Disclaimer: Ein Teil der vorkommenden Namen ist eingetragenes Warenzeichen von Paramount Pictures.

XXII

"Hallo Doktor!" Schwester Ogawas freundliche Stimme hallte Beverly schon von weitem entgegen, als sie die Krankenstation betrat. Sie verzog den Mund zu einem leichten Lächeln und erwiderte den Gruß. Alyssa kam ihr freundlich lächelnd entgegen gelaufen und hatte schon einen Tricorder in der Hand – sie kannte die Prozedur inzwischen. "Heute brauchen Sie nicht so ausführlich zu untersuchen. Ich weiß, daß die Enterprise heute die Neutrale Zone erreichen wird und ich möchte niemanden in seiner Arbeit stören." "Ist schon in Ordnung, Sie behindern niemanden. Wenn die Wehen einsetzen, brauchen Sie auch medizinische Betreuung." "Ja, aber vielleicht ist die Mission dann bereits vorüber..." Alyssa schüttelte den Kopf, nachdem sie die Anzeigen auf dem Tricorder besah und sie Beverly unter die Nase hielt. "Sieht nicht so danach aus..." "Nein, tatsächlich nicht. Es hat wohl einfach so sein sollen..." Sie seufzte. "Eigentlich dachte ich mir bereits so etwas..." Alyssa winkte ab. "Ach Unsinn... Es wird schon alles nicht so schlimm kommen. Es wäre schlimm, wenn die Krankenstation nicht auch einmal etwas für ihre Chefin tun könnte." Sie sah noch einmal auf den Tricorder und meinte dann, während sie Beverly das Gerät in die Hand gab. "Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir Sie hier behielten?" Beverly konnte nicht mehr darauf antworten, denn eine Erschütterung riß sie und Alyssa Ogawa aus dem Gespräch. Die beiden Frauen blickten sich erschrocken an. Im selben Moment ging der Rote Alarm los und Beverly hatte sich noch nie so nutzlos gefühlt. Das gesamte medizinische Personal ging auf seinen Posten nur sie konnte sich auf das nächstbeste Biobett setzen. "Was geht hier vor?" "Es sieht so aus, als wären wir angegriffen worden..." Der Boden erbebte ein weiteres Mal unter ihnen, dieses Mal heftiger und Beverly mußte sich richtig festhalten, um nicht zu Boden zu fallen. Diese gesamte Situation hatte etwas Irreales und sie begnügte sich damit zu Boden zu starren. Ihr gefiel die Entwicklung zwar ganz und gar nicht, doch dieses Mal war sie ein außenstehendes Teil dieser perfekt funktionierenden Maschinerie. Dieses Mal mußte sie sich um nichts kümmern. Wäre nur das ungeborene Kind nicht...
Mit einem weiteren Beben fiel für kurze Zeit die Beleuchtung aus und dann materialisierten sie. Direkt vor ihren Augen erschienen drei Romulaner, die nicht sehr kompromißbereit aussahen. Sie hielten ihre Disruptoren entschlossen vor ihr Gesicht und es war klar, daß sie bei der kleinsten falschen Bewegung schießen würden. Ruhig schloß Beverly die Augen und atmete tief durch. Sie durfte jetzt nur nicht die Nerven verlieren...
In Windeseile hatten die Romulaner die Krankenstation ausgekundschaftet, während sie das Personal in Schach hielten und zusammengetrieben hatten. Alyssa rief etwas und kurz darauf hatte sie einen Disruptor unter der Nase. Es waren nur noch Sekundenbruchteile, bis der Romulaner schießen würde. Für Beverly hatte diese Situation sämtliche Realität verloren und man maß ihr als hochschwangerer Patientin auch keine besondere Beachtung bei. Sie spürte noch immer den Tricorder in ihrer Hand, hob den Arm wie in Zeitlupe und schleuderte dem Romulaner das Gerät an den Kopf. Danach ging alles ganz schnell. Sie traf ihn am Hinterkopf und wütend wirbelte er herum. Bevor sie erkannte, was geschah hatte er bereits geschossen und der Strahl hatte sie getroffen. Sie spürte noch einen leichten Schmerz, aber war bereits tot, als sie zu Boden fiel.

