Disclaimer: siehe letztes Kapitel.


A/N: Die Übersetzungen stammen vom Translator von House Maerdyn und sind möglicherweise nicht ganz korrekt, da sie aus dem Englischen noch einmal übertragen wurden.

Wegen des Kristalls habe ich im letzten Kap. Eine Änderung vorgenommen. Er wird jetzt erst vor der Tür von seinem Meister an Evoe übergeben. So wird das Ganz etwas logischer. Die Sache mit der Aufräumerei hab ich dabei auch gleich nochmal verdeutlicht:)


Amlugwen: Du hast eine elfische und eine orkische Hälfte? Und die verstehen sich? Evoe hieß vorher Laylien . Danach Fragt ihn Entreri irgendwann ziemlich zu Anfang. Das man sich mit ihm identifiziert ist eigentlich gar nicht so verwunderlich... schließlich erlebt man ja alles durch ihn:) Das mit den sechs Goldelfen... würdest du mir glauben dass ich einfach nicht so praktisch gedacht habe und mir die Idee nie gekommen ist?

Danke für's nette Review! Freu mich immer.


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Aufträge

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„Hast du dich jetzt endlich abgeregt?" Fragt mein Meister als sein Kollege nach einiger Zeit noch immer keine Anzeichen macht endlich zum Ende kommen zu wollen und ich langsam beginne um die Einrichtung zu fürchten.

„Nein, dass habe ich keineswegs!" Faucht Meister Geryn ärgerlich zurück. „Die Sestrainie werden es noch bitter bereuen sich jemals in diese Sache eingemischt zu haben!"

Daraufhin runzelt mein Herr nun selbst ärgerlich die Stirn.

„Du hast doch wohl nicht vor seine Stelle einzunehmen!" Will er mit einer harschen Kopfbewegung in Richtung der Leiche wissen. „Ich verstehe sowieso nicht warum du diesen gemeingefährlichen Irren nicht einfach verkaufst und dir stattdessen lieber die Feindschaft einer derart mächtigen und einflussreichen Familie zuziehst."

„Natürlich kannst du das nicht verstehen. Du bist ja auch schon immer zu feige gewesen um für das zu kämpfen woran du glaubst."

Bei fast jedem anderen hätte diese Äußerung einen Angriff nach sich gezogen, aber wie so oft wenn es um diesen Magier geht, bleibt mein Meister geradezu unheimlich ruhig und meint nur bissig: „Vielleicht bin ich auch nur zu klug um meine Ressourcen in solchen nutzlosen Geplänkeln zu verschwenden."

„Wie auch immer. Er gehört mir und das wird auch so bleiben, selbst wenn ich dafür diese ganze verdammte Sippe auslöschen muss."

„Erwarte bloß nicht dass ich dir dabei helfe." Knurrt mein Herr verärgert und fordert dann sowohl mich als auch den nun herrenlosen blonden Sklaven mit einer knappen Handbewegung auf ihm zu folgen als er den Raum verlässt.

„Falls deine Wut sich in der nächsten halben Stunde ein wenig legt kannst du mir ja beim Essen Gesellschaft leisten." Sind seine sarkastischen Abschiedsworte. Das erste Mal seit wir in diesem Haus angekommen sind kriege ich nun das Innere des Speiseraumes zu Gesicht. Es war kein großer Verlust wie ich feststelle. Bis auf grobe, schlecht gezimmerte Tische und lange Bänke gibt es hier nicht viel zu sehen. Nicht einmal eine Tischdecke oder Blumen lockern den tristen Anblick auf. Es scheint als wären wir gerade richtig zum Ende des abendlichen Mahls eingetroffen, zu der Zeit wo nur noch diejenigen hier verweilen die genügend Freizeit haben um noch mit ihren ebenso beglückten Kumpanen ein Bier zu trinken und endlos die alten Geschichten aufzuwärmen.

„Bring uns etwas zu essen und einen Krug Wasser." Befiehlt mein Herr einer augenblicklich herbeieilenden Magd mürrisch und setzt sich dann direkt neben dem Ausgang an einen kleinen separat aufgestellten Tisch, der sich lediglich in seiner Größe, in Machart und Dekoration jedoch in keinster Weise von seinen größeren Gegenstücken unterscheidet. Um nicht im Weg zu sein knien wir Sklaven uns zusammengedrängt in eine Ecke. Das Gefühl der unbeweglichen Wand in meinem Rücken beruhigt mich ein wenig, während ich vorsichtig und so unauffällig wie möglich den Blick über die versammelten Männer schweifen lasse und gleichzeitig versuche keinen noch so kleinen Wink seitens meines Herrn zu verpassen. Ist vielleicht jetzt ein geeigneter Zeitpunkt um ihm von der Nachricht...

„Welche Nachricht Häschen?"

Erschrocken zucke ich zusammen und starre zu ihm hoch. Diesmal habe ich nicht bemerkt wie er meine Gedanken verfolgt hat. Sofort reiche ich ihm den Fetzen Pergament mit Tashjas Warnung.

„Sie wurde mir zugesteckt als wir vom Bad zurückkehrten Herr." Erkläre ich dabei leise und sehe zu wie sich eine der weißen Brauen hebt während er liest.

„So so." Murmelt er lediglich, steckt den Zettel weg und gibt frustrierenderweise nicht den geringsten Aufschluss darüber welche Gefühle diese Botschaft bei ihm weckt. Ich betrachte schließlich weiter die kompakten, bärtigen Männer, die sich nach einer kurzen Zeit des misstrauischen Starrens mittlerweile wieder ihren Krügen zugewendet haben und in murmelnde Unterhaltung vertieft sind. Das lautstarke Gegröle von der Nacht unserer Ankunft scheint heute nicht aufkommen zu wollen. Vielleicht liegt es an der Anwesenheit meines Herrn, vielleicht schleicht sich aber auch einfach nur die leise Furcht vor der näher rückenden Konfrontation langsam in ihre Gemüter.

Die Magd kommt mit dem verlangten Mahl. Drei Teller voll mit dem hier üblichen Eintopf, der heute stark nach Kohl riecht und ein Korb mit ein paar Scheiben groben Brotes. Verunsichert bleibt sie neben dem Tisch stehen, nachdem sie einen der Teller samt Brotkorb vor meinem Meister abgestellt hat. Offensichtlich weiß sie nicht genau wie sie jetzt fortfahren soll.

