Disclaimer: Nicht meins, verdiene auch kein Geld damit...gähn.


A/N: So komme ich endlich dazu es zu posten. Hab einfach zu viel besuch im Moment!
amlugwen: Ach Shenjal kommt zwar nicht ganz so oft und ausführlich vor, aber aus der Welt isser natürlich auch nicht. Bin nur zur Zeit etwas beschäftigt und komm nicht so oft zum schreiben...

Petalwing: Analytische Intelligenz:) Ist ja etwas dass ich mir selbst nicht unbedingt zusprechen würde. Umso besser, dass sie bei Shenjal offenbar trotzdem aufscheintg


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Das Fest

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Bereits kurz nachdem Lenwe, mit einem undurchschaubaren Lächeln auf den Lippen und der Versicherung er werde sich mit Tisraens Argwohn angemessen befassen, wieder gegangen ist und ich mich gezwungenermaßen recht langsam abgetrocknet und in ein weiches Laken gewickelt habe, erscheint der Diener von vorhin wieder. Er hat einem Stapel Kleider auf dem Arm. Mit einem Blick zu meinen verletzten Arm bietet er an mir beim Ankleiden behilflich zu sein. Ein Vorschlag den ich mit gemischten Gefühlen annehme, denn ich bin mir nur zu bewusst, dass man auf meinem Körper noch deutlich die Spuren des letzten Bades mit meinem Herrn erkennen kann. Was wird er denken wenn er sie sieht, die Abdrücke von Zähnen, die dunklen, bereits verblassenden Flecken an meinem Nacken und Oberkörper? Weiß er überhaupt wer ich bin und woher ich komme? Jetzt ist es allerdings zu spät um noch einen Rückzieher zu machen, denn er ist schon an mich herangetreten und zieht mit einer schwungvollen Bewegung das Laken von meinen Schultern. Der weiche Stoff gleitet unaufhaltsam durch meine Finger und einen Moment verspüre ich den Drang schnell zuzupacken, damit die verräterischen Zeichen meines bisherigen Lebens nicht enthüllt werden, aber ich beherrsche mich.

Unwillkürlich weiten sich seine Augen bei dem Anblick den er vorfindet und er scheint momentan wie erstarrt. Ich bin jedoch entschlossen ihm nicht zu zeigen wie unangenehm mir das ist und hebe deshalb nur eine schmale Braue, als sei es ganz selbstverständlich sich in einem solchen Zustand zu befinden. Dies scheint ihn wieder zur Vernunft zu bringen und er stottert eine schnelle Entschuldigung heraus, bevor er mir schweigend und äußerst zuvorkommend in die neuen Kleider hilft.

Das Mitleid das unübersehbar in seinem Blick liegt ärgert mich. Kann er sich nicht um seine eigenen Angelegenheiten kümmern? Ich hoffe er behält was er gesehen hat auch für sich. Das Objekt des allgemeinen Tratsches zu werden ist eigentlich nicht mein Ziel. Ich bin froh als endlich der Großteil meiner Haut unter der neuen Kleidung verdeckt ist. Das schlichte, weiße Hemd und die nur unwesentlich zu weite, dunkelbraune Hose sind zwar nicht von der selben Qualität wie meine alten Gewänder, doch sie sind bequem und vor allem unauffällig. Meine Worte des Dankes für seine Mühen sind daher keineswegs gelogen.

Am liebsten würde ich hier in diesem Raum bleiben und mich erst später mit all diesen unbekannten Personen auseinandersetzen, aber ich denke kaum dass ich einen vernünftigen Grund finden könnte um diesen Wunsch durchzusetzen ohne unhöflich zu wirken. Mit einem innerlichen Seufzer ergebe ich mich also in mein Schicksal und nicke als der Diener verkündet, wir müssten uns nun beeilen um nicht zu spät zu kommen.

Äußerlich unbewegt folge ich ihm durch die nur langsam vertrauter werdenden Flure zur Festhalle. Es fühlt sich ungewohnt an nach all diesen Wochen wieder ganz ohne die lästige Schminkerei zu sein, aber dies ist ausnahmsweise einmal eine Entwicklung die ich aus vollem Herzen begrüße! Auch wenn sogar ich zugeben muss, dass es meine Erscheinung vorteilhaft betonte, ist mir das tägliche Anmalen nie wirklich leicht gefallen. Der abendliche Blick in den Spiegel, den ich zwar inzwischen notgedrungen akzeptiert habe, aber noch immer möglichst vermeide wenn es geht, wird in Zukunft also nicht mehr fester Bestandteil meines Tages sein.

