Disclaimer: Siehe letztes Kapitel
A/N: So, bis zum nächsten Kapitel könnte es wieder ein wenig dauern, weil ich demnächst umziehe und wohl erst mal alles einräumen und ordnen muss bevor ich wieder an den Computer kann um da meine Zeit zu vertrödeln.
C
C
Tris: grins ja so würde ich mich auch gern vom Lernen ablenken lassen. Ich muss ja dieses Semester zum Glück nicht. Erst nächstes wieder (grausige Vorstellung brrrr) Hoffe die Schufterei hat sich wenigstens gelohnt bei dir.
Lomion: Ethin kommt zwar diesmal nur sehr kurz einmal am Rande vor, aber ich hoffe du magst dieses Kap trotzdem. Und falls du auch grad lernen musst: Ich drück dir die Daumen:)
Petalwing: Ja der Trank… eigentlich hat er seine Rolle ja schon gespielt indem er zur Entdeckung von Ethins Vergangenheit beigetragen hat, aber vielleicht überleg ich mir ja noch was… man weiß ja nie:)
C
C
C
C
Herr Menar
C
C
Ein paar wenige kostbare Nächte sind mir vergönnt, in denen alles wieder seinen gewohnten Gang zu gehen scheint. Mein Meister geht hauptsächlich seinen Aufgaben als Lehrender nach, ich versuche mich in jeder Hinsicht nützlich zu machen, lerne eifrig alles was er mir vorsetzt und tue mein Bestes um mich abzulenken und nicht mehr weiter an den Zweifeln hinsichtlich des Mordes festzuhalten. Das spurlose Verschwinden der Leiche hilft mir dabei und obwohl ich es besser weiß versuche ich mir manchmal einzureden dass alles sei gar nicht geschehen. Für diese kurze Zeit funktioniert es auch erstaunlich gut. Keine einzige Erwähnung der letzten zwei Wochen trübt die trügerisch ruhige Stimmung. Nicht nachdem mein Meister sich kurz und effizient mit Kaneth's Dokumenten auseinandergesetzt und sie ohne weiteren Kommentar über mein eigenmächtiges Handeln weggeschickt hat. Doch natürlich geht die Erholungspause viel zu schnell vorbei und die unbarmherzige Wirklichkeit der Außenwelt dringt unaufhaltsam wieder in die abgeschlossene Umgebung der Magierquartiere vor.
Als mein Herr mir eines Abends nach einer weiteren Ratssitzung eröffnet, dass er schon bald wieder weg muss bin ich kurz davor ihn auf Knien anzuflehen nicht zu gehen und mich wieder alleine zu lassen. Wie sich jedoch gleich darauf herausstellt, werde ich diesmal nicht zurückgelassen, sondern muss ihn begleiten. Eine Neuigkeit, die bei mir zu gleichen Teilen Erleichterung und Angst hervorruft. Einerseits werde ich nicht dazu verdammt sein einsam in diesen Räumen auszuharren, die inzwischen voller schwieriger Erinnerungen sind, aber andererseits muss ich dafür die nicht unbedingt ungefährliche Gesellschaft von einem Haufen Söldnern und Magiern in Kauf nehmen.
Es scheint jedoch als hätte der Rat entschieden, dass ich ebenfalls eine Rolle in den kommenden Plänen zu spielen habe. Auch wenn mein Meister darüber nicht sonderlich glücklich wirkt und kaum etwas zu dem Thema sagen will. Alles was ich zu hören bekomme sind vage Hinweise auf ein Vorhaben, dass offensichtlich mit gefährlichen und hochexplosiven Substanzen zu tun hat. Diese Geheimniskrämerei bin ich zwar bereits von ihm gewöhnt, aber der Mangel an Information zerrt dennoch an meinen Nerven und während ich nach seinen strickten Anweisungen eine schier riesige Menge an Gepäck zusammentrage flackern immer wieder verschiedene schreckliche Visionen der möglichen Absichten des Rats durch meinen Kopf. Jetzt da ich so viel mehr darüber weiß was man mit ein paar harmlos scheinenden Zutaten alles bewirken kann macht die Liste unserer Ausrüstung einen äußerst beunruhigenden Eindruck auf mich. Nicht zuletzt wegen der Tatsache, dass der Trank der Velkyn Ogglin ebenfalls unter den Dingen ist die wir mitnehmen werden.
Sorgsam vermeide ich jeden Gedanken an Ethin's überraschende Herkunft, denn mir ist nur zu gut die Drohung in Erinnerung, die ich von meinem Herrn empfangen habe als die ersten Spekulationen über Artemis Entreris Besuch sich in meinem Kopf breit machten. Je näher der Zeitpunkt unserer Abreise rückt desto schlechter wird die Laune meines Meisters, bis er schließlich am Abend unseres Aufbruches mit einer derart wütenden Miene aus dem Bett steigt, dass ich bereits bei seinem bloßen Anblick blass werde. Das Bad nimmt noch einigermaßen geordnet seinen Gang, obwohl mir danach Hals und Kopfhaut schmerzen, weil er so unbeherrscht war in seinem Drang nach Befriedigung und ich mich nicht schnell genug darauf einstellen konnte. Das Frühstück stellt sich jedoch schon bald als absolutes Desaster heraus.
