Disclaimer: Wieder gehört fast alles J.R.R.Tolkien, außer meine eigenen kleinen Charaktere... Geld wird hiermit nicht verdient.

A/N: viel Aragorn...

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Kapitel 4
Große Freuden und bittere Erinnerungen

Im Schloss herrschte an diesem Morgen, drei Tage nach der feierlichen Begrüßung der Elben, eine ruhige Atmosphäre. Zumindest herrschte fast in allen Zimmern angenehme Ruhe und Entspannung, denn nur im Thronsaal fand man an diesem sonnigen Morgen ernste Gesichter.

Der König, Lord Elrond mit seinen Söhnen, Prinz Legolas, Gimli und Aragorns Hauptmänner hatten sich versammelt, um über die Orkhorden zu beratschlagen, die seit einiger Zeit gehäuft durch Gondor zogen.

Auch Borondir befand sich unter den Beratschlagenden. Amila hatte ihn wieder soweit hergestellt, dass er nun einigermaßen gut laufen konnte. Er ging zwar, wegen seines noch nicht vollständig verheilten Wadenbruchs, auf hölzernen Krücken, doch kam er mit diesem Umstand sehr gut zurecht. Zumal er unendlich glücklich war, nicht mehr seine gesamte Zeit in diesem Krankenzimmer in den Häusern der Heilung zu verbringen und sich die Zeit mit endlosen Geschichtenerzählens zu vertreiben.

Sie hielten nun schon seit einer geraumen Weile Rat, doch zeichnete sich noch keine Einigung ab.

„Wie lange sind deine Männer jetzt schon fort?", hatte Lord Elrond soeben Aragorn gefragt.

Aragorn seufzte. „Seit fast einer Woche. Ich hatte drei Krieger losgeschickt, um die Gegend zu erkunden, doch bisher haben wir von ihnen noch keinen Bericht, geschweige denn ein Lebenszeichen erhalten."

„Ich hab' dir doch gleich gesagt, dass du mich mit ihnen losschicken sollst.", warf nun Gimli ein, „Ich hätte dir in einer Woche die ganzen Orkhorden ausgerottet."

Aragorn schüttelte seinen Kopf. „Wir müssen davon ausgehen, dass es wahrscheinlich sogar Uruks sind, die die Gegend unsicher machen."

Legolas bekräftigte dies durch ein Nicken. „Glaub mir Aragorn, ich habe mir die Biester genau angesehen, die uns überfallen haben. Es waren mit Sicherheit Uruks, obwohl ich diese Art noch nicht gesehen habe. Sie schienen nicht so groß wie gewöhnlich zu sein..."

„Genau", brachte sich nun auch Borondir mit ein, „Sie hatten nur die Größe von normalen Orks, obwohl sie eindeutig kämpften wie Uruks, denn so eine Ausdauer und Kraft hätte kein gewöhnlicher Ork gehabt."

„Aragorn, auch wir sind auf unserem Weg nach Minas Tirith diesen Bestien begegnet.", warf nun Elrohir ein und Elladan fuhr fort: „Wir haben sie jedoch frühzeitig bemerkt, wodurch wir einen weiten Bogen um sie herum einschlagen konnten. Es waren recht viele, wohl an die sechzig. Sie hatten ihr Lager auf einer großen Waldlichtung aufgeschlagen. Leider wissen wir nicht, in welche Richtung sie unterwegs waren und wir haben auch keinerlei Zeichen entdeckt unter wessen Befehl sie stehen könnten."

„Uruks handeln fast nie ohne Anweisungen!", warf Gimli ein. „Sie stehen mit Sicherheit unter dem Kommando von irgendjemandem."

„Genau das ist ja unser Problem! Wir haben keinerlei Anhaltspunkte, wer dieser Jemand sein könnte." Aragorn sah müde aus. Die Diskussion zog sich nun schon seit einer Stunde in die Länge und sie waren noch nicht einmal annähernd zu einem Ergebnis gekommen. Gimli war mit seinen Kommentaren auch nicht immer hilfreich, sodass die Einigung wohl noch etwas andauern würde.

