Disclaimer: Erkennbare Charaktere und Orte gehören nicht mir.


A/N: Ok, eigentlich sollte ich wie besessen lernen... und wenn ich am Mittwoch durch die Prüfung falle kann ich nichtmal jemand anderem die Schuld geben.


Zwischenspiel

Vergangenheiten

„Erst das Gold!" Verlangte die abgerissene Gestalt vor mir mit einem Gebaren, dass halb Gier und halb Angst war. Insgesamt bot er einen Anblick, der kaum mehr als Verachtung in mir hervorrief. Ausgezehrt, die Haut fahl und stellenweise entzündet, tief eingesunkene, dunkel unterlaufene Augen in denen bereits ein unruhiges Flackern stand, das verriet wie nötig er die nächste Dosis Drogen hatte.

„Entweder du spuckst aus was du weißt oder ich häute dich wie die dreckige kleine Ratte die du bist." Erklärte ich ihm liebenswürdig und hoffte, dass dies deutlich genug gewesen war für das von Ziran und Dreammist zerfressene Gehirn des Halbmenschen vor mir. Was die andere Hälfte war konnte ich nicht recht ausmachen, auch wenn die Mischung offensichtlich in einer abstoßenden, leicht grünlichen Hautfarbe und seltsam unregelmäßig wirkendem Haarwuchs resultierte. Mit einiger Verspätung reagierte er auf meine unverhohlene Drohung und wich einen Schritt zurück, die Hände ruckartig vor den Oberkörper zuckend.

„Schon gut," nuschelte er undeutlich. „Kein Grund ärgerlich zu werden. Ich rede, ich rede."

Eine auffordernde Handbewegung war alles wozu ich mich herabließ.

„Am Hafen, da gibt es einen Sklavenhändler, der hatte einen Aufseher. Elf, groß und blond. Hieß genau wie der den ihr sucht."

„Lenwe."

Ein eifriges Nicken und die wiederkehrende Gier, die sich zurück auf die abgemagerten Züge schlich.

„Genau, genau. Ist schon ne ganze Weile weg. Keiner weiß wohin."

Es machte wohl nicht viel Sinn zu fragen wie lange genau „eine ganze Weile" war. Auf das Zeitgefühl eines Drogensüchtigen zu vertrauen war in etwa das selbe wie unbesorgt über Treibsand zu laufen. Aber zumindest gab mir dieses abgerissene Geschöpf einen Anhaltspunkt der mich zu einer anderen Informationsquelle führen konnte.

„Der Händler. Wie heißt der?"

„Endalim. Haled Endalim."

Abwartend, lauernd schaute er mir entgegen. Da ich keine Lust hatte mir die Hände schmutzig zu machen warf ich ihm ein paar Kupferstücke vor die Füße und verlies die schmuddelige Gasse in der wir dieses kleine Treffen abgehalten hatten. Wenigstens war er noch klug genug sich nicht zu beschweren über einen Lohn, der weit unter dem lag was ich zuvor angeboten hatte.

Seitdem Rayen und ich vorsichtig angefangen hatten Erkundigungen über die Sestrainie einzuholen waren wir zunehmend sicher, dass dieser seltsame Elf, mit der bis gerade noch unbekannten Vergangenheit, wohl am besten als Ansatzpunkt dienen würde. Wer genug Erfahrung besaß, um ein Halsband wie jenes das ich Evoe angelegt hatte gegen meinen Willen, ohne drastische Schäden zu entfernen, der war auf jeden Fall ein Gegner über den es sich bescheid zu wissen lohnte. Zumindest ging ich bisher davon aus, dass er dies geschafft hatte, da wir es aufgrund unserer beschränkten Ressourcen noch nicht vermocht hatten einen näheren Blick hinter die Schilde des Hauses Sestrainie zu erhaschen, für die er höchstwahrscheinlich ebenfalls verantwortlich war. Möglicherweise machte ihn aber seine Vergangenheit angreifbar. Eine weitere Möglichkeit die nur vorteilhaft sein konnte. Wenn wir es schafften Rayen bei diesem Sklavenhändler einzuschleusen hätten wir nicht nur eine weitere Einnahmequelle, sondern auch die Möglichkeit uns unauffällig weitere Informationen zu beschaffen.