„Wünscht ihr das ich..." entmutigt von dem kalten Blick des Drow bricht sie ab, um gleich darauf nervös fortzufahren: „Die anderen Teller auch auf den Tisch Meister Shenjal?"

„Nur einen." Sagt er schließlich nach einer geradezu unerträglich langen Pause. „Den anderen gibst du ihm. Er wird seine Kräfte bald noch brauchen."

Er deutet auf mich.

„Danke Herr."

Ich nehme den dampfenden Teller entgegen, und warte bis er anfängt selbst zu essen bevor ich es ebenfalls tue, immer ein halbes Auge offen für alle Wünsche oder Befehle die er noch erteilen könnte. Das Gefühl neben meinem Meister zu hocken und zu essen ist seltsam fremd. Normalerweise nehme ich meine Mahlzeiten fast ausschließlich im Essensraum der Sklaven zu mir. Als mein Teller nur noch halb voll ist kommt schließlich auch Meister Geryn herein und beginnt nach einer unverständlich gebrummten Begrüßung stumm und mit immer noch verärgerter Miene den dritten Teller leer zu essen. Von Ethin ist zu meiner großen Erleichterung nichts zu sehen und die hungrigen Blicke des Namenlosen sind problemlos zu ignorieren.

„Ich bleibe." Verkündet Meister Geryn schließlich ansatzlos und starrt dann meinen Herrn an als wolle er ihn herausfordern etwas dagegen zu sagen. Der rollt jedoch nur kurz die Augen und erklärt dann resigniert: „Wenn ihr meint."

Damit erhebt er sich.

„Ich werde ein paar Stunden ruhen. Die Lieferung mit dem Diamantstaub ist ohnehin noch nicht eingetroffen."

Das erste was ich sehe als ich die Tür zu unserer winzigen Zusatzkammer öffne ist Ethin, der sich gerade das aus seiner Nase rinnende Blut aus dem Gesicht wischt. Das Tuch das er benutzt ist bereits leicht rot verfärbt und zeigt deutlich, dass dies nicht das erste Mal ist, das er es tut. Ansonsten scheint er leider unverletzt, was mich augenblicklich in Sorgen stürzt.

„Behalt deine dreckigen Finger heute bloß bei dir." Raunze ich ihn an kaum das ich über die Schwelle getreten bin. „Ich habe demnächst noch zu tun."

Er grinst natürlich und ignoriert dabei äußerst gekonnt den auf einmal fast flehenden Blick des Namenlosen, der sich auf ihn geheftet hat schon seit wir den Raum betreten haben. Sagte er nicht dass sie sich kannten?

„Was?" Fragt er mich dann mit gespielter Beleidigung. „Nicht mal zur Feier des Tages von Essals Tod zeigst du ein wenig Großzügigkeit? Ich bin verletzt Kleiner wirklich."

Sorgfältig faltet er das Tuch zusammen und legt es neben einem Bücherstapel auf den Boden, eine Handlung die mich mit Schaudern an das fast schon fanatisch aufgeräumte Quartier seines Meisters denken lässt. Wie sehr muss ihm diese Verhaltensweise schon in Fleisch und Blut übergegangen sein!

„Tisraen freut sich bestimmt noch mehr als du. Nicht wahr Tisraen?"

Einen Augenblick lang frage ich mich von wem er redet, bis mir auffällt wie blass und steif der Sklave neben mir plötzlich geworden ist. Jetzt verschwindet auch wie weggewischt jede Spur des Grinsens von Ethins Gesicht.

„Wer hat dich geschickt?" Fragt er ihn eisig. „Mein Bruder hätte diesen Meister niemals ohne deine Hilfe erledigen können. Was habt ihr da für einen wahnwitzigen Plan ausgeheckt?" Als er näher kommt beobachte ich mit Staunen wie der jetzt nicht mehr so namenlose sich hastig eine einzelne Träne von der Wange wischt und schluckt.

„Du lebst noch!" Haucht er und bringt den Grünäugigen damit für eine Sekunde ins Stocken. „All diese Jahre! Es hat Lynral fast zerrissen als er davon erfuhr. Er macht sich solche Vorwürfe, ich konnte es nicht mit ansehen..."

Ethin unterbricht ihn indem er ihn am Kragen packt und rau zu sich heranreißt.

„Idiot!" Zischt er mit offensichtlicher Wut in das erschrockene Gesicht Tisraens. „Glaubst du vielleicht du hast irgendwem geholfen? Glaubst du du kannst jetzt noch zurückkehren?" Dann wird sein Ton gehässig. „Glaubst du denn mein Bruder will dich noch, nachdem du gelernt hast nach Schmerzen zu betteln und für jeden die Beine breit machen würdest?"

Ich muss zugeben, dass Tisraen bei weitem nicht so einfach kleinzukriegen ist wie der unglückselige Ainwe, denn er scheint trotz seines Schrecks und der Verzweiflung unserer Lage noch ungeahnte Widerstandskraft in sich zu haben.

„Wir werden dich nach Hause bringen. Mit dem Rest befassen wir uns später." Beharrt er stur, nur um damit bei Ethin einen Lachanfall auszulösen, der erste Anzeichen verwirrter Besorgnis in die blauen Augen kriechen lässt.

„Das denke ich nicht." Stellt er schließlich nüchtern fest nur um dann ruhig hinzuzusetzen: „Wenn ich jemals zurückkehren sollte, dann nur um das ganze verdammte Haus und seine selbstgerechten Bewohner dem Erdboden gleich zu machen."

Tisraen hat auf einmal erstaunliche Ähnlichkeit mit einem Goldfisch der unversehens auf dem Trockenen gelandet ist. Weit aufgerissene Augen und vor hilfloser Überraschung aufstehender Mund zeigen deutlich wie wenig er auf eine solche Äußerung vorbereitet war.

„A-aber..."

„Ich sagte dir doch ihr würdet nicht mehr viel Freude an ihm haben." Schalte ich mich ein, mit boshafter Befriedigung angesichts dieser kompromisslosen Feindseligkeit. Von zwei Seiten gleichzeitig angegriffen macht Tisraen unwillkürlich einen Schritt rückwärts.

„So aufopferungsvoll," spottet Ethin als habe er meinen Einwurf gar nicht gehört. „sag mir Tisraen, wie weit würdest du gehen für ihn. Würdest du sterben, den Tod in Kauf nehmen ohne damit etwas erreicht zu haben?"

Ein heiser geflüstertes „Ja." Ist die einzige Antwort die er bekommt.

