Poison
-die hellste Nacht –

Zu früh.
Ich bin hoffnungslos zu früh.
Das ist nun wirklich untypisch für mich. Normalerweise erscheine ich zu Verabredungen oder Veranstaltungen eher etwas zu spät, da das den besten Auftritt beschert und man die gesamte Aufmerksamkeit besitzt.
Der größte Star kommt halt immer zuletzt und das bin nun mal ich...
Neben dem Weltliebling Harry Potter.
Aber ich bin nicht eifersüchtig auf dich. Dafür musstest du schon zuviel durchmachen.
Tja, das hättest du wohl nicht gedacht.
Dein größter Rivale -Rivale, nicht Feind, das ist Voldie- zeigt Verständnis.
Schon komisch.
Mir ist irgendwie nach einem hysterischen Lachanfall zu Mute, während mir gleichzeitig die Tränen in die Augen schießen.
Ich bin echt ein seelisches Wrack.
Heute ist einfach zuviel passiert.
Noch nicht einmal einen genauen Zeitpunkt für meinen psychischen Verfall kann ich benennen.
Nach unserem kleinen „Unfall" im Gang dachte ich schon, es könnte nicht mehr schlimmer werden.
Nicht, dass man mich falsch versteht, ich habe es schon genossen. Vielleicht sogar zu sehr...
Schließlich war das der Moment, von dem ich lange geträumt habe.
Ich kann förmlich dein misstrauisches Gesicht sehen.
Draco Malfoy, größter arroganter Kotzbrocken Hogwarts und selbsternannter Peiniger des „Goldenen Trios" träumt davon, vom „Junge-der-lebt" Harry Potter geküsst zu werden?
Braucht mir keiner zu glauben, ist aber so.
Hey, jeder hat so seine kleinen Geheimnisse und dies ist eben eins von meinen.
Das andere ist, dass ich, allen Gerüchten zum Trotz, noch völlig unberührt bin...oder zumindest war.
Die Parkinson klebt zwar besser als jeder Haftzauber an mir, aber da war nichts, ist nichts und wird auch nie etwas sein.
Zumindest nur über meine Leiche!
Zurück zum Thema.
Als deine Lippen so plötzlich auf den meinen lagen wäre ich beinahe der Versuchung erlegen dich so zu küssen, wie ich es mir schon lange gewünscht habe..
Gerade noch rechtzeitig konnte ich dich wegstoßen, bevor meine Gefühle überhand nahmen.
Mein erster Kuss gehörte also dir, so wie ich immer gewollt hatte, doch SO sollte es eigentlich nicht ablaufen.
Als wir wieder voreinander standen musste ich mich erst fangen, doch dann stiegen eine immense Trauer und heiße Wut in mir hoch.
Du hattest meinen ersten Kuss, doch bedeuten würde dir dieses „Geschenk" wohl nichts.
So forderte ich dich zu diesem Duell heraus um mich für etwas zu rächen, wofür du doch eigentlich gar nichts kannst.
Weder dafür, dass mein Kuss durch einen Unfall und nicht aus Liebe gegeben worden war, noch dafür, dass du nichts für mich empfindest...
Naja, weiter im Text.
Meine beiden Bodyguards habe ich weggeschickt und mich dann in irgendeinen letzten Winkel des Schlosses verzogen. Ich wollte meine Situation überdenken, hab ich mir jedenfalls eingeredet.
In Wirklichkeit stand ich nachher da und schwelgte in der Erinnerung an den Kuss und Tagträumen, bis...
Ja, bis ich mich plötzlich gepackt fühlte und in einer dunklen Besenkammer vorfand.
Da stand ich dann nun.
Eingepfercht mit einer Person, die nicht nur nicht erkennbar, ich verfluche noch immer die beschissenen Lichtverhältnisse, sondern auch eindeutig stärker war als ich, sowie nicht gewillt schien mich so schnell wieder gehen zu lassen.
Nein, vielmehr begann sie mich zu küssen und...
Ich wollte nicht, aber mein Körper zeigte mehr Reaktion als mir lieb war und als ich dann einen Hauch seines Geruches erhaschte, der dem deinen so sehr glich, gab ich mich der Illusion hin DU würdest mich so berühren.
Seine Hand huschte in meine Hose und das holte mich wieder etwas zurück in die Wirklichkeit.
Doch auch mein neu erwachter Widerstand brach schnell in sich zusammen, spätestens, als ich die liebevolle und zugleich erregende Stimme hörte, die ich mir nur zu gut aus deinem Mund vorstellen kann.
