Disclaimer: Ein Teil der vorkommenden Namen und Figuren ist eingetragenes Warenzeichen von Paramount Pictures.

VIII – Unter Druck

Der Planet war wunderschön. Auf dem Sichtschirm zeichneten sich tiefblaue Ozeane und saftig grüne Kontinente ab, alles sprühte vor Leben und die Bewohner hatten eine fortgeschrittene Kultur. Für Locutus war all das irrelevant. Abschätzend maß er was er dort sah nach dem Nutzen für das Kollektiv ab und setzte sich langsam in Bewegung. Die Servomotoren in seinen Gelenken sirrten mechanisch bei jedem seiner Schritte, die wiederum auf dem kalten Metallboden des Borgschiffes widerhallten. Er wußte nicht, wohin er ging, aber es spielte keine Rolle. Er wußte, daß er sein Ziel kannte, die Gründe für alles andere waren irrelevant.
Plötzlich befand er sich in einer Menschenmenge, alleine, einsam, keine weiteren Borg waren bei ihm. Trotzdem rannten diese niederen Lebensformen vor ihm weg. Er sah keinen Zweck in ihrer Verfolgung und scannte seine Umgebung sorgfältig. Eine einsame Gestalt stand noch immer da, wo sie zuvor gewesen war. Sie war nicht geflüchtet. Er unterzog sie einem weiteren Scan, konnte jedoch nichts ungewöhnliches feststellen. Spezies Mensch, Geschlecht weiblich, schlanker, graziler Körperbau, blonde Haare. Sie war nicht einmal bewaffnet. Noch einmal ließ er den roten Strahl seines Augenimplantats über sie gleiten und ein Gefühl tief in ihm sagte ihm, daß er sie kannte. „Ich halte zu dir, Jean-Luc!" rief sie zu ihm herüber. Jean-Luc? Ja, das war einmal sein Name gewesen, als er noch dieser niederen Existenz angehörte. Nun war er Locutus der Borg. „Du bist keiner von ihnen!" fügte sie hinzu. „Widerstand ist zwecklos!" entgegnete er monoton, während er bedrohlich langsam auf sie zuging. Sie blieb noch immer stehen. „Ich werde immer für dich da sein." Warum sollte er die Hilfe einer solch unvollkommenen Lebensform benötigen? In Locutus keimte der unbändige Wunsch auf, sie zu töten, denn er spürte, daß sie einen Teil in ihm ansprach, der nicht mehr zu ihm gehörte. Inzwischen stand er direkt vor ihr, sah ihr in die furchtlosen Augen. „Wir sind die Borg, jeglicher Widerstand ist zwecklos!" „Widerstand ist niemals zwecklos, und das..." Seine Hände schlossen sich um ihren Hals und der letzte Teil dessen, was sie sagen wollte, wurde durch ein leises Gurgeln abgewürgt. Es war so leicht... was hatte sie ihm schon entgegenzusetzen? Gnadenlos drückte er fester zu. Anfangs wehrte sie sich noch, versuchte sich seinem Griff zu entziehen, doch nach wenigen Sekunden wurden ihre Bewegungen immer kraftloser, bis sie vollkommen erschlafften. Er ließ los und ihr lebloser Körper fiel mit einem dumpfen Knall zur Erde. Ohne sie noch weiter zu beachten, setzte er seinen Weg fort.
