Disclaimer: Ein Teil der vorkommenden Namen und Figuren ist eingetragenes Warenzeichen von Paramount Pictures.

VII – Ängste

Neugierig sah sich Geordi um. Data zuliebe war er noch ein wenig länger in Starfleets Hauptquartier geblieben, während sein Freund Commander Maddox aufsuchen wollte und stand nun in der großen Eingangshalle. Es erstaunte ihn, wieviel sich geändert hatte, seit er das letzte Mal hier gewesen war, aber das war auch schon wieder über acht Jahre her. Die Korridore waren noch genauso sauber wie damals, aber ansonsten hatte sich viel getan. Offiziere einiger Spezies, die bei seinem letzten Besuch Starfleet nicht einmal angehört hatten, liefen nun geschäftig herum. Zudem hatte man die Türen mit einer neuen Farbmarkierung versehen, die zwar immer noch das standardmäßige Symbol der Sternenflotte trug, doch die Farbgebung hatte sich dem Design ihrer neuen Uniformen angepaßt, war düsterer geworden. Wieviel sich wohl noch verändert hatte, von dem hier nichts sichtbar war? Tatsache war, Starfleet war nicht mehr die friedliche, naive Organisation von einst, dazu hatten sich die Zeiten viel zu sehr geändert. Der Überfall durch die Borg hatte ihnen wieder einmal vor Augen geführt, wie verletzlich sie doch letztendlich waren und im neu entdeckten Gamma-Quadranten schlummerte noch eine Unbekannte namens Dominion, die eine nicht zu unterschätzende Gefahr darstellte. Möglicherweise stand ihnen sogar ein Krieg bevor, auch wenn Geordi inständig hoffte, daß dies nicht der Fall sein würde. Trotz allem – sie lebten in gefährlicheren Zeiten, schon alleine die Bauweise der neuen Enterprise verdeutlichte dies und daran würde sich so schnell nichts ändern. Er seufzte laut, als er merkte, wie seine Gedanken abschweiften. Links von ihm war eine kleine Bank, wohl für Wartende und er entschied sich, sich hinzusetzen, bis Data wiederkam. Ob er Maddox dann angetroffen hatte? Geordi war sich sicher, es gab eine Menge zu berichten, immerhin interessierte sich der Commander sehr für Datas Erlebnisse mit dem Emotionschip und davon gab es inzwischen wieder eine ganze Menge zu berichten. Außerdem hatten sich Data und Maddox seit dem Streit um den Androiden vor sieben Jahren nicht mehr persönlich gesehen, was das Treffen sicher interessant gestaltete. Denn auch Data hatte sich verändert. Haben wir das nicht alle? Wieder kam er auf die Tendenz zurück, die die Ereignisse momentan zu nehmen schien und fragte sich, ob man sich nicht schneller an die veränderte Situation gewöhnen würde, als einem lieb war. Blieben die schönen Zeiten dann nicht wie eine süße, irreale Erinnerung zurück? Er sehnte sich nach den alten Tagen auf der alten Enterprise. Natürlich hatten sie auch dort ihre Abenteuer bestehen müssen, aber es war trotzdem harmloser als das, worum es heute ging. Schon allein die Tatsache, daß auf dem neuen Schiff keine Zivilisten mehr geduldet wurden, die mehr als die Hälfte der Besatzung ausgemacht hatten, sprach Bände. Wenn er ehrlich war, war er fast froh um die paar Tage Ruhepause, die ihm die Reparatur der Enterprise einbrachte. Die Anhörung morgen war nur eine Kleinigkeit, zumal er selbst nicht befragt wurde. Ansonsten wollte er so weit wie möglich fort – die Pflicht rief schon wieder viel zu früh. Eine Gruppe junger Kadettinnen ging an ihm vorüber und er sah ihnen nach. In was für eine Welt wurden sie entlassen? Ob sich auch die Prüfungen in dieser Hinsicht geändert hatten? Wenn er Zeit hatte, konnte er sich ja ein paar Vorlesungen anhören, vielleicht sogar als Gastdozent assistieren und es dabei herausfinden. Er warf einen Blick auf den Chronometer und fragte sich, wie lange Data noch brauchte. Sein Freund war schon über eine halbe Stunde verschwunden. Ob er ihn suchen sollte? Er überlegte, daß dies nicht zwingend notwendig war und lehnte sich auf der Bank zurück. Data konnte auf sich selbst aufpassen und wenn er Maddox tatsächlich gefunden hatte, gab es auch eine Menge zu berichten. Geordi fragte sich, warum er eigentlich nicht mitgegangen war. Um Datas Privatsphäre nicht zu stören? Ja das war vielleicht ein möglicher Grund, doch wenn er ehrlich war, wollte auch er für einige Zeit seine Ruhe. Einfach alleine sein und nachdenken. Dies war etwas, was er lange nicht mehr für sich gehabt hatte. Er saß eine Weile auf der Bank, bevor er langsam wieder aufstand. Er lief ein wenig im Raum hin und her, um sich die Füße zu vertreten und wieder kam es ihm in den Sinn: Was sollte aus ihnen werden, ihnen allen?