„Aber wir wissen nicht mit Sicherheit", sagte Elrond, „ob es sich bei den Kreaturen, die wir gesehen haben, tatsächlich um die besagten Uruks gehandelt hat oder ob es nur ‚gewöhnliche' Orks waren. Das konnten wir aus der Ferne her nicht exakt beurteilen."

„Das müssen wir eben noch herausfinden!" Elladan klang sehr enthusiastisch. „Elrohir und ich können uns gleich auf den Weg machen, um genau das in Erfahrung zu bringen und..."

Aragorn unterbrach ihn: „Ihr reitet nirgendwohin. Ihr seid vor ein paar Tagen erst angekommen und seid meine Gäste, die ich doch nicht schutzlos in den Kampf mit ein paar hundert Uruks schicke! Außerdem haben Arwen und ich euch alle hergebeten, um mit uns die bevorstehende Geburt unseres Kindes zu feiern. Da lasse ich doch die zukünftigen Onkel nicht in irgendeinen, aller Wahrscheinlichkeit nach sinnlosen Kampf ziehen!"

„Ich glaube", warf nun wieder Elrond ein, „dass du noch ein paar Tage abwarten solltest, ehe du weitere Maßnahmen ergreifst, Aragorn. Wir wissen immerhin nicht, wie viele von den Orks oder Uruks durch Gondors Wälder ziehen und ich denke, das ist der erste Punkt, den du in Angriff nehmen solltest."

Aragorn nickte. „Ich werde wohl noch ein paar Mann losschicken, um die Gegend zu erkunden, die sich aber nicht zu weit von Minas Tirith entfernen sollen. Schließlich weiß ich nicht, was mit den anderen dreien geschehen ist..."

Gerade als Gimli wieder einen Kommentar loswerden wollte, stieß jemand die großen Flügeltüren auf und ein Soldat kam hereingestürmt.

Sofort in Alarmbereitschaft erhob sich Aragorn von seinem Stuhl, sich fragend, ob der Krieger wohl Nachricht seiner drei vermissten Späher überbringen würde. Doch stattdessen kamen ganz andere Worte über seinen Mund.

„Mein König, eben war eine Magd bei mir, sie sagt eure Frau, Königin Arwen bekommt ihr Kind!"

Alle im Thronsaal starrten den Mann entgeistert an. Eine solche Nachricht hatten sie im Moment nicht erwartet.

Am schnellsten hatte sich Elrond wieder gefangen. Dennoch brachte er nur ein gepresstes „Wo ist sie?" hervor.

„In ihren Gemächern. Lady Amila ist bereits bei ihr, aber die Königin verlangt natürlich nach ihrem Gemahl."

Gerade noch hatte der Soldat seinen Satz zuende sprechen können, da rannten auch schon fast alle aus dem Thronsaal die vielen Gänge zu den königlichen Gemächern entlang.

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„Himmel Junge, setz dich jetzt endlich auf deinen Hosenboden!"

Gimli war ziemlich aufgebracht, als er versuchte Aragorn endlich in einen Sessel im Wohnzimmer zu drücken.

Da es der Zwerg auch schon mehrere Male vorher versucht hatte, war es auch diesmal nicht sehr verwunderlich, dass auch dieser Spruch nichts nützte und Aragorn weiterhin im Raum auf und ab lief.

Arwen befand sich im Nebenzimmer, gemeinsam mit Amila, Elrond und einer Magd, die bei der Geburt helfen sollte. Anfangs war auch Aragorn mit im Zimmer gewesen, doch Arwen hatte ihn vor die Tür setzen lassen, da er sie noch mehr aufregte, als sie es ohnehin schon war.

Seitdem lief der König von Gondor wie ein gehetztes Tier in seinem Wohnzimmer auf und ab. Doch allmählich wurde es auch Legolas zu bunt. Vom ständigen Herumlaufen würde sich Aragorns Aufregung erst recht nicht legen. Wortlos stand er auf, legte Aragorn seine Hände auf die Schultern und zwang ihn so, ihn anzusehen und in seinem Gang inne zu halten.

„Aragorn, würdest du jetzt bitte so freundlich sein dich in diesen Sessel dort drüben zu setzen? Dein Hin-und-Her-Gelaufe macht einen wirklich ziemlich nervös!"