Von einem Moment auf den anderen sank Jean-Luc auf die Erde. Er konnte spüren, wie die Borgimplantate sich von seinem Körper lösten und er wieder menschlich wurde. All die Gefühlskälte, die eben noch sein Handeln beherrscht hatte, war verschwunden. Aus einem Reflex heraus drehte er sich um und sah Beverly regungslos auf dem Boden liegen, rote Druckstellen an ihrem Hals. Locutus, nein er, hatte sie getötet, erwürgt. Es war zu einfach gewesen, sie war so zerbrechlich und noch immer konnte er spüren wie ihre Bewegungen langsam abstarben. Entsetzt starrte er auf seine Hände. Was hatte er nur getan?
Schreiend erwachte Jean-Luc aus seinem Alptraum und setzte sich ruckartig auf. Schweiß glänzte auf seinem Gesicht und er atmete hektisch, seine Hände in die Bettdecke gekrallt. Noch immer verfolgten ihn die Bilder und er fragte sich, was sie wohl bedeuten mochten. Der Borg in dir ist eine Gefahr für deine Mitmenschen. Ein Blick auf das Chronometer sagte ihm, daß es erst 02.00 Uhr war, er also noch einige Zeit hatte, bis er zur Anhörung mußte – dennoch, es hieß zugleich auch Beverly wiederzusehen und er war sich nicht sicher, ob er dazu momentan imstande war. Sie wartete immer noch mehr oder weniger auf eine Antwort von ihm, aber er wußte nicht, ob er ihr noch eine geben konnte. Locutus in seinem Traum hatte sie eiskalt getötet und war Locutus nicht noch immer ein Teil von ihm? Natürlich war ihm klar, daß er sie in Wirklichkeit niemals töten würde, dazu war der Traum viel zu irreal, aber es ließ ihn doch nachdenklich werden. Er brauchte sie, ohne sie wäre vieles in den letzten Tagen anders verlaufen, doch lag womöglich genau darin das Problem: Nach allem was vorgefallen war, war er sich nicht mehr sicher, ob er sich noch vollständig unter Kontrolle hatte und er wollte sie dort nicht mit hineinziehen. Wenn es nur ein dummer Zufall gewesen war? Ein Traum ohne Bedeutung? Nach all den Dingen, mit denen er sich in den letzten Tagen beschäftigt hatte, war es nur logisch, daß sich sein Unterbewußtsein damit beschäftigte. Warum sollte er dem Ganzen soviel Bedeutung beimessen und es nicht dabei bewenden lassen? Aufgewühlt sank er in die Kissen zurück. Beverly... Von allen Menschen, die er kannte, gehörte sie zu denjenigen, die er am wenigsten verletzt sehen wollte. Er zog die Decke zu sich und wälzte sich auf die andere Seite. Eine Weile lag er noch wach, bis er schließlich in einen unruhigen Schlaf fiel, der erst durch den Wecker sechs Stunden später wieder unterbrochen wurde.