Lautstark ließ Deanna Troi die Luft entweichen, als sie das ihr zugewiesene Quartier betrat und sich umsah. Es war kein Vergleich zu dem, das sie auf der Enterprise zurückgelassen hatte. Es war kleiner und eine persönliche Note fehlte, dennoch – es würde für die nächsten Tage ausreichend sein. Ein normales Bett, eine Couch mitsamt Couchtisch und einige Sessel bildeten den Wohnraum, die Hygienezelle durfte Standart sein, genau wie der Nahrungsmittelreplikator mit dem Kommpanel an der Wand. Sie seufzte und warf ihren Koffer auf das Bett, wo er noch einmal kurz aufprallte. Dann ging sie in das angrenzende Bad, um die Gegebenheiten zu inspizieren. Wie sie erwartet hatte: Standart. Ein Blick in den Spiegel trug nicht gerade zur Verbesserung ihrer Laune bei. Sie sah ziemlich erschöpft aus, was zwar kein Wunder war, aber erfreulich war es genausowenig. Hastig strich sie sich eine gelöste Haarsträhne zurück. Das rettete ihre Frisur allerdings auch nicht mehr und die dunklen Ringe unter ihren Augen sprachen Bände. Sie überlegte eine Runde zu schlafen, jetzt wo es keine Pflicht mehr gab, die rief. Immerhin wollte sie bis morgen früh ausgeruht sein. Kurz nickte sie ihrem Spiegelbild zu, befand das für eine gute Idee und verließ das Bad dann mit weit ausholenden Schritten. Sie warf den Koffer vom Bett, um selbst dort Platz zu finden und hob die oberste Bettdecke auf. Langsam ließ sie sich, auf die Matratze sinken und streifte die Schuhe von den Füßen, bevor sie sich auf das Bett hob. Genüßlich streckte sie sich unter der Bettdecke aus und war kurz darauf eingeschlafen.