Ich bin mir nicht sicher was genau mit dieser Veranstaltung auf mich zukommt und das ist ein Umstand der mir gar nicht gefällt, doch ich bin mir ebenfalls unsicher ob ich wagen kann diesen Diener zu fragen, denn ich möchte ihm nicht noch mehr Stoff zur Spekulation geben. Ich erinnere mich noch deutlich an den Empfang in Dab'aschach zu dem mein Herr eingeladen war. Damals musste ich, zusammen mit den anderen Sklaven, stundenlang still hinter seinem Stuhl verharren. Ich hoffe dass es heute eine Möglichkeit geben wird schnell zu verschwinden, denn mittlerweile fühle ich mich einfach nur noch erschöpft. Lediglich die Unruhe und Unsicherheit, welche die ungewohnte Situation bei mir hervorruft, bewirken, dass ich noch nicht wirklich zur Ruhe gekommen bin.

Ob Ethin ebenfalls da sein wird? Ich nehme es zumindest an, denn schließlich ist es ja ein Fest anlässlich seiner Rückkehr. Hoffentlich wird es wenigstens etwas zu essen geben, um die unangenehme Tatsache seiner Gegenwart erträglich zu machen und mich damit ein wenig von allen momentanen Schwierigkeiten abzulenken.

Als hätte das Schicksal sich entschieden mir einen schlechten Streich zu spielen, ist natürlich der erste den ich zu Gesicht bekomme niemand anderes als Ethin höchstselbst, der dort, ebenfalls mit edlen neuen Gewändern, neben seinem Bruder an der bereits festlich gedeckten Tafel hockt. Ich bin allerdings ein wenig überrascht, als ich die außergewöhnlich deutlichen Zeichen der Unruhe bemerke, die er ausstrahlt. Eine Unruhe die sich sofort auf mich zu übertragen scheint, sobald er mich bemerkt, woraufhin sich der grünäugige Blick an mir festsaugt, wie an einem unfreiwilligen Rettungsanker.

Ärgerlich starre ich einen kurzen Moment zurück, versuche ihm deutlich zu machen, dass ich es kein bisschen schätze so von ihm fixiert zu werden, doch wie immer beeindruckt es ihn kaum was ich will oder nicht will. Tisraen ist noch nirgendwo zu sehen, wie ich mit Interesse feststelle, während mich der Diener zielstrebig auf einen Platz dirigiert, der dem Elavelynrals genau gegenüber liegt. Ich sitze damit fast am einen Ende des lang gestreckten Tisches. Nur noch zwei weitere Plätze trennen mich vom Kopf der Tafel. Dort wird wahrscheinlich das Oberhaupt der Familie platz nehmen. Ethins Vater.

Ich fühle mich unglaublich unbehaglich in dieser exponierten Position. Meine Aufgabe ist es gewöhnlich mich unauffällig im Hintergund zu halten, nicht im Rampenlicht an einer Festtafel zu sitzen. Jetzt wird mir die Ursache für Ethins Unruhe um einiges klarer. Wenn er schon länger hier sitzen musste, wird ihn dass Gefühl etwas falsches zu tun bestimmt bereits fast zum Wahnsinn getrieben haben.

„Ah wie schön dich zu sehen." Begrüßt Elavelynral mich mit leicht verkrampftem Lächeln und etwas angestrengter Fröhlichkeit. Offenbar hat er inzwischen auch endlich verstanden, dass sein kleines Luftschloss mit dem Traum von einer Glücklichen Wiedervereinigung nicht unbedingt auf einem sicheren Fundament steht. Ich kann deutlich erkennen, wie seine Gesichtszüge beinahe entgleisen, bei Ethins nächster leiser Bemerkung.

„Wenn ich dich nachher in die Finger kriege wirst du dir wünschen Essal hätte dich ausgeliehen und als Nadelkissen benutzt du Stück Dreck!" Zischt er mir entgegen. Meine erste, instinktive Reaktion auf diese hasserfüllte Ankündigung ist ein spontanes Erblassen, bis ich mich erinnere wo wir uns befinden und was diese Umstände für mich bedeuten. Auch wenn er mir die Schuld an unserer gegenwärtigen Lage geben mag, habe ich nun doch einen entscheidenden Vorteil.

„Rühr mich auch nur mit dem kleinen Finger an und ich brenne dir die Haut von den Knochen." Zische ich ebenso leise zurück, damit uns niemand anderes verstehen kann. „Du weißt genau dass ich das kann wenn ich will."

„Aber du darfst nicht!"