Unzufrieden zupfte Beverly ihre Uniform zurecht, als sie sich im Spiegel betrachtete. Sie fühlte sich zwar nach dieser Nacht etwas ausgeruhter, war aber immer noch erschöpft und ausgelaugt. Glücklicherweise zeigte ihr Spiegelbild nichts dergleichen an. Sie bürstete sich noch einmal die Haare, damit sie gut fielen und versuchte dann ein mattes Lächeln. Sofort war ein wenig fröhlicher zumute und sie atmete geräuschvoll aus. Es machte keinen besonders guten Eindruck, wenn sie bei der Anhörung allzu mürrisch dreinschaute. Sie verschloß die Jacke über ihrem grünen Rollkragenpullover und befestigte den Kommunikator dann daran. Sofort kam sie sich wieder wie im Dienst vor, was vielleicht nicht das Schlechteste war, denn damit legte sie auch eine gewisse professionelle Fassade an den Tag, die ihren wirklichen Gemütszustand fast immer perfekt verdecken konnte. Bevor sie noch Zeit hatte, sich länger über ihre Laune Gedanken zu machen, wandte sie sich zum Gehen. Sie war sowieso schon etwas später dran, als geplant.

Der Gerichtssaal von Starfleet war schon relativ voll, als Deanna Troi ihn betrat. Da die Anhörung noch nicht begonnen hatte, untermalte das Murmeln von Stimmen die Geräuschkulisse. Wie sie sich umsah, erkannte sie viele Besatzungsmitglieder der Enterprise, jedoch ebenso einige unbekannte Gesichter, bei denen sie sich nicht sicher war, ob sie zur neuen Crew gehörten, oder andere Gründe hatten, hier zu sein. Nach der Zerstörung ihres alten Schiffes hatten es nicht alle geschafft, auf die neue Enterprise zu kommen, besonders Offiziere mit Familien nicht, und wurden daher durch andere ersetzt. Doch selbst für sie als Schiffscounselor war es schwer, all diese neuen Menschen in der kurzen Zeit kennenzulernen, die sie bisher miteinander verbracht hatten. Sie suchte sich eine relativ leere Reihe unter den Zuschauerbänken in der linken, hinteren Hälfte des Saales und setzte sich hin. Denn sie wollte lieber im Hintergrund bleiben, um nicht so aufzufallen, sie war nur als Besucherin hier. Wer wirklich Rede und Antwort stehen mußte, waren Will, Data und Captain Picard. Wie sie beim Hereinkommen gesehen hatte, saßen diese Drei schon in der sogenannten Zeugenbank und warteten auf ihren Aufruf und den Beginn der Anhörung. Sie erkannte, wie Will und der Captain noch einige Gedanken austauschten, während Data dem Ganzen mit stoischer Ruhe entgegensah. Es bedurfte nicht ihrer Fähigkeiten, um zu bemerkten, wie nervös die beiden Männer waren und sie seufzte laut auf. Eigentlich hatten sie ja nichts zu befürchten, zumindest nichts Elementares, trotzdem war es eine verständliche Reaktion. Sie lehnte sich zurück und beschloß, der Anhörung einfach zu folgen und sich hinterher weitere Gedanken darüber zu machen. Als drei wichtig aussehende Admiräle durch den für sie bestimmten Eingang hereinkamen und hinter dem Richterpult Platz nahmen, kehrte langsam Ruhe im Saal ein. Sie kniff die Augen zusammen, um die Admiräle besser erkennen zu können und zu sehen, ob sie einen von ihnen kannte. Es waren ein Vulkanier, den sie vorher nie gesehen hatte, Admiral Nakamura, der diese Anhörung wohl leiten sollte und noch eine Frau mittleren Alters, die sie ebenfalls nicht kannte. Voreingenommen war dieses Gericht also schon einmal nicht, aber ob dies ein unbedingt gutes Zeichen war, blieb noch dahingestellt. Aus dem Augenwinkel bemerkte Deanna, daß sich jemand ihrer Sitzreihe näherte und hastig neben ihr Platz nahm. Überrascht weiteten sich ihre Augen, als sie die Person erkannte. „Beverly!" Die Angesprochene lächelte leicht. „Ich habe mich beeilt, aber es hat nicht ganz nach Plan geklappt. Wenigstens komme ich noch rechtzeitig." „Aber gerade!" Deanna grinste. „Nein, du hast noch nichts verpaßt.." „Gut..." Das Ertönen einer Glocke läutete die Verhandlung ein und sofort verstummten die beiden Frauen.

Nervös rutschte Jean-Luc Picard auf seinem Stuhl herum. Er war so froh, wenn diese Verhandlung endlich vorüber sein würde. Wenigstens ging es Will und Data nicht anders, aber diese beiden hatten auch nichts zu verschweigen. Nein, so konnte man das nicht sagen. Er hatte nichts zu verbergen, er war lediglich froh, wenn er darüber keine Rechenschaft würde ablegen müssen. Sein Traum bestätigte ihn nur noch in diesem Wunsch. Wenigstens hatte er Beverly heute noch nicht gesehen, das gab ihm noch ein wenig Zeit, seinen Gefühlswirrwarr zu ordnen. Das Läuten einer Glocke ließ ihn aus seinen Gedanken hochfahren und er setzte sich aufrecht hin. Es geht los!

