Disclaimer: Alles aus dem "Herrn der Ringe" gehört J.R.R.Tolkien, Geld wird hiermit nicht verdient.

Habt Dank für eure Reviews, ich bin da immer ganz dolle glücklich drüber! ;o)))) Und sorry, dass es doch so lange gedauert hat, aber ichmusstedas Kapitelmehrmals umschreiben, bis es mir letztendlich gefallen hat.Dafür ist es aber recht lang geworden (und diesmal ohne bösartigen Cliffhanger).

Melethil - Sorry, das mit dem schnellen Update war wohl diesmal nichts :o( Aber ich hoffe ganz doll, dass dieses langeKapitel für die lange Wartezeit entschädigt...

Amarie - Okay, hier also die Auflösung von Elanors Verschwinden... ich hoffe, dir gefällt's ;o)

caky84 - Danke für dein Lob :o) Ich hoffe, dir gefällt's auch weiterhin ;o)

A/N: Erste Sympatien?

Warnung: Das Kapitel enthält einige blutige Szenen...

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Kapitel 7

Angst und Wut

„Wie bitte? Sie ist weg?" Amila hielt die Luft an und auch Legolas, der die Szene, die sich vor ihm in der Bibliothek abspielte, aus einiger Entfernung heraus beobachtet hatte, hielt den Atem an.

„Ja, sag ich doch... heute morgen... ich wollte ihr das... Frühstück machen. Sie war nicht... in ihrem Zimmer.", sagte Mora, die ihre Atmung immer noch nicht wieder vollständig unter Kontrolle gebracht hatte.

Amila sah ihre Freundin vollkommen entgeistert an. Wie sollte das möglich sein?

„Das geht nicht, Mora. Sie ist krank, sie kann unmöglich..." Doch die Elbe wurde von ihrer Freundin unterbrochen.

„Ich weiß es auch nicht, aber das einzige was ich dir mit Sicherheit sagen kann ist, dass Tonda auch verschwunden ist...", Mora klang verzweifelt. „Amila, ich habe keine Ahnung, wo die beiden stecken. Marrow kam vor zwei Stunden zu mir und sagte ein Pferd sei aus dem Stall verschwunden. Ich hab sofort nach Tonda geschickt, weil er sich ja eigentlich um die Pferde kümmert, aber er war weg, genauso wie Elanor." Mora holte tief Luft und sah Amila mit bedrücktem Gesichtsausdruck an. „Er hat sie mitgenommen, da bin ich mir ziemlich sicher.", fügte sie noch leise hinzu.

Amilas Hand zitterte leicht, als sie diese Mora beruhigend auf die Schulter legte. Vergessen war ihr beider Streit von gestern. Die Sorge um die Kinder schweißte die beiden wieder zusammen.

„Warum?", sagte die Elbe mehr zu sich selbst doch Mora antwortete auf diese Frage mit hängendem Kopf: „Ich war zu streng mit ihm. Die ganze Zeit über habe ich versucht ihm die Sache mit dem Turnier aus dem Kopf zu schlagen. Du weißt doch, er wollte unbedingt gegen einen Elben antreten."

Amila schüttelte ihren Kopf. „Du hast das richtig gemacht..."

„Aber wieso ist er denn dann geflüchtet? Ich hab ihn immer wieder darauf angesprochen und ihm keine Ruhe gelassen. Ich wollte, dass er die Sinnlosigkeit seines Vorhabens selber einsieht.", unterbrach Mora sie aufgebracht. „Aber wieso nimmt er seine kranke Schwester mit? Amila, ich weiß nicht wo sie sind, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie aus Minas Tirith geritten sind. Ich wusste nicht, was ich tun sollte und bin daher hierher gekommen."

Die Elbe nickte. „Ich danke dir, Mora. Ich geh sie suchen und ich bring die beiden wieder zurück, das verspreche ich dir."

„Aber wie willst du das denn machen? Du hast doch nicht einmal einen Anhaltspunkt!" Die Verzweiflung sprach aus ihrer Stimme, als Mora die Elbe erwartungsvoll ansah.

„Doch, ich glaube ich weiß zumindest die Richtung.", erwiderte Amila.

