und half ihr dann ebenfalls auf die Beine. Da standen sie nun beide, bis zu der Taille im Wasser watend und betrachteten einander, während die Sonne hinter den Bergen verschwand. Behutsam richtete Beverly den durchweichten Kragen seines Hemdes wieder her, der sofort wieder in sich zusammenfiel. Grinsend zuckte sie mit den Achseln. "Soviel dazu..." "Wenigstens wissen wir nun sicher, daß es hier keine Frösche gibt.." "Wenigstens etwas..."

"Ich glaube ich sehe nicht recht!" Beverly hatte Mühe das Grinsen zu verkneifen, als sie Maries Gesichtsausdruck bei ihrer Heimkehr sah. Ungläubig schlug die Französin die Hände über dem Kopf zusammen. Aber auf der anderen Seite war es auch ein ziemlich ungewöhnliches Bild zwei erwachsene, vermeintlich vernünftige Menschen völlig durchnäßt nach Hause zurückkehren zu sehen. Beverlys Kleid, sowie ihre Haare klebten am Körper. Der Stoff hatte sich vollgesaugt und war um einiges schwerer geworden, trotzdem hatte es ihr auf eine gewisse Art und Weise tatsächlich Spaß gemacht. Es lag vielleicht daran, daß sie eine Zeitlang beide sie selbst sein konnten, ohne daran zu denken wer oder was sie waren und einfach keine Verantwortung zu tragen hatten. Jedenfalls überließ sie es Jean-Luc, seiner entgeisterten Schwägerin die Situation zu erklären...
Eine halbe Stunde später saß sie, eingewickelt in ein weinrotes, flauschiges Handtuch auf der Terrasse des Hauses. Sie schloß die Augen und ließ das angenehm kühle Lüftchen, das in dieser lauen Sommernacht wehte, über ihr Gesicht streichen. Marie hatte ihnen beiden sofort die nassen Kleider abgenommen und zum Trocknen aufgehängt und ihnen im Austausch dazu Handtücher gereicht, damit sie sich abtrocknen konnten. Beverly hatte keine Notwendigkeit gesehen sich vor dem Schlafengehen noch einmal umzuziehen und war so in dem Handtuch verblieben, das als Kleidung völlig ausreichte. Immerhin war sie hier unter Freunden. Sie lauschte dem nun lauter gewordenen Zirpen der Grillen und dachte noch einmal an ihren heutigen Ausflug. Sie hatte viel gelernt über diesen Ort, aber auch, vielleicht unbeabsichtigt über das Innenleben von Jean-Luc. Sich nähernde Schritte holten sie aus den Gedanken. Sie öffnete die Augen und setzte sich auf. "Marie?" "Beverly... ich wollte Sie fragen, ob Sie etwas zum Trinken möchten. Ich habe Jean-Luc zuliebe etwas Tee gekocht." "Earl Grey, nicht wahr?" Sie schmunzelte. "Genau! Möchten Sie eine Tasse? Ein heißes Getränk würde Ihnen gut tun!" "So kalt ist es doch gar nicht, aber ich nehme eine Tasse!" "In Ordnung!" Damit verschwand Marie wieder von der Terrasse und Beverly war allein. Sie lehnte sich wieder zurück und seufzte, dann befühlte sie ihre Haare, die immer noch feucht waren. Es war zu warm um sie künstlich zu trocknen fand sie. Was für ein verrückter Ausflug! Wenn sie das Deanna erzählte... Mit dem Captain in einem Wassergraben gelandet, es war zu köstlich. Ein weiteres Mal rissen sie Schritte aus den Gedanken. Marie brachte ihr die Teetasse und stellte sie auf das Tischchen neben ihrem Stuhl. "Bitte sehr!" meinte sie freundlich. Dankend nickte Beverly ihr zu. "Die Männer sitzen wieder drinnen und haben etwas zu diskutieren, da möchte ich nicht stören. Es ist sehr lange her, daß Jean-Luc das letzte Mal hier war und nun haben er und Robert sich eine Menge zu erzählen." Sie zuckte mit den Schultern. "Aber wenigstens verstehen sie sich nun besser. Früher hatten sie nicht das beste Verhältnis zueinander..." "Ja ich weiß, Jean-Luc sprach einmal kurz davon." "Darf ich mich setzen?" "Aber natürlich..." Die Französin holte sich einen weiteren Stuhl bei und setzte sich neben sie. Eine Weile sagte keine der Frauen ein Wort, sondern lauschten nur den Geräuschen der Nacht, bis Beverly das Gespräch vom Vormittag einfiel. "Ich wollte Sie doch noch etwas fragen..." brach sie die Stille. "Ach ja, richtig und dieses Mal werden wir wohl nicht gestört werden... Also worum geht es?" "Es geht um dieses Gedicht..." "Gedicht?" "Ja! Jean-Luc und ich waren vor einigen Wochen auf einer diplomatischen Mission, die etwas anders verlief, als geplant. Jedenfalls hatten wir viel Zeit miteinander verbracht und sind uns wohl auch etwas näher gekommen. Er hat nach unserer Rückkehr ein Gedicht darüber verfaßt, in Französisch, und ich wüßte so gerne, was es bedeutet... Nicht, daß Sie mich falsch verstehen, er war nach dieser Mission sehr aufgewühlt und ich machte mir Sorgen, aber ganz unter uns... ein wenig Neugier steckt auch dahinter.." Sie lächelte schwach. "Es ist sehr wichtig für mich, zu wissen, was es bedeutet... Wenn Sie es mir übersetzen könnten..." "Selbstverständlich!" Marie lächelte wissend.