Ich erschauere jetzt noch bei dem Gedanken, was danach geschah.
Ich habe mir so sehr gewünscht, dass du es bist, habe zugelassen, dass alles hervorbrach, was ich sonst bei dir immer so mühevoll unterdrückte.
Noch immer klingt diese wunderbare Stimme in meinem Ohr, wie sie mich zärtlich „kleiner Drache" nennt.
Doch plötzlich war alles vorbei, er war verschwunden und auch auf dem Gang konnte ich niemanden sehen.
Dabei konnte man sich eigentlich nirgendwo verstecken...
Als ich später im Slytherinturm ankam, war ich schon fast überzeugt, dass die Begegnung lediglich ein Produkt meiner Tagträumerei war. Zwar sehr, sehr real, aber doch nur ein Traum.
Bis ich von Blaise Zabini dezent darauf hingewiesen wurde, dass ich einen, ich zitiere, „ästhetisch wertvollen, wunderschönen Knutschfleck" hätte.
Ich war bezeichnet als Eigentum eines Unbekannten.
Eine Welle der Übelkeit erfasste mich als ich daran zurückdachte, wie ich mich dem Fremden vollkommen ausgeliefert hatte. Aber andererseits...
Ich fühlte mich hin und her gerissen zwischen einer Seite, die mir zuschrie ich wäre eine dreckige kleine Hure, weil ich mich so hatte gehen lassen, obwohl ich nur dich liebe, und dem anderen Teil, der felsenfest darauf bestand, dass DU mein Verführer aus der Besenkammer wärest.
Selbst jetzt bin ich noch zu keinem eindeutigen Schluss gekommen.
Dementsprechend habe ich auch keine Ahnung, wie ich mich dir gegenüber verhalten soll, dich auf das Thema ansprechen, welches mich so brennend interessiert, ohne mich irgendwie zu verraten oder zu blamieren, falls du doch nichts damit zu tun haben solltest.
Und ich habe riesige Angst, dass dies der Fall sein könnte.
Meine Seele würde in tausend Scherben zerbrechen...
Mittlerweile ist es 2 Minuten nach 12 und es ist immer noch nichts von dir zu sehen.
Lässt du mich einfach so stehen, wie ich dich bei unserem „Duell" im ersten Schuljahr?
„Wo bleibst du nur, Potter?" murmle ich vor mich hin und zucke erschrocken zusammen, als ich deinen heißen Atem an meinem Ohr verspüre.
„Hast du mich schon vermisst?"
Ich fahre herum, doch ich kann niemanden erblicken.
„Potter?" frage ich leicht unsicher.
Ein amüsiertes Lachen schwebt umher, ohne Ursprung.
Und plötzlich stehst du da, deine schlanke Gestalt vom fahlen Mondlicht in einen geradezu überirdischen Glanz getaucht.
Atmen, Draco, atmen!
„Wie ich sehe bist du diesmal doch gekommen. Oder bist du Filch und hast nur Vielsafttrank genommen um mich endgültig der Schule zu verweisen?" spottest du und mein Magen verkrampft sich.
Du weißt ja gar nicht wie weh du mir mit deinem Misstrauen tust. Aber ich hab's mir ja selber zuzuschreiben.
„Hat es dir die Sprache verschlagen, Malfoy?" Eine deiner feingeschwungenen Augenbrauen wandert nach oben.
Obwohl ich weiß, dass die nur anzeigt wie sehr du mich in deinem Innern verlachst, komme ich nicht umhin dieser kleinen Regung eine unglaubliche Eleganz zuzusprechen und sie wie einen Schatz in meiner Erinnerung zu verwahren.
Aber langsam sollte ich doch lieber etwas sagen, sonst mache ich mich hier noch zum kompletten Volltrottel, auch wenn dazu eh nicht mehr viel fehlt.
„Das hättest du gerne, Potter" entgegne ich höhnisch „kannst wohl nur mit Stummen auf deinem Niveau diskutieren."
Das Lächeln ist nicht einen Augenblick von deinem Gesicht gewichen, was mich doch sehr verwirrt.
Ich meine, dass mir meine Bemerkungen dir gegenüber mehr ausmachen als dir selbst ist ja mittlerweile normal.
Aber das!
„Naja, weißt du" sprichst du gedehnt, während du dich lässig an eine Mauer lehnst.
Gott, wie kann eine so banale Bewegung nur so anbetungswürdig sexy sein?
„Einerseits dürfte unsere Konservation recht langweilig verlaufen, wenn du nichts sagen würdest. Aber andererseits..."
