Disclaimer: Ein Teil der vorkommenden Namen und Figuren ist eingetragenes Warenzeichen von Paramount Pictures.
VI – Blick nicht zurückUnschlüssig stand Deanna Troi vor ihrem Koffer, der geöffnet
auf ihrem Bett stand. Sie überlegte, was sie noch einpacken
sollte für die Zeit, die sie wie alle anderen auch, temporär
ausquartiert wurde. Sie setzte sich neben den Koffer und betrachtete
seinen Inhalt noch einmal genau. Eigentlich hatte sie das Nötigste
schon gerichtet. Sie seufzte und blickte sich in ihrem Quartier um –
ihrem neuen Quartier. Kaum hatte sie sich an das neue Design gewöhnt
und sich einigermaßen häuslich eingerichtet, durfte sie
schon wieder ausziehen. „Es ist ja nur für ein paar Tage..."
sagte sie sich. „Außerdem ergeht es den anderen ja auch nicht
anders..." Doch irgendwie sehnte sie sich einfach nur nach Ruhe.
Natürlich war es verständlich, daß eine mehrere
hundertköpfige Crew den kommenden Reparaturteams im Weg war,
immerhin mußten komplette Decks überarbeitet und ersetzt
werden, aber ärgerlich war es schon. Ein paar Gerüchte
gingen um, während der Zeit, in der das Schiff überholt
wurde, solle eine Anhörung des Captains und einiger anderer
Offiziere stattfinden und sie fragte sich, ob sie davon betroffen
sein würde. Hoffentlich nicht! Es gab weiß Gott
angenehmeres, als von einem Untersuchungsausschuß mit Fragen
gelöchert zu werden und ihr, wie vielen anderen auch, lag noch
immer die Anhörung von vor knapp einem Jahr im Bauch. Nein, sie
war nicht wirklich scharf darauf, dieselbe Prozedur so schnell wieder
zu durchlaufen. Ihr tat nur Captain Picard leid, dem dies wohl nicht
erspart bleiben würde. Sie stand auf und ging hinüber ins
Badezimmer, um noch ihre Haarbürste und ihr Nachthemd zu holen.
Da es nun auf Anhieb nichts mehr gab, was fehlte, verschloß sie
den Koffer, hob ihn hoch und stellte ihn an die Tür. Der
Chronometer zeigte ihr an, daß es 09.00 Uhr war. In einer
Stunde, sollte sie sich im Transporterraum einfinden. Dann würde
sie auch erfahren, ob sie zu einer Befragung vorgeladen werden
sollte. Bis dahin konnte sie nur warten. Das Türsignal riß
sie aus den Gedanken und dankbar für noch ein bißchen
Abwechslung rief sie: „Herein!"
Ein paar Sekunden später
stand William Riker in der Tür und lächelte sie, an den
Türrahmen gelehnt, an. „Ich wollte nur noch einmal ‚Hallo'
sagen und schauen, ob du schon gepackt hast." Sie zeigte auf den an
der Tür stehenden Koffer. „Gerade eben fertig geworden. Komm
doch rein!" Das ließ er sich nicht zweimal sagen und trat
ein, woraufhin sich die Tür hinter ihm schloß. Er wanderte
langsam vor ihren Augen auf und ab. „Weißt du schon, wo du
hingehst?" fragte er schließlich. Nachdenklich runzelte sie
die Stirn. „Ich bin mir nicht sicher. Das Schiff wird nicht so
lange außer Betrieb sein, daß es sich lohnen würde,
nach Betazed zu fliegen. Ansonsten hätte ich wohl meine Mutter
nach langer Zeit einmal wieder besucht." Amüsiert nahm sie
seine Emotionen wahr, als sie ihre Mutter erwähnte, sagte jedoch
keinen Ton darüber. „So werde ich wahrscheinlich auf der Erde
bleiben und an der Akademie ein paar Erinnerungen auffrischen, du
weißt schon: Durch die Korridore schlendern, alte Professoren
besuchen und so weiter." Er nickte verstehend. „Ich kann mir
denken was du meinst. Ich selbst bin mir noch nicht sicher, ob man
mich vorladen wird. Ansonsten ginge ich wohl nach Alaska um dort
meine eigenen Erinnerungen aufzufrischen und vielleicht auch ein
wenig abzuspannen – das haben wir alle verdient." Sie schüttelte
den Kopf. „Derjenige, der es am meisten verdient hat, den läßt
man nicht. Captain Picards Vorladung dürfte relativ sicher sein.