Ungläubig hielt Beverly ein Stück Papier in den Händen. Marie hatte ihr darauf die Übersetzung des Gedichts geschrieben, doch je öfter sie es sich durchlas, umso verwirrter wurde sie. Inzwischen verschwammen die Buchstaben vor ihren Augen und doch konnte sie nicht aufhören darauf zu starren. Sie saß inzwischen auf ihrem Bett, alleine und aufgewühlt. Die Lampen tauchten ihr Zimmer in angenehme Beleuchtung und das Sommerlüftchen, das ihr vorher über das Gesicht gestrichen war, bewegte jetzt die feinen Gardinen. "Jean-Luc, was soll ich davon nur halten?" murmelte sie ergriffen vor sich hin. Die Bedeutung der Worte hatte sie in ihrem Innersten berührt.

Sie

Ich spreche oft mir ihr und ich sehe sie sehr oft.
Fast jeden Tag.
Aber... ich denke an nichts anderes als
Die Liebe.
Sie ist wunderschön.
Ich weiß, daß sie sich selbst nicht für schön hält,
Aber ich weiß es... Sie ist eine wunderschöne Frau.
Vielleicht denke nur ich so.
Doch es ist einfach, warum!
Ich liebe sie!

Sie glaubte zu wissen, wer diese 'Sie' in seinem Gedicht war, aber was sollte sie nun tun? Ihn darauf ansprechen? Ihn mit der Tatsache konfrontieren, daß sie wußte, was in seinem Gedicht stand und den ersten Schritt tun oder abwarten? Sie sah noch genau vor sich, wie Marie sie angeblickt hatte, nachdem sie das Gedicht zum ersten Mal gelesen hatte und dann gelächelt hatte. "Beverly," hatte sie gesagt, "sind Sie sich eigentlich bewußt, was Sie ihm bedeuten?" hatte die Französin gefragt und sie hatte es erst nicht verstanden. Erst jetzt... Sie legte den Zettel zur Seite und seufzte. Ihre Gefühle waren noch mehr im Aufruhr als zuvor, aber irgendwie hatte sie so etwas schon geahnt. Nur jetzt, jetzt hatte sie die Gewißheit und das machte alles nur noch schlimmer.