Legolas hatte weder geschrieen, noch böse ausgesehen, weshalb sich Gimli um so mehr wunderte, dass Aragorn nun tatsächlich gehorchte und sich hinsetzte.

„Hättest du das nicht auch eine halbe Stunde eher machen können?", brummte Gimli dem Elb zu, als sich alle wieder niedergelassen hatten.

Eine Weile herrschte Schweigen unter den drei Freunden. Elladan und Elrohir waren schon vor zwei Stunden ein wenig spazieren gegangen, da sie es in dem stickigen Raum nicht mehr ausgehalten hatten und ihre Schwester, wie sie sagten „eh ihre Ruhe haben" wollte.

Legolas beobachtete Aragorn, wie dieser verzweifelt versuchte ruhig in seinem Sessel sitzen zu bleiben, was ihm sichtlich schwer fiel, zumal er immer wieder unruhig hin- und herrutschte.

Der Elb konnte schon verstehen, warum Aragorn so aufgeregt war, denn schließlich wurde er zum ersten Mal Vater. Legolas hatte diese Freude bisher noch nicht genossen, doch wollte auch er irgendwann ein eigen Fleisch und Blut.

Aber Legolas war sich sicher: Wenn einmal die Zeit kommen würde, in der seine Frau ihr Kind zur Welt bringt, dann würde er auf jeden Fall bei der Geburt dabei sein. Aragorn war in Arwens Zimmer so aufgeregt gewesen, dass sie ihn letzten Endes vor die Tür geschickt hatte. Und nun saß er wie ein Häufchen Elend in seinem Sessel und kaute nervös an seinen Fingern herum. Scheinbar musste er sich mit etwas ablenken, doch Gimli konnte dies überhaupt gar nicht akzeptieren und hatte keinerlei Verständnis für diese Nervosität.

„Argh, Aragorn, du machst einen wahnsinnig!", platzte der Zwerg heraus. „Ich halte es nicht mehr aus. So hibbelig sind ja nicht einmal die Menschen. Wenn ihr erlaubt, ich gehe jetzt spazieren!"

Und mit diesen Worten verließ Gimli die königlichen Gemächer und begab sich in die Richtung der Palastgärten.

Fragend sahen ihm Legolas und Aragorn hinterher. Der König seufzte. Gimli war noch nie sehr geduldig gewesen...

Nur kurze Zeit später aber schreckte Aragorn aus seinen Gedanken hoch, als sich die Tür zu Arwens Zimmer öffnete. Sofort sprang er auf, doch war weder Babygeschrei noch seine Frau zu sehen, sondern Lord Elrond kam heraus.

Legolas sah, wie Aragorns Gesichtsfarbe von rosig zu kreideweiß wechselte und er flüsterte: „Ist etwas nicht in Ordnung?"

Legolas fiel ein Stein vom Herzen, als er Elrond lächeln sah und er hörte Aragorn vor Erleichterung neben sich laut ausatmen.

„Alles ist Bestens, ich denke es wird nicht mehr lange dauern. Ich wollte euch das nur mitteilen."

„Kann ich noch einmal zu ihr?" Aragorns sonst so klare Stimme hatte sehr viel von ihrer normalen Festigkeit verloren.

Elrond lächelte milde, lehnte seine Bitte aber ab. Er konnte Aragorns Gefühle sehr gut nachvollziehen, doch hatte seine Tochter ihn ausdrücklich darum gebeten ihren Mann während der Geburt nicht mehr ins Zimmer zu lassen.

Aragorn seufzte zwar bedauernd, doch akzeptierte er natürlich Arwens Wunsch. Schließlich hatte er sich geradezu selber durch seine ganze Aufregung aus dem Raum geworfen.

Erneut kehrte wieder Stille im Wohnzimmer ein, als Elrond die beiden wieder allein gelassen hatte.

Legolas musterte seinen Freund. Seine Nervosität sprach aus allen Fasern seines Körpers und selbst die Luft um ihn herum schien leicht zu flimmern, in freudiger Erwartung ob des Thronerben von Gondor.

Der Elb ging zu seinem Freund und klopfte ihm beruhigend auf die Schulter.

„Ganz ruhig, Aragorn! Alles wird gut gehen!"