Zuerst richte ich die Beilagen nicht richtig an, dann ist der Tee zu stark, obwohl das kaum meine Schuld ist, da er schon in der Küche zubereitet wurde und als ich schließlich aus lauter Nervosität auch noch etwas davon verschütte ist es abrupt vorbei mit der Geduld meines Herrn. Ein scharfer Ruck am Halsband und ich liege rücklings über seinen Knien. In diesem Augenblick kann ich nicht einmal um Verzeihung betteln, weil er noch immer derart fest zufasst, dass mir jegliche Luftzufuhr abgeschnitten wird. Ich beherrsche mich zwar insoweit, dass ich nicht in nutzloser Panik nach dem Halsband greife und ihn damit nur noch mehr reize, aber ich bin sicher in meinem Gesicht steht trotzdem nackte Angst.
„Du hast den Tee verschüttet Sklave." Zischt er mit einem gefährlichen Funkeln in den Augen und greift dann, mich immer noch mit einer Hand festhaltend, selbst nach der Kanne. „Ich denke dafür hast du dir eine Strafe verdient. Meinst du nicht?"
Ein entsetztes Röcheln zwängt sich durch meine zusammengequetschte Kehle als mir klar wird was er vorhat. Der Tee wird dank der verzauberten Kanne für etliche Stunden warmgehalten und ist noch immer extrem heiß. Die Aussicht ihn bald direkt auf meiner Haut zu spüren ist etwas dass mich durchaus in Panik versetzt und ich muss alle Selbstbeherrschung aufbringen um nicht anzufangen mich ernsthaft zu wehren, denn ich weiß nur zu gut, dass diese Reaktion meine Situation nur verschlimmern würde. Ich kann jetzt bloß die Zähne zusammenbeißen und versuchen mich von dem Anblick der normalerweise eigentlich harmlosen Teekanne abzuwenden, die gerade so gefährlich nah über meinem linken Oberschenkel schwebt.
Luftmangel und Angst lassen mich schwindeln, aber im Moment kann ich ohnehin nicht fallen, denn die Knie meines Meisters bohren sich noch immer unnachgiebig in meinen Rücken. Zu wissen was kommt macht Selbstbeherrschung zu einer fast unmöglichen Aufgabe und trotz der beinahe schon regelmäßigen Bestrafungen denen ich ausgesetzt bin, fürchte und verabscheue ich Schmerzen nach wie vor.
In dem Augenblick, in dem die schrecklich heiße Flüssigkeit meinen Körper trifft löst sich der Griff um das Halsband, was ich als indirekte Erlaubnis zu schreien auffasse und auch sofort in die Tat umsetze. Das Gefühl etwas fräße sich gerade durch meine Haut ist schrecklich und ich biege verzweifelt zuckend den Rücken durch um gegen den unwiderstehlichen Drang anzukämpfen sofort aufzuspringen und zu fliehen. Auch als die Kanne längst wieder auf dem Tisch steht kann ich vor unterdrücktem Schmerz nur keuchend und durch zusammengebissene Zähne atmen, während mein Meister mit finsterer Miene zusieht, denn natürlich wird die grausame Hitze durch den Stoff meiner Hose auch weiterhin direkt auf meine Haut geleitet. Anders als beim Gebrauch des Halsbandes bleibt mir der pochende Schmerz diesmal wohl für lange Zeit erhalten.
„Bitte verzeiht meine Ungeschicklichkeit Herr." Quetsche ich so beherrscht wie möglich hervor. „Ich werde das sofort beseitigen."
Damit meine ich den Tee, der von meinem entflammten Bein noch immer auf den Boden tropft und sich dort in einer kleinen, braunen Pfütze sammelt.
„Mach schnell." Murrt er mich an. „Sonst kommen wir nicht rechtzeitig los."
So entlassen hinke ich los um schnellstens die heiße, teedurchtränkte Hose loszuwerden und einen Lappen zu besorgen, während mein Meister, mit einem immer noch mürrischen Zug um den Mund, weiter frühstückt. Am Ende bleibt mir nach dieser kleinen Entgleisung natürlich nicht mehr genug Zeit um selbst noch etwas zu mir zu nehmen und ich muss mich mit einer übrig gebliebenen Orange begnügen. Ich hasse Orangen, aber es ist besser als gar nichts.
Als ich mit unserem Gepäck beladen meinem Meister durch die belebte Schule hinterhereile, fühle ich wie der Stoff meiner frischen Hose unangenehm über die verbrühte Haut reibt. Für einen Verband oder auch nur Salbe war ebenfalls keine Zeit mehr. Ich hoffe nur dass sich nicht auch noch Blasen bilden werden und beiße die Zähne zusammen um das unaufhörliche Brennen und Pochen ohne Stöhnen zu ertragen.
Das wir heute nicht die Einzigen sind die aufbrechen wird mir erst bewusst als wir bereits an dem semipermanenten Portal anlangen, das die Magier aus praktischen Gründen gerade außerhalb der Stadtmauern errichtet haben. Die Armee benötigt regelmäßig Nachschub und dies ist der schnellste und effizienteste Weg zu garantieren, dass für alles gesorgt ist. Im Gegensatz zu der riesigen Konstruktion durch welche die ursprüngliche Armee die Stadt verließ ist dieses Portal geradezu lächerlich winzig, kaum mehr als ein einzelner, beladener Wagen passt hindurch. Doch für die täglichen Bedürfnisse scheint es vollkommen auszureichen. Alles Größere wäre natürlich auch ein nicht zu tolerierendes Sicherheitsrisiko für die paranoiden Drow.