"... es ging alles so schnell..." Alyssas Stimme war fast unhörbar und leise, als sie Jean-Luc den Vorfall auf der Krankenstation beschrieb, während er vor der Leiche seiner Frau kniete. "Und das Kind?" Seine Stimme war ebenfalls brüchig. Stumm schüttelte sie den Kopf und er spürte, wie ihm heiße Tränen die Wangen hinunterliefen. Er hatte Frau und Kind an marodierende Romulaner verloren und nur wegen seiner Sturheit. Es war alles so sinnlos und unnötig...
Es stimmte schon, daß die Außenposten von den Romulanern angegriffen worden waren, allerdings hatte man es mit einer marodierenden Splittergruppe zu tun, die gegen das eigentliche Imperium arbeitete und ihre eigenen Ziele verfolgte. Zwei ihrer Schiffe hatten die Enterprise als Führungsschiff der Flotte angegriffen und die Schilde so weit geschwächt, daß sie einige der Kämpfer an Bord beamen konnten, wo sie, fast überall, auf Widerstand stießen und relativ schnell überwältigt werden konnten. Es gab so gut wie keine Toten bei der Aktion und nur wenig Verletzte. Und die Person, die am unschuldigsten von allen war, lag nun tot vor ihm auf dem Boden. "Warum?" schluchzte er. "Warum sie?" "Sie hat mir das Leben gerettet!" flüsterte Alyssa. "Und mit ihrem eigenen bezahlt.." "Nein...NEIN!" Er schlug mit der Hand auf den Boden. "Warum nur? Warum?" Es kam ihm vor, als würden ihre offenen, ins Leere blickenden Augen ihn vorwurfsvoll ansehen und das Blut, das an ihren Mundwinkeln hing sprach seine eigene Sprache. "Sie hatte es von allen hier am wenigsten verdient! Es ist meine Schuld, meine verdammte Schuld... Ich hätte auf Admiral Nechejev hören sollen!" Er kauerte sich über Beverlys leblosen Körper zusammen und wollte von allem nichts hören und sehen. Ihn interessierte nichts mehr, nicht die offizielle Entschuldigung des Romulanischen Imperiums, nicht die beiden Warbirds, die sich enttarnten und sich um die Schiffe der marodierenden ‚Abtrünnigen' kümmerten, nicht fortlaufende Beileidsbekundungen. All das machte Beverly nicht mehr lebendig, die getötet für nichts und wieder nichts vor ihm auf dem Boden lag. Er spürte all die mitleidigen Blicke auf sich, doch er wollte nichts hören und nichts sehen.
Niedergeschlagen hob Alyssa den Tricorder auf, den Beverly nach dem Romulaner geworfen hatte. Morgen hätte sie das Kind bekommen, doch es gab kein Morgen mehr...

7 Jahre später/ gleichzeitig

Leet zuckte innerlich zusammen, als er von etwas verletzt wurde und der Schmerz berührte sein Bewußtsein. Es war nicht nur der körperliche Schmerz, den er durch die Aggressivität des Angriffs verspürte, sondern auch der Schmerz des Angreifers selbst. Leet spürte, wie seine Gestalt zerbarst und sich in Tausend Teile verstreute, er fühlte Befriedigung bei dem Verursacher und dennoch verspürte er keinen Groll. Der einzige Gedanke, der sich tief in seinem Inneren formierte, war: Ich heiße dich willkommen, Jean-Luc Picard!

Eine große Welle von Emotionen brach über Jean-Luc zusammen, als er aus Frust an diesen Eiskristall getreten hatte. Er konnte es nicht beschreiben, zumal er kein Empath war, doch es schien ihm, als würden sich die Emotionen mit etwas anderem, älter und doch parallel, überschneiden. Die Intensität dieser Wahrnehmung war so groß, daß er Angst hatte, sein Kopf könne platzen, doch dazu kam es nicht. Er verlor vorher das Bewußtsein.