Gut gelaunt und voller neuer Pläne machte ich mich auf den Weg zurück in unser heruntergekommenes Heim. Wäre nicht dieser schreckliche Ordnungswahn den Rayen scheinbar nicht ablegen konnte, ich hätte mich dort trotz des fehlenden Komforts durchaus wohl fühlen können, denn immerhin hatte ich schon bedeutend unangenehmere Situationen hinter mir. Aber so wie die Dinge standen war es manchmal so unerträglich in seiner Gegenwart, dass ich schnell begonnen hatte immer öfter auch meine freie Zeit außer Haus zu verbringen, in dem zwielichtigen Etablissement, das mich als Sicherheitskraft angeheuert hatte fand sich im Allgemeinen immer jemand der ein wenig frivoler Unterhaltung nicht abgeneigt war. Es war genug um meine Langeweile zu bekämpfen, wenn auch bei weitem nicht so erfüllend wie das anspruchsvollere Leben an der Schule. Aber schließlich hatten wir auch nicht vor ewig hier zu bleiben.

Wie erwartet begrüßte mein alter Kollege die Möglichkeit endlich etwas Sinnvolles zu tun das ihn seinem Ziel näher brachte und von diesem unbequemen Exil ablenkte. Wahrscheinlich würde er auch wieder ein wenig ausgeglichener sein, wenn er erst einmal seine aufgestauten Aggressionen an den Sklaven von diesem Endalim auslassen konnte.

Ich beschloss dass dies Anlass genug war um ein wenig zu zelebrieren und begab mich auf den Weg zu einer der zahllosen Schenken, während Rayen keine Zeit verlor und sich auf den Weg machte um sich anheuern zu lassen. Meine Laune hob sich sogar noch ein wenig als ich durch den Eingang des „Grünen Ghouls" trat und Imrah erblickte, der von mehreren grobschlächtigen Gestalten umringt war und offensichtlich gerade in Schwierigkeiten steckte. Imrah war ein Halbelf, der mich wegen seines tiefschwarzen Haares ein wenig an Evoe erinnerte, auch wenn er deutlich muskulöser und breiter gebaut war. Vor ein paar Tagen hatte ich ihn in einem ungewöhnlichen Anfall von Sentimentalität verführt und festgestellt, dass er ein durchaus interessanter Bettgefährte war, wenn auch mit einem recht offensichtlichen Problem wann immer es um die Selbstbeherrschung beim Wetten ging. Wahrscheinlich war es diese Eigenschaft die ihm die gegenwärtige Gesellschaft beschert hatte. Sein Glück, dass ich gerade in der richtigen Laune für ein wenig Konfrontation war. Eine schnelle Überprüfung der Zutaten in meinen Taschen, um sicherzugehen dass alles an seinem Platz war und es konnte losgehen.

„...bis heute Mittag!" Rumpelte gerade derjenige in dieser Schlägertruppe, der noch genug Intelligenz besaß um zusammenhängende Sätze zu formen. Die anderen beschränkten sich darauf grimmig zu starren während Imrah's Blicke hektisch durch den Raum schweiften, auf der Suche nach einem Ausweg. Geld zu verwetten das man nicht besitzt ist eben keine Angewohnheit die gut für das körperliche Wohlbefinden ist. Als er mich erblickte hatte ich die wundervolle Gelegenheit zuzusehen wie leise Hoffnung und zunehmende Unsicherheit über das blasse Gesicht huschten. Der Ruf der Drow als unberechenbare und hinterhältige Wesen ist durchaus verdient und hätte ich ihn in einer anderen Stimmung angetroffen, ich hätte vielleicht mit der gleichen Befriedigung zugesehen wie die Schläger ihm alle Knochen brachen mit der ich jetzt zum Angriff überging.

„Imrah!" Rief ich mit allen Anzeichen der freudigen Überraschung, ohne ihre Gegenwart zur Kenntnis zu nehmen. „Welch angenehmer Zufall euch hier zu treffen!"

„Shenjal."

Ein unsicheres Lächeln. Vorsichtig anhaltende Hoffnung. Er fragte sich wohl was genau ich jetzt vorhatte. Genau wie die Hau-drauf-Truppe die mich nun abweisend musterte und versuchte meine Absichten einzuschätzen. Ich konnte es geradezu rattern hören in ihren hohlen Köpfen.

„Habt ihr Lust ein wenig zu feiern mein Freund?" Fragte ich den Halbelfen grinsend, noch immer ohne von der Anwesenheit der Schläger Notiz zu nehmen und konnte zusehen wie erst Erleichterung und dann Misstrauen in Imrahs Blick traten. Natürlich. Keine Hilfe ohne Gegenleistung. Auch wenn ich nicht vorhatte allzu viel von ihm zu verlangen. Bevor er antworten konnte schaltete sich allerdings der Sprecher der Schläger ein.