Und gerade auf seinen Schultern ruhte die größte
Verantwortung. Seine Befehle entschieden über Leben und Tod...
Und natürlich Mister Data, aber ob er überhaupt Erholung
braucht, ist fraglich." Sie verzog die Lippen zu einem matten
Grinsen. Er setzte sich neben sie und erwiderte ihr Grinsen. „Wohl
kaum..." Sie sah zu Boden und seufzte. „Ach Will, ich habe mich
die ganze Zeit gefragt, ob es überhaupt richtig ist..."
Verwundert sah er sie an. „Was meinst du?" „Alles... Daß
die Borg so gnadenlos waren und wir genauso reagieren mußten.
Ein Eingriff in die Zeitlinie... und nun diese am Protokoll klebenden
Admiräle. Ich verstehe ja die Neugier bei Starfleet Command über
die ganzen Vorfälle, aber hätten wir nicht einfach einen
Bericht verfassen können? Ich kann mir kaum vorstellen, daß
man so mit uns verfahren würde, wäre man selbst
dabeigewesen. Und dann ist da noch etwas: Die Enterprise, das einzige
Schiff, dessen Captain einmal Teil der Borg gewesen war, fliegt in
diesen Strudel und verhindert die Assimilation der Erde. Ich bin mir
sicher, es wäre ihnen wohler im Bauch, wenn es jedes andere
Schiff außer uns gewesen wäre. Wie Captain Picard schon
sagte: Man vertraute der Crew, jedoch nicht dem Captain... Man fragt
sich bestimmt, ob bei unserer Verfolgung der Borg ins 21. Jahrhundert
noch andere Dinge eine Rolle spielten, als die Rettung der
Menschheit..." „Woher weißt du das alles, Deanna?" „Ich
habe mich ein wenig herumgehört, bei anderen Crewmitgliedern,
habe mir die schon zur Durchsicht freigegebenen Akten Starfleets in
dieser Sache angesehen und mir natürlich auch selbst ein paar
Gedanken gemacht. Ich bin lange genug Counselor, um bestimmte
Aktionen und Reaktionen mit einiger Sicherheit bestimmen zu können."
Er sah sie nachdenklich an. „Daran zweifle ich nicht. In gewisser
Weise hast du recht, aber ich bin mir sicher, es wird alles gut
werden. Die Enterprise war immer das Flaggschiff und wir haben
Starfleet strenggenommen nie enttäuscht, selbst wenn die
Mißachtung einiger Befehle und Protokolle nötig waren, um
die Wahrheit zu offenbaren. Laß sie sich aufregen, letztendlich
wendet sich alles zum Guten." „Ich hoffe du hast recht..." Sie
sah ihm in die Augen und lächelte. Er erwiderte ihr Lächeln.
„Natürlich habe ich das..."
Ein bedrückendes Gefühl der Leere überkam Jean-Luc
Picard, als er einen letzten Blick über die Brücke gleiten
ließ, bevor er das Schiff verlassen wollte. Sein Koffer stand
noch im Turbolift, auf ihn wartend. In den letzten Stunden hatten
sich die Korridore der Enterprise zunehmend geleert, als das Personal
nach und nach von Bord ging – er als Captain dann als letztes. Er
konnte nicht gehen, ohne noch ein letztes Mal die Brücke gesehen
zu haben. Es war seltsam still um ihn herum und die Offiziere, die
sonst an den Konsolen standen fehlten. Wenn nicht der große
Bildschirm die Sicht blockiert hätte, hätte er jetzt das
Raumdock sehen können, so blieb alles leer und dunkel. Er
seufzte und ließ sich in den Captainsessel sinken, um die
jüngsten Ereignisse noch einmal Revue passieren zu lassen. Sie
hatten sich auf der Brücke verbarrikadiert, dem obersten Deck
des Schiffes, ihr Schicksal abwartend und doch nicht akzeptierend.
