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Haha, endlich mal n ordentlicher Disclaimer, Ist doch ganz nett zur Abwechslung, auch wenn er auf Englisch ist. Liest ja eh keiner. Na ja nicht das überhaupt so wahnsinnig viele Leute diese Story lesen, aber so ein, zwei sind's ja schon. Und falls sich noch wer nicht gemeldet hat, fühle er sich hiermit angebettelt mal einen Kommentar zu hinterlassen:)

Feuer und Magie

Die Tür klickt ins Schloss. Schritte. Mein Meister tippt mich sacht mit einer Fußspitze an.

„Steh auf Häschen." Sagt er völlig ruhig. „Du solltest dich waschen gehen."

Mich waschen, ja, aber dafür muss ich mich bewegen. Er hat es jedoch befohlen, also muss ich gehorchen. Extrem langsam versuche ich mich aufzurichten und zucke zusammen als mich daraufhin ein stechender Schmerz durchfährt, der mir ein Zischen entlockt. Schnell beiße ich mir auf die Lippen um weitere Geräusche zu unterdrücken. Es dauert sehr lange bis ich schließlich, zitternd, halb vornüber gebeugt und eine Hand an einer Tischkante festgekrallt, einigermaßen aufrecht stehe. Einige Male werde ich fast ohnmächtig, kann es aber gerade noch verhindern indem ich mir auf die sowieso schon schmerzende Lippe beiße.

Auf meinem gequälten Weg zum Bad taumle ich mehr als das ich gehe, aber irgendwie schaffe ich es mithilfe des Halts diverser Möbelstücke nicht zu stürzen. Mein Meister sitzt entspannt zurückgelehnt in seinem Sessel und schaut mir mit unbewegter Miene dabei zu, während er genüsslich getrocknete Früchte knabbert und Wein trinkt.

Bastard, Bastard, Bastard hallt es in meinem Kopf wieder und ich weiß nicht einmal genau wen ich überhaupt damit meine. Meinen Meister, Ethin oder dessen Meister oder die gleichgültige Gottheit die dies alles zulässt. Ich hasse sie alle!

Meine mühsam aufrecht erhaltene Beherrschung hält noch bis das warme, duftende Wasser auf meine Haut trifft, aber dann ist offenbar meine äußerste Grenze erreicht und ich breche zitternd und unterdrückt schluchzend zusammen. Die Kratzer auf meinem Rücken brennen, aber dies wird in den Hintergrund gedrängt von dem unerträglichen Stechen, das sich bei jeder Bewegung in meinem Unterleib ausbreitet.

Wieso habe ich mich nicht heftiger gewehrt? Frage ich mich immer wieder, während ich zaghaft und vorsichtig versuche mich zu säubern. Bin ich wirklich so schwach? Verachtung für mich selbst überkommt mich und ist fast noch stärker als der Hass auf meine Peiniger. Wieso lasse ich es zu, dass man mich derart benutzt? Ich versuche die höhnischen Stimmen zu ignorieren, die einen endlosen Singsang in meinem Hinterkopf begonnen haben, aber es gelingt mir nicht. Schwaches, wertloses Wesen! Kreischen sie, nur dazu da um andere zu befriedigen, jeder kann dich haben, kann mit dir machen was er will. Schwach, schwach, schwach!

Schluchzend und zusammengekrümmt presse ich beide Hände auf meine Ohren, aber ausschließen kann ich sie nicht. Was wird hier aus mir? Oder war ich schon immer so, mein Makel nur versteckt bevor mein Meister ihn zum Vorschein gebracht hat? Ich versuche die Schluchzer zu unterbinden und beiße hart in meinen Handballen. Der dumpfe Schmerz lenkt mich ein wenig ab, jedoch nur solange er andauert.

„Bist du immer noch nicht fertig?"

Mein Meister! Ich habe gar nicht bemerkt wie er herangekommen ist, doch jetzt ist er da, lehnt noch entspannt im Türrahmen. Er klingt ungeduldig und ich platsche mir schnell etwas Wasser ins tränenverschmierte Gesicht, bevor ich versuche hastig aus der Wanne zu steigen, trotz der Welle des Schmerzes die sich daraufhin in mir ausbreitet.

„Doch Herr ich bin fertig." Stammle ich, als die Furcht vor neuerlicher Strafe für kurze Zeit stärker als der schwarze Klammergriff meines Selbsthasses. „Bitte verzeiht meine Trödelei Herr es tut mir leid." 