„Wir waren zuerst hier Drow. Ihr könnt ihn später haben wenn wir mit ihm fertig sind." Blaffte er mich unfreundlich an und versuchte dabei angestrengt seine Angst zu verbergen. Vielleicht war er doch dümmer als ich zunächst angenommen hatte.

„Dann wird aber kaum noch viel mit ihm anzufangen sein," bemerkte ich milde. „Also Dicker, ich würde vorschlagen du ersparst dir eine peinliche Niederlage, lässt ihn mir für heute Abend und kommst morgen wieder."

Er schien nicht sonderlich begeistert von meinem eigentlich recht vernünftigen Vorschlag, aber möglicherweise war sein Gehirn auch noch mit der Beleidigung beschäftigt. Vielleicht hätte ich sie lieber ans Ende des Satzes stellen sollen.

„Ich verspreche dir er wird noch am leben sein." Setzte ich hilfreich hinzu. Mein breites Lächeln mag ein wenig zu herablassend gewesen sein, aber als er lediglich knurrend eine ruckartige Handbewegung machte um mir seine Kumpanen auf den Hals zu hetzen, war ich ehrlich gesagt ein wenig enttäuscht. Eloquente Gegner waren meist die Interessanteren.

Mit dem irritierenden Gefühl um meine Unterhaltung gebracht worden zu sein sprach ich ein einzelnes Wort, begleitet von einer schnellen Geste der rechten Hand und hatte sie somit eingeschläfert. Am liebsten hätte ich sie umgebracht, weil sie so langweilig waren, aber da ich nicht genau wusste für wen sie arbeiteten wäre das wohl leider unklug gewesen. Vielleicht würde ja einen anderen Gast das durchdringende Schnarchen stören das sie von sich gaben...

Mit einem resignierten Seufzer beugte ich mich über Imrah um ihn zu wecken. Er würde sich eben anstrengen müssen um den Abend unterhaltsam zu gestalten. Ein unwilliges Grunzen folgte nachdem ich ihn nicht gerade sanft geschüttelt hatte. Dunkle Augen öffneten sich einen vorsichtigen Spalt breit.

„Hmpf?"

„Wach auf!" Murrte ich ihn ungeduldig an. „Wir haben heute noch einiges vor."

„Feiern?" Fragte Imrah mit hoffnungsvollem Lächeln, noch während er, erst halb erwacht, desorientiert blinzelte und für diesen vielversprechenden Ansatz belohnte ich ihn mit einem herrischen Kuss.

„Genau Imrah mein Goldstück. Du hast es erfasst."

Scheinbar hatte ich damit sein Misstrauen fürs erste besänftigt, denn er folgte mir geradezu eifrig als ich vorschlug den Abend an anderer Stelle fortzusetzen. Drei heruntergekommene Schänken und einige Flaschen Wein später hatte er dann genug Mut gesammelt um im Schutz des wackligen Tisches an dem wir saßen mit erstaunlicher Geschicklichkeit einen Fuß unter meine Robe zu schieben. Glücklicherweise hatte er sogar die Geistesgegenwärtigkeit dazu vorher aus seinem Stiefel zu schlüpfen, was die Erfahrung noch angenehmer machte.

Einen Augenblick war ich unschlüssig. War eine unterhaltsame Nacht Rayens Unmut über einen Halbmenschen in unserem Unterschlupf wert? Das letzten Mal waren wir bei Imrah gestrandet, aber da er nun diese liebenswürdige, kleine Truppe im Nacken hatte, war anzunehmen, dass wir dort nicht lange ungestört sein würden und einen Raum zu mieten konnte ich mir keinesfalls leisten. Zehen die sehr angenehm über meine Kniekehle und Wade strichen lenkten mich für einen Moment ab und ich seufzte ergeben auf. Also gut. Rayen würde eben mit seinen Vorurteilen zurechtkommen müssen. Falls er überhaupt da war.

„Du wirst bluten heute Nacht." Eröffnete ich ihm mit einem bösartigen Grinsen. Er sollte ruhig wissen was ihm bevorstand wenn er bei mir unterkriechen wollte.

„Ach ja?"

Der Effekt dieser scheinbar unbeeindruckten Antwort wurde ein wenig verdorben durch das erregte Glitzern in seinen Augen. Die ewige Jagd nach dem Adrenalinkick, dem Risiko. Ob er nun durch Wetten oder Sex erreicht wurde, bei Imrah machte das offenbar keinen großen Unterschied.