Worf, der sich unglaublich schnell wieder an seine Rolle als
Sicherheitschef angepaßt hatte, Hawk, der junge Lieutenant der
bei dem manuellen Ablösen der Deflektorschüssel hatte
sterben müssen, Beverly, die mit einem Mal nicht mehr die
freundliche und sanfte Ärztin war, sondern eine harte Kriegerin
und die restliche Notbesetzung. Sie alle hatten Angst gehabt, um ihr
Leben, um die Zukunft und vor dem, was ihnen vielleicht noch
bevorstand und doch hatten sie es beharrlich in sich verschlossen.
Vielleicht hatte er von ihnen allen die meiste Angst ausstehen
müssen. Es war ihm unerträglich gewesen, zu wissen daß
die Borg schon die Hälfte seines Schiffes kontrollierten und
nicht eher Ruhe geben würden, bis sie die gesamte Enterprise
unter Kontrolle gebracht hatten. Dann war da noch Lily gewesen, die
Freundin Cochranes, eine Frau aus dem 21. Jahrhundert, die schon
zuviel gesehen hatte, um sich unterkriegen zu lassen. Sie, die im
Begriff war, bei der Gründung der Föderation mitzuhelfen,
mußte ihn, der er am Ende dieser langen Kette stand, an die
Grundprinzipien dessen, an das er dachte zu glauben, erinnern. Er
schämte sich für die Wut, die in diesem Moment Besitz von
ihm ergriffen hatte, er schämte sich für die Dinge, die er
Worf an den Kopf geworfen hatte und er schämte sich für
seine Verantwortungslosigkeit. Seine Crew respektierte ihn zu sehr,
um gegen diese Befehle gemeutert zu haben und er schämte sich
dafür, sie wissentlich in eine solche Gefahr gebracht zu haben.
Die ihm bevorstehende Befragung war nur gut und recht und er wußte,
er mußte sich diesen Dingen, seinen Ängsten, seiner Wut,
seine Irrationalität stellen, wenn er jemals darüber hinweg
kommen wollte.
Das Zischen einer Tür riß ihn aus den
Gedanken, denn in der totenstillen Umgebung, klang es ein vielfaches
lauter. Überrascht wandte er den Kopf und sah eine schemenhafte,
schlanke Gestalt aus dem Turbolift kommen. Die schon eingeschaltete
Notbeleuchtung gab nicht allzu viel her, dennoch brauchte es nicht
viel Fantasie, um zu erkennen, um wen es sich handelte. „Beverly?"
„Ich habe mir fast gedacht, dich hier zu finden. Ich hoffe ich
störe nicht.." „Nein... nein du störst nicht. Ich habe
nur gerade nachgedacht." Sie kam ein wenig näher und trat so
nah an ihn heran, daß genug Licht auf ihr Gesicht fiel, um es
zu erkennen. Wenn er sie so sah, konnte er sich kaum vorstellen, daß
sie vor noch nicht einmal allzu langer Zeit so eine entschlossene
Kämpferin war. Sie wirkte wieder unglaublich entspannt. „Ich
habe mich gefragt, wo du bleibst, Jean-Luc, und mir irgendwann
Gedanken gemacht." „Wieso bist du nicht schon von Bord gegangen?"
„Ich wollte auf dich warten und in Erfahrung bringen, was nun mit
dir geschieht. Bevor ich nicht genau weiß, was sie mit dir
machen werden, habe ich keine ruhige Minute." „Keine Sorge,
Beverly. Es wird alles gut gehen... Je eher sie mit der Befragung
anfangen, umso eher hören sie auf." Er versuchte verzweifelt,
überzeugt zu klingen, doch es gelang ihm nicht und er wußte,
daß sie es bemerkt hatte. „Ich wollte nur noch für einen
Moment alleine sein und meine Gedanken sammeln." „Kam ich dir
wirklich nicht dazwischen?" „Nein, wirklich! Und selbst wenn...
du hast mich nie gestört." Sie nickte und setzte sich auf den
Stuhl neben ihm. „Weißt du, als wir das letzte Mal alleine
auf dieser Brücke waren, habe ich nicht gedacht, daß
dieses Schiff jemals wieder nach Mc Kinley kommt. Ich dachte, das
wäre das Ende und habe mich schon damit abgefunden, im 21.