Zu meiner Überraschung sind sowohl Meister Essal als auch Ciels Herr, Meister Tishé anwesend. Letzteren habe ich zwar noch nie zuvor gesehen, aber mein Meister begrüßt ihn unter diesem Namen und bestätigt den Verdacht, den ich aufgrund von Ciels Beschreibung sowieso schon gehegt hatte. Während Essal jedoch in Begleitung eines mir unbekannten und offensichtlich noch sehr unerfahrenen, elfischen Sklaven erschienen ist, kann ich von Ciel nicht die geringste Spur entdecken. Leicht beunruhigt wegen dieser unerklärten Abwesenheit mustere ich meinen Leidensgefährten. Er ist offensichtlich äußerst angespannt. Schon die kleinste Bewegung seines Herrn reicht aus damit er erschrocken zusammenzuckt und die steifen, leicht unbeholfenen Bewegungen lassen auf eine nicht sehr lange zurückliegende Strafe schließen.
Seine Haut ist blass als wäre er schon lange nicht mehr im Freien gewesen und ich kann sehen wie er im kühlen Wind des Abends erschauert. Er ist wahrscheinlich älter als ich, so wie die meisten hier, doch im Moment spricht aus den großen, hellblauen Augen nur eine konstante alles beherrschende Panik, der sich alles andere unterordnen muss. Seine schulterlangen, honigfarbenen Haare sind anders als meine streng zurückgekämmt und werden von einem dunklen Lederband an ihrem Platz gehalten. An einem der schlanken Handgelenke entdecke ich auf den zweiten Blick dunkle Blutergüsse, die mich um ein Haar zu einer unbeherrschten Grimasse des Mitgefühls veranlassen.
Es überrascht mich gar nicht, dass er so verängstigt ist. Meister Essal hat schon seit langem den Ruf seine Sklaven extrem schnell und skrupellos zu brechen. Unter seinem forschenden, alles sezierenden Blick läuft mir regelmäßig selbst ein eisiger Schauer den Rücken hinunter, obwohl ich ihm nach seiner Bitte um die Übersetzung des gnomischen Textes nur selten begegnet bin und er seitdem keinerlei Interesse mehr an mir gezeigt hat. Allein der Gedanke, dass sich das jetzt ändern könnte lässt mich innerlich angstvoll erzittern.
Zunächst bleibe ich jedoch von unangenehmer Aufmerksamkeit verschont, denn die anderen Magier scheinen bereits ungeduldig auf uns gewartet zu haben und drängen auf einen schnellen Aufbruch. Wie immer hat mein Meister es also geschafft sich zu verspäten. Ich habe inzwischen aufgehört die Gelegenheiten zu zählen bei denen wir zu spät erschienen sind und unter den ärgerlichen Blicken aller Anwesenden einen Raum betreten mussten. Meinem Meister scheint es jedoch nie etwas auszumachen dass sich der generelle Unmut auf ihn richtet. Im Gegenteil, manchmal bin ich versucht anzunehmen, dass er sich heimlich darüber amüsiert und die Situation mit voller Absicht herbeiführt.
Die letzten Sonnenstrahlen tauchen die Szene in seltsam farbloses Licht, als die rotglühende Scheibe hinter den Horizont sinkt und wir schließlich zusammen mit einem kleinen Tross von Soldaten und einem Versorgungswagen durch das dunkle Portal schreiten. Auf der anderen Seite herrscht hektische Aktivität. Es wimmelt nur so von aufgeregt hin und her eilenden Menschen und Drowsöldnern.
Es sieht aus als wäre den Menschen die Errichtung eines Portals direkt innerhalb der Mauern ihrer Stadt recht gewesen, eine Einstellung die bei mir nur Ungläubiges Staunen hervorruft. Wie kann man nur so leichtsinnig sein? Für einige Augenblicke bin ich überwältigt von der schieren Fülle an Lauten und Gerüchen die mir hier entgegenschlägt. Wenn sie auch nicht wirklich leise zu nennen ist, in der Stadt der Dunkelelfen herrschte doch ein viel gedämpfterer Geräuschpegel als hier, wo man einen unentrinnbaren, allgegenwärtigen Hintergrund von Stimmengewirr, Gehämmer und Pferdewiehern ertragen muss. Wenn es schon abends derart laut ist hier, wie wird dann erst der Tag sein?
Beeindruckt Häschen? Will mein Meister amüsiert wissen. Schau sie dir nur gut an. Viele von ihnen könnten schon bald tot sein.
Eingeschüchtert senke ich den Blick. Dieser stille Kommentar lässt mich ungewollt wieder an Ainwe denken. Hat er ebenfalls einige Zeit in einer solchen Stadt verbracht bevor man ihn gefangen nahm? Schnell schlucke ich die wieder aufkommende Schuld herunter. Ich habe getan was mein Herr befahl und ich habe ihn damit zufrieden gestellt, das ist alles was zählt! Alles was je zählen wird.
Aus der verworrenen Menge von herumeilenden Personen kommt schon bald ein bulliger, schwarzhaariger Mann auf uns zu, der seiner Uniform nach zu urteilen wohl einen relativ hohen Rang in der menschlichen Militärriege habe muss. Er begrüßt die Drowmagier mit höchstem Respekt und schlecht verborgenem Misstrauen. Wenigstens er scheint also einen Anflug von Vernunft zu beweisen. Obwohl er uns alle um mindestens einen Kopf überragt macht er einen leicht unterwürfigen Eindruck, als fürchte er ein falsches Wort könnte die Anwesenden gegen ihn aufbringen. Eine Vermutung die ich nach meinen eigenen Erfahrungen nur zu gut verstehen kann. Auch als Verbündete sind die Drow nicht unbedingt angenehm oder vertrauenswürdig.