Er schaut mich forschend an, wie ich dort nass, tropfend und erbärmlich vor ihm stehe, noch immer leicht vornüber gebeugt und sagt nichts. Nach einer halben Minute erinnere ich mich verspätet daran, das benutzte Wasser mit einem der Kommandoworte die er mich gelehrt hat aus der Wanne zu verbannen, woraufhin sich ein undeutbarer Ausdruck auf seine Züge legt. Habe ich etwas falsch gemacht?! Hätte ich vorher um Erlaubnis fragen müssen? Er sagt noch immer nichts, beobachtet mich nur und ich greife nervös nach dem hölzernen Rand der Wanne um nicht mehr so sehr zu schwanken.

Auf einmal bin ich nur noch erschöpft und eine willkommene, dumpfe Leere breitet sich langsam in mir aus. Zu viel, zu viel Schmerz, zu viel Demütigung. Ich kann nicht mehr! Bitte lass mich jetzt einfach schlafen denke ich müde und warte.

„Trockne dich ab."

Mechanisch gehorche ich, trotz Schmerzen und lähmender Erschöpfung. Nachdem ich fertig bin bleiben ein paar hellrote Blutflecken auf dem Handtuch zurück, aber das registriere ich schon fast gar nicht mehr. Ich will nur noch ein wenig Ruhe und eine Ecke in die ich mich verkriechen kann.

„Dreh dich um."

Kühle Finger streichen schnell und effizient eine grünliche Paste auf meine Wunden, ich fühle deutlich wie sie die Kratzer auf meinem Rücken nachfahren und höre das verärgerte Schnauben angesichts der unangenehmeren Verletzungen weiter unten. Ob ich Narben behalten werde? Der Gedanke ist seltsam distanziert, als ob er jemand anderem gelten würde. Dann drückt er mir eine Decke in die bis dahin schlaff herabhängenden Arme und schiebt mich vor sich her zum Schlafzimmer, wo er mich dann sogar einwickelt. Als ich nicht weiter reagiere und nur bewegungslos dastehe faucht er mich ungehalten an.

„Leg dich endlich hin und mach nicht so ein Theater."

Ich lasse mich praktisch fallen so schnell liege ich neben dem Bett auf dem Boden. Mein Zustand muss ihm mehr Sorgen machen als ich auf den ersten Blick erkennen konnte, denn er verabreicht mir einen bitter schmeckenden Schlaftrunk der mir endlich die erlösende Schwärze gewährt nach der ich mich so sehne. Erleichtert lasse ich mich von ihr einhüllen, froh für eine Weile vergessen zu können.

Als ich zum rötlich trüben Licht des nächsten Sonnenunterganges erwache, schießt mir als erstes durch den Kopf, dass ich jetzt das tägliche Bad vorbereiten muss. Mein folgender Versuch so schnell wie möglich aufzustehen resultiert darin, dass ich mich in der Decke verheddere, erst schmerzlich zische, weil die Verletzungen natürlich noch nicht verheilt sind und mir dann erschrocken die Hand vor den Mund schlage. Ist er wach geworden? Schnell werfe ich einen hektischen Blick hinauf zum Bett, aber entweder schläft mein Herr wirklich noch oder er hat glücklicherweise entschieden sich von meinem Schmerzenslaut nicht stören zu lassen.

So leise wie es mir unter den gegebenen Umständen möglich ist mache ich mich auf den Weg zum Bad. Um den Spiegel der dort noch immer so scheinbar unschuldig steht mache ich einen großen Bogen. Ich will gar nicht wissen was für Spuren die gestrigen Ereignisse bei mir hinterlassen haben. Mir wird fast schlecht bei dem Gedanken daran und ich balle meine schmalen Hände zu Fäusten, bis auf einmal Blut unter den Fingernägeln hervorquillt und mich dieser Anblick gnädigerweise aus den grässlichen Erinnerungen reißt. Erschrocken schüttle ich den Kopf, so als ob ich die unangenehmen Gedanken dadurch loswerden könnte und wische schnell das Blut weg. Wenn ich doch bloß meine Erinnerungen genau so rasch und gründlich auslöschen könnte, doch sie bleiben mir ebenso erhalten wie das dumpfe Pochen, welches sich nun in meinen Handflächen ausbreitet.

Rational betrachtet habe ich im Gegensatz zu gestern nur noch erstaunlich wenig Schmerzen. Ich hinke zwar, aber kann mich unter weniger Schmerzen bewegen als es vor einigen Stunden noch der Fall war. Die Paste die mein Meister aufgetragen hat muss äußerst wirksam sein. Bin ich doch mehr wert für ihn als ich dachte, dass er soviel Aufwand auf meine körperliche Unversehrtheit verwendet? Oder geht es dabei mehr um seine eigenen Bedürfnisse? Höchstwahrscheinlich letzteres, vermute ich mit einer missmutigen Grimasse, unterbinde aber meine Spekulationen als ich höre wie er sich auf den Weg hierher begibt.