Irre ich mich oder schwingt ein leicht beleidigter Unterton in diesen Worten mit? Ich glaube er hat die Tragweite der Situation noch nicht ganz begriffen. Aber das ist kaum verwunderlich. Wenn es mir selbst schon schwerfällt einen ausdrücklichen Befehl zu missachten, obwohl ich ganz genau weiß, dass ich nun nicht mehr gezwungen bin zu gehorchen, wie schwierig muss es dann erst für ihn sein sich von den aufgeprägten Verhaltensweisen zu lösen?

„Siehst du noch ein Halsband um meinen Hals?" Frage ich leise, während lediglich sein Bruder uns mit nur mühsam beherrschten Zügen lauscht. Er ist offensichtlich schockiert. „Ich darf tun was immer mir in den Sinn kommt du Idiot. Xuat inbau atsus.(Lass dich nicht erwischen) Ist es nicht das was sie den Lehrlingen in Dab'aschach beibringen?"

Jetzt ist es Ethin der auf einmal die Farbe verliert. Mit einer abwehrenden Bewegung faucht er mir böse entgegen: „Halt die Klappe! Wir werden ja sehen wer hier was darf." Als wolle er sowohl die unverhohlene Drohung als auch jeglichen Gedanken an Ungehorsam von sich weisen. Da meine Drohung leider zu großen Teilen nur Wunschdenken ist, entgegne ich nichts darauf, denn ich mag zwar auf einer intellektuellen Ebene begriffen haben wie es um mich steht, doch ich weiß auch, dass es von dort noch ein weiter Weg bis zum umsetzen dieser neuen Möglichkeiten ist die mir nun offen stehen. Elavelynral scheint ein völlig verunsichert, als wüsste er nun nicht mehr wie er mit uns umgehen soll.

„Ich sagte euch doch, dass wir uns nicht besonders mögen Kommandant." Sage ich zu ihm, bevor die angespannte Situation glücklicherweise durch Tisraens Ankunft unterbrochen wird.

Der blauäugige Elf sieht sehr blass aus und wirkt geistig so instabil als würde er beim kleinsten Anlass in Tränen ausbrechen, sich aber mit aller Macht davon abhalten wollen. Augenblicklich wandelt Elavelynrals vorherige Verwirrung sich in liebevolle Besorgnis und er wendet sich ihm mit ganzer Aufmerksamkeit zu. Ein Anblick den ich ehrlich gesagt leicht befremdlich finde. Jemand mit Ethins Zügen der ehrliche Fürsorge ausstrahlt, dass ist etwas, dass für mich einfach nicht zusammenpasst.

„Tisraen!" Stößt er hervor was den Angesprochenen augenblicklich zusammenzucken lässt. „Geht es dir nicht gut? Du siehst erschöpft aus."

Doch seine Fürsorge scheint nicht gerade auf Gegenliebe zu stoßen denn Tisraen schüttelt hastig den Kopf, murmelt undeutlich ein vages: „Nein, nein es ist alles in Ordnung." und weicht dann der Hand aus die Elavelynral bereits nach ihm ausgestreckt hat um schnell um den Tisch herum zu treten und sich an meiner Seite niederzulassen, wo er angestrengt auf sein Gedeck starrt und allen Blicken ausweicht.

Ich bin mir mehr als sicher, dass keineswegs alles in Ordnung ist, aber ich weiß auch, dass Tisraen wahrscheinlich stur genug ist um bis zum völligen Zusammenbruch auf seinem Standpunkt zu beharren. Wer es nach einigen Monaten in Essals Händen noch wagt überhaupt irgendwem zu widersprechen muss schon einiges an Widerstandsfähigkeit haben, selbst wenn sie inzwischen wohl sehr gelitten hat. Er scheint allerdings zu diesem Zeitpunkt trotz aller gegenteiligen Anzeichen noch entschlossen vorzugeben, dass die qualvolle Zeit bei Essal nie stattgefunden hat und ihn nicht im geringsten beeinflusst. Ich hoffe nur dass, wenn der unvermeidliche Augenblick des Erwachens kommt, er dies auch verkraften kann. Für den Moment entscheide ich ihn so weit es geht zu unterstützen, damit er wenigstens durch den heutigen Abend kommt ohne eine unangenehme Szene zu verursachen, denn noch mehr Aufmerksamkeit will ich nicht unbedingt bekommen.

Ethin bedenkt ihn mit einem dieser typisch lauernden Blicke, der mir augenblicklich Sorgen bereitet. Ich kann praktisch riechen wie sehr ihn diese offensichtliche Schwäche in Versuchung führt und ich bezweifle dass er sich zurückhalten wird, auch wenn er für den Moment noch keine Anstalten macht sofort zum Angriff überzugehen. Stattdessen dehnt er offenbar seine Aufmerksamkeit auf den Rest des, sich langsam aber sicher füllenden, Raumes aus und schaut sich misstrauisch um.