Du fixierst mich mit einem Blick, der mir Schauer über den Rücken laufen lässt und leckst dir über die Lippen.
„...müssen wir ja nicht reden."
Ach du SCHEIßE!
Das kam in meinem Hirn jetzt VERDAMMT zweideutig an.
Was, bei Merlin, willst du DAMIT wieder sagen?
Nach einer äußerst stilvollen Künstlerpause bequemst du dich endlich, mir den Sachverhalt zu erklären.
„Schließlich sind wir hier um uns zu duellieren, nicht wahr, Malfoy?"
Mit einer geschmeidigen Bewegung hast du dich von der Mauer abgestoßen und deinen Zauberstab gezogen und ich... stehe da immer noch wie festgewachsen, schwankend zwischen Enttäuschung ob deiner Worte und haltloser Faszination bei deiner katzenhaften Art.
DRACO LUCIUS MALFOY!
Beweg endlich deinen Arsch, lass nen coolen Spruch ab und mach dich verdammt noch mal nicht noch mehr zum IDIOTEN!
„Wird das heute noch was?" dringt deine schon fast neckende Stimme an mein Ohr und bringt meinen Körper dazu endlich mal wieder zu reagieren...allerdings GANZ anders als gewollt.
Punkt 137 auf meiner heute-ist-ein-scheiß-Tag-Liste: mein eigener Körper verrät mich.
„Na, na, Malfoy" spottest du und ich befürchte schon, dass du was bemerkt hast.
„WAS!" zische ich, da ich mich in die Ecke gedrängt fühle.
Wieder ziehst du die Augenbraue hoch.
„Also, ich mache mir ja fast schon Sorgen. Hat dich unser kleiner Zusammenstoß heute so aus dem Konzept gebracht?"
Mist!
Treffer versenkt!
Jetzt bloß nichts anmerken lassen.
„Wovon träumst du nachts, Potty?"
Ich habe ja eigentlich nicht mit einer Antwort gerechnet und selbst wenn, dann gewiss nicht mit dieser.
Du hast ein so faszinierendes und gleichzeitig...unwiderstehliches Lächeln aufgelegt, dass ich mich unwillkürlich frage was ICH heute Nacht wohl träumen werde. Aber ich weiß, dass es in diesem 100ig feuchten Traum um eben dieses Lächeln gehen wird.
Immer noch musterst du mich lächelnd, dein Blick ist nicht eindeutig einzuordnen.
„Vielleicht träume ich ja von deinem süßen kleinen Hintern."
Geschockt schnappe ich nach Luft.
Das KANN nicht dein Ernst sein!
Du...du machst dich über mich lustig!
„Was soll der Scheiß, Potter?" presse ich hervor.
Dein Gesicht ist zu einer höhnischen Grimasse verzogen und mein Herz scheint wie von einem Cruciatus getroffen.
„Jetzt tu nicht so, als wäre das was Neues" schnarrst du in einer Tonlage, die ich sonst eher von mir gewohnt bin. „Die halbe Schule liegt dir zu Füßen und sag jetzt nicht, du hättest das noch nie ausgenutzt."
Sprachlos starre ich in dein angewidertes Gesicht, womit du dich in Rage geredet hast.
Plötzlich siehst du mich direkt an, in deinen Augen liegt ein Ausdruck, den ich zwar nicht deuten kann, der mir aber ganz und gar nicht gefällt.
„Nach unserem 'Zwischenfall' hast du dir doch bestimmt auch jemanden 'besorgt' um meinen Geschmack loszuwerden"
BAMM!
Das hat gesessen!
Du weißt es!
Weißt du es?
Hast du uns gesehen oder vermutest du es nur?
Aber dieser verachtende Blick lässt all die Wut und den Selbstekel wieder hervorkommen.
Und warum, WARUM musst du mich so quälen?
Verzweifelt wütend richte ich meinen Zauberstab auf dich, doch du weichst meinem Fluch mühelos und leichtfüßig aus.
Blitzschnell stehst du vor mir, entwendest mir meine Waffe und drängst mich an die Wand.
„Hattest du wenigstens Spaß?" kommt von dir ein Zischen und du presst deinen Körper so nah an meinigen, dass nicht einmal mehr ein Haar dazwischen passen würde.
Diese plötzliche Nähe, DEINE plötzliche Nähe!
Deine Wärme umfängt mich, ich kann das Heben und Senken deines Brustkorbs spüren, genauso wie deinen Atem auf meinem Hals...Moment mal, Atem auf meinem Hals?
Du hast mir doch tatsächlich den Kragen heruntergerollt. Das hieße ja du könntest...