„Ich komme mit."

Die beiden Frauen drehten sich erschrocken um. Das Legolas und Gimli sich noch mit im Raum befanden, hatten sie vollkommen vergessen. Um so entgeisterter starrte nun die Elbe Legolas an, der ihr gerade klar zu machen versuchte, dass er sie begleiten wollte.

„Ich glaube, dass ist keine so gute Idee...", setzte Amila an, doch wurde sie grob unterbrochen.

„Nein, keine Wiederrede, ich komme mit."

„Und ich auch.", meldete sich nun Gimli zu Wort.

Amila sah sie mit aufeinander gepressten Lippen an. Innerlich sträubte sich alles dagegen die beiden mitzunehmen. Doch ihr Verstand sagte ihr etwas anderes als ihr Gefühl und ihr schien es in diesem Falle wohl besser auf ihren Kopf zu hören, der sagte, dass es vor den Toren der Hauptstadt zur Zeit nicht ganz ungefährlich war. Dieses Argument hörte sie jetzt auch von Legolas.

„Ihr könnt nicht allein da hinaus reiten. Es streifen zu viele Orks durch die Gegend, seid vernünftig, Mylady!"

Amila vermochte nicht zu sagen, ob ihr Verstand oder Legolas' „Mylady" sie dazu bewog zustimmend mit dem Kopf zu nicken. Wiederwillig zwar, doch sie ließ es zu, dass die beiden sie begleiteten.

„Dann kommt!", sagte sie und bedeutete dem Elb und dem Zwerg ihr zu folgen.

„Seid vorsichtig!", rief Mora der kleinen Gruppe hinterher, die sich jetzt rasch hinunter auf den Weg zu den Ställen machte.

°°°°°

Gimli und Legolas schulterten ihre Waffen, der Zwerg seine Axt und der Elb seinen Bogen und schwangen sich auf den Rücken von Arod.

„Wo glaubt Ihr sind sie?", fragte Gimli als er sich hinter Legolas aufs Pferd gesetzt hatte. Sie standen auf dem Schlosshof und waren nun bereit loszureiten.

„Sie sind nach Süden geritten nehme ich an.", entgegnete ihm Amila knapp, die nun ebenfalls auf dem Rücken eines Pferdes saß. Die Elbe ritt für gewöhnlich nur selten aus, denn sie hatte meist keine Zeit für einen längeren Ausritt und demnach besaß sie auch kein eigenes Pferd. Jetzt saß sie auf Athulo, einem schwarzen Hengst mit langer, wallender Mähne.

Ohne noch ein Wort zu verlieren gab sie ihrem Pferd die Sporen, und Arod folgte ihr fast augenblicklich.

Die Wachen an den Pforten des Palastes öffneten schnell die Tore, um die drei Reiter durchzulassen und Amila, Legolas und Gimli preschten durch die Straßen von Minas Tirith. Um diese Tageszeit herrschte viel Betrieb in den Straßen und die Festvorbereitungen liefen auf Hochtouren. Die Nachricht von der Geburt des Prinzen hatte sich wie ein Lauffeuer in der Stadt verbreitet. Auch den Namen hatte man heute, am frühen Morgen auf dem Palasthof bekannt gegeben: Eldarion sollte der kleine Prinz heißen.

Doch nun war bei vielen das fröhliche Gesicht verschwunden, einige wichen erschrocken zurück, als die drei Reiter an ihnen vorbeiflogen. Neben wüsten Beschimpfungen gab es aber auch besorgte Blicke, da man Prinz Legolas und Gimli erkannt hatte und sich wunderte, was diese denn so urplötzlich aus der Stadt trieb.

Es dauerte eine ganze Weile, bis die drei Gefährten die äußeren Tore erreichten und endlich in südliche Richtung reiten konnten.

Amila ärgerte sich über die schon verlorenen Minuten, denn je mehr Zeit sie vertrödelten, desto größer wurde der Vorsprung von Tonda und Elanor. Sie trieb Athulo an und sie flogen über die weite Ebene vor den Toren der Hauptstadt.