Jahrhundert weiterzuleben. Vielleicht wäre alles ganz anders
gekommen?" „Ja vielleicht... ich dachte auch, das wäre jetzt
das Ende meine Karriere als Starfleetcaptain. Ich habe nicht einmal
damit gerechnet, das alles zu überleben, besonders nicht,
nachdem ich Datas Stimme..." Abrupt brach er ab und verbesserte
sich schnell. „... nachdem ich mich daran erinnerte, daß Data
noch immer an Bord war." Ihm war der aufmerksame Blick ihn ihren
Augen nicht entgangen. Er war ein Narr! Natürlich wußte
sie, daß er ihr etwas verheimlichte, es war nur natürlich,
daß sie so reagierte. Leise flüsterte sie seinen Namen und
er merkte, daß es ihm leidtat, nicht mit ihr darüber
sprechen zu können. Nein, sie hatte genug mit sich zu tun. Er
wollte sie nicht damit belasten. Er suchte ihre Hand und fand sie.
„Beverly... bitte. Ich weiß, wie du dir vorkommen mußt,
aber ich möchte niemanden mit all diesen Dingen belästigen.
Es sind dunkle Alpträume, von denen ich nicht will, daß
sie irgend jemand anderen, außer mir, belasten." Sie
erwiderte nichts, sondern sah ihn weiterhin an. Ihre Augen glänzten
in der Dunkelheit. Er begriff, daß sie mit ihm litt und sich
wirklich schwer Gedanken, um ihn machte. Wahrscheinlich kannten sie
sich tatsächlich schon so lange, daß sie ahnte, was in ihm
vorging. Er wußte nicht, was er tun sollte und lächelte
irgendwann matt. „Gib mir ein wenig Zeit... Allein das Wissen um
deine Freundschaft und Sorge gibt mir Kraft." „Soviel Zeit, wie
du willst, Jean-Luc. Und vergiß nicht, ich bin da, wenn du mich
brauchst." Er nickte und ließ ihre Hand los. „Das weiß
ich doch.." Eine Weile saßen sie noch da, im Dämmerlicht,
dann standen sie beide auf. „Ich bin mir sicher, man wartet schon
auf uns." „Bestimmt..." Sie stand dicht neben ihm und versuchte
aufmunternd zu lächeln. „Laß dich nicht unterkriegen!"
Langsam drehte er sich um und seufzte. „Ich tue mein Bestes." Sie
nickte und vorsichtig ergriff er wieder ihre Hand. Gemeinsam gingen
sie zum Turbolift.
„Captain Picard, da sind Sie ja!" Es schien, als hätte
man tatsächlich schon auf ihn gewartet, denn kaum
materialisierte Jean-Luc, gemeinsam mit Beverly, in einem der
Transporterräume des Hauptgebäudes von Starfleet streckte
ihm Admiral Nakamura schon die Hand entgegen, Beverly nickte er zu.
Höflich erwiderte der Captain den Händedruck. „Admiral!"
Mit einem Mal wurde Nakamuras vorher freundlich lächelndes
Gesicht ernster. „Captain, Sie wissen so gut wie ich, daß
einige Unklarheiten über Ihr jüngstes Abenteuer bestehen
und daß Starfleet Command diese so schnell wie möglich
ausgeräumt haben möchte." „Ja, das teilte man mir
bereits gestern mit. Was hat sich inzwischen ergeben?" Der Admiral
räusperte sich. „Wir haben einige Ihrer Führungsoffiziere
zu der für morgen auf 10.00 Uhr festgesetzten Anhörung
vorgeladen. Ich muß nicht erwähnen, daß auch Ihre
Anwesenheit dort gewünscht wird." „Natürlich nicht."