Über schlammige, schlecht angelegte Straßen, die sich scheinbar ziellos durch ein ungeordnetes und völlig überfülltes Häuserdickicht winden, gelangen wir unter seiner Führung schließlich zu einem großen Gebäude aus roten Ziegeln, dass früher in friedlicheren Zeiten einmal eine private Behausung mit angrenzendem Lager gewesen sein muss. Jetzt ist es jedoch ganz offensichtlich von der Obrigkeit vereinnahmt worden um uns als Quartier zu dienen. Uns und noch einigen anderen, wie mir klar wird als eine Gruppe von etwa zwanzig aufgeregt diskutierenden Menschen aus der breiten Tür quillt.
Mein Meister mustert das eigentlich recht einladende Haus mit skeptischem Blick und ich frage mich ob er früher bereits hier gewesen ist. Angesichts seiner mussmutigen Miene bereite ich mich mit innerlicher Resignation auf eine anstrengende Zeit vor. Der Soldat winkt mit herrischer Geste einen verschreckt blickenden Jungen heran und befiehlt ihm uns zu unserem Zimmer zu geleiten. Als ich begreife, dass wir wirklich alle im selben Raum wohnen werden muss ich einen spontanen Schauer unterdrücken. Die Aussicht in Gegenwart von Meister Essal die Augen zu schließen und zu schlafen verursacht mir bereits jetzt eine nervöse Anspannung, die mich zusammenfahren lässt als mein Meister mich anspricht.
„Richte alles her und dann warte bis wir zurückkehren." Befiehlt er knapp und verschwindet, nach einem letzten angewiderten Blick zusammen mit seinen beiden Kollegen. Vermutlich um weitere Details ihres Auftrags zu besprechen. Ich bleibe mit dem inzwischen haltlos zitternden Nervenbündel von Meister Essal in dem kahlen Raum allein zurück.
Der andere Elf scheint äußerst mitgenommen von den überwältigenden Eindrücken die hier auf ihn einströmen und ich habe den dunklen Verdacht, dass er erst vor sehr kurzer Zeit aus einer längeren Phase der Isolation geholt wurde. Eine grausam effektive Technik um sich einen Sklaven gefügig zu machen. Nach Wochen allein in Dunkelheit würden die Meisten fast alles für Kontakt zu einem anderen Lebewesen tun. Selbst wenn dieses Lebewesen der harte und sadistische Drow ist der die Einsamkeit erst befohlen hat. Ich beschließe den Anderen für den Augenblick in Ruhe zu lassen, bis er sich wieder ein wenig beruhigt hat. In diesem Zustand ist er mir ohnehin kaum eine Hilfe.
Etwas ratlos stehe ich vor den drei schmalen Betten. Welches soll ich vorbereiten? Oder erstreckte sich die Anweisung auch auf die anderen beiden? Das Zimmer ist nicht sehr groß und bietet kaum genug Platz für die drei Betten und die beiden großen Schränke die hineingequetscht worden sind. Wenn wir wirklich alle fünf hier eingepfercht werden sollten, dann verstehe ich den missmutigen Blick meines Meisters. Der Mangel an Privatsphäre wird wahrscheinlich alle Beteiligten in gereizte Stimmung versetzen, etwas dass ich weder bei meinem eigenen Herrn und schon gar nicht bei Meister Essal als gute Vorraussetzung für meine körperliche Unversehrtheit ansehe. Soweit ich Ciel verstanden habe ist sein Meister recht umgänglich, aber ich bin mir sicher auch er hat seine Limits.
Schlecht gelaunt mache ich mich daran unsere Schlafstätten zu inspizieren. Wenn ich jetzt auch noch Läuse oder Wanzen entdecke, dann kann ich mich gleich aus dem nächsten Fenster stürzen, weil ich es nie schaffen werde das Ungeziefer rechtzeitig zu beseitigen. Glücklicherweise finde ich nur raue, aber ansonsten saubere und unbewohnte Leinenbezüge vor. Gerade als ich mich endlich dem Gepäck zuwenden will fühle ich den Blick des anderen Sklaven im Nacken. Für den Moment scheint er sich wieder einigermaßen beruhigt zu haben, stelle ich erleichtert fest. Zumindest macht er nicht mehr den Eindruck beim kleinsten Geräusch sofort fliehen zu wollen.
„Hilfst du mir?" Frage ich leise und vorsichtig um herauszufinden ob mein Gefühl mich nicht doch getäuscht hat. Er zuckt zwar zunächst zusammen, nickt aber schließlich und macht einen zögerlichen Schritt in Richtung des Gepäcks seines Meisters. Eine Weile arbeiten wir schweigend nebeneinander her und versuchen alles Wichtige leicht zugänglich in den Schränken zu verstauen. Schnell wird mir klar, dass der Platz nicht einmal ansatzweise ausreicht. Allein die Menge an Büchern die mein Meister mitgebracht hat würde an sich beinahe ein Drittel des vorhandenen Stauraums einnehmen und selbst wenn ich nur die wichtigsten auspacke bleibt immer noch die riesige Menge an anderer Ausrüstung übrig. Mit einem Seufzer trete ich einen Schritt zurück. Wie kann ich es nur schaffen alles ordentlich zu sortieren? Nachdem ich schon so lange in seinen Räumen Ordnung halte, habe ich eine recht sichere Vorstellung von den Ansprüchen meines Meisters in Punkto Verfügbarkeit seiner Arbeitsmaterialien und ich weiß ganz genau: Dies hier wird ihn garantiert zum Wahnsinn treiben.
