Disclaimer: Sie gehören mir nicht

A/N: So, nächster Teil. Viel Spaß dabei.

Es ist, wie sollte es anders sein, sein Schlafzimmer. Beherrscht von einem Bett, das mir im Gegensatz zu dem in meiner bescheidenen Waldbehausung riesig erscheint. Die dunkelroten Decken sind mit komplizierten silbrig glänzenden Mustern versehen und es gibt ein Fenster durch welches gerade das erste Licht des neuen Tages fällt. Auf ein von ihm gemurmeltes Wort hin verdunkelt es sich. Die Drow wollen sich zwar die Oberfläche unterwerfen, doch nach Jahrhunderten von Dunkelheit in den Tunneln des Unterreiches mögen sie das Licht der Sonne nicht mehr, schlafen tagsüber und bevorzugen es stattdessen in der Nacht ihren Geschäften nachzugehen.

Gerade als ich eintrete ist er dabei seine Robe ordentlich auf einem Stuhl zu drapieren. Langes weißes Haar fließt den samtschwarzen Rücken hinab und fliegt plötzlich durch die Luft als er herumwirbelt und mit drei schnellen Schritten die Distanz zwischen uns überwindet. Die Arme um meine Hüfte zieht er mich zu sich heran und gibt mir den ersten Kuss meines Lebens. Ja es stimmt. Der erste Kuss. Ich bin noch sehr jung nach elfischem Standard, aber gerade eben alt genug. Wäre dies alles nicht geschehen, dann würde ich jetzt vielleicht Aryeil in meinen Armen halten. Meine wundervolle grünäugige Aryeil… aber sie ist tot, wie alle anderen und ich schiebe diese schmerzvollen Gedanken weit fort, damit er nicht davon weiß. Stattdessen gebe ich nach, öffne meine Lippen ein wenig und fühle wie seine Zunge sanft, forschend in meinen Mund eindringt. Seine Gegensätzlichkeit ist erstaunlich und bringt mich völlig aus der Fassung. Schmerz, Sanftheit, Schmerz, nichts ist so wie ich es erwarte. Ich weiß nicht mehr was ich denken soll, wann ich mich fürchten soll.

Er macht sein Versprechen wahr und benutzt seine Macht um meine Reaktionen zu steuern. Es ist als würden meine Knochen plötzlich zu Wasser und ich keuche überrascht als er sich von mir löst, denn ich erschrecke über die Intensität der Gefühle die auf einmal in meinem Körper erwachen.

„Das erste mal?" fragt er neckend und ich kann nur nicken, während ich dabei absurder weise erröte.

An diesem Tag schreie ich noch oft, aber nicht mehr vor Schmerz. Er spielt auf mir wie auf einer Harfe und ich wehre mich nicht, denn während dieser Zeit kann ich sogar das Gefühl der Scham verdrängen, es unter allem begraben, aber gänzlich entkommen kann ich nicht.

Bei Anbruch der nächsten Nacht erwache ich aus einem erschöpften Schlaf. Als ich zurückdenke daran was ich getan habe ist es als würde ich innerlich sterben. Das Gefühl als habe ich alle verraten die ich je liebte und alles woran ich glaubte. Der Schmerz in meiner Seele ist so stark, dass ich mich nur noch zusammenrollen kann in dem hilflosen Versuch mich festzuhalten, damit ich nicht zerbreche. Mein Körper zuckt unter verzweifelten, krampfhaften Schluchzern, bitte lass mich sterben.

Ich bemerke erst nach einiger zeit dass er mich beobachtet. Entspannt lehnt er in der Tür, nur mit einem Handtuch um die schlanken Hüften, die Haare noch feucht. Es ist nicht zu erkennen was er jetzt denkt, aber er klingt angewidert als er sagt: „Schmerzt es so sehr kleiner Elf? Aber du erreichst gar nichts indem du deine Schwäche so zur Schau stellst. Deine Leute sollten ihre Kinder besser auf die Realitäten des Lebens vorbereiten, statt sie zu Abhängigen und Schwächlingen zu erziehen."

„Wir sind nicht…" doch weiter komme ich nicht bevor ich wieder dem strafenden Schmerz des Halsbandes ausgesetzt bin. Doch auch wenn ich schreie, diesmal heiße ich das Feuer willkommen, denn es lenkt mich von dem Scherbenhaufen ab der nun mein Innerstes ist. Ich hätte nie gedacht dass Jemand so tief in mein Selbst vordringen und so viel Schaden anrichten könnte. Gestern glaubte ich schon gebrochen zu sein, aber heute bin ich es sicher. Erstaunlich wie einfach das war.