Die allgemein vorherrschende Stimmung stellt sich aus einer eigenartigen Mischung von Euphorie und Gedecktheit zusammen. Die Anspannung des Krieges ist trotz des glücklichen Anlasses allgegenwärtig und ich nehme an, dass es einige hier gibt deren Angehörige sich gerade um einiges näher am Herd des Konfliktes befinden als wir es tun.

Die neugierigen Blicke, die man uns zuwirft erhöhen leider nur mein Unbehagen und ich wünsche mir inständig diese Feier wäre bereits vorbei, denn unter dieser allgemeinen Aufmerksamkeit bekomme ich immer mehr Angst einen fatalen Fehler zu machen. Die Konsequenzen wären zwar im Grunde vernachlässigbar, aber allein die Aussicht darauf diesen Zustand noch einige Stunden aushalten zu müssen weckt fast schon Panik in mir. Es ist alles zu viel und zu schnell für mich.

Einen Moment der Erleichterung beschert mir die Ankunft von Ethins Vater, der als letzter kommt, Lenwe und einen weiteren Elfen in seinem Schlepptau. Der Unbekannte ist sehr offensichtlich ein Krieger. Seine selbstsichere, aufrechte Haltung und die Art und Weise wie er mühelos seine Umgebung zu überschauen und zu kontrollieren scheint vermitteln diesen Eindruck so deutlich, dass man unmöglich zu einer anderen Schlussfolgerung gelangen kann. Die Sestrainie haben wirklich ein paar bemerkenswerte Persönlichkeiten unter ihren Beratern, denke ich für mich während ich unauffällig das eindrucksvolle Trio beobachte.

Lenwe schenkt mir kaum Beachtung als er sich an Elavelynrals Seite niederlässt, doch dass ist natürlich zu erwarten gewesen. Alles andere hätte mich ehrlich gesagt verunsichert. Tisraen scheint noch ein wenig mehr in sich zusammenzusinken als der Krieger mit einem winzigen, aber sehr offensichtlich besorgten Seitenblick, neben ihm Platz nimmt und ich kann sehen wie sich seine Finger im Saum seiner Tunika verkrallen.

Das wahre Ausmaß meiner inneren Anspannung wird mir erst bewusst, als ich heftig zusammenzucke, weil sich plötzlich einer der Diener von hinten über mich beugt um unsere Weingläser zu füllen. Tisraen, zuckt zwar nicht zusammen, aber dafür transferiert er auf einmal seinen unangenehm festen Griff von seinem Gewand zu meinem rechten Handgelenk, was mich dazu veranlasst mit den Zähnen zu knirschen, da der Druck den er dabei auf meine Abschürfungen ausübt nicht unbedingt angenehm ist. Ich schaffe es jedoch alle anderen Reaktionen zu unterdrücken und hoffe einfach, dass er bald wieder loslassen wird. Ein wenig Schmerz erscheint mir in diesem Augenblick als ein durchaus angemessener Preis für seine Beherrschung.

Einen Augenblick wundere ich mich darüber, dass er ausgerechnet bei mir Hilfe sucht, doch dann wird mir klar, dass er möglicherweise immer noch versucht das wahre Ausmaß seiner Verstörung zu verbergen und nicht will, dass die anderen ihn als schwach und hilflos sehen. Auf die Dauer wird das sicher nicht gut gehen, aber für diesen Abend ist es wohl erst mal zu spät um noch einen anderen Kurs einzuschlagen.

Ich bin erleichtert, als Ethins Vater sich nun erhebt und sich offenbar anschickt eine Rede zu halten, denn dadurch wenden sich die allgemeinen, neugierigen Blicke größtenteils ihm zu. Ich nutze die Chance ihn ein wenig näher zu betrachten und stelle fest, dass er zwar dieselben weißblonden Haare besitzt wie seine Söhne, diese aber bei ihm mit durchdringenden, glitzernden Augen von sattem Braun gepaart sind. Eine energische, gerade Nase und schmale, rosige Lippen unterscheiden ihn deutlich von den etwas zierlicher geschnittenen Gesichtern der Zwillinge, auch wenn sich eine gewisse Ähnlichkeit in Statur und Knochenstruktur nicht verleugnen lässt. Deren zerbrechlichere Schönheit muss demnach wohl eher von der Seite ihrer Mutter stammen, die, wie mir verspätet auffällt, heute nicht anwesend ist. Ob sie noch lebt?