„Wir haben uns heute hier eingefunden, um die Geschehnisse auf der Enterprise-E in Bezug auf den vor einer Woche stattfindenden Borgangriff noch einmal aufzurollen. Es handelt sich hier um eine rein formale Angelegenheit, dennoch besteht aufgrund der schweren Beschädigungen des Schiffes einiger Klärungsbedarf. Aus diesem Grunde hoffen wir, Captain Jean-Luc Picard, der das Schiff zur fraglichen Zeit kommandierte, Lieutenant Commander Data, der für einige Stunden Gefangener der Borg war und daher viele ihrer Pläne mitverfolgen konnte, sowie Commander William T. Riker, der das Außenteam zur gleichen Zeit leitete, können uns einige Antworten geben. Die Anhörung möge beginnen." Nach der Einleitungsrede des Vulkaniers herrschte für kurze Zeit erdrückende Stille, dann erhob sich Nakamura, sah Riker an und räusperte sich. „Commander Riker, wie wir bereits wissen, leiteten Sie das Außenteam, das sich um den Aufbau der von den Borg zerstörten Phoenix kümmern sollte. Zu welchem Zeitpunkt wurde Ihnen das Kommando übertragen?" „Es war kurz nach der Entdeckung der Phoenix. Wir waren im unterirdischen Teil von Cochranes Raketenbasis, als den Captain ein ungutes Gefühl in Bezug auf das, was oben an Bord der Enterprise vor sich ging, beschlich. Er übergab mir das Kommando, um nach dem Rechten zu sehen." „Hatten Sie danach noch einmal Kontakt zum Captain?" „Nein, kurz darauf brach der Funkkontakt zum Schiff ab. Wir waren auf uns alleine gestellt und wußten nicht, was vor sich ging." „Das heißt, Sie erfuhren erst von der Bedrohung der Borg, als sie beseitigt worden war?" „Das ist richtig. Das Team auf der Erde war damit beschäftigt, Doktor Cochrane zu finden, da wir nicht sicher waren, ob er den Angriff überlebt haben konnte. Danach galt unsere Hauptsorge einem planmäßigen Start der Phoenix. Um die Enterprise haben wir uns keine Gedanken mehr gemacht." „Ich verstehe. Aus Ihrem Bericht geht hervor, Sie mußten Doktor Cochrane Ihre wahre Herkunft enthüllen, damit er sich bereit erklärte, das Projekt weiterzuführen. Ihnen ist die Oberste Temporale Direktive geläufig?" „Ja, Sir. Doch es war in diesem Fall dringend nötig. Er hat uns unsere Tarngeschichte nicht geglaubt und irgendwie mußten wir ihn überzeugen, das Projekt weiterzuführen, wenn wir die Borg nicht gewinnen lassen wollten. Ich bin sicher, Counselor Troi hat ein ausführliches Gutachten darüber eingereicht." „Das hat sie. Ich wollte es nur noch einmal von Ihnen bestätigt hören. War Cochrane die einzige Person des 21. Jahrhunderts, der Sie von der Zukunft erzählen mußten?" „Was mich betrifft, ja. Er und das Außenteam waren die Einzigen, die an diesem Raketenprojekt arbeiteten." „Es gibt einen Bericht, der von einer Frau aus dem 21. Jahrhundert auf der Enterprise spricht, was ist Ihre Stellungnahme dazu?" „Diese Frau war Cochranes Partnerin namens Lily Sloan. Wir brachten sie aufgrund ihrer Strahlungsvergiftung auf das Schiff, um sie behandeln zu lassen, kurz bevor der Kontakt abbrach, daher weiß ich wenig darüber. Ich habe sie erst nach der Vernichtung der Borg wieder gesehen." „Noch eine letzte Frage, Commander. Wieviel haben Sie Cochrane über unsere Zeit enthüllt?" „Nur so viel, damit er seine Arbeit fortsetzen würde. Wir haben ihm von der Föderation und dem kommenden ersten Kontakt erzählt und den Veränderungen für die Gesellschaft, jedoch keine technischen Details preisgegeben, außer denjenigen, die er sowieso schon kannte." Nakamura nickte. „Das genügt Commander, vielen Dank!"

Riker atmete leise aus, als der Admiral mit ihm fertig war. Unmerklich ließ er sich in seinem Stuhl zusammensinken. Er hoffte, er hatte alle Fragen nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet, ohne zuviel zu verraten. Von Geordis kleinem Ausrutscher mit der Statue, brauchte man ja nicht unbedingt etwas zu wissen, es hatte ja keine Auswirkungen auf die Zeitlinie gehabt und würde ihnen nur Ärger einbringen. Diese Leute hatten leicht reden, von Temporalen Direktiven zu sprechen, wenn sie hinter ihren Schreibtischen saßen und nicht selbst vor eine solche Situation gestellt waren. Sie hatten nur versucht, den Schaden, den die Borg verursacht hatten, in Grenzen zu halten, was ohne gewisse Zugeständnisse eben unmöglich gewesen war, etwas, das schwer verständlich für diese Bürokraten war. Die Stimme Nakamuras, der sich Data zuwandte, holte ihn aus den Gedanken und er beschloß aufmerksam zuzuhören.