Leise summend hob Beverly ihre Kleider aus dem mitgebrachten Koffer und verstaute sie in einem der dafür vorgesehenen Schränke ihres momentanen Quartiers. Zwar würde ihr Aufenthalt hier nur sehr kurz sein, dennoch mochte sie den Gedanken nicht, die ganze Zeit aus dem Koffer leben zu müssen. Das Quartier war sowieso schon unpersönlich genug. Sie spielte kurz mit dem Gedanken, ein paar Dekorationen zu replizieren, entschied sich aber dagegen. Es war unnötige Energieverschwendung für diese kurze Zeit, auch wenn ihr diese persönliche Note fehlte. Die Bezüge der Couchgarnitur waren in vorgefertigten Farben, genau wie die Bettwäsche – Einheit auf der ganzen Linie. Trotzdem stand es ihr nicht zu daran herumzukritisieren. Dieses Quartier versorgte sie mit allem, was sie für ein paar Tage brauchte, wozu die Aufregung? Sie würde sowieso die meiste Zeit nicht hier sein. Das Gespräch mit Jean-Luc hatte sie erst wieder auf die Idee gebracht, aber ein Spaziergang an der Bucht schien keine schlechte Idee zu sein. Die rauhen Felsen, das Meer... Wenn sie sich Lektüre mitnahm, konnte das gewiß spannend werden. Vielleicht stattete sie sogar der Golden Gate Bridge selbst einen Besuch ab? Immerhin hatte sie die nächsten Tage zu ihrer vollen Verfügung um das zu entscheiden, wenn sie das Bedürfnis hatte, alleine zu sein. Ansonsten blieb ihr immer noch die Gesellschaft ihrer Freunde. Sie schüttelte den Kopf und holte sich in die Gegenwart zurück. Als erstes würde sie ihren Koffer fertig auspacken, dann würde sie sich umziehen und zum Schluß eine Kleinigkeit für Jean-Luc replizieren, der sich für den Nachmittag angemeldet hatte. Leider hatte er keine konkrete Uhrzeit genannt und so hatte sie keine Ahnung, inwieweit sie sich nach ihm zu richten hatte. Sie hob den letzten Stapel Kleidung in den Schrank und seufzte erleichtert auf, bevor sie den Koffer zuklappte und ins Eck stellte. Dann nahm sie die Wäsche, die sie sich gerichtet hatte und trug sie, zusammen mit ihrer Haarbürste und ihrem Nachthemd ins Badezimmer.
Sie hatte gerade ihre Hose gewechselt, als der Türsummer ertönte. Unglücklich rollte sie mit den Augen. „Immer zum geeignetsten Zeitpunkt... Ich habe ein solches Glück..." Hastig streifte sie sich ihre Uniformjacke über und ging an die Tür. Wie sie sich fast hatte denken können, stand Jean-Luc davor mit einem Strauß Blumen in der Hand. „Hallo Beverly... Ich hoffe ich bin nicht zu früh.." Sie zog eine kurze Grimasse und entschloß sich, ehrlich zu sein. „Ein bißchen. Ich war noch nicht ganz fertig mit Umziehen und hatte auch noch keine Gelegenheit gehabt, ein wenig Gebäck für dich zu richten..." „Das ist nicht weiter schlimm... Mach dir nur nicht allzu viel Mühe." Er reichte ihr die Blumen. „Damit das Quartier nicht mehr ganz so unpersönlich aussieht.." Sie nahm den Strauß lächelnd an und umarmte ihn. Ob er Gedanken lesen konnte? Nein, wahrscheinlich hatten sie nur die gleiche Meinung. „Danke, das ist sehr lieb von dir." Sie wies nach innen. „Komm doch rein und setz dich." „Gerne..." Während er ihrer Aufforderung nachkam, replizierte sie eine Vase mit Wasser, steckte die Blumen dort hinein und stellte sie auf den Tisch. Auf dem Weg zum Bad drehte sie sich noch einmal um. „Entschuldige mich gerade noch für ein paar Sekunden, ich ziehe mir etwas anderes an. Wenn du magst, kannst du dir inzwischen etwas zu trinken holen." „Nein, danke, ich warte einfach hier.."
