Disclaimer: Ein Teil der vorkommenden Namen ist eingetragenes Warenzeichen von Paramount Pictures.

XX

Im Angesicht der Ewigkeit kann das Warten besonders schwer fallen, wie Jean-Luc verwundert feststellen mußte. Es hatte ihm nichts ausgemacht, immense Zeit in die Suche in den Archiven zu stecken, auch der Flug zu jenem Planeten war ihm nicht als lange vorgekommen und er konnte sich gedulden, doch nun, im Angesicht der Tatsache, daß er seinem Ziel näher war, als die ganze Zeit zuvor, merkte er, wie er ungeduldig wurde. Unruhig lief er in der Grotte auf und ab, während sich die Nareen berieten und seinen Fall diskutierten. Leet hatte ihm keine Hoffnungen, aber auch keine negativen Andeutungen gemacht und so konnte er nur Abwarten und sehen, was passierte. Hoffentlich gewährten sie ihm ihre Unterstützung. Er wünschte sich nichts sehnlicher als das, um endlich dieser Sinnlosigkeit und Leere ein Ende zu bereiten. Beverly hatte diesen Tod einfach nicht verdient! Er fragte sich, wie oft er sich dies schon gesagt hatte, doch nun konnte er womöglich tatsächlich etwas ändern.
Irgendwann wurde er des Herumlaufens müde und er setzte sich auf einen Stein. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wieviel Zeit inzwischen verstrichen war, doch die Nareen berieten sich immer noch. Bitte! Oh Bitte! Er hatte absolut kein Gefühl, ob die Länge der Verhandlung als ein positives Zeichen gesehen werden mußte, oder nicht, dazu wußte er zu wenig über diese Wesen. Ein mulmiges Gefühl der Aufregung machte sich in seiner Magengegend breit und schnürte ihm die Kehle zu. Er mußte einfach an die grenzenlosen Möglichkeiten denken, die sich mit der Gewährung seiner Bitte ergaben. Er konnte Beverly retten, er mußte nicht mehr mit ansehen, wie sie vergebens starb. Er hatte dieses Szenario gedanklich inzwischen so oft durchgespielt, daß er genau wußte, was es zu tun galt, damit alles anders, glücklicher, verlief, ihm fehlte nur noch... Er holte tief Luft und holte sich zur Räson. Wenn er sich nun zu viele Hoffnungen machte, konnten sie umso leichter enttäuscht werden, darum war es besser, alles von einem distanzierten Standpunkt zu sehen... Wenn das nur so einfach getan, wie gesagt wäre. Je strenger er versuchte, sich zu konzentrieren, umso eher glitten seine Gedanken ab. Irgendwann holte ihn Leets angenehme Stimme zurück in die Realität. "Wir haben entschieden!" Hoffnungsvoll sah Jean-Luc auf und biß sich auf die Zunge, um sich ein neugieriges "Und!" zu verkneifen. "Wir werden dir deine Bitte gewähren..." Freudig schnappte Picard nach Luft. All sein stummes Bitten und Flehen, seine Hoffnungen, seine Gebete waren erhört worden. "...jedoch freue dich nicht zu früh!" fuhr Leet fort. "Denn wir haben uns entschlossen, diese Zeitlinie nicht zu sehr zu schädigen, daher beruht deine zweite Chance alleine auf deiner Intuition. Es wird dir nicht gestattet Erinnerungen an diese Gegenwart mitzunehmen. Lasse dich von deinen Gefühlen leiten..." Jean-Luc schluckte. Keine Erinnerungen? Wie sollte er dann wissen...! Würden seine Gefühle ausreichen, das Unmögliche zu erreichen? Fast unsichtbar schüttelte er den Kopf. Er sollte dankbar sein, daß man ihm diese Chance überhaupt gewährt hatte. Langsam hörte er sich sagen: "Das ist akzeptabel, ich bin einverstanden!" "Gut... Dann folge mir!" Leet setzte sich in Bewegung und zum ersten Mal, seit er hier war, bekam Jean-Luc mehr von der Grotte zu sehen. Es war mehr als eine Grotte, es war eine komplette Stadt, auch wenn man keine Gebäude sehen konnte. Es schien, als hätte dieses Volk seine Existenz auf einer komplett anderen Ebene und bedurfte keiner Bauwerke mehr, lediglich einer Sammelstelle.
Leet hatte ihn zu einem steinernen Torbogen gebracht, in dessen Umgebung die Luft mehr sang, als an anderen Stellen. Es schienen sich also schon sehr viele Individuen seines Volkes hier versammelt zu haben und abzuwarten, was nun geschah. "Bist du bereit?" fragte er Picard und als diese stumm nickte, schwoll erneut das Singen an, bis es im wahrsten Sinne des Wortes einen Wirbel erschaffen hatte. Geräusch und Umwelt verschmolzen zu einem, trennten sich wieder und kamen wieder zusammen in einem Spiel voller Farben und Wellen. Picard wußte nicht, wie ihm geschah und deshalb entschied er, sich nur von den Eindrücken leiten zu lassen, die sich von einem Moment auf den anderen änderten. Er befand sich schon lange nicht mehr bei den Nareen, doch wo genau er sich befand, wußte er auch nicht. Er hörte eine leise flüsternde Stimme, die ihm beruhigend zuredete...