„Du vermisst ihn schrecklich nicht wahr?" Will er daraufhin lauernd wissen, „wie er dich anschaut, voller Zuneigung, wie er dich berührt, nicht hart und schmerzhaft sondern liebevoll und sanft..."

Kein Laut entkommt Tisraens Lippen doch in seinen großen blauen Augen sieht man deutlich die verzweifelte Sehnsucht und ich beobachte gebannt wie Ethin bei seinen Worten mit beiden Händen in die blonden Haare greift und sanft seine Daumen über die geschwungene Kurve der Wangenknochen gleiten lässt, während er den anderen langsam heranzieht bis sich ihre Nasen beinahe berühren.

Was er gerade fühlen mag kann ich mir nicht einmal im Ansatz vorstellen. Sich diesem verzerrten Spiegelbild seines Liebhabers gegenüberzusehen und dabei genau zu wissen, dass er es nicht ist muss schwer zu verarbeiten sein für Tisraen. Ungewollt schleicht sich die Frage in mein Hirn, ob sich wohl die beiden Zwillinge ähnlich sind in ihrem Verhalten, ob es trotz der starken äußeren Einflüsse denen Ethin ausgesetzt war dennoch eine gleiche Basis gibt die ihre Handlungen färbt. Ich kann mir jedoch keine auch nur ansatzweise harmlose Version von Ethin vorstellen, die sogar zu so etwas wie Liebe fähig wäre, also schiebe ich diese Überlegungen vorerst beiseite.

„Tu das nicht." Bittet der Blauäugige erstickt, macht jedoch keine Bewegung um dem lockeren Griff zu entkommen.

„Wieso sollte ich nicht?" Lacht Ethin ihn aus. „Damit du dir vormachen kannst dass du noch darauf reagieren könntest das man dich liebt? So wie früher?"

Er greift fester zu.

„Das kannst du nicht und du weißt es... Ssinjin."

Bei dem letzten Wort zuckt Tisraen heftig zusammen, eine Bewegung die ihm bei dem festen Griff den Ethin inzwischen in seinen Haaren hat Schmerzen bereiten muss. Schmerz, der offensichtlich eine zwiespältige Reaktion bei ihm hervorruft. Entsetzen, aber auch ein kurzes Aufblitzen von Erregung flackern durch seine Augen und vertreiben die Sehnsucht.

Es ist allgemein bekannt dass Meister Essal seine Sklaven darauf konditionierte auf bestimmte Schmerzen, Bestrafungen und Befehle so zu reagieren, aber es als Tatsache hier direkt und unfreiwillig vor mir präsentiert zu sehen erschreckt mich auf eine sonderbar tiefgehende Weise, denn dass was mein Meister gewöhnlich mit mir tut berührt solche Praktiken meist nur am Rande. Bei ihm ist Schmerz hauptsächlich Strafe und wird nur selten und in relativ geringem Ausmaß mit ins Bett gebracht. Obwohl mir die Kombination von Schmerz und Erregung nicht völlig fremd ist, kann ich Tisraens jetzige strikt konditionierte Reaktionen nicht wirklich nachempfinden, auch wenn die Tatsache, dass Ethin dies offensichtlich möglich ist mich nicht sonderlich überrascht. Sein Herr und Meister Essal müssen engeren Kontakt gehabt haben als ich dachte wenn er so genau über Tisraens Situation bescheid weiß.

Das Bild das sich mir bietet ist bizarr. Ethin, dessen Nase wieder angefangen hat zu bluten und Tisraen, der trotz eines klar ersichtlichen Vorteils an Muskelmasse und Statur völlig hilflos scheint unter seinen Händen und keine Anstalten macht sich zu entziehen, trotz seines sehr offensichtlichen Widerwillens. Wenn Ethin gedenkt dieses Spiel bis zum Ende zu führen werde ich wohl kaum Ruhe bekommen in der Enge dieses Raumes, auch wenn ich sie gut gebrauchen könnte nach den Anstrengungen der letzten Nacht und des darauffolgenden Tages. Leider hat es ganz den Anschein als wäre dies seine Absicht, denn er beginnt gerade mit geschickten Bewegungen einhändig das Hemd des anderen aufzuknöpfen und abzustreifen, während er mit die andere Hand noch immer den festen Griff in Tisraens Haar beibehält.

Mit einem missmutigen Seufzer lasse ich mich an der Wand herabsinken. Kann er denn nicht einmal an etwas anderes denken? Offenbar nicht. Und es ist ihm wohl auch egal ob ich direkt daneben hocke. Leider bleibe ich von dem Anblick nicht ganz so unberührt wie ich es gern hätte und muss feststellen, dass meine körperliche Reaktion nicht zu unterdrücken ist. In diesem Moment verfluche ich heftig meine eigene Konditionierung, die mich so empfänglich für sexuelle Reize sein lässt und probiere trotzdem eine einigermaßen entspannte Haltung einzunehmen. Der Versuch scheitert jedoch kläglich und macht zudem auch noch Ethin auf mich aufmerksam.

„Daewl ulu valm l' jivvin?" (Willst du mitspielen/ mitmachen?)

Das er auf einmal Drow spricht, statt wie sonst die Allgemeinsprache zu benutzen, jagt mir einen ungewollten Schauer über den Rücken.

„Zu'tour phor!" (Sei still.bzw. Shut up. ) Zische ich jedoch auf gleiche Weise zurück. Natürlich hält er nicht den Mund sondern bohrt nach.

„Angst?" Will er grinsend wissen.

„Vor dir doch nicht!"

Nein, vielmehr habe ich Angst vor meiner eigenen Reaktion und davor was es bedeuten würde jetzt nachzugeben. Mich ohne Provokation oder überwältigenden inneren Drang an Tisraen zu vergreifen würde sogar meinen Übergriff auf Ainwe in den Schatten stellen, den ich noch immer schuldbewusst zu verdrängen versuche. Es scheint eigentlich unwichtig sich jetzt noch Vorwürfe zu machen, denn ich ahne bereits dass nicht mehr viel fehlt bis ich auch dazu in der Lage sein werde, aber der schwache Widerstand in mir ist wohl doch noch nicht gänzlich erloschen. Auf einmal wieder desinteressiert zuckt Ethin mit den schmalen Schultern.

„Wie du meinst. Selbst schuld."