Der Angesprochene nickte. „Ich weiß, ich weiß... Aber du bist noch nicht Vater geworden, mein Freund. Ich kann dir sagen: Du bist heilfroh, wenn das alles vorbei ist und du den Wurm endlich im Arm halten kannst."

Legolas lachte. „Ich will jetzt wahrlich nicht in deiner Haut stecken. Komm, setz dich wieder hin."

Die nächsten Minuten verbrachten die beiden Freunde in Schweigen. Aragorn war froh, dass noch jemand hier war, der ihm einfach das Gefühl vermittelte nicht allein zu sein. Auf Legolas war immer Verlass, dass wusste er, denn der Elbenprinz hatte ihm schon unzählige Male seine Loyalität bewiesen. Gimli war immer eher der Hitzkopf unter ihnen, das ganze Gegenteil zum eher besonnenen Legolas. Doch Aragorn wollte keinen seiner Freunde missen, waren sie doch immer zur Stelle, wenn sie einander brauchten.

Und er musste ja noch mit Legolas reden! Aragorn fiel plötzlich wieder ein, was er schon die letzten Tage über ansprechen wollte. Warum also nicht jetzt? Außerdem half reden vielleicht ein wenig gegen seine enorme Unruhe.

„Legolas?"

Der Elb wandte sich ihm zu.

„Es wird alles gut gehen, Aragorn.", meinte dieser sofort.

„Ja, das hoffe ich auch sehr, aber ich wollte mit dir eigentlich über etwas anderes sprechen." Aragorn hielt inne und sah Legolas an.

Dieser gab seinem Freund mit einem aufmunternden Nicken zu verstehen, dass er ruhig weiterreden sollte.

„Du bist mir immer ein treuer Freund und Kamerad gewesen.", fing Aragorn an, wobei ein feines Grinsen über Legolas' Gesicht huschte. Immer wenn Aragorn so geschwollen anfing zu reden, stand ihm eine Offenbarung bevor.

„...auch Arwen ist da mit mir einer Meinung, immerhin versteht ihr beide euch ja auch recht gut, worüber ich natürlich sehr froh bin. Außerdem bist du ja auch anderen immer ein Vorbild und mit Gimli verstehst du dich ja ebenfalls fabelhaft, was natürlich die Kontakte zwischen den Zwergen und den Elben auch weiter verbessert hat und..."

„Aragorn" Legolas unterbrach seinen Freund vorsichtig, aber bestimmt. „Sag es einfach!"

Aragorn lächelte. Ja, warum redete er eigentlich so um den heißen Brei herum?

„Also, Arwen und ich möchten, dass du der Pate unseres Kindes wirst."

Legolas' Augen weiteten sich.

„Ihr beide wollt mich als Paten?"

Aragorn bestätigte dies durch ein Nicken. „Das wäre unser beider Wunsch." Und nach einer kurzen Weile meinte er: „Natürlich kannst du erst einmal darüber nachdenken und dir Zeit mit deiner Entscheidung lassen, denn wir wollen dich auf keinen Fall bedrängen..."

„Nein, wirklich ich würde es gerne tun.", beeilte sich Legolas zu sagen und ein breites Lächeln lag jetzt auf seinem Gesicht. Auch Aragorn grinste vergnügt. Er hatte doch gewusst, dass dies Legolas gefallen würde.

Der Elb lehnte sich in seinem Sessel zurück. Irgendwie war er stolz. Er würde Pate von Gondors Erbe werden! Das war etwas ganz besonderes und er wusste es zu schätzen, dass Aragorn und Arwen gerade ihn für diese verantwortungsbewusste Rolle auserwählt hatten.

„Danke.", sagte Legolas leise und Aragorn lächelte.

Ja, er und Arwen hatten eine gute Wahl getroffen. Aragorn hätte sich keinen besseren Menschen für diese Rolle aussuchen können als Legolas.

Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen saßen sie beide im Wohnzimmer und warteten. Es dauerte wohl noch einige Augenblicke – in denen Aragorn wieder angefangen hatte seine geschundenen Fingernägel weiter zu traktieren – als Legolas plötzlich aus seinem Sessel hoch sprang und somit auch Aragorn mit sich riss.