Gimli gefiel dieser schnelle Ritt ganz und gar nicht und er hatte Mühe einen festen Griff am Sattel zu finden, um nicht vom Pferd zu rutschen. Legolas hatte sich extra weiter vor gesetzt, damit Gimli mehr Platz auf dem Pferderücken hatte, doch saß der Zwerg immer noch völlig verkrampft auf dem Tier.

Amila war tief in Gedanken versunken, während sie von Athulo Höchstleistungen verlangte. Vor knapp einer Stunde hatte Mora bemerkt, dass ein Pferd und die beiden Kinder verschwunden waren. Das hieß aber nicht, dass sie zu dieser Zeit erst losgeritten waren. Die beiden konnten sich auch schon seit der halben Nacht auf den Weg gemacht haben.

Amila machte sich furchtbare Sorgen. Sie erinnerte sich an den Überfall auf die Elben vor nunmehr einer Woche. Wie konnte Tonda nur so unvernünftig sein und seine kranke Schwester mitnehmen? Wie konnte er ihr das antun? Wusste er denn nicht, welcher Gefahren er sie und sich aussetzte, indem er einfach schutzlos und unbewaffnet durch die Gegend ritt? Das Problem mit den Orks war wirklich nicht zu unterschätzen und wenn Amila daran dachte, dass sogar Uruk-Hais durch die Wälder streifen konnten, wurde ihr speiübel.

Doch was war eigentlich der Grund für die Flucht? Konnte es denn wirklich nur diese dumme Teilnahme am Turnier sein? Mora hatte es doch nur gut mit ihm gemeint, denn er hatte doch wirklich keine Chance gegen einen der Elben zu gewinnen. Diese Vorstellung war einfach anmaßend, denn die Elben waren nun einmal die besten unter den Kämpfern. Sei es im Bogenschießen oder im Nahkampf. Tonda säße schon von vornherein auf verlorenem Posten. Aber das der Junge das nicht selber einsehen wollte brachte Amila zum verzweifeln. Wieso wollte er das nur durchziehen? Tief im Inneren musste er doch wissen, dass das alles keinen Sinn machte.

Oder hing sein plötzliches Verschwinden gar nicht mit dem Turnier zusammen? Hatte es alles einen anderen Grund, der ihr vielleicht bisher entgangen war? Zumindest musste es irgendwie mit dem Ausflug vor einem Jahr zusammen hängen. Dies war zwar sicherlich nicht der Hauptgrund für sein plötzliches Verschwinden, doch diese Reise gab ihr zumindest den einzigen Anhaltspunkt zum Aufenthalt der beiden.

Die Landschaft um sie herum veränderte sich allmählich. Die karge Ebene wurde von vereinzelten Bäumen und von hohen Gräsern, die sich sanft im Wind wiegten, abgelöst. Das saftige Grün kam durch die Sonnenstrahlen noch mehr zur Geltung, doch neben Amila hatte auch Legolas keinen Blick für die Schönheit der Umgebung übrig.

Auch der Elb machte sich Sorgen. Das kleine Wesen, was er erst gestern kennen gelernt hatte, war ihm schon stark ans Herz gewachsen. Er war darüber erstaunt, konnte er sich das Ganze doch selber nicht richtig erklären. Irgendetwas war Besonders an Elanor, eine nicht zu greifende Aura schien sie zu umgeben, sodass sie ebenso hell zu strahlen schien wie das Licht Earendils.

Doch beschäftigte sich Legolas wohl auch eher mit der Frage nach dem Wohin, als nach dem Warum, so wie Amila das tat. Wohin sollten zwei Waisenkinder reisen? Sie hatten doch niemanden, bei dem sie Unterschlupf finden konnten. Eigentlich hatten sie doch nur das Waisenhaus in Minas Tirith und wenn man den Fakt mit in Betracht zog, dass Minas Tirith wohl die einzigen Waisenhäuser weit und breit besaß, dann warf das in einem die Frage auf, wieso sie auf die Idee kamen überhaupt zu flüchten. Was war ihr Ziel? Sie konnten doch eigentlich gar keines haben. Wo aber waren sie? Und wieso war sich Amila so sicher, dass sie im Süden nach den beiden suchen mussten?