Während ich noch mit finsterem Blick den Schrank anstarre und darüber nachgrüble wie ich es anstellen könnte, höre ich auf einmal ein verzweifeltes Schluchzen neben mir.
„Es passt nicht!" Heult mein Gefährte und ich kann deutlich sehen, dass er fast am Ende seiner Belastbarkeit angelangt ist, angesichts der Vorstellung seiner Aufgabe nicht gerecht zu werden. Was hat sich der Meister nur dabei gedacht einen derart verstörten Sklaven mitzubringen? Wundervoll! Jetzt muss ich ihn erst beruhigen bevor ich eine Lösung finden kann. Die frische Erinnerung an den Preis für Versagen brennt noch immer auf meinem Oberschenkel und macht mich ungeduldig. Was wir jetzt brauchen sind keine Tränen sondern eine Lösung!
„Wie heißt du?" Frage ich leise, aber bestimmt in dem Versuch ihn irgendwie abzulenken.
„Ddder Hhherr sagt ich verdiene noch keinen Namen." Schluchzt er und wird noch ein wenig blasser um schon fast im Flüsterton fortzufahren: „Aaa…aber manchmal nennt er mich Ssinjin."
Ich verziehe unbehaglich das Gesicht als ich dies höre. Ssinjin ist Drow und soweit ich weiß bedeutet es süß oder etwas in dieser Richtung. Meine Kenntnisse dieser Sprache sind noch nicht gut genug um mir völlig sicher zu sein. Ich habe jedenfalls nicht die Absicht diese Bezeichnung zu benutzen.
„Also gut." Sage ich in dem beruhigendsten Tonfall der mir in diesem Moment möglich ist. „Ich weiß was wir tun. Du bleibst hier und ich gehe und frage nach einem zusätzlichen Raum für die Ausrüstung."
„NEIN!"
Augenblicklich klammert er sich voller Entsetzen so sehr an meinem Arm fest, dass ich sicher bin davon blaue Flecken zu bekommen.
„Lass mich nicht alleine, bitte!" Fleht er mit entsetzt aufgerissenen Augen. Also hatte ich wohl recht mit meiner Vermutung was seine Isolation betrifft.
„Ja, ja ist ja gut!" Versuche ich ihn zu beschwichtigen. „Ich gehe nicht weg. Beruhige dich."
Für einen Augenblick überlege ich ihm über den Rücken zu streichen, verwerfe diese Idee jedoch schnell wieder, denn ich weiß schließlich nicht ob er dort Verletzungen hat.
„Wir gehen zusammen ja?" Schlage ich vor und bin erleichtert als er daraufhin endlich zögernd meinen Arm freigibt.
„Zusammen… ja natürlich. Zusammen." Murmelt er zerstreut und versucht offensichtlich mit aller Gewalt sich wieder unter Kontrolle zu bekommen, etwas wofür ich ihm äußerst dankbar bin. Nach einigen tiefen Atemzügen scheint er mehr oder weniger bereit zum Aufbruch, auch wenn seine Beherrschung bestenfalls fragil zu nennen ist. Wir habe jedoch keine Zeit zu verlieren und so ziehe ich ihn einfach mit mir. Jetzt muss ich nur noch jemanden finden, der hier die nötige Entscheidungsgewalt besitzt und bereit ist mir zuzuhören.
Bereits auf dem Gang kann ich die lauten Stimmen hören, die von unten heraufschallen. Eine große Gruppe Menschen scheint sich dort versammelt zu haben und dem Geruch nach ihr Abendliches Mahl einzunehmen. Der Gedanke an Essen lässt augenblicklich meinen leeren Magen knurren. Ich erinnere mich an die armselige Orange in meiner Tasche, die ich immer noch nicht verzehrt habe. Vielleicht kann ich ja einen Raum organisieren und gleichzeitig noch etwas zu Essen für uns beide herausschlagen. Mein namenloser Gefährte sieht aus als könnte er es ebenfalls brauchen.
„Komm." Murmle ich ihm leise zu und ziehe ihn hinter mir her den Stimmen entgegen. „Aber sei vorsichtig."
Mir ist nicht ganz wohl bei dieser Unternehmung, denn ich habe keine Ahnung wie die Menschen auf uns reagieren werden. Nachdem sie wahrscheinlich bereits gegen mein Volk gekämpft haben, könnten sie durchaus aggressiv sein. Am besten wir finden schnellstens jemanden der zuständig ist für diese Angelegenheit. Sobald wir am Treppenabsatz angelangt sind, halte ich für einen Moment inne um mir einen groben Überblick zu verschaffen. Die Treppe führt hinunter in den Vorraum, durch den wir auch herauf zu unserem Zimmer geleitet worden sind, doch es gibt noch zwei weitere Türen hier. Eine muss wohl zu einer Art Versammlungsraum führen, denn von dort kommen die lauten Stimmen. Ich kann sogar vereinzelt grölenden, grobtonigen Gesang ausmachen, der mich wegen seiner schmerzlichen Schieflage fast mit den Zähnen knirschen lässt.