Ich lausche den fast schon überschwänglichen Worten, mit denen er die Rückkehr seines lang vermissten Sohnes verkündet und mit einem verstörend fanatischen Unterton alle auf den letzten Angriff einschwört, der die verhassten Drow endgültig zurücktreiben soll in ihre verderbte Stadt. Es ist eigenartig ihn darüber sprechen zu hören, nachdem ich ja einige Zeit selbst ein Bewohner dieser, wie er es ausdrückt, Brutstätte der Bosheit war. Nun ja, von mir aus können sie gerne alles tun um sie dem Erdboden gleichzumachen. Mein Meister befindet sich ohnehin mit größter Wahrscheinlichkeit schon nicht mehr dort.

Ärgerlich über diesen Gedanken und meine anhaltende Besorgnis schüttle ich leicht den Kopf und verpasse fast den plötzlichen Schwenk der Aufmerksamkeit auf Tisraen und mich, begleitet von einer ausschweifenden Geste des Sprechers in unsere Richtung und den Worten: „Und so viel von dem was heute erreicht wurde haben wir diesen beiden zu verdanken, dass dieser Tag nicht in einer großen Tragödie geendet ist lag mit an ihrem Einsatz. Ohne ihre Opfer und Schmerzen wäre uns dieser Schlag gegen die verabscheuungswürdigen Schlächter und Sklavenhalter nie gelungen. Wir alle sollten uns ein Beispiel nehmen an ihrer Bereitschaft das eigene Leben für eine höhere Aufgabe zu riskieren, denn nicht nur meinen verlorenen Sohn gewannen wir heute wieder, sondern auch wertvolle Informationen über einen geplanten Angriff, der mit Sicherheit viele Leben gekostet hätte. Ein Angriff, der...", an dieser Stelle werden wir gnädigerweise von dem geballten Interesse der Gesellschaft erlöst. Ein Umstand für den ich sehr dankbar bin, denn ich glaube Tisraen war gerade auf dem besten Wege mein Handgelenk zu brechen mit seinem schraubstockartigen Griff. Durch lange Übung schaffe ich es zwar mein Gesicht nicht zu einer schmerzerfüllten Grimasse zu verziehen, aber trotzdem platziere ich einen scharfen Tritt am Knöchel des blonden Elfen neben mir, sobald ich denke es riskieren zu können. Er schreckt ein wenig zusammen, lockert hastig seinen Griff und wirft mir einen entschuldigenden Blick zu.

„Verzeih." Flüstert er und zieht dabei seine Hand zurück als hätte ich plötzlich Feuer gefangen. Ich beginne mich zu fragen, ob es nicht angebracht wäre unter einem Vorwand zu verschwinden und ihn einfach mitzuschleifen. Wenn das so weiter geht, werde ich morgen keinen meiner Arme mehr wirklich gebrauchen können! Der Sinn dieser, in meinen Augen hoffnungslos übertriebenen, Rede ist mir ohnehin noch nicht ganz klar, denn mittlerweile müssten eigentlich alle aus Ethins Familie bemerkt haben dass die Situation nicht so rosig ist wie sie es gerne hätten. Aber vielleicht dienen die großen Worte auch nur dazu die übrigen Anwesenden von eben dieser Tatsache abzulenken.

Als das nächste Mal Diener kommen um eine Vorspeise aus kleinen Pastetchen und frischem Gemüse aufzutragen bin ich besser darauf vorbereitet, dass sie an mir vorbeireichen. Ethin hat einen ausgemacht hungrigen Glanz in den Augen während er jede ihrer Bewegungen genauestens beobachtet und ich frage mich wie lange es her sein mag, dass er und Tisraen zum letzten Mal etwas bekommen haben.

Dank meiner Tätigkeit als Tischsklave weiß ich zwar mittlerweile sehr genau welches Besteck wann und wozu benutzt wird, doch vorsichtshalber warte ich dennoch einige Zeit ab, bevor ich nach meiner Gabel greife. Jetzt sollte eigentlich jeder der wichtiger ist als ich sein Mahl bereits begonnen haben. Ein wenig amüsiert es mich, dass Ethin zunächst ebenfalls abwartet und mir zuschaut, wie ich langsam die ersten Bissen verspeise. Bin ich jetzt zu einem unfreiwilligen Vorkoster geworden oder ist er einfach unsicher? Tisraen neben mir, hebt zwar auch seine Hand, doch sie zittert so stark, dass ich fast erleichtert bin, als er sie wieder sinken lässt ohne einen ernsthaften Versuch gestartet zu haben sein Besteck zu ergreifen.