Damit wendet er sich wieder dem anderen Elfen zu. Erleichtert dass er so ungewöhnlich schnell aufgegeben hat schließe ich die Augen und versuche die Geschehnisse so weit es geht auszublenden und dabei meine störenden körperlichen Bedürfnisse zu ignorieren. Daran einzuschreiten und diesem pervers verdrehten Spiel ein Ende zu machen denke ich nicht. Besser er als ich. Auch wenn diese gepeinigte Unterwerfung die Tisraen an den Tag legt mich sehr beunruhigt, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass er, wenn er wirklich wollte, Ethin weitaus effektiver abwehren könnte als ich es jemals vermögen würde und doch leistet er hier und jetzt außer seinen verzweifelten Bitten dass Ethin aufhören solle keinen nennenswerten Widerstand.

Ist es weil der andere Sklave seinem Geliebten so sehr ähnelt und er für jenen alles auf sich nehmen würde bis hin zum Tod? Aber die beiden haben sich doch vorher schon gekannt und ihm müsste eigentlich klar sein, dass sie zwei unterschiedliche Individuen sind. Vor allem nachdem man die Ähnlichkeit wahrscheinlich heutzutage nur noch auf reine Äußerlichkeiten beschränken kann. Auch nachdem er jetzt gewisse Zeit in Essals Händen verbracht hat, sollte er nicht trotzdem noch zu unterscheiden wissen zwischen seinem Meister und anderen?

Grübelnd verfalle ich langsam in eine Art Dämmerzustand, bleibe jedoch weiterhin angespannt und lausche wachsam auf jedes Geräusch dass sich mir nähert. Wer weiß was Ethin heute sonst noch alles in den Kopf kommt. Vorerst nichts wie es scheint, denn nach einer Weile ist nichts mehr zu vernehmen bis auf ein halb unterdrücktes Schniefen, welches mich vermuten lässt, dass Tisraen wohl wieder einmal mit den Tränen kämpft.

Leider hält diese verhältnismäßig ruhige Atmosphäre nicht lange an, denn nach einiger Zeit beordert mein Meister mich zu ihm und schickt mich dann mit einer recht dürftigen Wegbeschreibung und einigen Goldstücken los um bei einem Glaser einige speziell angefertigte Gefäße abzuholen. Von den anderen Sklaven darf ich keinen mitnehmen, Ethin nicht weil sein Herr ihn hier in dieser Stadt nicht aus den Augen lassen will und Tisraen weil er offenbar nicht mehr vertrauenswürdig genug ist nachdem Meister Essal in seiner Gegenwart ermordet wurde. Nicht das mir auch nur einer von beiden eine große Hilfe gewesen wäre, aber die Vorstellung ganz alleine durch die Straßen zu schleichen versetzt mich in ängstliche Aufregung. Die Möglichkeit auf Elavelynral oder auch Entreri und Tashja zu treffen lässt meine Nackenhaare aufrecht stehen. Wieso kann dieser Glaser seine Waren nicht einfach hier abliefern? Nun ja, vielleicht tut er das ja sogar zu normalen Tageszeiten. Die nächtliche Stunde zu der ich bei ihm eintreffen werde ist wahrscheinlich schon an sich ein Zugeständnis für jemanden der den ganzen Tag über hart gearbeitet hat.

Mein Meister geht sogar so weit mir zusätzlich zu dem Kristall, den ich immer noch habe, einen schmalen Dolch mit vergifteter Klinge auszuhändigen, aber beruhigt bin ich deshalb keinesfalls. Wenn er so weit geht mich, einen Sklaven, mit Waffen auszustatten, dann muss die Situation gefährlicher sein als ich angenommen hatte. Auf meine nervöse Frage was ich denn tun sollte falls ich wirklich einem der zuvor genannten über den Weg laufe kriege ich nur ein kryptisches, ich solle tun was immer nötig ist und ob ich denn wirklich alles zehnmal erklärt bekommen müsse zu hören. Danach wage ich nicht mehr weiter nachzufragen.

Jetzt allerdings wo ich vor der ersten Abzweigung stehe, mit dem hartnäckigen Gefühl im Nacken, dass mich jemand beobachtet, wünsche ich mir ich hätte es doch getan. Ich habe keine Ahnung welche Richtung die richtige ist und beide der gekrümmten Straßen sehen leider ähnlich abschreckend aus. Dunkle Ecken überall, in denen sich jeder der auch nur halb so viel Talent hat wie Entreri problemlos verstecke könnte, die unangenehm stinkenden Abfallhaufen und zu meiner linken auch noch eine Taverne aus der Laute dringen, die auf eine hohes Maß an Trunkenheit bei den Gästen schließen lassen. Götter wie ich diese Stadt hasse! Ich fühle mich wie begraben unter den mehrstöckigen Häusern dieser Gegend, die sich mit zunehmender Höhe immer enger zueinander lehnen zu scheinen, fast als suchten sie die Nähe ihrer Nachbarn.

Schließlich wird es mir zu unangenehm noch weiter hier zu stehen und ich entscheide mich willkürlich für die linke Straße. Das heißt das ich recht nah an der Taverne vorbei muss, aber bis jetzt scheint sich die lärmende Aktivität auf das Innere des Gebäudes zu beschränken. Dummerweise habe ich nicht damit gerechnet dass mir plötzlich aus einer winzigen Seitengasse, die so eng ist, dass ich sie zuvor gar nicht bemerkt hatte, eine ungewöhnlich stille Gruppe von schwarzbemantelten Soldaten entgegenkommt. Gepaart mit ihrer verhältnismäßig schmalen Gestalt kann dieser Mangel an Lärm nur eins bedeuten, dies sind keine menschlichen Krieger sondern Drowsöldner.

Hastig versuche ich meine Kapuze noch tiefer ins Gesicht zu ziehen und weiche seitlich aus. Das heißt ich versuche es, muss aber zu meinem großen Schrecken feststellen, dass sie auf diese Taktik augenblicklich und scheinbar instinktiv reagieren wie ein Rudel Wölfe und sofort anfangen mich einzukreisen. Mir bleibt gerade noch genug Zeit zu erkennen dass ich es mit sechs vollausgerüsteten Kriegern zu tun habe bevor ich mich auch schon an die Wand gedrängt wieder finde, konfrontiert mit zwölf roten Augen, die mir aus den Schatten ihrer Kapuzen entgegenleuchten. Mit einer Bewegung, so schnell dass ich nicht mit Sicherheit sagen kann von wem sie eigentlich kommt, wird mir dann meine eigene Kapuze heruntergezogen und meine Herkunft allen offenbart.