Dann ist es vorbei und ich liege keuchend auf dem Bett während vor meinen Augen noch immer schwirrende Lichter funkeln. Als ob er weit entfernt ist höre ich die Stimme meines Meisters.

„Ich rate dir eins Sklave, widersprich mir nie wieder."

„Ja Herr." Ein heiseres Keuchen.

„Wie war das?"

Ich zucke zusammen und falle sprichwörtlich aus dem Bett als ich versuche mich so schnell wie möglich unterwürfig auf den Boden zu knien. „Nie wieder Herr." Sage ich jetzt lauter und hasse mich dafür fast so sehr wie ich ihn hasse. Angespannt bleibe ich in dieser Position, auf den Kein neben dem Bett, mit gesenktem Blick und warte. Er lässt mich dieses mal lange warten, die Minuten verstreichen ohne das einer von uns einen Laut von sich gibt.

„Gut." Sagt er schließlich und scheint dann auf einmal das Interesse zu verlieren. Ich verharre in meiner knienden Stellung und schaue zu wie er sich ankleidet. Glatte Haut und ein Körper geformt wie eine Statue aus Obsidian. Unwillkürlich muss ich an die letzten Stunden zurückdenken und erschauere dabei, denn ich weiß jetzt wie sich diese Haut unter meinen Fingern anfühlt. Er ist noch nicht ganz fertig, da klopft es an der Tür.

„Ja!"

Ein weiterer Drow tritt ein, er scheint etwa in meinem Alter zu sein. Etwas verspätet wird mir klar, dass ich noch immer völlig nackt bin. Ich kann seinen Blick auf mir spüren während er sich verbeugt und fragt. „Ihr habt nach mir geschickt Meister?"

„Ja Daevan, geh und zeig ihm" eine knappe Kopfbewegung in meine Richtung, „wo die Sklaven ihr Frühstück einnehmen."

Bei dem Gedanken er könnte mich nackt durch die halbe Schule laufen lassen werde ich blass, eigentlich ist das lächerlich nach allem was schon geschehen ist, aber ich kann nicht verleugnen das in mir eine gewisse Panik hochsteigt. Unsicher stehe ich auf, was den anderen dazu veranlasst schnurstracks auf die Tür zu zusteuern, aber nicht ohne mir vorher noch ein boshaftes Grinsen zu zuwerfen. Wahrscheinlich hat er keine Lust für jemand der so unwichtig ist so viel Aufwand zu betreiben. Was soll ich jetzt tun? Ich muss ihm folgen. Im letzten Augenblick entdecke ich jedoch meine Hose, die gar nicht weit von mir in einer Ecke liegt und schaffe es sogar gleichzeitig zu laufen und mich dabei wenigstens halbwegs an zu ziehen. Trotzdem muss ich mich beeilen, denn ich sehe Daevan gerade noch um die nächste Ecke verschwinden. Er scheint enttäuscht mich zu sehen nachdem ich ihn eingeholt habe und geht so schnell wie es möglich ist ohne zu rennen, wahrscheinlich um seine lästige Aufgabe endlich zu ende zu bringen.

Ich überlege ob er Meister Shenjals Lehrling ist, will ihn aber nicht danach fragen, weil er mir doch nichts sagen wird. Außer vielleicht etwas darüber wie ekelerregend er meine Gegenwart findet oder andere Dinge in dieser Richtung. Und so laufen wir schweigend die seltsam leeren, steinernen Flure der Schule entlang, mit dem pat pat meiner nackten Fußsolen auf dem Boden als einzigem Geräusch. Die Wände sind mit aufwändigen Zeichnungen verziert, von denen die meisten wohl Heldentaten verschiedener Magier darstellen sollen.

Zum glück ist der Weg nicht sehr weit, sonst würde ich später auch kaum wieder zurück finden. Ich denke nicht dass er warten wird bis ich fertig bin mit dem was mir an Frühstück zusteht. Daevan bleibt auf einmal so abrupt stehen dass ich beinahe in ihn hineinlaufe.