Etwas streift mein Bein, so dass ich überrascht einen schnellen Blick unter den Tisch werfe. Gerade noch rechtzeitig um zu sehen wie Ethins Fuß aufdringlich an Tisraens Wade hinaufstreift, woraufhin dieser sich erschrocken auf die Lippe beißt und praktisch zur Salzsäule erstarrt, Blick starr auf seinen Teller geheftet. Ärgerlich starre ich daraufhin den Unruhestifter an und forme lautlos die Wörter „Hör auf!" mit den Lippen, was ihn aber nicht im Geringsten beeindruckt. Im Gegenteil. Der Fuß wandert unaufhaltsam weiter in Richtung Oberschenkel und ich weiß ganz genau dass der verstörte Elf neben mir sich nicht wehren wird.

Toll, was mache ich denn jetzt? Wenn ich nichts unternehme wird Tisraen in weniger als zwei Minuten wirklich der Zusammenbruch ereilen, aber ich denke kaum dass es etwas bringen wird jetzt nach Ethin zu treten. Wieso kann sein Zwilling eigentlich nicht besser auf ihn acht geben? Schließlich ist es doch sein Liebhaber der hier gerade bedrängt wird.

Elavelynral scheint allerdings zur Zeit völlig in ein Gespräch mit seinem Vater vertieft zu sein, aber darauf kann ich jetzt keine Rücksicht nehmen. Ein gezielter Tritt gegen sein Schienbein genügt zum Glück um mir sofort seiner ungeteilten Aufmerksamkeit sicher zu sein. So dezent wie es mir möglich ist gestikuliere ich in Richtung seines Bruders, der ihm bereits gehässig entgegengrinst und noch immer keine Anstalten macht mit seiner provokanten Tätigkeit aufhören zu wollen.

Ethin flüstert seinem Spiegelbild etwas zu, dass ich jedoch nicht verstehe, weil er so extrem leise gesprochen hat. Elavelynral dagegen scheint sehr wohl verstanden zu haben, denn seine folgende Miene entgeisterter Überraschung ist kaum zu übersehen und bringt nun auch seinen Vater und Lenwe dazu sich ihm zuzuwenden. Zu diesem Zeitpunkt ist Elavelynral allerdings schon aufgesprungen und auf dem besten Wege zu seinem Geliebten, den er auch gleich darauf unzeremoniell am Arm packt und hastig mit sich fortzieht.

„Ich glaube es ist das Beste du folgst ihnen und erklärst Tisraens Verhalten, bevor Lynral noch zu falschen Schlüssen gelangt." Spricht Lenwe mich an, während die anderen dem Paar noch überrascht hinterher blicken.

„Er?" Will der Krieger zu meiner Rechten erstaunt wissen und bedenkt mich mit einem zweifelnden Blick. Er hatte sich bereits selbst halb erhoben, lässt sich jedoch nun langsam, mit immer noch äußerst zweifelnder Miene wieder zurück auf den Stuhl sinken.

„Natürlich. Er war schließlich dabei. " Antwortet der blonde Berater ungeduldig. „Beeil dich," wendet er sich dann an mich „sonst findest du sie nicht mehr."

Mit einer knappen Verbeugung entferne ich mich, erleichtert endlich aus diesem Raum mit all den Leuten entkommen zu können, auch wenn ich es ein wenig bedaure mein Mahl unterbrechen zu müssen. So wie es sich anhört sind bereits alle über die jüngsten Vorfälle informiert. Zumindest teilweise. War also die blumige Rede wirklich eine Täuschung oder bin ich nur schon zu sehr in der Denkweise der Drow gefangen?

Der Gang den ich vorfinde, als ich aus der Tür des Festsaales trete ist leider leer, doch das schwache Geräusch von Schritten lenkt meinen Weg die nächste Abzweigung zu meiner Linken hinunter. Auf diese Weise folge ich ihnen ein paar Minuten, bis ich sie endlich so weit eingeholt habe, dass ich zumindest erkennen kann, dass ich den richtigen gefolgt bin. Bevor ich mich allerdings bemerkbar machen kann zieht Elavelynral seinen Geliebten unvermittelt zur Seite und in einen Raum hinein.

Einen stummen Fluch auf den Lippen beeile ich mich noch etwas mehr und fange nun wirklich an zu rennen. Wenn ich Pech habe gibt es in diesem Zimmer irgendeine obskure Geheimtür, womit ich sie jetzt verloren habe! Es scheint jedoch als hätte ich zumindest in dieser Hinsicht Glück, denn zu meiner Erleichterung kann ich Stimmen oder besser gesagt eine Stimme vernehmen als ich endlich leicht keuchend an der Türe anlange. Ich fasse auch bereits nach der Klinke, halte aber dann doch inne. Jetzt einfach in den Raum zu platzen wäre vielleicht nicht die klügste Taktik. Vielleicht wird Elavelynral ja auch ausnahmsweise einmal etwas Einfühlungsvermögen beweisen und mein Eingreifen unnötig machen.