Aus der zweiten Tür kommt in diesem Augenblick eine enorm dicke, vollbusige Menschenfrau, deren fleckiges Mieder sich eng an ihre üppigen Formen schmiegt. Im Arm hält sie drei große, mehlbestäubte Brotlaibe, deren Duft ich sogar von hier aus noch wahrnehmen kann. Bei diesem Geruch läuft mir unwillkürlich das Wasser im Munde zusammen und auch mein Begleiter schenkt ihr einen sehnsüchtigen Blick. Ich vermute daraufhin, dass hinter der zweiten Tür die Küche liegt und bin etwas unschlüssig wohin wir uns nun wenden sollen.
Meine instinktive Ablehnung gegenüber der lauten und potentiell gefährlichen Menge lässt mich schließlich auf die zweite Tür zusteuern. Wenn ich dort niemanden wichtiges finde, dann wird es wohl zumindest möglich sein mehr Informationen zu erlangen, um herauszufinden wohin wir uns als nächstes wenden müssen.
Zunächst finde ich hinter der schweren Tür jedoch nur einen weiteren dunklen Gang. Nervös schaue ich mich um und versuche zu entscheiden welche Vorgehensweise ich nun anwenden will. Ziellos irgendwelche Türen zu öffnen scheint mir nicht gerade geeignet um unsere Suche zu beschleunigen.
Gerade habe ich mich entschlossen erst einmal weiter zu gehen und zu sehen was am Ende des Ganges liegt, da kommt auf einmal die Frau zurück, die wir kurz vorher im Vorraum gesehen haben. Ich und der andere Sklave fahren erschrocken herum als sie bei unserem Anblick mit einem überraschten Quietschen zurückweicht. Alarmiert sehe ich wie sie tief Luft holt und zu einem Lauten Schrei ansetzt. Das ist wirklich das letzte was ich jetzt gebrauchen kann. Eine Horde angetrunkener Menschen die herbeistürmt um zwei vermeintliche Angreifer zu überwältigen war nicht was mir vorschwebte als ich unser Zimmer verließ.
Mir bleibt keine Zeit um sie von unserer Harmlosigkeit zu überzeugen und das einzige was mir in der Schnelle einfällt, ist auf sie zuzutreten und ihr hastig meine Hand auf den Mund zu pressen.
„Nicht schreien Herrin!" Bitte ich sie inständig und versuche dabei trotz meiner eigenen Angst besänftigend zu klingen. „Wir sind nur Sklaven! Völlig ungefährlich! Bitte nicht schreien Herrin!"
Spitze Zähne graben sich kraftvoll in meine Finger und mit einem schmerzerfüllten Zischen ziehe ich sofort die Hand zurück. Erschrocken von meinem eigenen unüberlegten Übergriff falle ich auf die Knie und fange an sie um Verzeihung zu bitten, während neben mir wieder leises, halb unterdrücktes Schluchzen ertönt als der Namenlose den Kampf um Beherrschung verliert. Als mir nach einer Weile die Entschuldigungen ausgehen und noch immer nichts geschehen ist wage ich es schließlich vorsichtig aufzuschauen. Ich blicke in das völlig perplexe rotwangige Gesicht der Frau, die mich überrascht anstarrt und unbewusst die dicken Finger in ihrem weiten, schwingenden Rock verkrallt hat. Wenigstens schreit sie nicht, denke ich unbehaglich und warte angespannt weiter auf eine Reaktion von ihr.
„Sklaven?" Fragt sie schließlich unsicher nach. „Und was tut ihr hier?"
„Mein Herr ist hier zu Gast." Erkläre ich, erleichtert dass sie offensichtlich bereit ist meinen Angriff auf sich beruhen zu lassen. „Er benötigt einen weiteren Raum."
Langsam, um sie nicht zu erschrecken, erhebe ich mich wieder. Selbst wenn ich mich zu meiner vollen Größe aufrichte ist sie noch immer mindestens einen halben Kopf größer als ich und ungefähr dreimal so breit. Wir müssen ein wahrhaft groteskes Bild bieten wie wir hier so im Gang stehen, beide unsicher, verwirrt und ziemlich ratlos, mit dem immer noch schluchzenden, blonden Sklaven der neben mir auf dem Boden hockt und das Gesicht in den Händen verbirgt.
„Einen Raum?" Kommt nach einer Weile das verblüffte Echo. Langsam frage ich mich ob sie nicht vielleicht ein wenig dumm ist.
„Aber wir haben keine Räume mehr." Zerstört sie jäh meine Hoffnungen. „Alles ist jetzt schon völlig überfüllt."
„Ihr versteht nicht Herrin!" Sage ich mit einem Anflug der Verzweiflung. „Er wird sehr ungehalten sein wenn er nicht etwas mehr Platz bekommt."
Ich schaue zu wie sie nachdenkt und versuche das nervöse Kribbeln zu unterdrücken, das sich plötzlich meiner Innereien bemächtigt hat. Was wenn sie recht hat und es wirklich keine freien Zimmer mehr gibt? Dann hätten wir bereits viel zu viel kostbare Zeit hier unten verschwendet.
„Ich kann euch zum Herrn Menar bringen." Schlägt sie schließlich zögerlich vor. „Aber ich weiß nicht ob er in der Stimmung ist euch anzuhören."