Ich weiß ich sollte spätestens jetzt anfangen mich mit allen Mitteln zu wehren, aber der Gehorsam, der inzwischen zur instinktiven Gewohnheit geworden ist, lässt mich noch immer wie erstarrt dastehen, unfähig anders zu reagieren als mit einem erschrockenen Aufreißen der Augen und zunehmender Blässe. Sich gegen einen Drow zu wenden bedeutet Tod durch Folter, eine Wahrheit die so tief in mein Bewusstsein gegraben ist, dass sie mich jetzt wo ich mich eigentlich verteidigen müsste zur hilflosen Starre verdammt. In diesem Augenblick verstehe ich auch Tisraens Reaktion auf Ethin ein wenig besser. Nicht dass mir dies großartig weiterhilft, aber wenigstens gibt mir diese Erkenntnis den nötigen Antrieb endlich einen Versuch zu starten diese gefährliche Versteinerung zu überwinden. Ich will nicht enden wie er!

„Sieh an. Was haben wir denn da?" Säuselt mir einer der sechs mit blutgieriger Begeisterung entgegen. „Doch nicht etwa einen Spion?"

Bei diesen Worten zieht sich mein Magen erschrocken zu einem harten, eisigen Klumpen der Panik zusammen und ich schüttle heftig den Kopf. Bevor ich allerdings ein einziges Wort sagen kann schwebt bereits die Spitze eines Kurzschwertes vor meinem rechten Auge und lässt mich sofort wieder erstarren.

„Weißt du was hier mit Spionen passiert Kleiner?" Fragt der mit dem Schwert und lässt sich die Worte geradezu genüsslich auf der Zunge zergehen. Natürlich, dass gehört zum Spiel. Nur bin ich absolut nicht gewillt hier mitzuspielen. Allerdings bekomme ich keine Möglichkeit mich zu äußern, denn er beantwortet gleich darauf seine eigene Frage.

„Sie werden dem Stadtrat vorgeführt und einer... wie hieß das Levreyn?"

„Hochnotpeinliche Befragung." Grinst ein anderes Mitglied der Gruppe mir entgegen. Erst jetzt bemerke ich dass dies eine von zwei Frauen ist. Diese Tatsache tut ihr übriges um mich weiter zu verunsichern. Mit Frauen hatte ich in letzter Zeit nur sehr wenig zu tun, da sie nur selten zu Magiern ausgebildet werden und ich weiß nicht genau was ich von ihnen zu erwarten habe.

„Genau, einer hochnotpeinlichen Befragung unterzogen." Fährt der Söldner gerade fort. „Natürlich heißt das nichts anderes als dass sie dir sehr, sehr weh tun werden. Die Menschen umschreiben solche Dinge gern mit beschönigenden Begriffen weißt du."

Weiße Zähne blitzen nun zusätzlich zu den roten Augen auf. In meinem Kopf arbeitet es. Ich muss ihn irgendwie dazu bringen die Waffe für eine Sekunde aus meiner Nähe zu entfernen, dann kann ich mir mit dem Kristall genug Platz für eine Flucht verschaffen, aber wie soll ich das nur bewerkstelligen wenn ich es nicht einmal schaffe etwas zu sagen?

„Wir könnten dir das ersparen." Ertönt jetzt eine neue, schmeichelnde Stimme seitlich von mir, deren Ton mehr als deutlich macht was ihr Besitzer mit mir vorhat. „Tu was wir dir sagen und halte schön still, dann stirbst du schnell und sauber."

Der Schwertträger scheint nicht ganz einverstanden mit dieser Herangehensweise und übertönt mein klägliches, schnell hervorgestoßenes: „Bitte tut mir nicht weh!" Mit einem irritierten: „Kannst du zur Abwechslung auch mal mit dem Kopf denken Avjal?"

Seine Aufmerksamkeit mag zwar abgelenkt sein, dass Schwert bleibt jedoch wo es ist. Noch. Der Konflikt scheint sich, trotz der abwertenden Blicke die mir nach meiner kläglichen Äußerung nun alle zuwerfen, zu entwickeln, denn Avjal schmollt giftig zurück: „Und? Was ist dagegen einzuwenden? Bloß weil du zufällig billige, menschliche Schlampen mit Brüsten bevorzugst sollen wir uns jetzt alle deinen Launen beugen?"

„Was?" Zischt der andere gefährlich wütend, woraufhin die allgemeine Aufmerksamkeit eine plötzliche und drastische Verschiebung erfährt. Ich starre unruhig auf die Klinge, die sich noch immer nicht bewegt. Vielleicht bekomme ich wenigstens meine Hand in die Tasche solange niemand allzu genau hinschaut. Quälend langsam kriechen meine Finger auf ihr Ziel zu, während nach einer kurzen angespannten Stille, Avjal schließlich den nötigen Mut zusammengekratzt hat um angriffslustig zu erwidern: „Du hast mich schon verstanden."

„Vielleicht solltest du deine Meinung noch mal überdenken." Ist die nicht minder drohende Erwiderung, die jedoch Avjal nun nur noch mehr anzustacheln scheint.

„Vielleicht sollte ich das ja." Entgegnet der nämlich, die Worte höhnisch langziehend, um dann weiterzusticheln: „Aber wahrscheinlich sind richtige Frauen einfach zu viel für dich."

Das bringt offenbar das Fass zum überlaufen und zu meiner großen Überraschung stürzt sich auf einmal der Schwertträger auf den Anderen, der gerade noch rechtzeitig sein eigenes Schwert ziehen kann um einen wütenden Hieb abzuwehren. Offensichtlich macht sich die herrschende Anspannung der beengten Verhältnisse auch bei den Drow bemerkbar. Kämpfe unter den Soldaten sind zwar keine Seltenheit, aber normalerweise sind die Gründe dafür schon ein wenig substanzieller. Weil ich nicht auf diese günstige Gelegenheit vorbereitet war verpasse ich beinahe den Zeitpunkt zum Handeln, bekomme jedoch gerade noch rechtzeitig meine Finger um den Kristall und rufe hastig das Kommandowort. Ich werde lediglich ein wenig fester an die Wand hinter mir gepresst, die bedenklich ächzt, aber bei den Söldnern zeigt die Energiewelle schon etwas mehr Wirkung. Sie finden sich auf einmal auf einem vier Meter Radius um mich verstreut. Die meisten werden dank ihrer perfekten Reflexe augenblicklich wieder auf die Füße kommen, daher verschwende ich keine Zeit damit mich umzuschauen als ich so schnell wie möglich in die enge Gasse hineinhetze.

