Disclaimer: Siehe Kapitel 13

A/N: Reviewer responses diesmal am Ende (mal so zur Abwechslung:) und: Nein, mein Computer ist immer noch nicht repariert. Verdammt!


Abmarsch

„Wie viel hast du gehört?" Will er augenblicklich wissen, ohne sich mir auch nur zuzuwenden.

„Ich… nichts von Bedeutung Herr."

Er dreht sich abrupt um und sagt scharf: „Was von Bedeutung ist entscheide ich. Also?"

Bei dieser Art Blick läuft es mir regelmäßig kalt den Rücken runter. Auf einmal bedaure ich meine unüberlegte Handlung. Hätte ich auch nur eine Sekunde lang nachgedacht, wäre ich nie so dumm gewesen zu lauschen. Meine Neugierde verfluchend versuche ich hektisch zusammenzufassen an was ich mich erinnern kann.

„Jemand wird nicht freigegeben und ihr wollt damit nichts zu tun haben Herr."

Er schaut mich nachdenklich an.

„Das ist alles?"

Ich nicke mit so viel Nachdruck wie ich nur aufbringen kann. Sogar in der verhältnismäßig sicheren Entfernung von einigen Metern muss ich mich bewusst darauf konzentrieren nicht ängstlich die Schultern hochzuziehen.

„Ja Herr. Das war alles."

Ich merke dass er sich daraufhin etwas entspannt. Was genau mir diesen Eindruck vermittelt weiß ich nicht, denn äußerlich verändert sich eigentlich gar nichts, aber dennoch bin ich mir so sicher wie ich es bei ihm nur sein kann. Seltsam. Vielleicht gewöhne ich mich doch langsam an dieses bizarre Herr- Sklave Verhältnis.

„Gut. Es gibt Dinge von denen ist es besser wenn du nichts über sie erfährst Evoe."

Und gerade als ich, trotz des unerwarteten Gebrauchs meines Namens, ebenfalls ein wenig ruhiger werde setzt er hinzu: „Es ist zu deinem eigenen Schutz. Wäre doch schade dich töten zu müssen nur weil du zu viel weißt nicht wahr."

Ich hätte eigentlich damit rechnen müssen, aber dennoch werde ich um einige Nuancen blasser bei dieser nüchternen Feststellung. Als hätte er einen simplen Kommentar über das Wetter abgegeben fährt er fort: „Wenn du mit dem Regal fertig bist werden wir sehen was du von der heutigen Stunde behalten hast."

Also doch. Ich schlucke.

„Ja Herr."

Dann wende ich mich wieder dem Wischlappen zu und versuche mich, während der Attacke auf den doch erstaunlich hartnäckigen Staub, daran zu erinnern worum es heute überhaupt ging. Ja da waren natürlich die Kerzen. So viel habe ich noch im Kopf, aber die feineren theoretischeren Überlegungen sind mir, falls es welche gab, wohl hoffnungslos entgangen. Hat er wirklich ernsthaft erwartet dass ich mir durch den dichten Nebel von körperlichen Reizen hindurch noch Gedanken über magische Schwingungen mache? Hätte das jemand anderes in meiner Position geschafft? Ich denke nicht und bin langsam erbost ob dieser Ungerechtigkeit. Immerhin hatte Daevan die Chance sich von den Eindrücken zu distanzieren denen er ausgesetzt war, während ich absolut gar nichts tun konnte außer auszuhalten was in mir hervorgebracht wurde. Höchstwahrscheinlich liegt es einfach nur daran, dass ich der Sklave bin und Daevan der verhätschelte Sohn mit wichtigem Vater. Wütend wische ich weiter. Innerlich bin ich jedoch gespalten. Einerseits fühle ich mich ungerecht behandelt, aber andererseits empfinde ich ein vages Unbehagen, weil der Gehorsam meinem Meister gegenüber bereits so tief in mir verwurzelt ist, dass dieses Anzweifeln seiner Entscheidungen fast schon gegen meine Instinkte geht.