Meine leise Hoffnung zerschlägt sich leider gleich darauf, denn ich kann sogar durch die Tür hindurch deutlich hören wie vorwurfsvoll der Ton seiner Stimme ist.

„Wieso sagst du nichts, tust nichts? Soll das heißen, dass er recht hatte?"

Undeutliche Schritte. Ich glaube er läuft nervös auf und ab.

„Tisraen! Bitte sag etwas! Ich verstehe dich nicht mehr. Sag mir dass er gelogen hat, bitte! Das bist du nicht, das weiß ich. Tisraen, wieso versucht er so etwas?"

Ein Augenblick der Stille folgt und dann höre ich jemanden schluchzen. Das muss Tisraen sein, denn die Schluchzer sind durchsetzt mit Worten.

F'sarn t-taudl!" (Es tut mir leid!) Stottert er. „Qualla, f'sarn taudl Lynral!"

„Du...was tust du da! Tisraen?"

Verdammt. Es wird Zeit das ich etwas tue. Ich habe zwar keine Ahnung was, aber es ist ganz eindeutig höchste Zeit dafür. Meine Hand zittert als ich nun doch die Klinke herunterdrücke. Der Anblick, der sich mir bietet, ist zwar nicht unerwartet, aber nichtsdestotrotz beklemmend. Ein völlig aufgelöster, verzweifelter Tisraen, der in einer für jeden Sklaven typischen Haltung vor dem überraschten und deutlich überforderten Elavelynral kniet und ihn offensichtlich um Verzeihung anfleht. Ich weiß zwar nicht genau worum es überhaupt ging, aber ich habe den starken Verdacht, dass es etwas mit Ethins letzter Äußerung zu tun hat.

Tlu suust." (Be quiet) Sage ich leise zu dem Häufchen Elend das dort am Boden kniet und stelle mich dann trotz meines beinahe überwältigend starken Widerwillens zwischen die beiden.

„Was willst du hier?" Fragt Elavelynral mich fast zeitgleich, wobei alles an ihm offene Abweisung ausdrückt. Es fällt mir unglaublich schwer dies zu ignorieren und nicht augenblicklich mit einer hastigen Entschuldigung das Zimmer zu verlassen, aber ich beiße ich die Zähne zusammen und zwinge mich statt auf den Boden, wenigstens in die generelle Richtung seines Gesichts zu blicken als ich antworte.

„Bitte Herr." Sage ich und falle vor lauter Nervosität zurück in die vertrauten Sprachmuster meines Sklavendaseins. „Ihr wisst nicht was ihr ihm antut."

„Antun?" Die Verärgerung über meine Einmischung in etwas, dass er normalerweise völlig zu Recht als seine Privatsache ansehen würde, klingt deutlich in dieser Frage mit. „Was unterstellst du mir! Ich würde ihm nie etwas antun!"

„Nein, nein. Natürlich nicht Herr." Beeile ich mich zu bekräftigen. „Aber ihr wisst nicht wie es ist Herr. Ihr... ihr wisst nicht..."

Erschrocken breche ich ab, als er einen Schritt auf mich zu macht und beiße mir auf die Lippe, um das leise, ängstliche Wimmern zu unterdrücken, dass mir entschlüpfen will. Hätte Lenwe mich nicht ausdrücklich hergeschickt, ich würde spätestens jetzt die Flucht ergreifen. Er wird immer wütender und das macht mir Angst.

„Glaubst du ich würde mir keine Vorwürfe machen oder könnte mir nicht vorstellen was diese widerlichen Sadisten mit ihm angestellt haben! Natürlich kann ich das! Und dann kommt mein eigener Bruder und sagt er hätte sich ihm schamlos angeboten, ihn geradezu angebettelt. Nach allem was ihm angetan wurde. Wie soll ich das auffassen? Alles was er tun muss wäre zu sagen das Ethin gelogen hat!"

Das Schluchzen hinter mir steigert sich in seiner Lautstärke und ich wünsche mir nichts mehr als den wütenden Elfen vor mir endlich zum Schweigen zu bringen. Ironischerweise glaube ich ihm sogar dass er gar keine schlechten Absichten hat, aber in diesem Augenblick wird mir auch klar, dass er wahrscheinlich nie verstehen wird wie es gerade in Tisraens Geist aussieht oder wie weit man jemanden treiben kann, mit den richtigen Methoden. Ich versuche es ihm trotzdem begreiflich zu machen.