Kann ich es riskieren ihnen einen Feuerball auf den Hals zu hetzen? Die Stadt ist zwar gegen vieles was die Feinde aufbringen könnten magisch geschützt, aber da in diesem Konflikt keine Katapulte oder ähnliches zur Anwendung kommen, lässt der Feuerschutz sehr zu wünschen übrig und ist nur gegen Brandpfeile auf die äußeren Bezirke beschränkt. Der Gedanke daran die leicht entzündbaren Stroh- und Holzschindeldächer mit einem Funken zu treffen hindert mich nachhaltig an dieser wirksamen Verteidigungstaktik. Die Drow hinter mir loszuwerden nur um dann zu verbrennen ist nicht unbedingt das was ich mir erhoffe. Innerlich fluchend renne ich weiter, vermeide es haarscharf mit einer plötzlich hervorspringenden Wand zu kollidieren und lausche angespannt auf die Schritte hinter mir. Unglücklicherweise gibt es da nicht viel zu hören, denn ihrer üblichen Eigenart entsprechend machen die Drow kaum Geräusche als sie mir nachsetzen.

Einige defensive Sprüche fallen mir ein, doch ich muss sie alle wieder verwerfen, denn jeder von ihnen würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen, so dass meine Verfolger längst bei mir wären lange bevor das letzte Wort meinen Mund verlassen hätte. Abgesehen davon steht es mit meiner Konzentration im Moment auch nicht zum Besten. Ich kämpfe nur mühsam meine Panik nieder, denn mir wird immer klarer, dass ich sehr im Nachteil bin gegenüber den auf Ausdauer getrimmten Kriegern hinter mir. Schon jetzt fällt es mir schwerer und schwerer die angeschlagene Geschwindigkeit aufrechtzuerhalten. Die unangenehme Tatsache das ich mich jeden Moment in einer Sackgasse wiederfinden könnte verdränge ich so weit es geht.

Der Gedanke meinen Meister um Hilfe zu rufen kommt mir zwar, doch es wäre wahrscheinlich ohnehin viel zu spät sollte er mich wirklich irgendwann finden in dem verworrenen Labyrinth der engen Gässchen und Hauszwischenräume. Ich brauche ein Versteck und das möglichst schnell oder ich werde diese Nacht vielleicht nicht überleben. Was soll ich bloß tun? Niemand hier wird mir helfen, denn schon mein Aussehen macht mich zum Feind.

Als plötzlich eine schlanke Gestalt mit einem Schwert in der Hand rechts von mir von einer Mauer springt bleibt mir fast das Herz stehen. Götter jetzt ist es soweit. Ich sterbe, ist mein erster Gedanke, der mich zu einem keuchenden, stolpernden Halt kommen lässt. Doch als gleich danach ein Dolch über meine Schulter fliegt und ein nasses Gurgeln, sowie ein gedämpftes Schaben von Metall auf Stein hinter mir erklingt ziehe ich eine andere Möglichkeit in Erwägung. Mit dem Mut der Verzweiflung ziehe ich den eigenen Dolch aus der schlichten Lederscheide und wende ich meinen Verfolgern zu, darauf vorbereitet um mein Leben zu kämpfen. Da mein unbekannter Retter noch eine Kapuze trägt habe ich keine Ahnung um wen es sich handelt, entscheide aber dies für den Moment einfach hinzunehmen und ihm trotzdem den Rücken zuzuwenden.

Als erstes muss ich jedoch der bereits heranzischenden Klinge ausweichen die mir beinahe den Hals durchtrennt.

„Na Kleiner, genug vom Weglaufen?" begrüßt mich Avjals süffisante Stimme. Er bemerkt schon nach den ersten Angriffen dass er praktisch mit mir spielen kann, denn auch wenn ich wie alle Mitglieder meines Clans die Grundlagen des Kampfes gelehrt wurde, bin ich nie sehr talentiert gewesen. Es reicht um ihm notdürftig auszuweichen, aber nur mit einem Dolch bewaffnet gegen einen Schwertkämpfer anzutreten wäre für jemanden wie mich normalerweise purer Selbstmord. Das sadistische Glitzern in den roten Augen sagt mir jedoch das ich von ihm kein schnelles Ende zu erwarten habe. Er gehört zu der Sorte die ihre Opfer gerne leiden lassen.

Keuchend starre ich ihn an, warte auf die nächste Attacke. Als sie schließlich kommt bin ich Sekundenbruchteile zu langsam. Seine Klinge gleitet fast sanft über meinen Handrücken und fügt mir einen flachen Schnitt zu. Den Schmerz kann ich zwar ignorieren, aber das Blut macht meinen Griff um die eigene Waffe unsicher und glitschig.

„Was ist? Keine Sprüche mehr Magier?" Verhöhnt er mich grinsend und jagt mich mit spielerischen Hieben vor sich her. Aus dem Augenwinkel sehe ich wie der mysteriöse Neuankömmling sich gegen die verbleibenden vier Soldaten zur Wehr setzt. Er hat dabei scheinbar sehr viel mehr Erfolg als ich, denn gerade als ich ihn wieder aus dem Blick verliere ertönt ein erstickter Aufschrei auf den gleich danach ein dumpfer Aufprall folgt. Da sich daraufhin nicht auch die anderen auf mich stürzen nehme ich an, dass es einer der Söldner war der da gerade sein Leben gelassen hat. Das kurze Aufblitzen von blondem Haar das ich gesehen zu haben meine weckt einen ersten Verdacht über die Identität des Neuankömmlings, der aber gleich darauf wieder nebensächlich wird, als mein Gegner seinen nächsten Angriff vollführt und ich mich hinter einen der allgegenwärtigen Müllhaufen ducken muss um nicht aufschlitzt zu werden.

Ich muss meine Taktik ändern. Denk nach verdammt, halte ich mir hektisch vor. Meine Klinge ist vergiftet, würde es nicht reichen wenn ich seine Haut nur ein wenig ritze? Aber wie komme ich nah genug an ihn heran? Soll ich den Dolch einfach nach ihm werfen? Dann wäre ich völlig ohne Waffe. Andererseits hat sie mir bis jetzt auch nicht viel genützt... ein weiterer Angriff durchbricht meine Gedanken, der mich diesmal fast den Halt kostet als ich hastig einen Schritt rückwärts mache und dabei beinahe über die Leiche des ersten unglückseligen Soldaten stolpere.