Ich weiß nicht wieso ich so empfinde und mittlerweile bin ich es auch leid darüber nachzugrübeln. Wenn ich es einfach akzeptiere wird meine Existenz hier möglicherweise leichter. Ich frage mich um wen es vorhin ging? Dieser Jemand hat offenbar eine Familie oder wenigstens Freunde die sich genug um ihn sorgen um bereit zu sein jede Menge Gold für sein Wohl springen zu lassen. Ist es einer von den anderen Sklaven? Oh je. Ich zucke leicht zusammen als ich merke in welch gefährliche Richtung meine Gedanken gerade abdriften. Dinge die ich besser nicht weiß und über die ich am besten nie wieder nachdenke. Das Bedürfnis mich schuldbewusst nach meinem Meister umzusehen unterdrücke ich schnell, bevor es mich wieder in Schwierigkeiten bringt.

Letztendlich komme ich heute ausnahmsweise doch einmal glimpflich davon, denn ich schaffe es später fast auf anhieb die richtigen Kerzen zu erwischen, was meinen Meister vorerst zufrieden stellt. Sogar so sehr, dass er mich wirklich noch zum Abendessen schickt.

Diesmal lausche ich vorher an der Tür um nicht aus Versehen doch auf Ethin zu stoßen. Die letzte Begegnung hier hat mir gereicht. Es scheint zwar als wäre dieser Raum eine Art neutrale Zone, aber ich muss ja nicht unbedingt aus nächster Nähe sehen wie weit die Selbstbeherrschung des Goldelfen wirklich reicht. Erleichtert atme ich auf als kein einziger Laut durch das honigfarbene Holz dringt und wage es nun vorsichtig die Klinke herunter zu drücken und durch einen schmalen Spalt zu spähen. Alles leer.

„Was tust du da?"

Erschrocken fahre ich herum und kann mir gerade noch ein überrumpeltes Quietschen verkneifen. Es ist jener silberäugige Junge der Ethin beim letzten Frühstück so angeraunzt hatte.

„Ich äh…n-nichts Besonderes." Ich zucke peinlich berührt mit den Schultern. „Essen. Und du?"

Er grinst.

„Ich auch. Also, lass uns reingehen."

Jetzt erst fällt mir auf, dass ich den Weg blockiere und zu allem Überfluss muss ich natürlich auch noch über die Schwelle stolpern, als ich hastig in den Raum trete. Wundervoll! Schweigend bedienen wir uns am nur noch halbvollen Topf, dessen Inhalt merkwürdig grünlich ist und ein wenig nach Minze riecht. Die einzelnen Bestandteile sind allerdings bis zur völligen Unkenntlichkeit verkocht, so dass ich nur raten kann woraus mein heutiges Mahl eigentlich besteht. Vielleicht Reste die beim Empfang übrig geblieben sind. Nachdem aber meine bisherige Nahrungsaufnahme auf eine Scheibe trockenes Brot beschränkt war, ist mir die genaue Zusammensetzung nicht ganz so wichtig wie sonst.

Der andere Junge macht sich sofort hungrig über seinen Teller her und erspart mir damit die Mühe mich selbst angestrengt zu vornehmer Zurückhaltung zu zwingen. Ich kann deutlich einige rote Striemen auf seinen Armen erkennen, die durch den dünnen Stoff des Gewandes hindurchschimmern, beschließe jedoch nach einigen Sekunden dies zu ignorieren. Ich habe selbst schon genug Probleme.

„Lange nichts gehabt?" Fragt er irgendwann ohne sein eifriges Kauen zu unterbrechen und weil ich den Mund hoffnungslos voll habe antworte ich lediglich mit einem nachdrücklichen Nicken.

„Passiert meistens nach den Empfängen."

Ich wünschte ich hätte so wie er die Kunst des gleichzeitigen Redens und Essens gemeistert, aber wie jeder Normalsterbliche muss ich leider erst herunterschlucken bevor ich mich verständlich machen kann.

„Nach den Empfängen? Gibt es die öfter?"

„Alle paar Monate, aber es werden meist nur höchst ausgesuchte und erlesene Gäste eingeladen."

Er grinst wieder und ich wundere mich unwillkürlich darüber wie er es bloß geschafft hat hier so viel Humor zu bewahren.

„Natürlich kommen die Meister nicht auf den Gedanken du könntest Hunger haben wenn sie selbst gerade ein riesiges Menü verspeist haben." Fährt er fort und verwirrt mich damit.

„Mein Meister weiß sehr genau was ich denke und will", sage ich „es interessiert ihn nur meist nicht sonderlich."

Hat er denn nicht auch ein Halsband so wie meins, das seinem Herrn seine Gedanken offen legt?