Das Bad läuft nach dem mir nun schon bekannten Muster ab, mit dem kleinen Unterschied, dass er mich dieses Mal doch dazu zwingt ihn nach dem Abtrocknen zu befriedigen. Aber damit hatte ich eigentlich auch schon gerechnet. Nicht das es dadurch angenehmer würde, es ist nur nicht mehr überraschend.

Nachdem wir beide angekleidet sind erscheint wie von Zauberhand ein Diener mit einem Tablett. Frühstück für meinen Meister. Ich muss es entgegennehmen und das Gedeck arrangieren. Langsam werde ich besser in diesen Dingen, aber natürlich kritisiert er trotzdem scharf meine Haltung, meine Geschwindigkeit, die falsche Anordnung des Bestecks und noch einiges mehr. Meine Schonfrist bezüglich dieser speziellen Aufgabe scheint weitgehend abgelaufen zu sein, denn als ich, abgelenkt durch die rachsüchtige Vorstellung eines hilflosen Ethin der den Soldaten ausgeliefert wird, zum zweiten Mal versäume rechtzeitig seine Teetasse nachzufüllen, benutzt er das Halsband und ich falle stöhnend auf die Knie.

Ich bin froh als er mich endlich wegschickt damit ich ebenfalls etwas esse, denn meine Konzentration ist heute nicht besonders gut. Das Tablett mit den Überresten seiner Mahlzeit nehme ich mit um es wie befohlen dort im Raum zu dem anderen benutzten Geschirr zu stellen. Auf meinem Weg begegnen mir nur ein paar dahineilende Diener, von denen die meisten genau wie ich ein Tablett tragen, manche noch voll, andere schon wie meins mit dreckigem Geschirr und Resten.

Zwei Personen sind bereits anwesend als ich eintrete. Das rothaarige Mädchen, welches ich noch von damals wiedererkenne und ein kräftiger Junge mit kurzem sandfarbenem Haar. So weit ich sagen kann ist er nicht völlig menschlich, aber welches Blut diese exotischen, silbrig glänzenden Augen verursacht haben mag kann ich nicht einmal vermuten. Beide nicken mir kurz zu bevor sie sich wieder in ihr Gespräch vertiefen. Es geht um Jarlaxle wie mir schon nach einigen Sekunden überraschenderweise klar wird. Er muss wichtiger sein als ich bisher angenommen hatte. Kaum habe ich mich mit meinem Teller und einem Becher Wasser zum Tisch begeben und sehr langsam und vorsichtig hingesetzt fangen sie auch schon an mich auszufragen. Ich bin mir sicher sie wissen um den Grund für mein zögerliches Niederlassen, aber sie erwähnen es mit keiner Silbe, wofür ich dankbar bin.

„Ich habe gehört du warst mit auf der Reise?" Will sie zuerst wissen. Ich nicke nur stumm, aber dies scheint sie nicht zu befriedigen.

„Und?" Fragt sie nach, während der Junge mich mit großen, fragenden Silberaugen ansieht. „Hast du ihn gesehen?"

Es scheint als käme ich um eine ausführlichere Schilderung nicht herum.

„Ja sicher hab ich ihn gesehen. Er scheint recht seltsam zu sein. Der Mensch der ihn begleitet ist sein Liebhaber."

„Weißt du was die beiden hier wollen? Die Meister sind alle völlig aus dem Häuschen vor Aufregung."

Daraufhin kann ich leider nur ratlos mit den Achseln zucken.

„Mein Meister scheint zu denken dass es ihm um Handel geht. Womit genau gehandelt werden soll weiß ich allerdings nicht."

„Tja und wenn du nicht so dämlich wärst, dann wüsstest du, dass das nur eine dumme Geschichte war die er meinem Meister erzählt hat um ihn abzulenken." Unterbricht mich eine kühle Stimme von der Tür her. Ethin! Mein Brot fällt mir aus den plötzlich taub gewordenen Fingern. Wie festgefroren sitze ich auf der schmalen Bank. Natürlich hätte ich damit rechnen müssen ihn früher oder später hier anzutreffen, aber dennoch bin ich völlig unvorbereitet gewesen darauf ihm so früh schon wieder zu begegnen und jetzt hocke ich hier überrumpelt, wie ein Kaninchen im Angesicht des Wolfes.