„Netter Knutschfleck, Malfoy"
Mist!
Mistmist!
Mistmistmistmist!
Deine Finger streichen ungewohnt sanft über meine empfindliche Haut am Hals, direkt über besagtem Mal, und mein mühsam beherrschter Körper reagiert.
„Was haben wir denn da?" schnurrst du und bewegst dich einmal gegen meine Hüfte, was mir ein Aufstöhnen entlockt.
„Macht dich das etwa an, Malfoy?"
Ich ziehe es vor darauf nicht zu antworten. Das ist doch wohl mehr als offensichtlich!
Doch mein Schweigen scheint dir nicht zu gefallen.
Du knurrst und festigst schon fast schmerzhaft deinen Griff während du dein Becken leicht kreisen lässt.
Wieder stöhne ich, von den Gefühlen übermannt, auf.
„Ich warte immer noch auf eine Antwort" sagst du süffisant „Macht es dich an, so ausgeliefert zu sein?"
Da du deine Hüftbewegungen noch nicht eingestellt hast, fällt es mir schwer zu antworten.
„Ja" bringe ich gepresst hervor.
Bei Merlin! Wer soll sich so bitte noch konzentrieren? Reicht dir das nicht?
Anscheinend nicht, dein Grinsen wird breiter.
„Gut, jetzt präzisiere ich. Macht es dich an MIR ausgeliefert zu sein?"
MANN!
Du kannst Fragen stellen!
Und noch bevor ich richtig nachgedacht habe schreie ich dir ein „JAAA, VERDAMMT!" entgegen.
WAS!
D-das hab ich doch gerade nicht wirklich geantwortet, oder?
Doch, hab ich wohl und dir gefällt es offenbar.
Dein Grinsen wird zu einem sanften Lächeln und in deine Augen tritt ein wunderschönes Leuchten.
„Warum nicht gleich so, mein Drache" hauchst du gegen meine Lippen, ehe du sie mit einem Kuss verschließt.
Als ich mich in diesen Kuss verliere, fügt sich plötzlich alles in unendlicher Klarheit zusammen.
Meine Reaktionen und Empfindungen in der Besenkammer, dein Wissen von dieser Begegnung und die exakte Position des Knutschflecks, vor allem aber dein ungewohntes, dennoch im Nachhinein recht angenehmes Handeln mir gegenüber.
„Gott, Harry" stöhne ich, als du dich wieder von mir löst.
„Danke, aber nur 'Harry' reicht auch" antwortest du keck und ich verfalle wieder deinen Augen, die mich zum ersten Mal freundlich anfunkeln.
„Ich liebe dich" und wie ich dich liebe, mein Engel aus der Besenkammer.
„Ich liebe dich auch, mein kleiner Drache" sagst du sanft und wir versinken erneut in einem Kuss, der deutlich leidenschaftlicher ist als der vorangegangene.
Doch plötzlich löst du dich von mir, lässt mich ohne jeglichen Körperkontakt, dafür aber mit einem riesigen Problem in der Hose, einfach verwirrt stehen.
Was ist denn nun schon wieder?
Fragend blicke ich dich an, doch du hast die Augen geschlossen.
Als du sie wieder öffnest und mich fixierst, läuft es mir heiß und kalt den Rücken herunter, soviel Leidenschaft spiegelt sich in ihnen.
Du ergreifst meine Hand, was ein angenehmes Prickeln verursacht und ziehst mich ein paar Gänge weiter vor eine Wand, die nach einem gemurmelten Wort von dir eine Tür frei gibt.
Ein Geheimraum!
Irgendwann werde ich dich fragen, woher du den jetzt schon wieder kennst und welche Geheimnisse noch in dir schlummern.
Doch im Moment ist in dir etwas ganz anderes, was mir ausgesprochen gut gefällt.
Leidenschaft...
Schnell verschwinden wir im Zimmer und du nagelst mich von innen gegen die Tür fest.
Hm, ich glaub ich hab gerade ein Dejá-vu Erlebnis!
„Wollen wir da weiter machen, wo wir heute Nachmittag aufgehört haben?" fragst du mich mit rauer Stimme und ich kann nur nicken, bei dem Gedanken daran, was das bedeutet.
Zum Dank küsst du mich stürmisch fordernd und ich fasse dies als einen Vorgeschmack auf die kommende Nacht auf, meine Nerven vibrieren.
Der Tag wird definitiv besser enden, als es den Anschein hatte.
Meine heute-ist-ein-scheiß-Tag-Liste wird verbrannt!