Kurze Zeit später kehrte Beverly zurück, sie hatte sich ihrem Freund zuliebe beeilt. Trotzdem hatte sie diese Uniformjacke gegen etwas Zivileres austauschen wollen, zumal sie momentan sowieso nicht im Dienst war. So hatte sie sich zu einem weinroten Oberteil mit weiten Ärmeln und einem mit Fäden zum Zuschnüren durchwirkten Ausschnitt entschieden, das recht gut zu ihrer schwarzen Hose paßte, Schuhe trug sie nicht. Wie ihr erst jetzt auffiel, hatte auch Jean-Luc nicht seine Uniform an. Er trug ein normales weißes Baumwollhemd und eine dunkelbraune Hose. Er lächelte als er sie kommen sah. „Gefällt mir besser, als die Uniform..." Sie erwiderte sein Lächeln. „Das fand ich auch... Wenn ich später durch die Stadt laufe, möchte ich nicht überall als Starfleet erkannt werden." „Du willst nachher noch fort?" Er klang fast überrascht. „Ich habe es zumindest angedacht. Wieso? Stimmt etwas nicht?" „Nein, nein... Ich habe mich nur gewundert." Mit einem Mal wurde er ernst. „Aber deswegen bin ich nicht gekommen. Ich möchte mit dir reden... oder anders ausgedrückt, ich möchte dir etwas erzählen." Während er sprach setzte sie sich leise neben ihn und ergriff seine Hände, dabei hörte sie nicht auf, ihn anzusehen. Sie nickte ihm zu, als Zeichen weiterzureden. „Beverly, ich möchte dir erklären, was mich in den letzten Tagen so nachdenklich gemacht hat, aber ich hoffe, dich damit nicht zu erschrecken." Der Ausdruck ihrer blauen Augen gab ihm den Mut weiterzusprechen. Sie hielt wirklich zu ihm. Sanft drückte er ihre Hand. „Ich hatte Angst vor mir selbst... Angst vor dem, was ich um ein Haar geworden wäre. Es sind mehrere Dinge vorgefallen, von denen ich bisher niemandem erzählt habe, weil ich zu große Angst davor hatte. Ich hatte gehofft, wenn ich sie nur verdränge, vergesse ich, daß sie jemals passiert sind." „Die Borg..." flüsterte sie und er nickte. „Ja, die Borg. Wie es aussieht bin ich immer noch ein Teil von ihnen. Ich habe die letzten vier Jahre darum gekämpft meine Erlebnisse mit ihnen abschütteln zu können, aber tief in meinem Inneren war es immer noch vorhanden. Als mir Admiral Hayes von dem Angriff berichtete, wachte ich gerade aus einem Alptraum auf, in dem ich wieder Teil des Kollektivs war, verstehst du? Ich habe ihre Anwesenheit schon gespürt, bevor sie wirklich da waren. Ich bin mir sicher, dies gehörte mit zu ihrem Plan. Sie hat es so geschickt eingefädelt..." Seine Stimme verhärtete sich und klang auf einmal so haßerfüllt. Es gehörte nicht viel dazu, zu verstehen, von wem er sprach: der Königin der Borg. Ein dunkler Schatten legte sich auf Beverlys Gemüt und sie verstand genau, worum es ging: er hatte seinen Haß noch nicht verwunden, angefeuert durch die Tatsache, daß er immer noch partiell zu den Borg gehörte. Er löste seine Hand aus ihrer und stand auf. Hektisch ging er im Raum hin und her. „Und dann, als wir das Schiff evakuierten, hörte ich Data nach mir rufen. Ich konnte ihn hören. Er war im Maschinenraum, Gefangener der Borg und von ihr. Wieso konnte ich ihn hören? Und dann verlangte sie, daß ich mich freiwillig opfere.." Als er Beverlys fragenden Blick sah, räusperte er sich. „Entschuldige, ich rede zu wirr. Nachdem wir beide uns getrennt hatten, vernahm ich Datas Hilferuf und kehrte in den Maschinenraum zurück, um ihm zu helfen. Und da war sie und wartete auf mich. Sie wußte genau, daß ich kommen würde, hatte ich doch ihre Nachricht empfangen, und kalkulierte ein, daß ich mich für Data freiwillig den Borg opfern würde. Es genügte keine gewaltsame Assimilation wie vor vier Jahren, nein ich mußte aus freien Stücken heraus zu jenen Wesen zurückkehren, die ich so haßte. Aber das Schlimme ist ja, daß ich sie deshalb so hasse, weil ich weiß, sie sind noch immer in mir und mit mir. Ich wollte sie um jeden Preis von der Enterprise haben, in dem Glauben, wenn wir jeden einzelnen Borg im Zweikampf töten, würde das die Dämonen in mir vernichten, die von mir Besitz ergriffen hatten. Es war mehr als Rache in diesem Moment, es war der Kampf gegen mich selbst. Ich frage mich, was passiert, wenn Starfleet davon erfährt und das wird morgen geschehen. Kann man mir überhaupt noch vertrauen? All die Jahre habe ich es nicht wahrhaben wollen, aber jetzt ist es zurückgekehrt und ich kann meine Augen nicht davor verschließen. Ich kann nicht mehr länger leugnen noch immer mit diesen Monstern verbunden zu sein und das macht mich so unglaublich wütend." Erschöpft sank er in sich zusammen und setzte sich wieder neben Beverly auf die Couch. Er wagte kaum, sie anzusehen, aus Angst, sie mit diesen Bekenntnissen erschreckt zu haben. Sanft berührte sie sein Kinn und hob seinen Kopf, damit er ihr in die Augen blicken konnte. „Du hast mehr geleistet, als du vielleicht glaubst und es ist nur natürlich, daß du wütend bist. Ich kann nicht ermessen, wie all das für dich war, aber ich kann es verstehen, wie du dich fühlst. Und ich sehe dich sicher nicht als einen von ihnen an."