„Aber das ist es was ich meinte Herr." Erkläre ich gepresst und zwinge mich dazu nicht zurückzuweichen während ich spreche, auch wenn sich dies gleich darauf als schlechte Idee herausstellt

„NEIN! Du LÜGST!" Brüllt er mich nämlich daraufhin völlig außer sich an und versetzt mich in entsetztes Zittern und Zähneklappern als er mich plötzlich am Kragen packt und schüttelt. „Das würde Tisraen NIEMALS tun! Wie kommst du dazu sowas zu behaupten du BASTARD! Du hast nicht die geringste Ahnung!"

Für einen schrecklichen Augenblick kann ich auf einmal nicht mehr unterscheiden zwischen ihm und Ethin. Die pure Panik überschwemmt mich und ich fange nun meinerseits an laut zu schreien und mich blind zu wehren, die heftigen Schmerzen in meinem verletzten Arm dabei einfach ignorierend. Keine Worte, nur ein hohes, spitzes Kreischen der Panik füllt meine Welt, bis schließlich von weit weg Tisraens Stimme zu mir durchdringt, der uns beide anschreit, wir sollten aufhören. Mit einem Ausdruck des Erschreckens lässt Elavelynral mich abrupt los, so dass ich zu Boden falle, wo ich mit furchtgeweiteten Augen so weit wie es geht von ihm wegkrabble.

„Wer von uns beiden ist hier der Bastard?" Fauche ich ihn mit heiserer Stimme, durch den Tränenschleier der sich auf einmal über mein Blickfeld gelegt hat, an. „Ihr seid kein Stück besser als euer Bruder!"

Er starrt mich ein paar Sekunden lang stumm und voller Entsetzen an, bevor er auf dem Absatz kehrt macht und hinausstürmt. Tisraen ist an der gegenüberliegenden Wand zusammengesunken und ich kann sehen wie seine Schultern sachte zucken unter stillen Schluchzern. Einen Augenblick lang ist mir daraufhin selbst danach einfach nur hemmungslos zu heulen. Die unerwartet heftige Reaktion hat mich erschüttert und eine Zeitlang überdeckt dieses Gefühl sogar den pochenden Schmerz in meinem Arm. Vielleicht sind die beiden Zwillinge sich am Ende doch ähnlicher als ich angenommen hatte.

Eine Weile schaue ich einfach nur teilnahmslos zu wie Tisraen in Depression und Tränen versinkt. Dann überfällt mich auf einmal ein Gedanke. Hat Lenwe dies geahnt als er mich den beiden nachschickte? Er kennt sie beide sehr viel besser als ich und es wäre sicher zu seinem Vorteil wenn sich der misstrauische Tisraen ausgerechnet von der Person entfremdet die ihm hier am nächsten ist. Jetzt müsste der Berater nur noch als mitfühlender Retter auftreten um dadurch eine gewisse Abhängigkeit zu schaffen, die ihm mehr Kontrolle über den anderen gibt. Der Umstand, dass er mich auf diese Weise benutzt ohne mit der Wimper zu zucken oder mich auch nur im Ansatz einzuweihen ärgert mich so sehr, dass ich sogar meine Lethargie überwinde und endlich vom Boden aufstehe.

Von meinem Meister bin ich diese Behandlung zwar gewöhnt, aber mir ist durchaus klar, dass die Situation hier eine andere ist und dass ich besser eine Stellung von größerer Unabhängigkeit gegenüber Lenwe behaupten sollte, wenn ich nicht völlig von seinen Plänen vereinnahmt werden will. Außerdem, bekräftigt eine leise, aber eindringliche Stimme in meinem Kopf, ist Lenwe nun mal nicht mein Meister. Den vermisse ich im Moment überraschend schmerzlich, denn er würde garantiert einen eleganten Ausweg aus dieser Misere finden, so wie er es immer tut.

Mit einem Seufzer wende ich mich dem nächstliegenden und immer noch schniefenden Problem zu. Vielleicht wird es Tisraen ebenso helfen wie mir wenn ich ihn jetzt zunächst einmal in den Garten bringe, wo er von etwas mehr Lebendigkeit und Ruhe umgeben ist. Allein lassen kann ich ihn in diesem Zustand nicht, selbst wenn er mich gehen ließe, was ich ehrlich gesagt bezweifle nachdem er bereits mehrmals seine Angst vor dem Alleinsein überdeutlich gezeigt hat. Hier zubleiben widerstrebt mir allerdings auch und so versuche ich ihn aus sicherer Distanz vorsichtig anzusprechen, seine letzte Reaktion auf eine Annährung dabei noch unangenehm frisch im Gedächtnis.