Nicht bereit einen Fehlschlag zu akzeptieren nicke ich nur und antworte: „Egal bitte bringt uns trotzdem zu ihm."
Ein nachdenklicher Blick auf den aufgelösten Elf neben mir scheint für sie ein weiteres Problem aufzuwerfen.
„Ist aber nicht so gut wenn ihr jetzt zu den Männern mitkommt." Wird ihr auf einmal klar. Am liebsten möchte ich sie daraufhin scharf anfahren und verlangen dass sie sich ein wenig beeilt mit dem quälend langsamen Prozess Nachdenkens. Ich kann praktisch zusehen wie sich jeder einzelne Gedanke im Schneckentempo den Weg durch ihr Hirn bahnt und das macht mich fast wahnsinnig.
„Wir könnten hier warten." Biete ich schließlich mit mühsam kontrollierter Stimme an und reiße sie damit aus ihrem Dilemma. Das breite Gesicht hellt sich augenblicklich auf und sie meint erfreut: „Ja natürlich. Ich bringe euch in die Küche, da könnt ihr auf ihn warten."
Das war zwar nicht ganz meine Absicht, aber solange wir aus dem Weg sind und nicht noch mehr überraschende Begegnungen aushalten müssen ist mir fast alles recht.
„Wunderbar! Vielen Dank Herrin." Lächle ich gezwungen und zerre dann meinen Gefährten unsanft an der Schulter vom Boden hoch. Er verzieht zwar schmerzerfüllt das Gesicht bei dieser groben Behandlung, wehrt sich jedoch nicht und zusammen folgen wir der, für ihren Umfang erstaunlich schnellen, Frau den Gang entlang bis zur Hauptküche, wo sie uns unter den erstaunten Blicken des Personals auf zwei wackelige Stühle bugsiert und dann mit sorgenvoll gerunzelter Stirn sofort wieder verschwindet.
Die Gegenwart von so viel Nahrung lässt mich fast schwindeln und mein Hunger muss wohl mehr als offensichtlich sein, denn schon bald haben sowohl ich als auch der andere Sklave einen Teller mit dampfendem Eintopf vor uns stehen. Ein wenig überrascht von der unerwarteten Freigiebigkeit des Küchenpersonals verschwenden wir dennoch keine Zeit und fangen sofort an uns über die großzügig bemessene Portion herzumachen. Es ist zwar kein kulinarischer Hochgenuss, aber doch ein gutes Stück reichhaltiger als meine übliche Kost und ich bin froh über die angenehme Wärme die sich schon bald in meinem Magen ausbreitet.
Schnell sind die Schalen leer und für den Rest einer unendlich lang erscheinenden halben Stunde sitzen wir schweigend da. Worüber sollten wir auch reden? Ich glaube kaum dass es in letzter Zeit viel Anlass zur Freude gegeben hat in unser beider Existenz und über den Rest ist es besser zu Schweigen.
Gedankenverloren schaue ich einer Magd beim Zwiebelnschneiden zu. Schnell und effizient hantiert sie mit dem scharfen Messer. Es ist fast wie ein Tanz zwischen der gefährlichen Schneide und den agilen aber verletzlichen Fingern. Schließlich reißt mich die Ankunft eines Mannes aus meinen Betrachtungen. Er ist fast ebenso breit wie die Frau, die gerade wieder hinter ihm eintritt. In seinem glattrasierten Gesicht, dass von dünnen aschblonden Haaren umrahmt wird, kann ich jedoch keinerlei Langsamkeit entdecken, sondern eher den verschlagen kalkulierenden Ausdruck eines Kaufmannes. Kleine, blassblaue Augen Kategorisieren uns mit einem schnellen durchdringenden Blick und ich weiß genau wo wir in seiner Wertung stehen. Die Mischung aus Verachtung und Vorsicht, die das Ergebnis dieser ersten oberflächlichen Bewertung ist sagt deutlich, dass er uns zwar anhören wird, aber nur weil er Angst vor unseren Herren hat, denn ich bin mir sicher er weiß sehr genau zu wem wir gehören.
Bevor ich auch nur ein Wort sagen kann winkt er uns stumm ihn zu begleiten. Wieder schnappe ich mir das eine unversehrte Handgelenk des blonden Elfen und ziehe ihn mit mir mit. Seine weinerliche Lethargie wird langsam aber sicher anstrengend! Selbst wenn ich genau weiß, dass er höchstwahrscheinlich einen sehr guten Grund dafür hat irritiert mich sein Verhalten und ich wünsche mir er wäre in diesem Augenblick doch alleine oben im Zimmer. Ethin wäre bei weitem nicht so anstrengend, schießt es mir durch den Kopf. Ein Gedanke für den ich mich eine Sekunde später am liebsten Ohrfeigen möchte.
Das Zimmer in welches er uns führt ist offensichtlich ein Büro. Er setzt sich mit einem Schnaufen auf den großen Stuhl hinter seinem penibel aufgeräumten Schreibtisch. Uns bietet er keinen Platz an, woraus ich schließe, dass er den Umgang mit Sklaven gewohnt ist. Jedenfalls mehr als die Frau, die ihn geholt hat. Durch diese Annahme zur Vorsicht angehalten, warte ich darauf dass er mir die Erlaubnis gibt zu sprechen. Zunächst fährt er jedoch mit seiner eingehenden Musterung fort. Ich mag die Art nicht wie sein Blick unter meine Kleider und über meinen Körper zu gleiten scheint, behalte aber meinen unbewegt höflichen Gesichtsausdruck bei. Schließlich wird es mir kaum etwas nützen ihn gleich zu Anfang zu verärgern.