„Wirklich? Da widmet er dir aber ganz schön viel Aufmerksamkeit."

Ich schüttle den Kopf und versuche zu erklären.

„Nein. Er weiß einfach was ich denke." Und als ich daraufhin einen verständnislosen silberfarbenen Blick ernte, setze ich hinzu: „Das Halsband verschafft ihm Zugang zu meinem Geist. Er liest meine Gedanken."

Auf das entsetzte: „Er tut was?!" Das meinem Satz folgt bin ich nicht gefasst.

„Deiner nicht?" Frage ich schließlich kleinlaut, als nichts weiter kommt. Ein angewidertes Kopfschütteln.

„Oh." Entgegne ich ziemlich lahm. Bin ich etwa der Einzige hier dem auch noch diese letzte Grenze der Eigenständigkeit genommen wurde? Die Vorstellung ist erschütternd, denn diese Nacktheit, dieses Ausgeliefert sein, sogar in meinem eigenen Kopf, ist mittlerweile fast am schlimmsten für mich. Die Tatsache, dass nicht einmal meine Gedanken mehr mir selbst gehören zwingt mich dazu sie in andere akzeptablere Bahnen zu lenken, wenn ich nicht auch noch dafür bestraft werden will und führt damit natürlich auch nach und nach zu einer Umformung meines inneren Selbst.

„Ich bin übrigens Ciel."

Offenbar hat er beschlossen dieses unangenehme Thema einfach zu ignorieren. Dagegen habe ich überhaupt nichts.

„Evoe."

Ich zögere ein wenig die nächste Frage zu stellen, weil ich mir nicht sicher bin wie sie aufgefasst werden wird, aber letztendlich überwiegt die Neugier.

„Und wer ist dein Meister?"

„Tishé."

Der Name sagt mir nichts und das kann man mir wohl deutlich ansehen, denn Ciel setzt hinzu: „Er ist nicht besonders bekannt, aber er bildet sich ein das würde sich ändern wenn er sich dieselben Annehmlichkeiten gönnt wie zum Beispiel Meister Shenjal. Nicht dass es irgendwen beeindrucken würde. Begabter wird er dadurch auch nicht."

Er zuckt achtlos mit den Schultern und ich erschauere bei der Vorstellung was mein Herr mir antäte wenn ich auf diese Weise über ihn tratschen würde. Es scheint als wären die Unterschiede zwischen den Persönlichkeiten der einzelnen Meister sehr viel größer als mir bis jetzt klar war. Die Tatsache dass sein Meister kaum herausfinden wird was er über ihn denkt trägt wahrscheinlich einiges zu dieser sorglosen Haltung bei.

Letztendlich habe ich nach diesem Gespräch ein ungutes Gefühl, als hätte ich etwas Falsches getan, obwohl ich natürlich kaum für die Ansichten eines Anderen zur Rechenschaft gezogen werden kann.

Ich erfahre allerdings auch, das Jarlaxle und Entreri angeblich bald die Stadt verlassen wollen. Nachdem sie laut Ciel etliche geheime Treffen mit dem Rat hatten gibt dies für viele Anlass zur wilden Spekulation und offensichtlich ist dieser Tishé nicht sehr darum besorgt welche davon seinem Sklaven zu Ohren kommen.

Einige der Geschichten, die er mir fröhlich grinsend erzählt sind schlichtweg absurd, wie zum Beispiel diejenige in der Entreri die Tochter eines Priesters geschwängert haben soll und jetzt bis zur Geburt des Kindes hier verweilen muss, aber andere scheinen recht plausibel. Während der nächsten drei Monate wird sogar mir in meiner vorsichtig aufrechterhaltenen Unwissenheit klar, dass zumindest ein Armeeeinsatz stattfinden wird, denn die geschäftigen Vorbereitungen sind kaum noch zu übersehen. Hunderte von Soldaten und Söldnern die überall in immer größerer Zahl herumlaufen und alle belästigen die ihnen zu nahe kommen, lassen kaum eine andere Vermutung zu. Ich sehe sehr viel mehr von ihnen als mir lieb ist, weil mein Herr, nachdem er es irgendwie geschafft hat seinen hoffnungslosen Lehrling für die Hälfte der Zeit an Meister Essal abzuschieben, nun auch Unterricht vor größeren Klassen gibt, zu dem ich ihn begleiten muss. Wahrscheinlich hat Meister Essals plötzliche Bereitwilligkeit den Schüler zu übernehmen auch etwas mit der Fertigstellung seiner Übersetzung zu tun, aber das ist nur eine Vermutung meinerseits. Offiziell bin ich da Meister Shenjals Bücher und sonstige Unterrichtsmaterialien zu tragen, die er in überraschender Menge für komplizierte Demonstrationen benötigt, aber in Wirklichkeit ist der Hauptzweck meiner Anwesenheit noch immer das Lernen.