Sie bemerkte die Tränen, die in seinen Augen glänzten und umarmte ihn innig. Er drückte sie an sich und ein Zittern ging durch seinen Körper. Er vergrub sein Gesicht in ihrer Schulter und weinte leise. Sie strich ihm einfach nur über den Rücken. Es waren viele Dinge geschehen, die er zu verarbeiten hatte und einige davon waren wohl auch für einen nervenstarken Mann, wie ihn, zu viel gewesen.
Sie wußte nicht, wie lange sie beide so gesessen hatten, eng umschlungen, doch irgendwann ebbten seine Schluchzer ab und er hob das Gesicht, um sie mit verweinten Augen anzusehen. Die Dankbarkeit in seinem Blick war aussagekräftig genug, doch das war nicht das einzige, was sie darin erkennen konnte. Aus einem Reflex heraus beugte sie sich vor und küßte ihn leicht auf den Mund. Die Berührung selbst geschah nur in einem Bruchteil von Sekunden, dennoch spürte sie, daß es etwas in ihm auslöste, vielleicht auch in ihr selbst. Ungläubig sah er sie an und tastete abwesend mit seinem Finger nach der Stelle, auf die sie ihn geküßt hatte. Dann berührte er sanft ihre Lippen. Sie schloß die Augen und lächelte leicht. Es war erstaunlich, wieviel Gefühl er in diese simple Geste legte. „Beverly..." Sie öffnete die Augen wieder und sah ihn an. Sie konnte sich denken, was er sagen wollte und schüttelte leicht den Kopf. Er redete nicht weiter.
In Jean-Lucs Kopf rasten die Gedanken und er spürte sein Herz klopfen. Wie sollte er mit dem umgehen, was eben geschehen war? In den letzten Tagen hatte Beverly ihn immer wieder aufs neue überrascht, aber das hier? Sie wußte, daß er sie sehr gern hatte und er war erleichtert, sie nicht geschockt zu sehen, nach dem, was er ihr versucht hatte, zu erklären. Doch nun? Was erwartete sie? Wie weit konnte er gehen, ohne etwas zu tun, daß sie nicht wollte? Er nahm ihre Hand und strich darüber, wobei er ein wenig näher zu ihr hinrückte. Sie wich nicht vor ihm zurück, im Gegenteil. Er nahm das als ein gutes Zeichen und legte sanft seinen Arm um ihre Schulter, bevor er sie langsam zu sich zog und küßte. Es sollte nur ein vorsichtiger Kuß sein, um sie nicht zu erschrecken, doch es überraschte ihn, mit welcher Bereitschaft sie ihn erwiderte. Ihre weichen Lippen waren voller unausgesprochener Versprechen und ihr warmer Körper fühlte sich so verletzbar in seinen Armen an. Er drückte sie ein wenig fester an sich, als er den Kuß unterbrach und ihr tief in die Augen sah. Sie erschienen ihm unergründlich in diesem Moment und er fragte sich, was sie wohl denken mochte. Langsam hob er die Hand und strich ihr zärtlich über die blonden Haare, dann lächelte er ebenfalls. „Danke..." „Du brauchst dich dafür nicht zu bedanken, Jean-Luc." „Ja... natürlich. Trotzdem, es war etwas unerwartet für mich." „Für mich auch, um ehrlich zu sein." „Oh..." Er sah sie verlegen an und räusperte sich. Dann schwiegen sie sich an, obwohl die unausgesprochenen Worte deutlich in der Luft hingen.