Was ist Liebe?
So unendlich das Universum ist, so unendliche Definitionen gibt es für diese eine Empfindung. Für die einen ist es das höchste der Gefühle, wert besungen und gelobt zu werden, in endlosen Liedern und Hymnen, für die anderen ist es nur Zeitverschwendung in ihrer kalten Einsamkeit. Ohne Hass gibt es keine Liebe und manchmal schlägt das eine in das andere um, ohne ersichtlichen Grund.
Für den einen ist Liebe rein körperlich und dient zur Fortpflanzung, für den anderen kommt sie ohne den Körper aus und existiert nur im Geist. Paßt sich dieses Gefühl unseren Bedürfnissen an? Passen wir uns diesem Gefühl an? Wie kommt es, daß zwei Herzen im gleichen Rhythmus schlagen, zwei Geister auf der gleichen Wellenlänge liegen?
Es gibt Dinge die kann man mit Wissenschaft nicht erklären...

Als Jean-Luc die Augen aufschlug, befand er sich in einer seltsamen Grotte, an deren Decke sich das Wasser widerspiegelte, nur daß es weit und breit kein Wasser gab. Ein Singen erfüllte die Luft und er hatte das Gefühl, schon einmal hier gewesen zu sein in einer Vergangenheit, die nicht mehr seine eigene war. Eine helle Stimme zog seine Aufmerksamkeit auf sich. "Ich heiße dich willkommen, Jean-Luc, ich habe dich bereits erwartet.." "Woher...?" Er stockte. Diese Wesen, diese Nareen, die er suchte waren wohl mächtiger als er dachte. Anstatt einer Antwort flutete eine weitere Reihe mentaler Eindrücke auf sein Bewußtsein ein und plötzlich wurde aus einer Überschneidung eine Überlagerung. Er verstand. "Ich... war bereits hier, nicht wahr?" "Das ist richtig..." Die Bilder wurden klarer und plötzlich konnte er sich an alles erinnern. Beverly! Madeleine! Das Mädchen hatte überlebt, in einer anderen Realität.. wenn er nur wußte, in welcher er sich befand... Lebte seine Tochter immer noch irgendwo oder war alles ausgelöscht? Und eine Frage brannte ihm nun besonders auf der Zunge. "Wie konnte das alles passieren? Es hatte doch keine Bedrohung durch die Romulaner gegeben!" – zumindest in dieser Parallelrealität. "Es hat sie immer gegeben..." informierte ihn die Stimme, die er nun als die von Leet erkannte. "Nur ist deine Flotte zuvor später gekommen und das Imperium hatte genügend Zeit, seine Abtrünnigen selbst auszumerzen. Dieses Mal gab es keine Verzögerungen!" "Aber..." er holte tief Luft. "..kann ich Beverly dann überhaupt retten? Stirbt sie nicht, egal was ich tue, auch wenn es letztendlich immer aus meiner Schuld heraus geschieht?" "Diese Frage zu beantworten liegt nicht in meiner Macht... Das Schicksal kennt zu viele Variablen." "Ich möchte sie so gerne retten... aber ist dies überhaupt noch möglich, ohne die Zeitlinie zu verändern?" "Im Moment ist alles möglich... die Zeitlinien befinden sich in einer Schwebe und man könnte sagen, sie laufen in dir zusammen. Wenn du dich beeilst, können wir dir noch eine dritte Chance gewähren, bevor das Portal, das du vor 7 Jahren und doch zur selben Zeit öffnetest, für immer verschlossen wird. Vergiß nicht, daß alle Realitäten in dir vereinigt werden. In Wirklichkeit sind keine sieben Jahre vergangen seit deiner ersten Zeitreise und heute... doch ist das mit dem geöffneten Portal nur schwer begreiflich. Wenn es erst einmal geschlossen wird, wirst du verstehen..." Jean-Luc schluckte. "Vorher würde ich gerne noch einmal meine Chance ergreifen..." "So sei es! Aber du kennst die Risiken..."

Eine weitere neue Chance?

Alles wiederholt sich?...