„Das Baby, es ist da!", sagte der Elb aufgeregt.

Noch ehe Aragorn seine Frage „Woher weißt du das?" stellen konnte, drang auch schon Geschrei an seine Ohren.

Grinsend nahm er Legolas in die Arme. „Bei Eru, jetzt bist du Vater!", sagte dieser, ebenfalls lächelnd.

Einen Augenblick später rannte Aragorn durch die Flügeltüren in Arwens Zimmer, wo der neue Erdenbürger gerade von Amila in die Arme seiner erschöpften Mutter gelegt wurde. Die junge Magd, die bei der Geburt dabei gewesen war, verließ eiligst den Raum. Sie wollte ihren König auf keinen Fall stören, wenn er sein Kind zum ersten Mal in den Arm nehmen würde. Außerdem hatte sie eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Sie war die erste, die wusste, dass ein Thronfolger geboren worden war und diese Nachricht musste sie schließlich schleunigst verbreiten.

„Es ist ein Junge." Elrond hatte die Worte nur geflüstert und Aragorn nahm sie nur ganz langsam auf. Ein Sohn!

Aragorn war in der Tür stehen geblieben. Dieses Bild, welches sich vor seinen Augen abspielte rührte ihn fast zu Tränen. Ihn, den König von Gondor! Seine Arwen lag vollkommen erschöpft, auf viele Kissen gebettet, vor ihm und hielt den immer noch schreienden Säugling im Arm.

Sein Kind.

Ihm war ganz mulmig zumute, als er sich auf die Bettkante setzte und ganz vorsichtig das kleine Bündel vor sich berührte. Er schluckte. Das ihm das Ganze so nah gehen würde hatte er selbst nicht erwartet.

Arwen wusste vor lauter Rührung nicht, wem von ihren beiden Männern sie ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenken wollte. Sie suchte immer wieder Aragorns Blick, der den ihren liebevoll erwiderte und gleichzeitig musste sie immer wieder staunend auf ihren kleinen Sohn blicken, der sie in diesem Moment glücklicher machte, als irgendetwas sonst. Sie waren eine Familie geworden. Eine Familie, wie sie sich schon immer gewünscht hatte und ihr erstes Kind war auch noch ein Junge! Sie war so überwältigt, sie konnte ihr Glück noch gar nicht fassen.

Arwen war so gerührt, ihr liefen die Freudentränen die Wangen hinunter, als sie ihrem geliebten Mann ihr Kind in die Arme legte und auch Amila konnte die Tränen kaum zurückhalten. Das Bild mit Aragorn und seinem Sohn war einfach zu schön, zumal Amila Kinder liebte und es für sie das Größte war den Kleinen auf die Welt zu helfen. Wenn im Schloss ein Kind geboren wurde, egal ob von einer Magd oder einer höher gestellten Beraterin, immer war es Amila, die die Kinder auf die Welt holte.

Legolas hielt sich im Hintergrund, während sich Vater und Sohn zum ersten Mal begrüßten. Das Bild, welches sich vor seinen Augen bot, war aber auch zu herrlich. Dieses kleine, filigrane Wesen lag in den kräftigen Armen seines Vaters, des Königs von Gondor und schrie immer noch aus vollem Halse.

Dennoch betrachtete Legolas die Szene vor ihm mit ein wenig Wehmut, denn die Zukunft des Kindes war schon vorherbestimmt, auch schon, als Arwen es noch unter ihrem Herzen getragen hatte. Denn der Kleine war der Prinz von Gondor und somit auch der Thronfolger Aragorns und Legolas wusste nur zu gut, wie es war als potentieller späterer König zu leben. Es war keine leichte Bürde, die er zu tragen hatte.

Auch Amila und Elrond hielten sich im hinteren Teil des Zimmers auf. Auf den Zügen des Elbenlords hatte sich ein warmes Lächeln ausgebreitet, welches wohl in der nächsten Zeit nicht so schnell wieder verschwinden würde.

Doch auch Amila ging das Ganze sehr nah. Es war doch immer wieder erstaunlich, wie viel ein Kind bei seinen Mitmenschen auslösen konnte, auch wenn es das ganze Zimmer zusammenbrüllte. Es war einfach herrlich, denn das Schreien erinnerte sie alle mit einer gewaltigen Kraft daran, was es hieß zu leben.