Nach einer Weile stand Beverly auf und ging hinüber ans Fenster. Er wußte nicht, ob sie es tat, um dieser Stille zu entfliehen, oder ob sie ihm damit etwas sagen wollte. Er spürte, wie ihm ihre Nähe bereits fehlte und so beschloß er aufzustehen und ihr zu folgen. Sie drehte sich leicht um, als sie ihn kommen sah, blieb aber stehen. Er ging auf sie zu und umarmte sie, seiner Brust an ihren Rücken gepreßt, bevor er begann, ihr Haar mit sanften Küssen zu bedecken. Sie legte eine Hand auf seine, machte jedoch keine Anstalten, sich von ihm zu lösen, sie schien seine Berührung zu genießen. Zögerlich, da er noch immer nicht wußte, wo seine Grenzen lagen, glitt er tiefer und begann ihren Hals zu liebkosen. Sie seufzte leise und drückte ihren Kopf an seine Schulter. Erst jetzt sah er, daß sie die Augen geschlossen hielt. Er lächelte unmerklich und verweilte mit seinem Blick auf ihrem schönen Gesicht. Als seine Zärtlichkeiten nach einer Weile ausblieben öffnete sie die Augen wieder und sah ihn verwundert an. Bevor er weitermachen konnte, hatte sie sich schon wieder umgedreht, so daß sie ihn nun direkt ansah. Sie legte die Arme um seinen Hals bevor sie ihn wieder küßte. Dieses Mal war die Berührung nicht ganz so flüchtig, wie zuvor, sondern von einer neuen Intensität und unterschwelligem Hunger geprägt. Ihre Zungenspitze erforschte neckend seinen Mund, wozu er bereitwillig nachgab und sogar erwiderte. Er schlang seine Arme um ihre schlanke Taille und zog sie zu sich hin. Er wollte ihren Körper spüren. Mit jedem von ihren Atemzügen, konnte er fühlen, wie sich ihr Brustkorb hob und senkte. Bis auf einige, flüchtige Male, war sie ihm noch nie so nah gewesen und er merkte, wie er Gefallen an dieser neuen Intimität fand. Ihn hatte schon immer mehr mit Beverly verbunden, aber dies war vielleicht etwas, was sie jetzt mehr brauchten denn je: einander. Er entspannte sich und ließ sich treiben, jede Faser seines Körpers auf ihre Gegenwart und ihre Zärtlichkeit ausgerichtet. Es kam wie eine halbe Ewigkeit vor, als sie sich atemlos voneinander lösten und sich in die Augen sahen.