„Wieso reiten wir nach Süden?" Legolas fand seine Frage in eben diesem Augenblick durch Gimli gestellt und beide sahen gespannt Amila an, die neben ihnen ritt.

„Es gibt ein kleines Dorf, es heißt Loda und ist etwa vier Stunden von Minas Tirith entfernt.", antwortete sie, ihren Blick immer noch starr geradeaus gerichtet.

„Aha.", meinte Gimli. Er wurde aus dieser Erklärung keineswegs schlauer.

„Was hat es mit diesem Dorf auf sich, Mylady?", fragte nun Legolas, denn auch er konnte den Zweck nicht erkennen, den das Dorf spielen sollte.

Amila seufzte auf. Sie hatte momentan eigentlich keine Lust den beiden irgendetwas zu erklären, doch würde es sie vielleicht ein wenig von ihrer Angst ablenken.

„Vor einem halben Jahr bin ich mit einigen Kindern ausgeritten.", fing sie an, „Es sollte ein schöner Ausflug werden und ich wusste, dass durch Loda des öfteren Gaukler und Schauspieler aus dem Süden ziehen, die auf den Weg nach Rohan sind. Damals erschien mir das als willkommene Abwechslung zum Alltag in Minas Tirith. Wir übernachteten in einem kleinen Gasthaus. Die Kinder freuten sich sehr und Tonda freundete sich mit der Tochter des Wirts an. Dieses Mädchen ist der einzige Mensch außerhalb von Minas Tirith, den er kennt, weshalb ich glaube, dass er bei ihr Unterschlupf suchen will."

„Und das ist Euer einziger Anhaltspunkt?", fragte Gimli überrascht. „Dies ist die einzige Vermutung, die Ihr habt? Ich meine, sie können doch sonst wo sein! Gondor ist riesig, wieso sollten sie gerade in diesem Dorf sein? Es gibt noch so viele andere Dörfer und alle sehen gleich aus. Der Junge kann sich doch gar nicht mehr erinnern!" Gimli klang mehr als skeptisch und sah Amila von der Seite an, auf eine plausible Erklärung wartend.

„Ich glaube kaum, dass sie woanders hingeritten sind.", antwortete die Elbe bestimmt. „Sie kennen sich in der Umgebung um Minas Tirith nicht besonders gut aus. Sie sind eigentlich noch nie großartig aus der Hauptstadt hinausgekommen. Und bei Tonda handelt es sich nicht um ein zwölfjähriges Kind! Er ist ein zwanzigjähriger junger Mann und Ihr dürft ihn deshalb nicht in seinen Fähigkeiten, insbesondere in seinem Erinnerungsvermögen unterschätzen."

„Hmm...", Gimli brummte etwas Unverständliches in seinen Bart.

„Haben die Kinder denn überhaupt keine Familie mehr? Vielleicht haben sie ja irgendwo einen entfernten Verwandten, bei dem sie auch unterkommen könnten.", meinte Legolas, doch Amila sah ihn daraufhin entgeistert an.

„Warum glaubt Ihr, leben sie in einem Waisenhaus?" Sie sah den Elb fragend an. „Glaubt mir, die Kinder würden lieber bei Verwandten oder dergleichen leben, aber wenn sie im Waisenhaus wohnen, dann haben sie eben gar niemanden mehr."

„Möglicherweise wollten diese Verwandten sich bisher nicht um die Kinder kümmern, doch jetzt haben sie sich besonnen und würden sie gerne aufnehmen.", fuhr Legolas in seinen Überlegungen fort, doch Amila unterbrach ihn bissig.

„Es gibt nicht immer einen guten Wandel im Schicksal von Menschen. Glaubt mir, ich würde die Kinder alle lieber bei ihren Familien oder Verwandten leben sehen, doch das ist nur ein Wunschtraum. Ihr müsstet realistischer denken, doch das ist in Eurer Erziehung wohl etwas zu kurz gekommen. Ich bin mir sicher, dass ihr vor der grausamen, bösen Wirklichkeit in Eurer Kindheit verschont wurdet."