„Also." Brummt er nachdem seine Neugierde offenbar befriedigt ist. „Was wollt ihr?"
„Mein Meister benötigt einen weiteren Raum Herr."
Er lässt ein kurzes bellendes Lachen hören.
„Aha. Einen Raum braucht er also, was?" Eine plumpe rosa Zungenspitze fährt kurz über seine Lippen. „Und was ist wenn ich keine mehr habe? Hier ist alles bis auf den letzten Platz belegt."
„Er wird sehr ungehalten sein Herr." Versuche ich es weiter.
„Und wieso sollte mich das kümmern?" Will er scharf wissen. „Die Drow sind unsere Verbündeten, nicht unsere Herrscher! Soll er doch sehen wie er zurechtkommt. Er hat schon jetzt sehr viel mehr Platz zur freien Nutzung als unsere Soldaten. Mehr kann ich nicht zur beschaffen. Glaubst du es macht mir Spaß mein eigenes Haus der Armee zur Verfügung zu stellen? Natürlich nicht, aber ich tue es weil ich ein guter Bürger dieser Stadt bin und das meinige dazu beitrage diesen Konflikt siegreich zu beenden. Dein Herr sollte sich ebenfalls daran halten Junge. So wie alle anderen auch."
Der Vergleich meines Herrn mit irgendwelchen gemeinen Soldaten passt mir gar nicht und verleitet mich dazu meine Forderung mit dem nächsten ungehaltenen, aber nichtsdestotrotz mit perfekter Höflichkeit vorgetragenen Satz zu untermauern.
„Ihr werdet nicht mögen was er tut wenn er ungehalten ist Herr. Glaubt mir."
„Willst du damit andeuten unsere eigenen Verbündeten würden wegen einer solchen Lappalie einen Konflikt riskieren indem sie mich angreifen?" Bellt er mich wütend an. „Du bist ja nicht ganz richtig im Kopf."
Ich wittere eine Chance. Wenn er aufgebracht ist macht er vielleicht Fehler und lässt sich einschüchtern. Mit einem sanften, offenen Lächeln fahre ich fort: „Natürlich würde er euch nicht öffentlich angreifen und die Allianz gefährden Herr. Wo denkt ihr hin? Aber es sind unsichere Zeiten und da kann es schon einmal vorkommen dass Leute einfach für einige Zeit… verschwinden."
Um meine Behauptung noch bedrohlicher zu machen wende ich mich auf einmal meinem Begleiter zu, der mich nur mit großen Augen anstarrt.
„Schaut her." Sage ich leise und schiebe den verängstigten Elfen weiter nach vorne. „Seine Familie weiß bis zum heutigen Tage nicht wo er hin ist."
Sanft lasse ich eine Hand über den gesenkten Kopf gleiten, presse aber gleichzeitig unvermittelt die andere hart auf den Rücken des Anderen, wo der Mensch es nicht sehen kann und rufe damit ein erschrockenes Wimmern hervor.
„Er war einmal ein stolzer Krieger wisst ihr und jetzt schaut was aus ihm geworden ist. Es ging so schnell. Die Seele ist eben ein verletzliches Gut. Bedauerlich nicht wahr Herr."
Das dicke Gesicht zeigt bereits erste Anzeichen von Besorgnis als ihm die Implikationen meiner kleinen Demonstration klar werden.
„Ich sage das wirklich nur aus Sorge um euer Wohlergehen, denn ich kenne meinen Herrn. Es ist sehr unklug ihn zu verärgern Herr. Ich musste das leider am eigenen Leib erfahren." Schließe ich leise und schaue unterwürfig zu Boden. Hilflose Rage spricht aus den kleinen Äuglein als ich einen Blick aus dem Augenwinkel riskiere. Sich von einem bloßen Sklaven einschüchtern und manipulieren zu lassen geht ganz offensichtlich gegen das Selbstwertgefühl dieses Mannes, aber leider kann er meine Worte auch nicht einfach abtun nachdem ich ihm den lebendigen Beweis derart vorgeführt habe. Die Stille zieht sich und ich muss sehr darum kämpfen dass meine eigene Angst nicht durch die ruhige, gelassene Maske bricht die ich dem Mensch präsentiere. Eine solche Schwäche wäre jetzt mein sicherer Untergang. Nur wenn ich meine absurde Behauptung mit absoluter Sicherheit vermitteln kann wird er mir auch Glauben schenken.
„Also gut. Ich werde einen weiteren Raum zur Verfügung stellen, aber glaub bloß nicht diese Masche wird immer funktionieren du kleine Ratte." Knirscht der Mann endlich wütend und beschert mir damit eine Woge der Erleichterung, bei der mir die Knie weich werden.
„Natürlich Herr. Wenn ihr erlaubt werde ich mich jetzt um das Gepäck meines Meisters kümmern."
Mit einem abgehackten Wink sind wir entlassen. Innerlich kurz vor einer Ohnmacht schnappe ich mir ein letztes Mal das vertraute Handgelenk und nach einer tiefen Verbeugung eilen wir schnellstens wieder hinauf in die verhältnismäßig sichere Umgebung des kleinen Raumes.