Ein Gefühl von Wärme und Zufriedenheit durchströmte Beverly, als sie in die tiefen braunen Augen von Jean-Luc blickte. Er wirkte schon viel gelöster, wie zu dem Zeitpunkt, als er hergekommen war. Sie konnte sich vorstellen, wie verletzt er sein mußte und sie wollte ihm gerne diese Bürde erleichtern. Vielleicht war das hier ein möglicher Weg und noch dazu einer, den sie gerne beschritt. Sie mochte ihn recht gerne, immerhin war er ihr bester Freund und möglicherweise sogar mehr. Spätestens seit Kesprit hatte sie gelernt, in dieser Hinsicht ein wenig umzudenken, auch was ihre eigenen Empfindungen anging und jetzt fühlte es sich einfach richtig an. Sie konnte seine warme Hand spüren, wie er ihr über das Haar und Gesicht strich und sie glücklich anlächelte. Seine Augen konnten so vieles ausstrahlen: Zuversicht, Reife, Verantwortung, aber auch Verzweiflung und Leere, wenn er sich unbeobachtet fühlte. Momentan konnte sie nur Glück darin erkennen. Er küßte sie noch einmal sanft auf die Nasenspitze, bevor er sich von ihr löste und sich neben sie ans Fenster stellte, um herauszublicken. Da das Gebäude ziemlich hoch war, gab es ein umfangreiches Panorama über die Stadt ab. Er sah sie an, bevor er die Frage stellte, die ihn wohl am meisten beschäftigte. „Und jetzt?" Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Hast du Angst, daß es das schon gewesen sein könnte?" Stumm nickte er und sie schüttelte leicht den Kopf. „Ganz sicher nicht, Jean-Luc. Ich werde nicht wieder vor dir davonlaufen." Sie lächelte mit einem leicht spöttischen Zug um die Mundwinkel. „Dies hier wird wohl ein Nachmittag der Bekenntnisse und wie es scheint, bin ich nun an der Reihe." Er rieb sich über die Glatze. „In der Tat, ich denke, das solltest du wirklich etwas näher erläutern." „Erinnerst du dich noch an das, was du mir vorhin gesagt hast? Du hättest im Grunde gegen dich selbst gekämpft? Genauso, oder zumindest ähnlich erging es mir. Als du mich an jenem Abend gefragt hast, ob wir unsere Gefühle nicht vertiefen wollten, habe ich aus Angst vor mir selbst abgelehnt. In diesem Moment wollte ich nichts mehr, als mich in deinen Armen vergessen und gleichzeitig so weit fort wie möglich sein, um nicht mit dieser Entscheidung konfrontiert zu sein. Ich fragte mich, ob ich überhaupt das Recht hatte, dich zu lieben. Wenn wir diesen Schritt gewagt hätten, wären uns viele Missionen schwerer gefallen und ich wollte nicht, daß sich etwas, wie mit Jack wiederholte. Solange ich an unserer Freundschaft festhalten konnte und mich selbst belog, konnte ich mir einreden, besser damit fertig zu werden, wenn ich dich verlöre. Die Wahrheit ist, es wurde nur noch schlimmer und als ich dich vor fünf Tagen auf der Enterprise zurückließ, um zu den Rettungskapseln zu gehen und du nicht kamst, erkannte ich, daß ich nur mein Gewissen belastete, mit all den Dingen, die ich dir nicht mehr hätte sagen können, wärst du nicht zurückgekehrt. Ich habe damals einen Fehler gemacht und mir geschworen, diesen nicht noch einmal zu wiederholen, wenn sich die Gelegenheit gibt. Darum werde ich bleiben." Er sah sie überrascht an und ergriff ihre Hand. Sanft streichelte er darüber, bevor er sie an seinen Mund hob und mit zärtlichen Küssen bedeckte. „Oh Beverly, wenn ich das gewußt hätte..." „Nein, mach dir wegen dem Vergangenen keine Vorwürfe, Jean-Luc, das können wir nicht mehr ändern – und ich glaube wir waren beide noch nicht reif genug – aber in die Zukunft können wir gemeinsam blicken. Wir müssen nur wollen." Langsam nickte er, wohl noch immer ein wenig verwirrt von all dem Vorgefallenen. „Ich bin überrascht, das von dir zu hören und ich habe schon lange nicht mehr damit gerechnet. Vielleicht hast du recht, wir beide waren tatsächlich einfach noch nicht reif genug dafür." Er drückte ihre Hand an sich. „Ich muß sagen, das alles kommt etwas plötzlich. Bitte gib mir Zeit, etwas darüber nachzudenken..." Sie lächelte. „Alle Zeit der Welt... nach über 20 Jahren kommt es auf ein paar Tage mehr oder weniger auch nicht an." Behutsam nahm er sie ein letztes Mal in die Arme und drückte sie an sich. „Danke..., danke für alles. Aber wenn du es mir nicht übel nimmst, glaube ich, daß ich nun gehe." Sie strich ihm über den Kopf und nickte. „Ich denke, daß wir uns morgen wieder sehen werden und hoffe, du machst dir nicht mehr allzu viele Gedanken, Jean-Luc." „Versprochen..." Er küßte sie ein letztes Mal, bevor er verwirrt, aber glücklich ihr Quartier verließ.