Wenn ich an dich denke,

dann sehe ich nur Liebe vor meinen Augen.

Wenn ich an dich denke,

dann spüre ich nur Wärme in meinem Herzen.

Wenn ich an dich denke,

dann merke ich wie schlecht es dir geht.

Wenn ich an dich denke,

dann weiß ich, du machst dir Vorwürfe.

Doch wenn du an mich denkst,

dann weißt du, ich verzeihe dir.

Ich sehe dich,

aber du siehst mich nicht.

Ich spüre dich,

aber du spürst mich nicht.

Ich fühle dich,

aber du fühlst mich nicht.

Ich schreie nach dir,

aber du hörst mich nicht.

Ich schaue auf euch herab

und sehe Trauer und Mißmut.

Ich schaue auf euch herab,

aber manchmal verdecken Wolken meinen Blick.

Manchmal sehe ich euch nur verschwommen

und dann hoffe ich, ihr denkt an mich.

Ich bemerke Vorwürfe

und versuche dir klar zu machen,

dass du keine Schuld trägst.

Aber du hörst mich nicht.

Und wieder spüre ich dich,

aber du spürst mich nicht.

Und wieder fühle ich dich,

aber du fühlst mich nicht.

Und wieder schreie ich nach dir,

aber du hörst mich nicht.

Geliebter...

Weißt du noch wie schön es mal war?

Kannst du dich noch an unser gemeinsames Glück erinnern?

Siehst du uns noch lachend im Wald?

Spürst du noch meine Wärme?

Denkst du noch daran?

Vergißt du unsere Zeit auch nicht?

Wirst du dich an mich erinnern?

Glaubst du noch an ein Wiedersehen?

Geliebter... ich vermisse dich so.

Weißt du noch wie sehr ich dich liebte?

Kannst du dich erinnern?

Weißt du noch?

Geliebter,

Wenn ich dich sah,

dann wurde mir so warm ums Herz.

Wenn ich deine Stimme hörte,

dann klang sie wie eine wunderschöne Melodie in meinen Ohren.

Wenn ich deine Bewegungen wahrnahm,

dann glichen sie einem Tanz.

Wenn ich dich damals sah,

dann war da dieses Gefühl.

So ein kleines, unschuldiges Gefühl,

dass mir verständlich machte, wie sehr ich dich brauchte.

Aber ich habe es ignoriert.

Wollte nicht darauf hören.

Und dann war es zu spät.

Meine Zeit war abgelaufen.

Denk an mich...

Bitte vergiß mich nicht.

Meine Liebe soll in deinem Herzen blühen.

Meine Gedanken, deine beflügeln.

Dein Herz soll ewig meines besitzen.

Und wenn ich auf dich herunter schaue,

dann geb' ich Acht auf dich.

Werde dich leiten und begleiten,

dich weiterhin lieben und ehren,

dich begehren.

Und weinen.

Weinen, weil ich Angst habe dich nie wieder zu sehen.

Weinen, weil ich weiß du mußt irgendwann loslassen.

Aber bitte versprich mir... denk an mich.

Der leise, sanfte flüsternde Ton hatte eine beruhigende Wirkung auf ihn und er wollte die Hand ausstrecken, um sie zu berühren. "Beverly..." Hab noch ein wenig Geduld! ... Und dann war alles verschwunden!

Eine neue Chance?

Alles wiederholt sich?...