Müde betrat Jean-Luc Picard sein Quartier und seufzte auf. Er war glücklich, endlich Dienstschluß zu haben und sich von einem anstrengenden Tag erholen zu können. Gedankenverloren knöpfte er seine Uniformjacke auf und schleuderte sie auf den nächstbesten Stuhl, ehe er sich erschöpft auf das Sofa sinken ließ. Noch bevor er sie sehen konnte, hörte er bereits weiche Schritte auf dem Teppichboden und wandte den Kopf instinktiv. Er lächelte leicht, als er Beverly endlich erblickte und richtete sich wieder etwas auf, während sie sich neben ihn setzte. Irgendwie hatte er den Eindruck dies alles schon einmal erlebt zu haben. "Hallo..." begrüßte sie ihn sanft. "Wie war dein Tag?" Er nahm sie in den Arm und zog sie ein wenig an sich, darauf bedacht, ihr nicht auch nur im Geringsten wehzutun. Er sah in ihr auf eine unerklärliche Weise etwas Kostbares, Zerbrechliches und eine unglaubliche Angst, sie verlieren zu können griff nach seiner Kehle.
Vorsichtig legte er die Hand auf ihren Bauch und fühlte, wie sich das Kind bewegte. "Ich sollte eher dich fragen, wie es dir geht? Ich sehe dich ja die meiste Zeit nicht..." Sie verzog ein wenig das Gesicht. "Wie soll es mir groß gehen? Madeleine wird von Tag zu Tag unruhiger, aber ich komme gut zurecht. Schau mich nicht so an, ich bin nicht todkrank!" "Nein, nur ein wenig blaß... aber wenn ich etwas für dich tun kann..." Sie lächelte, legte die Hand auf seine und drückte sie leicht.. "Dann brauche ich es nur zu sagen, ich weiß. Aber jetzt ist das alles nur noch eine Frage von Tagen, bis das Kind zur Welt kommt, also habe ich es ja fast überstanden. Und du hast mir immer noch nicht gesagt, wie dein Tag war!" "Ach, wie soll er schon gewesen sein? Du kennst das doch... es war anstrengend, aber nicht überfordernd. Nichts außergewöhnliches!" "Das will ich auch hoffen. Ich fände es schade, wenn die Enterprise die tollsten Entdeckungen macht, während ich hier in Mutterschaft festsitze." "Deinen Sarkasmus hast du dir jedenfalls bewahrt!" bemerkte er trocken. Sie grinste. "Wieso nicht?" Bevor er antworten konnte, wurde er von seinem Kommunikator unterbrochen. "Riker an den Captain!" Er tippte darauf. "Was gibt es, Nummer eins?" "Admiral Nechejev möchte Sie sprechen, Sir. Sie sagt es wäre dringend!" "Stellen Sie es in mein Quartier durch!" "Verstanden! Riker Ende!" Jean-Luc tauschte mit Beverly einen beunruhigten Blick und ging dann hinüber zu seinem Schreibtisch, wo bereits der Bildschirm seines Handcomputers erleuchtet war. Er spürte ein Ziehen in der Magengrube und drehte sich instinktiv noch einmal zu Beverly herum, bevor er sich dem Bildschirm zuwandte. Zu sehen war eine blonde, autoritär aussehende Frau – die bestimmt keine guten Nachrichten hatte. Jean-Luc zog den Computer zu sich heran. "Guten Abend, Admiral!" sagte er höflich und wartete dann ab, was Nechejev zu sagen haben würde. "Guten Abend, Captain Picard!" erwiderte sie den Gruß in einem strengen Ton. "Ich habe mit Ihnen eine Sache von höchster Wichtigkeit zu besprechen." "Ich höre!" Langsam wuchs seine Beunruhigung immer mehr. "Es gibt in letzter Zeit verstärkte Anzeichen für eine erhöhte Aktivität seitens der Neutralen Zone, die es nicht geben sollte..." "Die Romulaner.." "Präzise. Berichten unserer Außenposten zufolge sollen sie mehrere aggressive Akte gegenüber der Föderation begangen haben. Kurz, wir stehen möglicherweise an der Schwelle zu einem Krieg, wenn sich herausstellen sollte, daß die Romulaner tatsächlich dafür verantwortlich sind, daher möchten wir einige Schiffe zur Erkundung der Lage an die Grenze der Neutralen Zone bringen um so viel Aufklärungsarbeit wie möglich zu leisten, unter anderem auch die Enterprise als Flaggschiff der Sternenflotte." Picard nickte. "Ich verstehe!" Ich weiß Er wagte es nicht zu Beverly zu sehen, doch spürte er ihre Anwesenheit nun viel stärker als zuvor. "Dies ist aber noch nicht alles, Captain. Es gibt noch ein weiteres Problem, auch wenn Sie es vielleicht nicht als solches sehen wollen. Es könnte durchaus zu kriegerischen Handlungen kommen. Darum muß ich Sie bitten, Ihre Chefärztin, die unseren Berichten zufolge momentan nicht dienstfähig ist, auszutauschen." Jean-Luc sah aus dem Augenwinkel, wie Beverly tief Luft holte, dann stand sie auf und kam ein paar Schritte ihn auf zu. "Wie habe ich diesen Befehl zu verstehen? Es gibt auf der Enterprise genügend kompetentes medizinisches Personal, das meine Frau ohne weiteres vertreten kann. Außerdem, was spricht dagegen, sie als Zivilistin an Bord zu behalten?" Genervt rollte die Admiralin mit den Augen. Es schien als hätte sie genau gewußt, daß er so reagieren würde. "Captain, ich kann Ihre persönlichen Gefühle gut verstehen, dennoch ist es notwendig, daß sie speziell für diese Mission abgelöst wird. Ich habe vollstes Vertrauen in Ihre anderen Bordärzte und würde Ihnen unter normalen Umständen auch vollkommen freie Hand