„Ihr kennt euch?" Fragt das Mädchen, ihren Blick mit einer Mischung aus Vorsicht und Abneigung halb über meine Schulter zur Türe hin gerichtet, als sei der Goldelf ein gefährliches Tier das man immer im Auge behalten muss. Bevor ich etwas erwidern kann sagt er: „Verschwende deine Zeit nicht auf den Lanerys. Er ist ein Schwächling und wird sowieso nicht lange überleben."

„Wenn er sonst so werden würde wie du ist das vielleicht sogar besser!" Entgegnet sie heftig, die Stirn gerunzelt und die vollen Lippen angewidert verzogen.

„Findest du?" Fragt er desinteressiert und betritt nun vollständig den Raum. Ungerührt geht er zum Tisch und fängt an sich einen Teller mit Brot, Käse und Früchten zu beladen. Dann setzt er sich zu meinem Entsetzen direkt neben mich und fängt seelenruhig an zu essen. Eisiges Schweigen hat sich in dem kleinen Raum ausgebreitet, Lanerys und der andere Junge starren ihn von ihrer Seite des Tisches wütend an, aber das alles scheint ihn nicht im geringsten zu stören.

„Hätte nicht gedacht dich schon wieder sitzen zu sehen." Bemerkt Ethin zwischen zwei Bissen. „Meister Shenjal muss ja ein recht großes Bedürfnis nach dir haben wenn er dich so schnell heilt."

Trotz meiner anhaltenden Angst vor ihm knirsche ich vor unterdrückter Wut mit den Zähnen. Sein Bedürfnis ist offenbar nicht so groß dass es ihn davon abhalten würde mich bei Gelegenheit „auszuleihen" denke ich und meine Lippen werden zu einer dünnen Linie. Als er auch noch dreckig grinst fauche ich ihn böse an.

„Kümmer dich um deinen eigenen Dreck!"

Leider hat meine Äußerung nicht den beabsichtigten Effekt und  er lacht mich aus.

„Armer kleiner Junge." Höhnt er. „Habe ich etwa deinen Stolz verletzt? Hat es dir gestern etwa nicht gefallen?"

Als ich daraufhin unfreiwillig erblasse tritt ein hinterhältiges Glitzern in die grünen Augen und er fährt fort: „Wir werden uns noch öfter sehen weißt du? Unsere Meister haben die Gewohnheit sich gegenseitig zu besuchen um Neuigkeiten auszutauschen. Du wirst lernen es zu lieben, danach zu betteln das sie es befehlen!"

Bei seinen letzten Worten kommt er so nah an mich heran, dass ich seinen Atem in meinem Gesicht spüre. Wie Paralysiert bleibe ich sitzen und starre ihn an. Die Vorstellung ist widerlich und am schlimmsten daran ist, dass ich ihm sogar beinahe glaube. Nach den Veränderungen die ich bisher durchgemacht habe ist die Aussicht dass seine Behauptung wahr werden könnte für mich keine Unmöglichkeit mehr. Sein eigener bösartiger Gesichtsausdruck trägt leider viel zu seiner Glaubhaftigkeit bei. Niemals hätte ich normalerweise ein solches Benehmen von einem Goldelfen erwartet.

„Hör auf!"

Der wütende Aufschrei des Jungen reißt mich aus meiner Erstarrung.

„Wenn du schon hier sein musst dann halt wenigstens deinen verdammten Mund und lass uns in Ruhe essen!"

Ethin lächelt kalt, sagt jedoch nichts mehr. Ob es aus plötzlichem Desinteresse oder aus einer Art Respekt vor dem Anderen geschieht kann ich nicht sagen, aber ich bin froh darum und esse so schnell es geht zuende. Das Schweigen hält an und mit einem knappen Nicken verabschiede ich mich schließlich und begebe mich zurück zu den Gemächern meines Meisters.

Während ich später ein weiteres von der scheinbar endlosen Anzahl an Dokumenten abschreibe die sich in diesem Räumen befinden, klopft es an der Tür. Schon an der recht zurückhaltenden Art des Klopfens kann ich erkennen, dass es bestimmt kein Meister ist und mein schneller gewordener Herzschlag beruhigt sich wieder etwas. Daevan, der Lehrling tritt ein. Die Arbeit die er erledigen sollte hat er schon wichtigtuerisch unter dem Arm, aber sie bleibt vorerst unbeachtet auf dem Schreibtisch liegen. Die heutigen Übungen sollen wohl eher praktischer Natur sein: Der junge Drow muss versuchen eine kleine Flamme in einem Schutzkreis heraufzubeschwören. Neugierig schaue ich aus dem Augenwinkel zu wie mein Meister den Spruch demonstriert. Eine Flamme beschwören zu können wäre bestimmt eine praktische Fähigkeit auf Reisen denke ich neidisch und erinnere mich an die mühsame Prozedur die nötig ist um ein Feuer mit leicht feuchtem Holz zustande zu bringen. Mit recht verbissenem Gesichtsausdruck amt Daevan die deutende Handbewegung nach und sagt das Kommandowort.