„Mister Data, wie aus den Berichten hervorging, verbrachten Sie einige Zeit mit den Borg?" „Das ist korrekt. Während unserem ersten Versuch, die Borg im Maschinenraum zu vernichten, wurde ich von ihnen gefangengenommen." „Was geschah danach?" „Ich erwachte angekettet auf einer, aus Wandverkleidungen des Maschinenraumes hergestellten Vorrichtung. Die Borg um mich herum schienen mich nicht zu beachten. Plötzlich hörte ich die Stimme einer Frau, die sich als Königin der Borg vorstellte. „Die Borg Königin also. Sie sind der erste Sternenflottenoffizier, der dieses Wesen kennengelernt hat. Können Sie uns vielleicht mehr von dieser Begegnung erzählen?" Der Androide nickte knapp. „Ich versuche es. Nach meine Einschätzung schien sie das einzige wirkliche Individuum unter all den Drohnen zu sein, die sie befehligte. Die Borg taten nichts, ohne ihre Aufforderung oder ihre Erlaubnis. In ihrem Kopf muß sich ein enormes Verwaltungszentrum befunden haben, trotzdem schien sie fast emotional. Nach allem, was wir bisher über die Borg gelernt hatten, wirkte sie auf den ersten Blick wie ein Widerspruch in sich selbst, aber vieles ergab nun auch einen Sinn, wenn man unter dem Aspekt ihrer Existenz noch einmal nachdachte, zumal sie von sich selbst behauptete, Ordnung in das Chaos zu bringen." „Vielen Dank. Ich gehe davon aus, Ihr Bericht enthält diese Informationen ebenfalls?" „Ja, Sir, ich habe ihn, gemeinsam mit dem, was durch das Plasma von der Borg Königin übriggeblieben ist, schon zur Untersuchung eingereicht." „Vorbildlich. Dennoch würde ich, wenn es Ihnen nichts ausmacht, noch einige Fragen stellen, in Bezug auf das Verhalten der Borg. Haben sie irgendwelche Ziele offenbart? Oder Gründe für Ihre Gefangennahme?" „Wie es aussah, galt nach unserer Vereitelung ihres ursprünglichen Planes, die Erde im 21. Jahrhundert zu assimilieren, ihre Hauptsorge, wie sie den von mir verschlüsselten Schiffscomputer entschlüsseln konnten. Zudem wollten sie mit Hilfe unserer Deflektorschüssel Verstärkung von den zu dieser Zeit noch im Deltaquadranten lebenden Borg anfordern. Da die Borg für den Schiffscomputer meine Hilfe brauchten, nahmen sie mich vermutlich gefangen und versuchten die Informationen aus meinem positronischen Gehirn zu extrahieren. Als dies nicht gelang, bemühte sich die Borg Königin, mich freiwillig für ihre Zwecke zu gewinnen unter der Aussicht, mir echtes Fleisch zu schenken. Ich täuschte vor, das Angebot anzunehmen, um mich zum geeigneten Zeitpunkt gegen sie zu wenden." „Wann war dieser Zeitpunkt, Ihrer Meinung nach?" „Kurz nach der Aktivierung der Selbstzerstörung des Schiffes, als ich Cochranes Schiff zerstören sollte. Ich ließ sie bis zum letzten Moment in dem Glauben, auf ihrer Seite zu stehen, um dann den Plasmatank zu zerschlagen." „Waren Sie nicht versucht, das Angebot anzunehmen?" „Nur für 0,68 Sekunden, Sir!" „Danke. Damit wären alle Unklarheiten auf Ihrer Seite beendet."

Langsam wischte Jean-Luc seine feuchten Handflächen an seiner Uniformhose ab. Er war der Letzte, und die Fragen würden wahrscheinlich bohrender ausfallen, als bei seinen anderen beiden Offizieren. Er als Captain hatte vollste Verantwortung für das Geschehene zu tragen und daß ihr kleiner Ausflug ins 21. Jahrhundert das 24. gerettet hatte war ein Glücksfall gewesen, trotzdem, die Enterprise hätte sich eigentlich gar nicht an der Schlacht beteiligen dürfen. Natürlich war diese Anhörung nur eine Formalität, aber eine höchst unangenehme, denn er wollte eigentlich nicht mehr darüber sprechen.