„Oho, nun Mylady, wenn Ihr meint...", entgegnete Legolas, doch er belies es bei diesem Ausspruch und ging nicht weiter darauf ein.

Gimli hinter ihm, verleierte die Augen. Mussten sich die beiden denn immer so angiften? Warum konnten sie nicht wie normale Erwachsene miteinander umgehen? Gimli konnte es einfach nicht verstehen, doch hatte es wohl nicht einmal Sinn sich großartig darüber Gedanken zu machen. Man würde ja doch zu keinem Ergebnis kommen. Die Elben würde er wahrscheinlich nie vollends verstehen.

Die nächste Zeit verbrachten die drei Reiter wieder in Schweigen. Sie waren nun schon weit über eine Stunde unterwegs. Die Sonne hatte ihren höchsten Stand erreicht und schien auf die weiten Ebenen. Dennoch gab es immer wieder größere Wolkenfelder, die die volle Kraft der Sonne brachen und sie nicht erbarmungslos auf die kleine Gruppe scheinen konnte.

Nach einer geraumen Weile erreichten sie den Rand eines größeren Waldes, wo sich die Energie der Sonne fast vollends verlor. Die Bäume ließen kaum Sonnenstrahlen durch, weshalb es sofort kühler wurde. Amila fröstelte. Doch sie mochte nicht zu sagen, ob es wirklich von dem kälteren Wind kam, der ihnen hier entgegenwehte. Es war eher ein unbestimmtes Gefühl, was sich in ihr breit gemacht hatte. Sie hatte keine Ahnung, was es war, doch es bereitete ihr Unbehagen.

Doch anscheinend war sie nicht die einzige, die die plötzliche Veränderung wahrnahm. Legolas bemerkte es auch. Irgendetwas lag in der Luft und was es auch war, es war nichts Gutes, das spürte er. Seine scharfen Augen suchten die Umgebung ab, versuchten durch den dämmrigen Wald zu spähen, um irgendetwas zu erkennen, doch er sah nichts. Er spitzte seine Ohren. Doch er hörte auch nichts. Gar nichts. Es herrschte Totenstille im Wald, kein Knacken eines Zweiges, kein raschelndes Laub und kein Vogelgesang. Was war hier los?

Nur Gimli war der einzige unter ihnen, der von der ganzen Sache scheinbar nichts bemerkte. Er hielt sich immer noch verkrampft am Sattel fest und hatte eher damit zu tun sich auf das sanfte Geschaukel des Pferdes zu konzentrieren, anstatt seine Umgebung argwöhnisch zu betrachten.

Unbewusst schloss Legolas zu Amila auf, die ein wenig vor den beiden herritt.

„Spürt Ihr das, Mylady?", flüsterte Legolas ihr zu.

Amila nickte.

„Es ist so ruhig. Zu ruhig, es gibt keinerlei Geräusche."

„Mir gefällt das nicht.", gab Legolas ebenso leise zurück.

„Wir müssen aber hier durch.", sagte Amila bestimmt. „Es gibt keinen anderen Weg. Wir könnten nur um den Wald herumreiten, doch das würde viel zu lange dauern. Ich bin damals mit den Kindern auch hier lang geritten, Tonda kann keinen anderen Weg gewählt haben."

Legolas sah nicht überzeugt aus, doch ehe er antworten konnte, tat Gimli dies schon.

„Was redet ihr denn da? Warum flüstert ihr beide so?", fragte er laut, woraufhin beide Elben ihm sofort bedeuteten ruhig zu sein.

„Nicht so laut!", zischte ihm Amila zu. „Spürt Ihr das nicht, Herr Zwerg?"

„Was denn?", fragte dieser neugierig und ein wenig leiser als zuvor.

„Es ist hier so still.", antwortete Legolas anstelle der Elbe.

Gimli zuckte mit den Achseln. „In jedem Wald ist es ruhig. Das haben Wälder eben immer so an sich. Ihr müsstet das doch beide am besten wissen, denn ihr seid schließlich Elben."

„Diese vollkommene Ruhe ist nicht normal, Gimli.", entgegnete Legolas, „Wir sollten doch den längeren Weg außen herum nehmen, der ist zumindest sicherer."