lassen. Doch dies sind keine normalen Umstände, ich betone es noch einmal, es könnte ein Krieg ausbrechen und falls ja, bräuchten wir jeden verfügbaren Arzt. Außerdem, das ist eines der Dinge zu denen ich noch kommen wollten, muß ich sie bitten, alle Zivilisten von Bord zu schicken. Dies ist ein Ernstfall und diese Leute sollen nicht verletzt werden. Aus diesem Grund ist sowohl ein hochschwangerer Leitender Medizinischer Offizier als auch Ihre hochschwangere Ehefrau ein Ding der Unmöglichkeit, ich hoffe das können Sie verstehen..." Jean-Luc nickte langsam. Irgend etwas sagte ihm, daß es eine ernstzunehmende Bedrohung dort draußen gab, auch wenn er es nicht erklären konnte. War es wirklich notwendig seine Frau, die bald ein Kind zur Welt brachte in Gefahr zu bringen? "Wann soll die Enterprise in diesen Sektor beordert werden?" fragte er prophylaktisch. "Sobald alle nötigen Vorbereitungen getroffen worden sind, vielleicht in vier bis fünf Tagen. Sie erhalten bis dahin noch einmal neue Instruktionen." Verzweifelt sah er zwischen dem Bildschirm und Beverly hin und her, die ihren Kopf traurig gesenkt hatte und mit beiden Händen ihren angeschwollenen Bauch hielt. Für sie mußten diese Befehle ein Schlag ins Gesicht sein, doch wenn er sich auf seine Gefühle verlassen konnte, dann konnte er es nicht riskieren, sie an Bord zu behalten. Etwas anderes sagte ihm, daß es für sie genauso gefährlich sein konnte, sie nicht hierzubehalten. Er befand sich in einer moralischen Zwickmühle und hatte nur noch Bruchteile von Sekunden Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Er redete sich ein, daß diese Vorahnungen nur sein Instinkt seien, der ihn jede Möglichkeit untersuchen ließ, bevor er sich für eine zu entscheiden hatte. Schließlich traf er seine Wahl: "Sie wird mit den anderen Zivilisten von Bord gehen..." Nechejev nickte, doch hinter sich hörte er Beverly empört schnauben. Er wußte genau, was ihr Blick ihm sagen wollte, selbst jetzt, wo er sie nur aus den Augenwinkeln wahrnahm. Es mußte ihr vorkommen, als ließe er sie im Stich, kurz bevor das Kind zur Welt kam, aber sie konnte nicht verstehen. Wenn er das Gespräch beendet hatte, würde er es ihr erklären. "Ich wußte, Sie wären vernünftig." Picard nickte und dann verabschiedete er sich förmlich von der Admiralin, da es nicht mehr zu sagen gab, momentan. Trotzdem gefiel ihm die ganze Sache nicht. Nachdenklich stand er von seinem Stuhl auf und sah zu Beverly, die nun direkt vor ihm stand – und ihn wütend anfunkelte. "Wieso hast du das getan?" In ihrer Stimme schwang mehr Traurigkeit als Wut. "Wieso schickst du mich fort? Du hast nicht einmal darum gekämpft, mich hierzubehalten." "Beverly..." Er hob beschwichtigend die Hände. "Hör zu... es ist furchtbar schwer zu begreifen, aber ich habe mir genau überlegt, was ich tun soll." "Wirklich? Ich hatte gehofft, wir stehen es gemeinsam durch..." "Das werden wir... es ist nicht ganz einfach zu begreifen, aber ich versuche es dir zu erklären... Seit ich durch diese Tür kam..." Er deutete auf den Eingang des Quartiers. "...hatte ich das Gefühl, all dies schon einmal erlebt zu haben. Es ist vage und alles andere als konkret, aber so wahr ich hier stehe, in dem Moment, als ich mit dem Admiral sprach und vor diese Entscheidung gestellt wurde, hatte ich an nichts anderes gedacht als deine Sicherheit. Dein Leben und das von Madeleine bedeutet mir mehr als alles andere." "Ich möchte nicht, daß du mich fortschickst, du hättest mich wenigstens fragen können. Ich dachte wir kämpfen Seite an Seite, egal was kommt. Verdammt noch mal, ich gehöre zu deinen Offizieren, ich bin kein unbedarfter Zivilist, dessen Ehepartner hier auf dem Schiff dient. Ich weiß die Risiken und bin bereit sie einzugehen." "Und was ist mit deinem Kind? Kannst du es verantworten, auch dein ungeborenes Kind in Gefahr zu bringen?" Sie verengte die Augen zu Schlitzen. "Es hört sich vielleicht brutal an, aber mir ist es lieber, wir sterben gemeinsam... Was ist, wenn du mich auf der Sternenbasis absetzt, ins Ungewisse fliegst und dein Schiff zerstört wird? Ich ziehe ein zweites Mal ein Kind ohne Mann auf. Da möchte ich lieber mit diesem Mann sterben." "Bist du dir im Klaren, was du für einen Unsinn redest!" Er packte sie unbewußt an den Schultern, bevor er schrie: "Es geht um Leben! " Er wollte nicht schreien, er wollte ihr nicht wehtun und vor allem wollte er sie nicht zu irgend etwas zwingen, dazu respektierte er sie viel zu sehr, doch momentan tat er genau das und nichts anderes. Sie blickte ihm entgeistert in die Augen. "Was ist nur los mit dir?" sagte sie schließlich traurig und senkte den Kopf. Dann machte sie sich los. "Aber ich werde dem Befehl des Admirals Folge leisten. Laß mich nur noch meine Sachen packen..." Dann wandte sie sich ab. Er hob ein letztes Mal die Hand. "Beverly..." "Du hast es nicht einmal versucht..." entgegnete sie tonlos.