Müde betrat Jean-Luc Picard sein Quartier und seufzte auf. Er war glücklich, endlich Dienstschluß zu haben und sich von einem anstrengenden Tag erholen zu können. Gedankenverloren knöpfte er seine Uniformjacke auf und schleuderte sie auf den nächstbesten Stuhl, ehe er sich erschöpft auf das Sofa sinken ließ. Noch bevor er sie sehen konnte, hörte er bereits weiche Schritte auf dem Teppichboden und wandte den Kopf instinktiv. Er lächelte leicht, als er Beverly endlich erblickte und richtete sich wieder etwas auf, während sie sich neben ihn setzte. "Hallo..." begrüßte sie ihn sanft. "Wie war dein Tag?" Er nahm sie in den Arm und zog sie ein wenig an sich. Ein Gefühl von großer Freude überkam ihn und er hatte den Eindruck, er hätte sie seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Es erfüllte ihn mit großer Erleichterung, zu sehen daß es ihr gut ging, auch wenn er nicht erklären konnte, wieso. Er zog sie noch ein wenig näher zu sich her und umschlang sie, fast schützend, mit den Armen bevor er sie stürmisch küßte. Sie lachte leise, als er sich von ihr löste. "Was ist denn in dich gefahren? So hast du mich schon lange nicht mehr begrüßt!" "Ich weiß auch nicht..." gestand er leise. "Es überkam mich einfach so..." Sie lachte immer noch leise und strich ihm über den Kopf. "Von mir aus, kannst du das ruhig öfter machen.." Als Antwort küßte er sie erneut. Er konnte es nicht beschreiben, doch ein Teil von ihm, war so glücklich, sie in seinen Armen zu halten, wie als hätte er dies lange nicht mehr getan.
Vorsichtig legte er die Hand auf ihren Bauch und fühlte, wie sich das Kind bewegte. "Wie geht es dir?" Sie verzog ein wenig das Gesicht. "Wie soll es mir groß gehen? Madeleine wird von Tag zu Tag unruhiger, aber ich komme gut zurecht. Schau mich nicht so an, ich bin nicht todkrank!" "Nein, nur ein wenig blaß... aber wenn ich etwas für dich tun kann..." Sie lächelte. "Dann brauche ich es nur zu sagen, ich weiß. Aber jetzt ist das alles nur noch eine Frage von Tagen, bis das Kind zur Welt kommt, also habe ich es ja fast überstanden. Und du hast mir immer noch nicht gesagt, wie dein Tag war!" Sie legte die Hand auf seine und drückte sie leicht. "Ach, wie soll er schon gewesen sein? Du kennst das doch... es war anstrengend, aber nicht überfordernd. Nichts außergewöhnliches!" "Das will ich auch hoffen. Ich fände es schade, wenn die Enterprise die tollsten Entdeckungen macht, während ich hier in Mutterschaft festsitze." "Deinen Sarkasmus hast du dir jedenfalls bewahrt!" bemerkte er trocken. Sie grinste. "Wieso nicht?" Bevor er antworten konnte, wurde er von seinem Kommunikator unterbrochen. "Riker an den Captain!" Er tippte darauf. "Was gibt es, Nummer eins?" "Admiral Nechejev möchte Sie sprechen, Sir. Sie sagt es wäre dringend!" "Stellen Sie es in mein Quartier durch!" "Verstanden! Riker Ende!" Jean-Luc tauschte mit Beverly einen beunruhigten Blick und ging dann hinüber zu seinem Schreibtisch, wo bereits der Bildschirm seines Handcomputers erleuchtet war. Er spürte ein Ziehen in der Magengrube und drehte sich instinktiv noch einmal zu Beverly herum, bevor er sich dem Bildschirm zuwandte. Zu sehen war eine blonde, autoritär aussehende Frau – die bestimmt keine guten Nachrichten hatte. Jean-Luc zog den Computer zu sich heran. "Guten Abend, Admiral!" sagte er höflich und wartete dann ab, was Nechejev zu sagen haben würde. "Guten Abend, Captain Picard!" erwiderte sie den Gruß in einem strengen Ton. "Ich habe mit Ihnen eine Sache von höchster Wichtigkeit zu besprechen." "Ich höre!" Langsam wuchs seine Beunruhigung immer mehr. "Es gibt in letzter Zeit verstärkte Anzeichen für eine erhöhte Aktivität seitens der Neutralen Zone, die es nicht geben sollte..." "Die Romulaner.." "Präzise. Berichten unserer Außenposten zufolge sollen sie mehrere aggressive Akte gegenüber der Föderation begangen haben. Kurz, wir stehen möglicherweise an der Schwelle zu einem Krieg, wenn sich herausstellen sollte, daß die Romulaner tatsächlich dafür verantwortlich sind, daher möchten wir einige Schiffe zur Erkundung der Lage an die Grenze der Neutralen Zone bringen