„Ich hoffe, Sie verstehen unser Interesse, einige Umstände von
mehreren Perspektiven beleuchten zu wollen. Es steht außer
Zweifel, daß Ihre Verfolgung der Borg unsere Zeitlinie bewahrt
hat, aber wir würden gerne etwas mehr über die Hintergründe
erfahren." Picard nickte knapp. „Selbstverständlich!" In
seinem Magen zog sich etwas zusammen. Ahnten sie es vielleicht? Für
den Bruchteil einer Sekunde suchten seine Augen Beverly und er war
beruhigt zu sehen, daß sie nach wie vor ein paar Meter hinter
ihm stand. „Nun Captain, Doktor..." Nakamura setzte wieder ein
freundliches Lächeln auf. „Mehr habe ich Ihnen für den
Moment nicht mitzuteilen. Suchen Sie sich eine geeignete Unterkunft –
und bis morgen früh." „Bis morgen früh..."
Kaum
war der Admiral gegangen, seufzte Jean-Luc schwer. „Da wären
wir nun! Wohin wirst du gehen, Beverly?" „Ich bin mir nicht
sicher..." Sie bückte sich und schulterte ihren Koffer. Dann
verließen sie gemeinsam den Transporterraum, um zum Ausgang zu
gehen. „Ich sprach, kurz bevor ich dich auf der Brücke
aufsuchte, mit Troi. Sie meinte, daß sie ein paar Erinnerungen
an der Akademie auffrischen wolle. Vielleicht schließe ich mich
ihr an. Auf alle Fälle bleibe ich in San Francisco und werde
dort wohl in eines der Quartiere einziehen, die Starfleet uns für
die Zeit der Reparatur der Enterprise zur Verfügung stellt."
Sie lächelte leicht. „Es ist schon sehr lange her, daß
ich an der Bucht entlanggeschlendert bin und mir die Golden Gate
Bridge aus der Nähe angesehen habe – das letzte Mal, als mich
ein junger Mann namens... wie hieß er doch gleich... ach egal..
er war jedenfalls einen Jahrgang über mir und lud mich zu einem
nächtlichen Spaziergang ein." Überrascht zog er eine
Augenbraue hoch. „Beverly.. das ist ja schon Ewigkeiten her.
Seitdem bist du nie wieder den Weg an der Bucht gegangen?" Sie
grinste. „Nein, nicht wirklich. Im kommenden Semester konzentrierte
ich mich mehr auf meine Studienarbeit, weil ich eine Rivalin
ausstechen wollte. Da blieb kaum noch Zeit, für solche Dinge, so
schön sie waren." Er lachte nun auch leicht. „Was muß
man da nach all den Jahren von dir hören?" „Du hast mich
einfach zuvor nie danach gefragt." Er runzelte die Stirn. „Du
hast recht.. Wir kennen uns so lange und haben niemals Erlebnisse von
der Akademie miteinander ausgetauscht. Ich glaube fast, das sollten
wir in den kommenden Tagen nachholen. Besonders viel, außer
dieser Anhörung wird nicht geschehen." „Willst du
dann auch mit mir an der Bucht entlangspazieren?" Er musterte ihren
Gesichtsausdruck, ihr Lächeln, das fast etwas Neckendes
enthielt. „Du hast es erfaßt! Wenn wir schon einmal nach San
Francisco zurückbeordert werden, dann sollen die alten Zeiten
auch hochleben. Und ich kenne niemanden, mit dem ich das lieber täte,
als mit dir." Sie blieb stehen und blickte ihn an. „Das fasse ich
als Kompliment auf, Captain!" „Es ist auch eines, Doktor."
Schwungvoll strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Vielen Dank. Ich freue mich darauf." Mit einem Mal wurde er
wieder ernst. „Doch zuerst muß ich all die anderen
unangenehmen Dinge hinter mich bringen. Rede und Anwort stehen, auf
unsinnige Fragen. Ich bin froh, daß du nicht zu denjenigen
gehörst, die vorgeladen wurden." „Was will man schon von
einer einfachen Ärztin wissen? Ich habe nicht besonders viel
geleistet – lediglich die Krankenstation evakuiert und auf der
Brücke ein wenig mit einem Phasergewehr gespielt." „Und du
hast dich für Lilys Leben eingesetzt." „Ja, Lily..." Sie
blickten sich an und dachten in dem Moment genau an das Gleiche: die
Überredungskünste der couragierten Farbigen. „Und..."