„Mein Gesicht ist das letzte was du in dieser Welt sehen wirst!" Grinst Avjal mir entgegen.

„Dann ist das Gesicht meines Meisters ist das letzte was du in deinem Leben sehen wirst." Zische ich in hilfloser Frustration über meine Unfähigkeit mich zu wehren zurück und bin fast überrascht als er daraufhin leicht verwirrt fragt: „Dein Meister? Wer soll das sein? Der findet mich doch gar nicht."

Das er sich dadurch wirklich ablenken lässt hätte ich fast nicht erwartet, aber nun wo sich die Möglichkeit bietet kann ich sie auch nutzen.

„Elarn Shenjal ist mein Meister." Erkläre ich böse und verfolge gespannt wie er innehält und sich entsetztes Begreifen auf seinen Zügen ausbreitet. Bevor er sich entscheiden kann mich trotzdem zu töten und sich so des Problems zu entledigen, werfe ich nun doch den Dolch nach ihm. Wie erwartet weicht er trotz Ablenkung elegant aus und trägt lediglich einen winzigen Kratzer am Unterarm davon.

„Das war dein Tod Sklave!" Knurrt er wütend und kommt mit mörderischem Blick erneut auf mich zu. Ich weiche zurück und bete mit aller Inbrunst darum das diese winzige Wunde genügen und das Gift schnell wirken möge, bevor er mich einfach aufspießt. Es scheint zunächst fast so als würde gar nichts geschehen und ich bin kurz davor in Tränen der wütenden Enttäuschung auszubrechen, als er schließlich doch noch ansatzlos die Augen verdreht, sich versteift und wie ein gefällter Baum nieder geht.

Ich bekomme keine Gelegenheit zur Erleichterung, denn als Avjals Schwert ihm aus der erschlaffenden Hand gleitet und klirrend auf dem Boden aufschlägt löst sich einer der anderen Krieger aus der Gruppe der Kämpfenden und kommt nun auf mich zu. Der Dolch liegt außer Reichweite. Ich bin völlig unbewaffnet, bis auf den Kristall, doch der würde durch seine schlecht lenkbare Kraft auf diese Distanz auch meinen geheimnisvollen Retter in Gefahr bringen und mir so möglicherweise nur noch weitere Feinde bescheren. Verdammt! Wieso muss das Leben nur so voller Ungerechtigkeiten und ungünstiger Umstände sein?

In der leisen Hoffnung ihn aufzuhalten lasse ich trotz der Bedenken eine Flamme in meiner Hand erscheinen. Lieber setze ich mich der Möglichkeit des Verbrennens aus als ihn noch näher herankommen zu lassen. Dies wird mir hoffentlich die nötige Zeit verschaffen um etwas anderes zu versuchen. Ein Frostzauber. Wenn es mir gelingt damit durch das Kettenhemd zu dringen und sein Herz zu treffen wird er wahrscheinlich außer Gefecht sein. Auf diese Art und geistig recht unvorbereitet zum Kampf gezwungen, kann ich nur vermuten was zu tun ist mit dem sehr begrenzten Arsenal an Sprüchen das mir zur Verfügung steht. Darauf einmal alleine vor einer Überzahl von Gegnern zu stehen hat mein Meister mich bisher unglücklicherweise nicht vorbereitet.

Halb erstarrt vor Angst versuche ich mit der einen Hand das Feuer aufrechtzuerhalten, während ich möglichst unauffällig die andere durch die verschlungenen Gesten des Frostzaubers zwinge und mich gleichzeitig bemühe den Soldaten im Auge zu behalten, der sich mir nun langsam mit dem blankem Schwert in der Hand nähert.

Ich muss genau den richtigen Augenblick abpassen. Wenn er zu früh bemerkt was ich tue schaffe ich es nicht mehr den Zauber zu beenden. Daran was geschehen wird wenn ich mein Ziel verfehle möchte ich in diesem Augenblick gar nicht denken.

Anders als seine Kameraden verschwendet er seine Zeit nicht damit mich zu verhöhnen, sondern beobachtet mich abwartend, hauptsächlich auf das Feuer in meiner Hand konzentriert. Ich hoffe stumm dass dies lange genug so bleiben wird, denn ich den nächsten Augenblicken muss ich es schaffen die letzten Gesten in Harmonie mit einem gesprochenen Auslöser zu vollenden. In dieser Zeit kann ich ihm aufgrund der dazu nötigen Konzentration nicht so viel Aufmerksamkeit widmen wie ich gerne würde. Wahrscheinlich wird er spätestens dann die Täuschung bemerken, aber wenn ich schnell genug bin kann ich es trotzdem rechtzeitig hinbekommen. Ein letzter angespannter Blick, dann ist es soweit, das erste Wort kommt über meine Lippen. Einen Augenblick später springt er los, was mich fast dazu verleitet aufzuschreien und alles zu ruinieren. Hastig sprudeln nun die Silben hervor und gerade rechtzeitig bevor er mich erreicht schicke ich ihm die kleine, nebelhafte Wolke eisigen Frostes entgegen, die dieser Spruch produziert.

Mein Ziel treffe ich etwa zur Hälfte, was reicht um mir die nötige Zeit zu geben so weit zurückzuweichen, dass ich das Zischen der Klinge hören kann, die gerade knapp vor meiner Brust vorbeisaust. Um zu verhindern dass er mich wieder angreift werfe ich eine Handvoll hastig aufgeklaubten Straßendrecks nach ihm. Wieso stirbt er nicht endlich, frage ich mich panisch als er sich gleich darauf schüttelt wie ein Hund und wieder aufrichtet? Auch ein zur Hälfte gefrorenes Herz sollte eigentlich genug sein um den Tod herbeizuführen. Die Bedenken die ich damals bei Ainwe hegte, haben diesmal gar keine Gelegenheit aufzukommen, so sehr halten mich die Panik und eiskalte Angst in ihrem Griff. Seit ich auf die Gruppe gestoßen bin hatte ich kaum Zeit einen klaren Gedanken zu fassen. Nur eins beherrscht gerade mein ganzes Bewusstsein. Ich will das dieser Soldat vor mir jetzt für immer seinen roten Augen schließt.

Als er mir, nach einer für meine überreizte Wahrnehmung viel zu lang erscheinenden Zeit, endlich den Gefallen tut sich mit schmerzerfüllter Grimasse an die Brust zu greifen und langsam zusammenzubrechen entkommt mir ein unkontrollierter Schluchzer der Erleichterung.