Doch mit diesen Gedanken stiegen in Amila die Tränen auf. Sie musste ein paar mal kräftig schlucken und blinzelte die kleinen Wassertröpfchen weg, die versucht hatten sich einen Weg von ihren Augen ihre Wange hinunter zu bahnen.

Legolas beobachtete sie.

Er bemerkte, dass die Geburt ihr anscheinend doch sehr zusetzte, denn sie war ziemlich blass im Gesicht und ihre Augen hatten sich leicht gerötet. Seit dem Fest vor drei Tagen war er ihr nicht mehr über den Weg gelaufen, doch war er nicht böse darüber gewesen, zumal ihre letzten Zusammenkünfte nicht unbedingt fröhliche Gefühle in ihm hervorriefen.Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete er sie, wie sie Tücher und Schüsseln beiseite räumte und sich manchmal verstohlen mit dem Handrücken über die Augen wischte, um ihre Tränen zurück zu halten.

Es war nicht einfach für Amila diese glückliche Familie zu sehen, weil sie sich wieder stark an ihre eigene Kindheit erinnerte. Und diese Erinnerungen riefen meist eine große Bitterkeit in ihr hervor, besonders der Moment vor viereinhalb Jahren schlich sich wieder hinterlistig in ihre Gedanken und trübte die Freude über die Geburt des Prinzen von Gondor. An diesem Tag damals war alles nur noch schlimmer geworden und sie erinnerte sich an den Abend, nachdem sie die Nachricht erhalten hatte. Wie sie ziellos in den Bergen Bruchtals herumgewandert war und den Sonnenuntergang beobachtet hatte. Dieser Sonnenuntergang mit einer blutroten Sonne, die ihr in diesem Moment nahezu mit körperlich fühlbarer Gewalt begreiflich machen wollte, dass alles unwiederbringlich vorbei war.

Und mit einem plötzlichen Frösteln fielen ihr auch wieder ihre Träume ein, die sie damals einige Nächte zuvor gehabt hatte. Ihre Träume, die eigentlich keine solchen gewesen waren, sondern sich tatsächlich als Vorhersehungen entpuppt hatten. Siedend heiß strömte auf einmal die Erkenntnis durch sie, dass sie den Überfall auf die Elben durch die Orks anscheinend auch vorhergesehen hatte. Sie hatte die heiseren Schreie der Bestien und sogar das surren eines Pfeils gehört. War nicht vielleicht genau das eingetreten? Hatte sich vielleicht ein Elb zu weit von der Gruppe entfernt und war dadurch von den Orks entdeckt worden? Oder war es gar in der gleichen Zeit passiert, als sie es im Schlaf geträumt hatte? Doch durch wessen Augen hatte sie dann alles gesehen?

Legolas beobachtete Amila immer noch eingehend. Sie hatte sich plötzlich ohne ersichtlichen Grund versteift und den Atem angehalten. Auch ihr Gesichtsausdruck spiegelte Erschrecken wider, worauf er sich überhaupt keinen Reim machen konnte.

Die anderen im Raum schienen die plötzliche Veränderung Amilas nicht zu bemerken, dennoch wandte sich die Elbe abrupt zur Tür und zum Gehen.

Schnell richtete sie noch ein paar Worte an die junge Familie, mit dem Hinweis, dass sie später noch einmal nach dem Prinzen sehen würde und nun erst einmal ihren Pflichten nachgehen müsste. Und mit diesen Worten war sie auch schon aus dem Zimmer verschwunden.

Auf einmal hatte es auch Legolas sehr eilig, weshalb auch er sich nur mit knappen Worten von den Anwesenden verabschiedete, um Amila nachzueilen.

Aragorn und Arwen sahen sich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Wieso hatte es denn Legolas auf einmal so eilig, hinter der Elbe hinterher zu kommen, die ihn doch erst vor einigen Tagen so bloß gestellt hatte?

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Im nächsten Kapitel kommen dann Legolas und Amila mal wieder mehr zum Zuge... versprochen... und es wird bestimmt nicht sehr angenehm für unser selbstgefälliges Prinzchen ;o)