Doch Amila schüttelte bestimmt ihren Kopf.

„Das dauert alles viel zu lange. Wir dürfen einfach nicht so viel Zeit verlieren. Wer weiß, wie lange die beiden schon unterwegs sind. Sie müssen schon einen beträchtlichen Vorsprung haben und wenn wir sie vor Einbruch der Dunkelheit noch einholen wollen, dann sollten wir uns ein bisschen beeilen."

Und mit diesen Worten trieb sie Athulo noch mehr an. Legolas blieb nichts anderes übrig als auch Arod die Sporen zu geben und hinter Amila herzupreschen. Dennoch hielt er die Entscheidung für vollkommen falsch.

„Na wenn das mal gut geht.", sagte er für sich, doch Gimli hörte es und entgegnete zuversichtlich: „Sie wird schon wissen was sie da tut, mein Freund. Hab auch mal Vertrauen zu ihr." Gimli klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter, doch hatte er Mühe dabei nicht sein Gleichgewicht zu verlieren. Nach Jahren hatte er es immer noch nicht fertig gebracht, sicher, mit nur einer Hand zum Festhalten, auf einem Pferderücken zu sitzen.

Legolas seufzte.

„Halt du dich lieber fest, Gimli. In diesem Wald will ich nicht unbedingt vom Pferd steigen, nur um dir wieder aufzuhelfen."

Die nächste Zeit ritten sie wieder schweigend nebeneinander her. Amila hatte das Tempo wieder etwas gedrosselt und jagte nun nicht mehr im Galopp durch den Wald.

Um sie herum wurde es immer dunkler, je tiefer sie vordrangen. Nach etwa einer halben Stunde kam kaum noch Sonnenlicht durch die dichten Baumkronen. Hier schien ein immerwährender Dämmerzustand zu herrschen.

„Mir gefällt das nicht." Legolas schüttelte seinen Kopf. Es war der erste Satz, den er seit einer ganzen Weile gesprochen hatte.

Amila verleierte ihre Augen.

„Das habt Ihr nun schon mehrfach gesagt. Ich hab Euch verstanden, glaubt mir, aber ich bin nicht willig nur ‚weil es Euch nicht gefällt' den großen Bogen um den Wald herum zu nehmen. Ich weiß, dass Tonda und Elanor hier durchgeritten sind."

„Ja, aber sie müssten schon längst wieder aus dem Wald heraus sein, wenn sie wirklich vor so langer Zeit aufgebrochen sind.", erwiderte Legolas wieder im Flüsterton. „Dann könnten wir sie sehr gut auch über den anderen Weg abpassen."

„Nein, wir sind schon viel zu weit im Wald drin. Wir kehren jetzt nicht noch einmal um!", schloss Amila bestimmt und ihre Unterhaltung erstarb wieder.

Doch nicht lange und Gimli meldete sich zu Wort.

„Warum hast du denn deinen Bogen gelockert, Legolas?", fragte er erstaunt. „Ist irgendetwas?"

„Hier stimmt was nicht.", sagte Legolas, aber es war keine Antwort auf Gimli's Frage, sondern er murmelte dies zu sich selbst. „Mylady, haltet an."

Amila sah sich überrascht um. Legolas sprang gerade von Arod, weshalb auch sie ihr Pferd zügelte.

„Was habt Ihr denn?", fragte sie.

„Ja, das würde mich auch mal interessieren, Legolas! Was ist denn los?"

Doch der Elb antwortete ihnen nicht, sondern bedeutete den beiden ruhig zu sein. Er lauschte.

Auch Amila strengte sich an, irgendein Geräusch zu vernehmen, doch außer dem ruhigen Schnauben der Pferde nahm sie nur die tiefe Stille des Waldes wahr.

„Steigt ab und folgt mir!"

Es war keine Bitte, sondern eine Aufforderung, der Gimli sogleich Folge leistete, sich vom Pferd schwang und mit einem lauten Rumms auf dem Erdboden landete.

Keiner, weder Gimli noch Amila wussten was los war, doch da der Zwerg dem Elben bedingungslos Folge leistete und die beiden nur noch auf sie zu warten schienen, stieg sie schließlich auch vom Pferd.