um so viel Aufklärungsarbeit wie möglich zu leisten, unter anderem auch die Enterprise als Flaggschiff der Sternenflotte." Picard nickte. "Ich verstehe!" "Dies ist aber noch nicht alles, Captain. Es gibt noch ein weiteres Problem, auch wenn Sie es vielleicht nicht als solches sehen wollen. Es könnte durchaus zu kriegerischen Handlungen kommen. Darum muß ich Sie bitten, Ihre Chefärztin, die unseren Berichten zufolge momentan nicht dienstfähig ist, auszutauschen." Jean-Luc sah aus dem Augenwinkel, wie Beverly tief Luft holte, dann stand sie auf und kam ein paar Schritte ihn auf zu. "Wie habe ich diesen Befehl zu verstehen? Es gibt auf der Enterprise genügend kompetentes medizinisches Personal, das meine Frau ohne weiteres vertreten kann. Außerdem, was spricht dagegen, sie als Zivilistin an Bord zu behalten?" Genervt rollte die Admiralin mit den Augen. Es schien als hätte sie genau gewußt, daß er so reagieren würde. "Captain, ich kann Ihre persönlichen Gefühle gut verstehen, dennoch ist es notwendig, daß sie speziell für diese Mission abgelöst wird. Ich habe vollstes Vertrauen in Ihre anderen Bordärzte und würde Ihnen unter normalen Umständen auch vollkommen freie Hand lassen. Doch dies sind keine normalen Umstände, ich betone es noch einmal, es könnte ein Krieg ausbrechen und falls ja, bräuchten wir jeden verfügbaren Arzt. Außerdem, das ist eines der Dinge zu denen ich noch kommen wollte, muß ich sie bitten, alle Zivilisten von Bord zu schicken. Dies ist ein Ernstfall und diese Leute sollen nicht verletzt werden. Aus diesem Grund ist sowohl ein hochschwangerer Leitender Medizinischer Offizier als auch Ihre hochschwangere Ehefrau ein Ding der Unmöglichkeit, ich hoffe das können Sie verstehen..." Jean-Luc nickte langsam. Irgend etwas sagte ihm, daß es keine Bedrohung durch die Romulaner gab. "Verstehen ja, aber einverstanden bin ich nicht. Wann soll die Enterprise in diesen Sektor beordert werden?" "Sobald alle nötigen Vorbereitungen getroffen worden sind, vielleicht in vier bis fünf Tagen. Sie erhalten bis dahin noch einmal neue Instruktionen." Verzweifelt sah er zwischen dem Bildschirm und Beverly hin und her, die ihren Kopf traurig gesenkt hatte und mit beiden Händen ihren angeschwollenen Bauch hielt. Für sie mußten diese Befehle genauso ein Schlag ins Gesicht sein. Irgendwo in seinem Inneren verstand er die Denkweise des Admirals sogar, immerhin geriet Beverly damit sogar aus einer potentiellen Schußlinie, aber er konnte sie doch jetzt nicht im Stich lassen, nicht kurz vor der Geburt ihres Kindes. Und er faßte einen Entschluß: "Admiral, ich möchte Sie trotz der Umstände darum bitten, meine Frau an Bord des Schiffes zu behalten. Sie steht kurz vor der Geburt ihres Kindes und ich möchte sie in dieser Zeit nicht im Stich lassen. Ich versichere Ihnen, es wird meine Handlungsweise während dieser Mission in keinster Weise einschränken und ich werde jeden anderen Zivilisten wie befohlen von Bord schicken." Nechejev runzelte nachdenklich die Stirn. "Dies verstößt gegen jegliches Protokoll!" "Admiral, meine Frau wäre unter normalen Umständen keine Zivilistin, sondern ein hochrangiges Mitglied meiner Führungsoffiziere und sie ist nicht todkrank. Ich bin mir der Risiken durchaus bewußt und sie genauso. Was spricht dagegen, sie an Bord zu lassen, außer der potentiellen Gefahr in die sie sich begibt? Sie ist erfahren genug, auf sich selbst aufzupassen und wird die Mission nicht behindern..." Die Admiralin seufzte und zuckte die Achseln. "Wenn es Ihr Wunsch ist, Captain, so stehe ich Ihnen nicht im Wege. Sollte dennoch etwas passieren, so sagen Sie nicht, ich hätte sie nicht gewarnt!"
Picard nickte dankbar und dann verabschiedete er sich förmlich von der Admiralin, da es nicht mehr zu sagen gab, momentan. Trotzdem gefiel ihm die ganze Sache nicht. Irgend etwas mußte tatsächlich passiert sein, sonst würde die Sternenflotte nicht solche Vorkehrungen treffen, auch wenn er dieses seltsame Gefühl nicht los wurde. Nachdenklich stand er von seinem Stuhl auf und sah zu Beverly, die nun direkt vor ihm stand. "Danke!" flüsterte sie und küßte ihn sanft.