Er ergriff ihre Hand. „Du warst da..." Sie entzog sich seinem
Griff und schüttelte den Kopf. „Nicht im entscheidenden Moment
und dafür schäme ich mich. Ich hätte dir nachgehen
sollen... Es wäre meine Aufgabe gewesen..." „Beverly, nein.
Bitte mach dir keine Vorwürfe. Ich war in dem Moment so voller
Rage, ich hätte wahrscheinlich nicht auf dich gehört und
dich vielleicht sogar hinausgeworfen. Und so deutlich, wie Lily mir
die Meinung gesagt hat, so deutlich hättest du es niemals über
dich gebracht. Es hat so sein sollen. Dafür bist du jetzt für
mich da und ich weiß das zu schätzen." „Wenn ich dir
nur von Hilfe sein kann und konnte. Auf jeden Fall werde ich morgen
auch da sein." Er nickte. „Irgendwie dachte ich mir das schon."
„Immerhin geht es um unsere Zukunft und es interessiert mich, wie
man in der Chefetage über unser jüngstes Abenteuer denkt.
Aber etwas ganz anderes: Wo wirst du bis morgen Unterkunft finden,
Jean-Luc?" „Ich habe mit dem Gedanken gespielt, nach La Barre zu
gehen, aber auf der anderen Seite möchte ich Marie nach Roberts
und Renés Tod nicht zur Last fallen." „Vielleicht wünscht
sie sich deine Gesellschaft sogar?" „Ja vielleicht, aber ich
werde sie trotzdem vorher anrufen und nicht unangekündigt
erscheinen. Ich denke, ich werde ebenfalls in San Francisco bleiben,
bis dieses gottverdammte Verfahren vorbei ist. Wenn dann noch Zeit
ist, gehe ich irgendwohin, wo Starfleet so weit wie möglich
entfernt ist." Sie nickte und sah ihn verständnisvoll an.
„Wenn es einer verdient hat, dann du." Den Rest des Weges liefen
sie schweigend durch die Korridore, bis sie den Ausgang erreicht
hatten, der sie in die ordentlich angelegten Gartenanlagen des
Hauptquartiers entließ. Es waren noch einige Meter bis zum Ende
des Geländes zu laufen. Von dort aus würde ein Shuttle sie
zu ihren Quartieren bringen. Der nächste Flug war für in
knapp zehn Minuten angesetzt und so hatten sie noch etwas Zeit. Außer
ihnen befand sich noch niemand dort, es gab nur einige Blumenbeete.
Beverly trennte sich von ihm und er beobachtete sie, wie sie sich die
einzelnen Pflanzen betrachte, mit einer für sie typischen
Neugierde. Sie war die ganzen letzten Tage um ihn herum und für
ihn da gewesen und verlangte nichts dafür – sie tat es im
Namen der Freundschaft. Ihre Sorge um ihn war ihr deutlich anzusehen
und es gab nichts Unechtes daran. Wie er sie so sah, faßte er
einen Entschluß. „Beverly?" rief er zu ihr herüber.
Sie drehte sich überrascht um. „Ja, Jean-Luc?" „Kann ich
dich heute noch sehen? Wenn wir beide ein Quartier haben?" „Das
weißt du doch! Natürlich!" Er nickte zufrieden und
murmelte ein leises: „Gut..." vor sich hin.
Als das Shuttle
endlich kam, hatten sich noch Commander Riker und Counselor Troi zu
ihnen gesellt. Von ihnen erfuhr Jean-Luc, daß Worf die Zeit
nutzen wollte, seinen Adoptiveltern in Rußland einen Besuch
abzustatten und erst in ein paar Tagen zurück sein wollte.
Geordi war gemeinsam mit Data gegangen, der dringend mit Commander
Maddox sprechen wollte und sie hofften, ihn persönlich
anzutreffen. Jean-Luc jedenfalls drückte ihnen beide Daumen und
er hatte schon einen Verdacht, was Data auf dem Herzen haben
konnte.
Zu viert kletterten sie in das Fahrzeug, die Koffer bei
sich behaltend und dann ging es los. Der Fahrer mußte nicht
lange fragen, wo es hinzugehen hatte, denn das Ziel war klar. Als sie
bequem saßen, wollte Picard zum Sachlichen übergehen.