„Stirb verdammt noch mal!" Knurre ich ihn mit überschlagender Stimme an ohne es überhaupt richtig zu registrieren. Mein Herz schlägt so schnell dass ich meine es würde mir jeden Augenblick aus der Brust springen und ich beobachte, selbst am ganzen Körper zitternd, wie er noch kurz nach Atem ringt, bevor sich schließlich doch die Bewusstlosigkeit durchsetzt.

Voll irrationaler Angst davor er könnte sich doch noch wieder erholen schnappe ich mir hastig den vergifteten Dolch vom Boden und ziehe einen mehr oder weniger tiefen Schnitt über die schwarze Kehle, bevor ich zurücksinke und mir halbherzig mit dem blutigen Ärmel die Tränen aus den Augen wische um wieder eine klare Sicht zu bekommen. Ich hasse es zu kämpfen! Ich hasse diese ganze verdammte Stadt und den beschissenen Krieg! Wieso tun wir nur solche Dinge?

Das Geräusch klirrenden Metalls macht mir schnell klar, das die Gefahr noch nicht vorüber ist und das lähmende Gefühl bleierner Erschöpfung angestrengt beiseite schiebend wende ich mich wieder den übriggebliebenen Soldaten zu, die beide jedoch immer noch vollauf beschäftigt sind mit dem Fremden. Der eine ist jener Schwertträger, der sich so wütend auf Avjal gestürzt hat und das andere muss der Körperform nach zu urteilen die letzte verbleibende Frau der Truppe sein. Jetzt wo ich etwas Muße habe um meinen Retter genauer zu betrachten erkenne ich ihn auch. Vor allem nachdem ihm schon vor einiger Zeit der Schutz seiner Kapuze abhanden gekommen ist und sein Gesicht enthüllt hat. Es scheint ein recht ausgeglichener Kampf zu sein, den Ethins Bruder dort führt, denn bedingt durch eine unangenehm aussehende Schulterwunde kann er sich nicht so effektiv gegen die beiden Drow durchsetzen wie das zuvor der Fall gewesen sein muss.

Ich verschwende einige wertvolle Sekunden damit einfach nur auf die Kämpfenden zu starren und mich zu fragen ob Ethin wohl ebenso gut ist. Dann wird mir klar, dass ich lieber alles tun sollte was möglich ist um ihm zu helfen, denn bei dem fortgesetzten Blutverlust wird er bestimmt bald ermüden.

Das Gift des Dolches hat höchstwahrscheinlich schon zu viel seiner Wirksamkeit eingebüßt um noch von Nutzen zu sein, aber die kleine Armbrust, die ich nach kurzem Suchen an Avjals Gürtel erspähe könnte mir vielleicht eine Möglichkeit geben aus sicherer Distanz in den Kampf einzugreifen. Soweit ich weiß benutzen die Drow gerne vergiftete Bolzen. Ich hoffe nur dass der Größenunterschied zu den mir vertrauteren Waffen keinen allzu großen Einfluss auf meine Zielfähigkeiten haben wird.

Angespannt versuche ich, halb hinter einem weiteren Müllhaufen verborgen, eine Möglichkeit zu finden zu schießen ohne Elavelynral dabei in Gefahr zu bringen. Wieso noch keiner der drei über den überall herumliegenden Unrat gestolpert ist, ist mir bei den waghalsigen Manövern die ich gerade sehe ein Rätsel. Überhaupt sollten eigentlich mehr Leute aufmerksam werden auf den Lärm den wir hier veranstalten. Waffengeklirr ist schließlich nicht unbedingt ein alltägliches Geräusch direkt in den engen Gassen dieser Stadt. Da! Die Waffe des Mannes ist nach einem fehlgelaufenen Schlag für kurze Zeit in einem Balken steckengeblieben. Jetzt steht er gerade lange genug still um ein halbwegs brauchbares Ziel abzugeben. Es ist zwar riskant, aber da uns die Zeit davon läuft drücke ich trotzdem ab.

Er zuckt überrascht zusammen als sich der winzige Bolzen in seinen Oberarm gräbt und zieht ihn hastig heraus. Doch es ist bereits zu spät. Das Gift hat den Weg in seine Blutbahn gefunden und schickt ihn langsam aber sicher in einen tiefen Schlaf. Aus dem Gleichgewicht gebracht durch den unvorhergesehenen Verlust ihres Kampfpartners verliert die Frau die Initiative und beschließt auf einmal ihr Heil in der Flucht zu suchen. Kaum einen Lidschlag später ist sie auch schon außer Sicht, entschwunden zwischen den dunklen Ecken der Häuser.

Auf einmal alleine mit Ethins Zwilling und etlichen toten oder sterbenden Drow muss ich bemerken, dass seine Gegenwart mir nicht unbedingt Vertrauen einflößt wenn er mir über einen Haufen Leichen aus diesen grünen Augen entgegenstarrt, die mich in diesem Augenblick viel zu sehr an die seines Bruders erinnern. Ich lasse die Armbrust fallen und mache einen Schritt rückwärts.

„Halt, warte!"

„Das hättest du wohl gerne." Murmle ich hauptsächlich zu mir selbst und unterdrücke den Schauder der mir beim kommandierenden Klang seiner Stimme den Rücken hinunter laufen will. So sehr wie Ethin. Ein weiterer Schritt zurück.

„Warte." Wiederholt er eindringlich. „Keine Angst, ich will dir nur helfen."

Wie gerne würde ich ihm glauben, aber ein leichtes Flackern in seinem Blick warnt mich. Das ist nicht die ganze Wahrheit. Er will etwas von mir, da bin ich fast sicher. Und was immer es ist, es wird bestimmt nicht im Sinne meines Herrn sein. Diese Begegnung wird mich nur wieder in Probleme stürzen!

„Du kannst mir nicht helfen." Erkläre ich abweisend. „Lass mich in Ruhe."

Ob ich ihm entkommen kann? Er ist zwar verwundet, aber besser in Training als ich es bin. Ich entscheide es zu riskieren und renne los, nur um nach wenigen Schritten von meinen eigenen Waffen geschlagen zu werden. Ein Klicken ertönt nicht weit hinter mir und einer der winzigen Bolzen trifft meine Wade. Mit dem Stich kommt auch fast sofort das Gefühl der Lähmung und entsetzt stelle ich fest, dass ich langsamer werde, stehen bleibe und unerklärlicherweise der Boden immer näher zu kommen scheint. Kurz bevor ich aufschlage bin ich bereits eingeschlafen.