Hier ist es schwieriger beim Stoff mitzukommen, denn diese Schüler sind, anders als Daevan, doch recht begabt und ich muss mich sehr anstrengen um alles zu verstehen, vor allem weil ich natürlich keine Fragen stellen kann so wie sie. Die Aussicht auf Bestrafung und Nahrungsentzug bei einem Versagen ist allerdings recht motivierend und schon bald beherrsche ich außer der Feuerbeschwörung noch weitere Zauber. Mein persönlicher Favorit ist ein Schutzwall aus Energie, hinter dem man vor magischen, aber ebenso vor physischen Angriffen verhältnismäßig sicher ist, solange der Gegner nicht einen Weg kennt um ihn außer Kraft zu setzen. Es hat mich zwei Wochen gekostet diesen Spruch zu meistern, doch zu meinem großen Leidwesen ist es mir strikt verboten ihn gegen Ethin einzusetzen. Ich bin ihm zwar glücklicherweise in den letzten Monaten nur zweimal im Vorbeigehen beim Verlassen des Speiseraums begegnet, aber das hat meine Angst vor unserem nächsten richtigen Zusammentreffen nicht im Geringsten gemildert, sondern eigentlich eher noch verstärkt. Manchmal macht mein Herr Andeutungen über eine mögliche Verabredung mit Meister Geryn nur um böse grinsend zuzusehen wie ich daraufhin schlagartig erblasse.

Jarlaxle und sein Mensch haben jedenfalls mittlerweile wirklich endlich die Stadt verlassen und ich hoffe im Stillen dass sie nie mehr zurückkehren werden. Bis jetzt hat mir jede Begegnung mit ihnen nichts als Unglück gebracht. Zuerst die Sache im Stall und dann diese verwünschte Botschaft, die mich auch nur in Probleme gestürzt hat, auf das alles hätte ich liebend gerne verzichtet.

Vom Studium der Magie bin ich manchmal so sehr in Anspruch genommen, das ich sogar fast vergessen kann unter welchen Umständen ich jetzt lebe. Wenn ich mich völlig auf den Fluss der Energie konzentriere wird alles Andere unwichtig. Die Harmonie der Schwingungen geht auf mich über und gestattet mir ein kurzes Luftholen, bevor ich wieder zurück muss in die bedrückende Welt aus Gehorsam und Befehlen. Es ist eigentlich seltsam, dass ich jede Order meines Herrn rückhaltlos akzeptiere während mir dies bei Anderen noch immer Probleme bereitet und ich oft den unwillkürlich in mir aufsteigenden Trotz unterdrücken muss. Ich gestatte mir nicht wirklich über die Gründe meines Verhaltens nachzudenken, denn ich fürchte die Schlussfolgerungen zu denen ich gelangen könnte. Schon nach diesen wenigen Monaten ist es ihm gelungen meine ganze Wahrnehmung, mein Fühlen, mein Sehnen und jedwede Loyalität auf sich zu zentrieren. Ich brauche ihn, soviel habe ich mir bereits mühselig und voller Widerwillen eingestanden. Seine Aufmerksamkeit, seine Berührungen und fast noch mehr seine Zufriedenheit. Dafür würde ich beinahe alles tun und das macht mir wahnsinnige Angst. Was bin ich denn noch ohne ihn? Wäre ich nicht völlig ziellos, völlig hilflos müsste ich diese stetige, kontrollierende Präsenz entbehren, die jetzt mein Leben bestimmt?

Bei diesem Gedanken entschlüpft mir ein leiser Seufzer und ich wende mich ärgerlich wieder dem Text zu, über dem ich jetzt schon seit einigen Stunden brüte. Ich sollte meine Gedanken nicht derart abschweifen lassen, aber ich neige leider etwas dazu wenn ich, wie in diesem Moment, alleine bin und mich zu lange mit trockener Theorie beschäftige. Dummerweise hat mir diese Angewohnheit in der letzten Zeit natürlich nicht unbedingt dabei geholfen meine Konzentrationsfähigkeit auf den von meinem Meister verlangten Stand zu bringen und mir bereits einige unangenehme Tage voll hungriger, endloser Stunden des Lernens beschert.