„Shas." Hallt seine Stimme befehlend durch den Raum. Nichts passiert. Mein Meister scheint nicht besonders überrascht und setzt mit resigniertem Gesichtsausdruck zu einer Erklärung an.

„Es geht nicht um das Wort alleine." Sagt er in einem Tonfall der klar macht, dass dies eigentlich Allgemeinwissen sein sollte. „Du musst den Strom der Magie fühlen und ihn formen und leiten um ihm die Form zu geben die er haben soll. Stelle dir genau vor was du sehen willst. Schau diesmal genau hin, ich zeige es dir noch einmal."

Daevan sieht etwas zweifelnd aus. Scheinbar hat er keine Ahnung worum es geht. Ich versuche, noch neugieriger geworden bei der nächsten Demonstration diesen angeblichen Strom zu sehen und wirklich, jetzt wo ich mit Konzentration den Vorgang beobachte meine ich etwas wie einen fast unmerklichen Luftzug und ein sehr schwaches Flimmern in der Luft wahrzunehmen kurz bevor die Flamme erscheint. Wieso ist mir das früher nie aufgefallen? Ob ich dieses Flimmern auch wahrnehmen könnte wenn ich die Kommandos für die Badewanne benutze? Am liebsten würde ich sofort aufspringen und meine Theorie überprüfen.

Mein Meister muss meine plötzliche Unruhe bemerkt haben, denn er schaut auf einmal scharf zu mir herüber.

„Du hast es gesehen?" Fragt er knapp. Ich nicke erschrocken und befürchte schon er wird mich bestrafen, weil ich mich von meiner Aufgabe habe ablenken lassen, aber er wendet sich schon wieder ab und wirft seinem Schüler nur einen ungeduldig fragenden Blick zu. Daevan macht eine leicht unkoordinierte Kopfbewegung die man mit gutem Willen als Nicken deuten kann und versucht es erneut. Ich bemühe mich meine Aufmerksamkeit wieder dem Text zuzuwenden, kann aber nicht umhin mich zu fragen, ob ich diese Aufgabe nicht besser meistern würde als er.

Nach dem sechsten Versuch schafft er es ein kurz aufflackerndes Flämmchen zu erzeugen, was scheinbar genug ist, denn daraufhin nimmt sich mein Meister seinen Text vor während sein Schüler kurzerhand einen Kasten voll mit staubigen Glasflaschen ausgehändigt bekommt, die er in der Zwischenzeit reinigen soll.

Heute scheint ein Putztag zu sein, denn kaum bin ich mit dem Abschreiben fertig bekomme ich ebenfalls einen Lappen in die Hand gedrückt, mit der Anweisung eines der vielen Bücherregale abzuwischen, wozu ich natürlich jedes Buch einzeln herausholen muss. Die Warnung bloß nichts zu beschädigen ist praktisch überflüssig, wird aber dennoch geäußert. Der Staub, der sich hier in Jahrzehnten angesammelt haben muss, bringt mich wiederholt zum Niesen, obwohl ich mein Bestes tue es zu unterdrücken um nicht so viel Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Ich bemerke in mir den vagen Wunsch die Bücher zu lesen, die ich hier so mühsam hin und her bewege, aber ich denke nicht dass ich dazu zukünftig viel Gelegenheit haben werde.

Daevans Geschreibsel scheint nicht befriedigend zu sein und als ich den mürrischen Gesichtsausdruck meines Meisters sehe, mit dem er das Pergament zur Seite legt, tut mir der andere Junge für einen Moment fast leid.

„Was soll das sein?"

Daevan kann offenbar nicht erkennen in welch unangenehmer Stimmung sein Lehrer ist, denn er antwortet gelassen und mit geradezu überlegener Miene: „Das ist die Zusammenfassung die ihr verlangt habt Meister Shenjal."

Ich sehe das zornige Glitzern in den roten Augen meines Herrn als er sich nun erhebt und versuche unauffällig hinter dem Schreibtisch zu verschwinden, indem ich mich nach einem Buch bücke.