„Da." Er weist auf eine Tür und ist auch schon wieder auf dem Weg zurück. Nun ja, dann versuche ich mal mein Glück. Vorsichtig drücke ich die Klinke herunter und betrete den Raum, wo ich jetzt wohl für eine lange Zeit meine Mahlzeiten einnehmen werde. Er ist nicht sehr groß, aber im Moment sind auch nicht sehr viele Personen anwesend. Fünf um genau zu sein. Sie sitzen um einen schmalen Holztisch, und alle fünf schauen jetzt mit großen Augen in meine Richtung. So weit ich erkennen kann sind es drei menschliche Mädchen und zwei Jungen, ein weiterer Mensch und einer mit den spitzen Ohren und der stillen Eleganz die charakteristisch sind für uns Elfen. Alle von ihnen sind jung, schön und vor allem vollständig angekleidet. Ich merke wie ich erröte und wünsche mir der Boden würde sich auftun um mich zu verschlucken. Unschlüssig stehe ich da neben der Tür, bis eines der Mädchen schließlich sagt: „Nun komm schon. Setz dich endlich hin und iss etwas. Meister Shenjal hat dich gestern mitgebracht, nicht wahr?" Sie hat lange rote Haare, die ihr bis zur Hüfte reichen.

„Ja." Murmle ich, als ich schließlich auf einem der Stühle platz nehme. Auf dem Tisch steht ein Topf mit einem undefinierbaren Inhalt. Dem Geruch nach könnte es Eintopf sein. Der Hunger der mich in den letzten Tagen gequält hat scheint jedoch wie weggeblasen. Wie soll ich jetzt essen, mit all diesen Gefühlen in mir? Ich starre auf die Tischplatte. So sehe ich die Blicke nicht, die sich gegenseitig zuwerfen. Sie teilen mein Schicksal und wissen um ihre eigenen Emotionen, aber sie wissen auch das Verzweiflung den Tod bedeuten kann wenn man sich ihr gänzlich hingibt.

„Du solltest wirklich etwas essen."

Ich weiß nicht wer von ihnen gerade gesprochen hat, aber ich schaue schließlich doch auf und sehe wie mir das rothaarige Mädchen einen Teller entgegenhält.

„Wozu?" Frage ich sie und meine Stimme klingt hohl.

„Willst du sterben?" lautet ihre simple Gegenfrage, auf die ich trotzig mit ja antworte.

„Und wieso bist du dann noch nicht tot?" Sie klingt wütend. „Ich…", aber sie unterbricht mich aufgebracht. „Wenn du wirklich gewollt hättest, dann wärst du schon nicht mehr am Leben. So schwer ist es hier nicht zu sterben."

Daraufhin kann ich sie nur mit offenem Mund anstarren. Aber mir wird klar, dass sie Recht hat. Ob aus Feigheit oder welchem Grund auch immer ich weiß es nicht, aber ein großer Teil von mir klammert sich immer noch ans Leben, wie schrecklich es im Moment auch sein mag. Wortlos nehme ich den Teller und sie lächelt. Wieso kann sie noch lächeln?

„Aber was geschieht jetzt mit mir?" Will ich wissen. Sie zuckt mit ihren schlanken Schultern. „Du gehörst Meister Shenjal. Er entscheidet was er mit dir tun will. Wir alle sind persönliche Sklaven eines Meisters dieser Schule und er soll weniger grausam sein als viele der Anderen."

Wenn das stimmt, dann will ich diese Anderen am besten niemals zu Gesicht bekommen! Schon jetzt bricht mir der kalte Schweiß aus bei dem Gedanken was er alleine mir alles antun könnte. Andererseits, wenn ich mir selbst gegenüber ehrlich bin, dann hätte er mich wahrscheinlich gestern noch sehr viel mehr leiden lassen können.

„Ich weiß es nicht genau." Gebe ich zu. „Aber er macht mir dennoch Angst." Angst ist eigentlich noch gar kein Ausdruck!

„Es hätte auch noch schlimmer kommen können." Bemerkt jetzt der Menschenjunge neben mir leise und ich sehe den Rest der Runde nicken.

Als persönliches Spielzeug der angesehenen und mächtigen Meister, so erklären sie mir während ich esse, führen wir sogar ein recht privilegiertes Leben. Wir gehören ihnen allein und kaum jemand wird sie verärgern wollen indem er ihren Besitz beschädigt, während andere Sklaven oft als Freiwild gesehen werden und ein grausames Ende als bewegliche Zielscheibe oder ähnliches finden.

Mein Teller ist noch nicht ganz leer, da höre ich auf einmal Meister Shenjals Stimme in meinem Kopf. Komm zurück.  Das ist alles was er sagt, dann ist seine Präsenz schon nicht mehr spürbar. Ich zucke jedoch erschrocken zusammen und lasse fast meinen Löffel fallen, bis mir schließlich klar wird was genau geschehen ist.

„Muss gehen." Sage ich, während ich hastig aufstehe. Verständnis liegt in den Blicken der Anderen als sie mir hinterher schauen.