Heute scheint es jedoch als würde ich früher als geplant erlöst, denn auf einmal erklingt seine Stimme in meinem Kopf.

Komm in die große Halle Häschen und beeil dich. Das hier ist etwas dass du sehen solltest.

Während ich durch die verworrenen Gänge der Schule eile, immer darauf bedacht nicht im Weg zu sein, überlege ich verwirrt was es nur sein könnte dass ich so unbedingt anschauen muss. Normalerweise ist es nicht von großer Bedeutung für mein Leben was sich außerhalb der Klassenzimmer oder des Quartiers meines Herrn abspielt. Die täglichen Intrigen haben mich seiner Meinung nach nicht zu interessieren, obwohl er es toleriert dass ich den anderen Sklaven bei den Mahlzeiten zuhöre wenn sie den neuesten Tratsch austauschen, solange ich mich daran nicht aktiv beteilige.

Je näher ich der großen Halle komme desto schwieriger wird es für mich überhaupt noch einen Schritt zu tun. Die Menge an Leuten, die sich alle in den Kopf gesetzt haben zu scheinen in dieselbe Richtung zu müssen wie ich, erschwert meinen weiteren Weg ungemein und oft muss ich hastig zur Seite springen wenn einer der Meister oder Lehrlinge meinen Pfad kreuzt. Als ich nach einer kleinen Ewigkeit schließlich endlich auf die dicht besetzte Empore gelange die mein Meister zu seinem Standpunkt erkoren hat fürchte ich schon zu spät zu sein, aber er zieht mich nur kommentarlos dicht an seine Seite, so dass ich einen guten Blick durch die riesigen Fenster an der Front der Halle habe.

Was ich sehe lässt mir fast das Blut in den Adern gefrieren. Eine riesige Menge an Soldaten ist dort unten vor dem Schulgebäude aufmarschiert und scheint auf irgendetwas zu warten. Die trotz der großen Anzahl von Individuen unter ihnen herrschende Stille und annährende Bewegungslosigkeit ist äußerst unheimlich und zerrt an meinen Nerven. Wenn ich mir auch nur ansatzweise vorstelle wozu diese Streitmacht fähig sein wird läuft es mir eiskalt den Rücken hinunter. Bereits jetzt hat derjenige auf den sie losgehen werden mein uneingeschränktes Mitleid! Aber wer wird es denn sein? Frage ich mich auf einmal. In all den Klatschgesprächen war niemals die Rede von einem bestimmten Angriffsziel, nur über die allgemeinen Vorbereitungen wurde lang und breit geredet.

Die schwarzen Uniformen werden von den Feenfeuern die rund um den Platz entzündet worden sind kaum angestrahlt, beinahe als würden sie alles Licht schlucken das auf sie fällt. Nur die weißen Haare heben sich ab von diesem Meer aus Schwärze, aber selbst dieser Gegensatz wird gleich darauf aufgehoben, als sie alle wie auf ein stilles Kommando hin die Kapuzen ihrer Unhänge überstreifen. Vielleicht schlucken ihre Kleidungsstücke sogar wirklich das Licht. Ich habe irgendwo etwas von einem derartigen Zauber gelesen, kann mich aber abgelenkt von diesem Anblick im Augenblick nicht so recht daran erinnern. Was wohl als nächstes passieren wird? Wieso sind sie alle hier?

Sie werden durch ein Portal zum Schlachtfeld geschickt.

Kommt die kurze aber erleuchtende Antwort meines Meisters. Natürlich! Unter diesen Vorraussetzungen betrachtet ist es nur logisch sich vor Dab´aschach zu versammeln, wo fast alle Magier dieser Stadt residieren. Die Energie, die in ein solches Portal fließen muss wird bestimmt gewaltig sein und wirklich, ich kann bereits die ersten Wellen spüren. Sie breiten sich aus von dort wo die, überraschend kleine Gruppe von dreizehn Magiern, geführt von Meister Antac, sich um ein Becken voll glühender Kohlen versammelt hat. Trotz meiner anhaltenden Beklemmung spüre ich auch wie bei diesem Anblick eine gewisse Neugierde in mir aufsteigt und ich überlege gespannt wie sie wohl vorgehen werden.