„Das da", er deutet auf die Pergamentseiten und fährt dann schneidend fort, „ist die größte Ansammlung an offensichtlichem Unverständnis die ich jemals gesehen habe. Für eine solche Arbeit wäre euch in meiner Heimatstadt wegen eurer Anmaßung die Haut von den Knochen gepeitscht worden."

Der Junge ist praktisch grau vor Schreck. Mit einer derartig beißenden Kritik hatte er wohl nicht gerechnet, aber ich kenne meinen Meister inzwischen gut genug um zu sehen, dass er noch nicht fertig ist.

„Wenn du glaubst mit einer solchen Schlamperei bei mir durchzukommen, dann hast du dich geirrt Junge. Dein Vater mag ja Hohepriester sein, aber nicht mal er würde beim Anblick einer so schlechten Arbeit auf seiner Entscheidung dich zum Magier ausbilden zu lassen bestehen. Du bist eine Gefahr für deine Umwelt. Wenn du mit Magie spielen willst, dann geh gefälligst und tu es wo du niemand anderes verletzen kannst, aber wage es ja nie wieder mich mit diesem Mist zu belästigen. Hör gefälligst auf damit meine Zeit zu verschwenden und gib dir mehr Mühe. Sogar mein Sklave kann versteht diese Vorgänge besser als du."

Daevan ist sichtlich wütend. Er beherrscht sich jedoch, senkt schließlich den Kopf und murmelt: „Es tut mir leid Meister Shenjal. Ich werde mir mehr Mühe geben."

„Das hoffe ich für dich." Zischt sein Lehrer ihn an. „Ich werde jetzt ein Buch holen gehen, so lange gebe ich dir Zeit die Fehler auf der ersten Seite zu berichtigen. Sollte ich nicht zufrieden sein mit dem was du produzierst wird dir das sehr leid tun."

Und dann verlässt er uns mit wehender Robe und unter leisem, wütendem Murmeln. Daevan starrt ihm ärgerlich nach. Er macht nicht einmal den Versuch seine Fehler selbst zu berichtigen, sondern herrscht stattdessen mich an.

„So, du verstehst das also besser als ich."

Er sieht verbittert aus und diese Verbitterung gepaart  mit der momentanen Wut wird mir wahrscheinlich nicht sehr gut bekommen. Ich sehe schweigend zu wie er um den Schreibtisch herum stapft und wehre mich nicht als er mich am Kragen packt und schüttelt. Es ist eigentlich lächerlich, wir sind zwar beide etwa im selben Alter, doch ich bin fast eine Handbreit größer als er und trotzdem: Er ist Drow und ich der Sklave, also muss ich mich fügen.

„Wenn du es so viel besser verstehst", zischt er mich an, „dann kannst du bestimmt auch die Fehler beheben. Schließlich kennst du ihn ja sehr viel besser als ich und weißt was er mag."

Die Verachtung in seinem letzten Satz verärgert mich weniger als ich erwartet hätte. Ob ich mich inzwischen sogar daran gewöhne?

„Ihr wollt dass ich euren Text berichtige?" Frage ich überrascht. Seine einzige Antwort besteht aus einem harten Stoß in Richtung des Pergaments. Für einen Moment erwäge ich ihn zu warnen, ihm zu erzählen dass sein Manöver nicht unbemerkt bleiben wird, aber wieso sollte ich frage ich mich dann. Lass ihn doch ins offene Messer rennen. Er hat es nicht besser verdient und ich will mehr wissen über diese Magie. Wenn mein Meister entscheidet ihn zu bestrafen ist das nicht meine Schuld. Ich werfe einen ersten Blick auf seine Aufgabe.

„Die Magie des Feuers hat eine sehr ausgeprägte eigentümliche Schwingung, die der des Wassers entgegengesetzt ist."

Bereits dieser erste Satz verleitet mich zu Spekulationen. Würde also das Kommandowort welches das Badewasser erscheinen lässt eine andere Erscheinung hervorrufen? Würde es sich anders anfühlen? Meine Neugierde ist gepackt und fast ohne es zu merken bin ich bereits am Ende der ersten Seite angelangt. Ein paar logische Fehler fallen mir schon jetzt auf. Schnell berichtige ich sie soweit es mir möglich ist ohne selbst das Buch gelesen zu haben und versuche dabei Daevans wackelige Schrift so gut es geht nachzuahmen. Kaum bin ich fertig entreißt er mir hastig das Pergament und überfliegt die Verbesserungen. Missmutig presst er die Lippen aufeinander. Ist er neidisch? Ich weiß es nicht genau, aber wenn mir diese paar Dinge so offensichtlich erschienen sind die er falsch gemacht hat ohne es zu merken, ist es vielleicht wirklich besser er wendet sich anderen Dingen zu und beendet diese Ausbildung. Ich denke kaum dass er viel Erfolg haben wird.