Alyssa Ogawa staunte nicht schlecht, als sie Beverly zur Tür der Krankenstation hereinkommen sah, denn vor nicht ganz drei Stunden war sie schon zu ihrer Vorsorgeuntersuchung dagewesen. Doch nun sah sie überhaupt nicht glücklich aus. "Wäre es möglich, mir für die nächsten Tage einen medizinischen Tricorder zu überlassen?" Alyssa nickte. "Natürlich..." Sie schickte sich an, das Gerät zu holen, drehte sich dann aber noch einmal um. "Wofür eigentlich?" Beverlys Stimme klang fast ruhig, als sie erwiderte: "Für die nächste Mission sollen alle Zivilisten das Schiff verlassen... und in der Definition meines Mannes und Admiral Nechejev gehöre ich dazu. Ich wäre hier niemandem zur Last gefallen, aber ich hätte mein Kind gerne in seiner Nähe zur Welt gebracht..." Sie verzog das Gesicht und Alyssa konnte nur ahnen, weshalb. Sie ging einen medizinischen Tricorder holen und überreichte ihn dann ihrer momentan dienstunfähigen Chefärztin. "Nehmen Sie es nicht zu schwer, Ihr Mann sorgt sich um Sie. Er hat bestimmt Gründe..." "Ja.. natürlich... Ich habe mich inzwischen damit abgefunden." Sie nickte Alyssa noch einmal zum Abschied zu, bevor sie ging.