Achte auf die Kohlen Häschen. Sie haben bereits mit der Beschwörung begonnen.

Eine Beschwörung Herr?

Ja. Um ein Portal dieser Größe für einen längeren Zeitraum zu öffnen ist es am einfachsten sich der Kraft eines Dämons zu bedienen.

Während ich gebannt den Vorbereitungen folge gibt mein Meister in meinem Kopf einen stetigen Strom von Kommentaren ab und erklärt was nötig ist um einen Dämon dieser Art zu binden und zu kontrollieren. Doch noch immer beschäftigt mich die Frage gegen wen diese Armee eigentlich kämpfen wird.

Ich bekomme meine Antwort nachdem die ersten Reihen durch das, nach einstündigen Verhandlungen mit dem angerufenen Dämon erschaffene, Portal verschwunden sind und die herrschende Spannung etwas nachlässt, so dass nur eine leicht euphorische Atmosphäre zurückbleibt, wie oft bei beeindruckenden Machtdemonstrationen. In dieser verhältnismäßig gelösten Stimmung fangen die Meister um mich herum an sich auszutauschen, wobei ich feststellen muss, dass ihre Neigung zu Klatsch offenbar nicht weniger ausgeprägt ist als die ihrer Sklaven. Ich fühle mich hier nicht wirklich wohl als einziger Sklave, eingekeilt zwischen all diesen mächtigen Magiern von denen jeder einzelne eine mehr oder weniger ausgeprägte sadistische Ader aufweist. Die Wärme der dicht gedrängten Körper um mich herum ist auf einmal fast erstickend und bringt mich dazu mir sehnlichst zu wünschen ich hätte bereits einen Spruch gelernt mit dem ich mich unsichtbar machen kann, statt mich nur auf gewöhnliche Unauffälligkeit verlassen zu müssen. Ich hoffe nervös dass sie bald mit dem Smalltalk fertig sind und ich endlich hier weg kann.

Schließlich wendet sich das Gespräch jedoch auch dem eigentlichen Ziel des Angriffs zu und ich erfahre, unbeachtet an das Geländer gequetscht, dass diese Soldaten als eine art Söldnerheer ausgeliehen werden, um endlich den bereits seit drei Jahren andauernden Konflikt zwischen zwei verfeindeten Stadtstaaten zu beenden und dass die Loyalität der Kämpfer ein wahrhaft teures Gut ist. Diese Neuigkeiten sind zwar interessant, aber meiner Meinung nach muss man schon ernsthaft verzweifelt sein um sich freiwillig ein ganzes Heer von Drow hinter die eigenen Mauern zu bestellen und auch noch horrende Summen dafür zu bezahlen!

Die Bereitwilligkeit der Drow, dazu die Kampfkraft der eigenen Stadt zeitweilig zu verringern um in eine Auseinandersetzung einzugreifen die hauptsächlich Andere betrifft, wird durch einige Andeutungen plausibler, die mich vermuten lassen, dass offenbar mein eigenes Volk sich kürzlich auf die Seite des einen, bis dahin schwach im Nachteil befindlichen, Stadtstaates geschlagen hat. Falls sie dadurch einen Sieg herbeiführen könnten würde dies höchstwahrscheinlich eine empfindliche Störung des Handels in dieser Gegend bedeuten, denn meine Leute würden so eine Möglichkeit haben ihren entstehenden Einfluss dazu nutzen die, trotz des Krieges noch recht lukrativen, Geschäfte ihrer verhassten schwarzhäutigen Cousins zu untergraben. Da die Möglichkeiten zum Handel für die generell als hochgefährlich und skrupellos angesehenen Drow gewöhnlich eher spärlich gesät sind, hat der Rat natürlich Interesse daran die Situation zum eigenen Vorteil zu wenden und wenn sich dabei die Gelegenheit ergibt zusätzlich noch den eigenen Erzfeind zu treffen ist dies natürlich ein netter Bonus.

Ich selbst weiß in diesem Moment gar nicht genau was ich mir erhoffen soll. Das die Armee der Drow vernichtet wird? Dann hätte ich selbst auch unter den Folgen einer verletzbaren Stadt zu leiden. Aber meinem eigenen Volk den Untergang zu wünschen, dass kann ich einfach nicht. Innerlich völlig zerrissen starre ich sorgenvoll hinunter auf den nun wieder leeren Vorplatz, unfähig mich zu entscheiden.