„Nummer eins?" „Ja, Sir?" „Wurden Sie ebenfalls morgen früh
vorgeladen?" „Ja. Es hieß, man wolle einen vollständigen
Bericht über die Arbeit des Außenteams. Und ich muß
gestehen, ich habe mir einige Gedanken gemacht. Es blieb uns nichts
anderes übrig, als Cochrane von unserer wahren Identität zu
erzählen, denn ansonsten hätte er sämtliche Pläne,
die Phoenix betreffend, nicht mehr verwirklicht. Geordi berichtete
ihm sogar von der großen Statue, die den Platz vor der Akademie
zieren würde. Trotzdem frage ich mich, ob das richtig wahr?
Haben wir dadurch nicht ein Paradoxon ausgelöst?" Nachdenklich
runzelte Jean-Luc die Stirn. Er konnte sich in etwa vorstellen,
worauf sein Erster Offizier hinauswollte. „Machen Sie sich keine
Sorgen. Wenn haben nicht wir, sondern die Borg das Paradoxon
ausgelöst." Er erschauerte, als er das Wort in den Mund nahm
und hoffte, es war niemandem seiner Offiziere aufgefallen. Schnell
sprach er weiter: „Wir haben nur versucht, den Schaden zu
begrenzen. Es gab keine andere Vorgehensweise, ich bin mir sicher,
Cochrane hat sein Geheimnis mit ins Grab genommen, wenn nicht, wüßten
wir bereits davon." „Ich fand Zeitreisen sowieso immer höchst
verwirrend..." „Da sind Sie nicht der Einzige..."
Nachdenklich sah Beverly aus dem Fenster. Häuser und Straßen zogen mit einem unbeschreiblichen Tempo an ihr vorüber. Viele Gebäude erkannte sie nicht einmal wieder und erst jetzt fiel ihr auf, wie lange sie nicht mehr hier gewesen war. Mit halben Ohr lauschte sie dem Gespräch, das Jean-Luc vor ihr mit Will führte, doch ihre Gedanken schweiften ab. Ihr war sein kurzer Stimmungsumschwung, als er die Borg erwähnt hatte, nicht entgangen, und sie war sich sicher, Deanna neben ihr auch nicht. Irgend etwas nagte an ihm und er versuchte verzweifelt davon loszukommen, genau wie er ihr auf der Brücke gestanden hatte. Wie es schien, war er inzwischen ein wenig bereiter, darüber zu sprechen, sonst wollte er sie heute Mittag nicht aufsuchen, doch sie mochte ihn nicht drängen, auch wenn sie sich sorgte. Von ihr sollte er alle Zeit der Welt bekommen. „Du wirkst schon wieder so bedrückt..." Deannas sanfte Stimme holte sie aus der Nachdenklichkeit. „Ich habe mir nur ein paar Gedanken gemacht..." „Ja.. das dachte ich mir schon..." Beverlys Stimme wurde leiser. „Sei ehrlich Deanna, hast du nicht auch etwas bei ihm gespürt, eben, als er die Borg erwähnte?" Die Counselor runzelte die Stirn. „Ja, etwas ist mir aufgefallen... Es ist eine namenlose Furcht, die er zwar zu kontrollieren versucht, doch er merkt, daß er langsam die Beherrschung verliert." Beverly seufzte. „Die Borg... Es sind die Borg, die ihn so bedrücken. Ich hätte schon früher darauf kommen sollen. Ein altes Trauma wiederholt sich... Kein Wunder, daß er so reagiert..." „Ja, vielleicht.. Aber ich spüre noch etwas anderes. Es ist schwer zu beschreiben, doch es hängt weniger mit ihrer Präsenz auf unserem Schiff zusammen, es geht noch ein wenig tiefer. Er hat keinen Ton darüber verloren? Auch nicht bei eurem Abendessen?" „Nicht den geringsten. Nur heute morgen auf der Brücke sagte er mir, er wolle mich noch nicht mit alldem belasten." Deanna seufzte. „Wenn er nur nicht so verschlossen wäre..."