„Captain Picard?" „Admiral?" „Wie erklärt es sich, daß die Enterprise trotz ausdrücklichem Gegenbefehl auf dem Schlachtfeld befand? Hatten wir Sie nicht in die Neutrale Zone beordert?" „Das ist richtig, doch als wir über Funk Zeuge der sicheren Zerstörung der Flotte wurden, konnten wir nicht untätig herumsitzen. Ich weiß, daß das Sternenflottenkommando im Hinblick auf meine inzwischen sechs Jahre zurückliegende Assimilierung einige Zweifel hegte, doch als es so schlecht um die Flotte aussah und auch Admiral Hayes' Schiff zerstört worden war, entschlossen wir uns, unsere Befehle zu mißachten und einzugreifen, was den Kubus ja auch zerstörte." „Aus dem aufgezeichneten Kommuniqué, das sie kurz vor Beginn der Schlacht mit Admiral Hayes führten, geht hervor, daß sie bereits Kenntnis über die Borg hatten. Wie ist das zu erklären?" „Ich hatte einfach eine Vermutung, aufgrund eines Alptraums." „Alptraums?" „Ich träumte, wieder Teil des Kollektivs zu sein, aber ich glaube, das zu erläutern, führe ein wenig zu weit ab. Man kann sagen, ich habe, erinnert an diesen Traum, einfach geraten." „Wie ist es aber dann möglich, daß es gerade die Enterprise war, das in den temporalen Strudel geriet? Haben Sie nicht etwas Derartiges vermutet?" „Nein. Nachdem wir sahen, wie sich eine Sphäre aus dem Kubus lösten, haben wir diese verfolgt und im 21. Jahrhundert zerstört." „Wie kamen die Borg dann dennoch auf die Enterprise?" „Sie beamten in dem Moment, als wir unsere Schilde gesenkt hatten, hinüber. Es geschah fast unmerklich und als wir der Gefahr bewußt wurden, war es fast schon zu spät." „Woher wußten Sie, zu diesem Zeitpunkt auf der Erde, daß etwas nicht in Ordnung sein konnte? Commander Riker erwähnte, Sie wären aufgrund eines „unguten Gefühls" auf das Schiff zurückgekehrt. Worin äußerte sich dieses Gefühl?" Ich hörte das Murmeln von Borgstimmen... „Lieutenant Commander Worf erwähnte Störungen in den Umweltkontrollen, als ich einen kurzen Bericht der Lage anforderte, das erregte mein Mißtrauen und ich kehrte in vollstem Vertrauen zu Commander Riker auf das Schiff zurück, um nach dem Rechten zu sehen. Als wir erkannten, daß die Borg sich im Maschinenraum eingenistet hatten und dabei waren, das Schiff zu assimilieren, verschlüsselte Mister Data den Schiffscomputer mit einem Code. Danach versuchten wir, die Bedrohung durch ein gezieltes Zerschlagen der Plasmatanks im Maschinenraum zu beseitigen. Bei diesem Versuch wurde Mister Data von den Borg entführt." „Danke Captain, das wäre alles soweit. Wir werden Ihre Aussagen mit den abgegeben Berichten prüfen und über Ihr weiteres Vorgehen entscheiden, sobald uns alle Daten vorliegen. Die Sitzung ist hiermit beendet..."

Als sich der Saal langsam leerte, blieb Jean-Luc noch auf seinem Stuhl sitzen. Er hoffte, wenn er lange genug wartete, konnte er es vermeiden, Beverly über den Weg zu laufen. Er wußte, daß sie sich bestimmt um ihn sorgte und wahrscheinlich mit ihm über diese Anhörung sprechen wollte, aber er konnte sie im Moment nicht sehen, er mußte erst mit sich ins Reine kommen. Als der Lärm langsam nachließ, sah er Beverly an der Eingangstür stehen. Sobald sich ihre Blicke trafen, wandte sie sich ab und ging.