„Zerbrich dir nicht den Kopf darüber Häschen." Sagt mein Meister auf einmal leise, wobei er von hinten eine Hand auf meine Schulter legt. Ich habe gar nicht bemerkt, wie er sich mir zugewendet hat und schrecke ein wenig zusammen angesichts dieser unerwarteten Aufmerksamkeit.

„Wir sind von diesen Geschehnissen weit entfernt."

Das unausgesprochene „noch" in diesem Satz bilde ich mir vielleicht nur ein, aber es würde zumindest erklären wieso er in letzter Zeit solchen Wert darauf legt mich auf einen möglichen magischen Kampf vorzubereiten und so aus mir Jemanden zu machen der ihm den Rücken freihalten kann ohne dafür eine unbequeme Gegenleistung zu verlangen oder ihn auch einfach nur zu verraten. Äußerst praktisch und sehr typisch.

Ich habe Kämpfe und Gewalt schon immer gehasst, noch sehr viel mehr seit dem Überfall auf meinen Clan und ich hoffe bereits jetzt gegen alle Wahrscheinlichkeit, dass ich niemals in die Situation kommen werde, Dinge wie die Feuerbeschwörung im Ernstfall, vielleicht sogar gegen mein eigenes Volk, einzusetzen. Denn ich weiß dass ich es tun würde sollte er es mir befehlen. Der Gehorsam kommt inzwischen so automatisch, er ist mir sozusagen zur Gewohnheit geworden.

Auf einmal muss ich zurückdenken an jenen Abend, bevor wir zu unserer ersten und bisher einzigen Reise aufgebrochen sind. Damals als er sagte ich sei was immer er mir befehle zu sein und dass ich sogar töten würde für ihn. Es stimmt und ich habe nur den schwachen Trost, dass ich nicht anders kann, nicht wirklich verantwortlich bin für mein Handeln, denn er gibt schließlich die Befehle. Wie sollte ich mich dagegen wehren?


Nariel: Natürlich wirst du das irgendwann erfahren:) Ausnahmsweise weiß ich nämlich mal wenigstens ungefähr was so in den nächsten Kapiteln passieren soll, aber falls du gern ne Vermutung abgeben möchtest um wen es ging kannste das gerne tun. Würd mich freuen zu hören an wen du denkst:)

Petalwing: Soooooo, nachdem ich mich jetzt (mehrere Male) ausgiebig an deinem Review erfreut habe will ich dich natürlich nicht ohne Reaktion lassen.

Als erstes Mal: Wie du magst gar kein Slash??? grins Die (überwiegend) schlechte Qualität in diesem Genre ist mir natürlich auch schon aufgefallen. Schade eigentlich. Hat mich andererseits aber auch zum selber schreiben animiert. Nach der hundersten „Draco liebt Harry" Geschichte wird man doch recht wählerisch und fängt an sich zu fragen ob's nicht auch anders geht.

Ich glaube das Syndrom das du meintest ist das Stockholm Syndrom, aber darüber weiß ich leider auch nicht sehr viel, außer dass die Geisel irgendwann mit ihrem Geiselnehmer sympathisiert. Die Reaktionen schienen mir einfach recht plausibel auf diese Weise.

Eine ordentliche Herzerweichung kann ich Shenjal eigentlich nicht antun ohne ihn als Charakter völlig über den Haufen zu werfen, aber wer weiß, jeder hat ja mal seine schwachen Momente. Wieso nicht auch er?:)

Seifenoper?! Brrrr! Eigentlich hasse ich ja diese Dinger. Verbotene Liebe, Marienhof…. Wenn ich das schon höre krieg ich eine Gänsehaut! Andererseits muss ich ja zugeben, dass du auch Recht hast. Ist eigentlich dasselbe nur in einer anderen Verpackung. Nun denn ich werde mich damit wohl abfinden:) Vielleicht nehmen die mich ja als Drehbuchautorin Springt irre kichernd vom nächsten Hochhaus

Also noch mal abschließend: Danke, danke, danke. sich verbeugt Hab mich sehr gefreut über den ausführlichen Kommentar, besonders weil sich ja nicht so wahnsinnig viele Leute in diese Sparte verirren.