„Geh zurück an deine Arbeit Sklave." Befiehlt er mir barsch, sobald er sich versichert hat, dass alles zu seiner Zufriedenheit ausgefallen ist. Ich gehorche stumm und nehme meine Putztätigkeit wieder auf. Ich bin mir beinahe sicher, dass sein Betrug nicht unentdeckt bleiben wird, aber zu meiner grenzenlosen Überraschung liest mein Meister nur einmal schnell und Kommentarlos über die berichtigte Seite, bevor er seinen Schüler mit der knappen Anweisung auch den Rest noch einmal zu überarbeiten und einen weiteren Aufsatz zu den möglichen  negativen Auswirkungen und Gefahren dieser Art von Magie vorzubereiten wegschickt. Daevan wirft mir noch einen letzten triumphierenden Blick zu und verschwindet dann, vermutlich um seine Aufgaben zu erledigen. Ich bekomme auf der Stelle ein sehr ungutes Gefühl und lasse fast das dicke, ledergebundene Buch fallen welches ich gerade zurück an seinen Platz stellen wollte. Wenn er nicht bestraft wird, bin dann stattdessen ich derjenige der den Unmut meines Meisters zu spüren bekommt? Er hat bereits wieder dieses raubtierhafte Lächeln auf den Lippen, das ich inzwischen zu fürchten gelernt habe. Verzagt lasse ich den Lappen sinken.

„Bist du etwa schon fertig?" Will er wissen, woraufhin ich natürlich schnell den Kopf schüttle und wieder anfange zu wischen. Ich würde ewig weiter wischen wenn ich wüsste dass mir dann eine Bestrafung erspart bliebe. Leider ist mir diese Möglichkeit jedoch verwehrt und nach einer Stunde muss ich erkennen, dass dieses Regal nun so sauber ist wie es nur jemals werden kann. Ich atme noch ein letztes Mal tief den beruhigenden Duft von altem Leder und Pergament ein bevor ich mich herumdrehe um dem lauernden Blick meines Meisters zu begegnen. Er lächelt noch immer auf diese bedrohliche Weise und ich versuche instinktiv einen Schritt zurückzuweichen, werde jedoch von den scharfen Kanten der verschiedenen Buchrücken gestoppt, die sich mir augenblicklich in den Rücken bohren.

„Du hast ihm geholfen Häschen?"

Eine harmlose Frage eigentlich, doch ein kalter Schauer läuft mir den Rücken hinunter.

„Er hat mir b-befohlen u-und ich d-dachte…ihr hattet nicht…."

Ich verstumme und winde mich unter diesem schrecklich intensiven Blick.

„Ich wollte nicht ungehorsam sein Herr." Erkläre ich schließlich, nachdem ich mich soweit in Gewalt habe, dass ich wieder einen zwar kläglichen, aber wenigstens zusammenhängenden Satz herausbringe.

„Komm her." Befiehlt er leise. Ich gehorche augenblicklich und knie vor ihm nieder, den Wischlappen noch in der zittrigen Hand. Obwohl ich die Bewegung sehe, muss ich mich beherrschen nicht zurückzuweichen als er seine Hand auf meine Schulter legt.

„Weißt du eigentlich was für Probleme du mir verursachst?"

Sein Daumen streicht nun sacht die zarte Haut meines Halses entlang und meine schon fast automatische körperliche Reaktion macht mir meine große Verletzlichkeit nur noch mehr bewusst. Ich hätte fast nicht erwartet nach den gestrigen Ereignissen durch seine Berührung Erregung zu erfahren, aber mein Körper scheint anders zu reagieren als ich es von ihm erwarte und ich lehne mich fast unmerklich diesem so täuschend zärtlichen Kontakt entgegen.

„Nein Herr." Antworte ich fast im Flüsterton.

„Es ist so frustrierend." Sagt er unvermittelt über meinen Kopf hinweg, als wäre noch jemand im Raum dem er seine Gedanken darlegen würde, aber immer noch in einem Ton der eher auf Resignation als auf wirklichen Ärger hindeutet.

„Einen Schüler zu haben der so hoffnungslos untalentiert ist… und dann du; der Sklave. Eigentlich nur dazu da hübsch auszusehen und körperliche Bedürfnisse zu befriedigen, aber mit einem magischen Talent wie ich es schon seit Jahrhunderten nicht mehr gesehen habe."

Er seufzt. Zu diesem Zeitpunk verstehe ich seine Unzufriedenheit noch nicht, aber im Moment habe ich auch die wahre Schönheit der Magie noch nicht erfahren. Die Befriedigung die den Magier nach einem erfolgreich ausgeführten Spruch durchströmen kann, den harmonischen Fluss der Kräfte und die prickelnde Energie. Magie ist nicht wie die Drow, sie folgt nur ihren eigenen Gesetzen, macht keine Pläne dich zu betrügen sobald du ihr den Rücken zudrehst, sondern schert sich nicht darum ob du da bist oder nicht.

Im Moment will ich jedoch nur verhindern dass er unzufrieden mit mir ist.

„Es tut mir leid Herr."

Ich neige demütig den Kopf bis meine Stirn seine Knie berührt.

„Was wünscht ihr das ich dagegen tue Herr?"

Auf das ehrlich erheiterte Lachen das dieser Frage folgt bin ich nicht wirklich vorbereitet. Überrascht schaue ich auf und bin erstaunt als mir auffällt wie unschuldig er aussehen kann. Das ist das erste Mal dass ich ein Lachen von ihm höre und sehe das keinen boshaften Unterton hat. Es zeigt mir eine völlig unerwartete Seite an ihm, von der ich nicht wirklich weiß wie ich sie einordnen soll.

„Du kannst nichts dagegen tun." Erklärt er dann und damit ist der kurze Augenblick vorbei, fast als hätte es ihn nie gegeben. Die normale kühle Berechnung ist wieder da wo nur Sekunden vorher dieser völlig andere Ausdruck war.

„Talent hat man oder eben nicht Dummkopf."

„Es tut mir leid Herr." Wiederhole ich. Er grinst nur. Dieses spezielle Grinsen kenne ich schon und weiß was jetzt folgen wird.

„Nun ja. Zum Glück ist die Magie nicht dein einziges Talent nicht wahr Häschen."

Damit hakt er einen Finger unter das verhasste Halsband und zieht mich auf seinen Schoß. Der schwache Duft von Lavendel steigt mir wieder in die Nase, eine Erinnerung an das Bad vom Anbruch der Nacht.

Glatte Haut unter meinen Fingerspitzen. Ich konzentriere mich darauf um alles Andere zu verdrängen, damit mich die immer noch vorhandenen Schmerzen nicht ablenken indem sie mich an Ethin und meine tiefe Abscheu gegenüber seinen Berührungen erinnern. Die obersten Verschlüsse der Robe öffnen sich fast wie von selbst. Trotz meiner nicht gerade langen Übung darin Kleidung auf elegante Weise verschwinden zu lassen schaffe ich es irgendwie diese Tätigkeit wie beiläufig einzubinden. Talent habe ich also, denke ich zynisch. Na gut, wenn ich mich schon verachte dann wenigstens für etwas das ich gut kann.

Als wöge ich fast nichts hebt er mich auf einmal hoch und legt mich mehr oder weniger vorsichtig auf den Schreibtisch zwischen Pergamentrollen, Tintenfässer und Federkiele. Wozu er derart viele davon benötigt entzieht sich meinem beschränkten Verständnis, aber vielleicht gönnt er sich ja den Luxus und benutzt mehrere Farben. Irgendetwas Hartes bohrt sich in meine Hüfte und ich überlege unwillkürlich was das wohl sein mag, wage aber nicht mich aufzusetzen um nachzusehen.

Während noch diese unzusammenhängenden Gedankengänge durch meinen Kopf flackern sind seine kühlen Hände schon geschäftig unter den Saum der weichen, dunkelgrünen Tunika geglitten, die ich heute anhabe. Ich überlasse mich den langsamen, träge gleitenden Streicheleinheiten und frage mich wieso ich seine Berührung ertrage, nein sie sogar erregend finde während schon der bloße Gedanke an Ethin Ekel in mir auslöst. Hat er mich bereits so fest an sich gebunden und konditioniert? Diese Möglichkeit löst in mir eine unbestimmte Angst aus. Nichts an mir gehört mehr mir allein, Inneres, Äußeres alles beherrscht er, aber was soll ich denn dagegen tun? Was kann ich tun? Gar nichts!

Ich bin so sehr in diese beunruhigenden Überlegungen verstrickt, dass ich zusätzlich abgelenkt durch seine Zunge an meinem Ohr, fast das zaghafte Klopfen an der Türe überhört hätte. Richtig bewusst wird es mir erst, als er sich mit einem unwilligen Knurren von mir abwendet und ein gereiztes: „Herrein!" Herausbellt.