Legolas war ein wenig überrascht, dass Amila seiner Aufforderung ohne zu murren nachkam. Er hätte erwartet, dass sie sich weigern würde, doch das einzige was sie sagte war: „Was machen wir mit den Pferden?"

„Sie werden uns wiederfinden.", entgegnete ihr Legolas. Er drehe sich um und marschierte los.

Nach einer Weile fragte ihn Gimli leise: „Was hast du eigentlich gehört?". Der Zwerg hatte seine Axt in den Händen, denn das der Elb seinen Bogen gelockert hatte und nun in der Hand trug, nahm er als ein Zeichen von drohender Gefahr.

„Orks.", war die einzige Antwort die Gimli von seinem Freund erhielt, doch es ließ ihn seine Axt noch fester umklammern.

„Orks?", fragte Amila ungläubig, doch Legolas bedeutete ihr zu schweigen.

Sehr leise und vorsichtig bewegten sich die drei durchs Unterholz, immer darauf Bedacht kein zu lautes Geräusch zu erzeugen. Doch war dies in Anbetracht der Trockenheit des Waldes sehr schwierig und man hörte immer wieder ein unterdrücktes Fluchen von Gimli, der am tollpatschigsten war und des Öfteren ein lautes Knacken hervorrief.

Plötzlich blieb Amila aus heiterem Himmel stehen.

„Was ist?", fragte Gimli, der hinter ihr lief und fast in sie hineingerannt wäre.

„Pferde. Hört Ihr das?"

Auch Legolas hatte jetzt begonnen zu lauschen und langsam nickte er. „Ja, aber es ist nur eins." Und er deutete ihnen die Richtung, aus welcher das Schnauben zu kommen schien. Tatsächlich stand dort ein Pferd an einen Baum angebunden und Amila brauchte gar nicht lange hinsehen um zu erkennen, dass es Tondas Pferd war.

„Sie müssen hier irgendwo in der Nähe sein.", sagte sie und lief Gimli und Legolas voraus. Die beiden folgten ihr schnell.

Nach einer kurzen Weile hörten sie ein Rauschen, welches immer weiter anschwoll. Ein Fluss musste sich ganz in der Nähe befinden und je weiter sie gingen, desto heller wurde es wieder. Anscheinend musste sich hier eine größere Lichtung befinden. Es dauerte auch nicht lange, bis sie diese erreichten und Amila einen Freudenschrei ausstieß, als sie zwei Gestalten am Flussufer hocken sah. Diese beiden erkannte sie eindeutig als Tonda und Elanor. Sie wollte schon losrennen, als Legolas sie zurückhielt und auf den Waldrand auf der gegenüberliegenden Seite deutete.

Amila wollte aufschreien, wäre Gimli nicht so geistesgegenwärtig gewesen ihr auf den Fuß zu treten, wodurch ihr Schreckensschrei in einem leisen Japser unterging.

Dunkle Schatten zeichneten sich vor dem Waldrand ab, die jetzt langsam ins Licht traten. Orks näherten sich den beiden Gestalten am Ufer, die noch nichts von der drohenden Gefahr bemerkt hatten.

Wieder wollte Amila losrennen, doch wurde sie erneut zurückgehalten.

„Es hat keinen Sinn, Ihr könnt jetzt noch nichts machen! Wir müssen sie erst näher herankommen lassen.", sagte Legolas eindringlich, doch Amila war vollkommen aufgebracht.

„Die Orks sollen den Kindern noch näher kommen! Seid Ihr von Sinnen?" Die Elbe konnte ihren Blick nicht von der Szene abwenden, die sich vor ihr abspielte.

„Legolas hat Recht, sie sind noch zu weit weg.", stellte sich jetzt auch Gimli auf die Seite des Elben, während Amila nur mit dem Kopf schüttelte.

„Gebt mir einen Dolch."

Legolas sah sie überrascht an. „Was wollt Ihr mit einem Dolch?", fragte er sie verständnislos.

„Glaubt Ihr, ich drehe Däumchen, wenn die Kinder dort unten von diesen Biestern belagert werden?"

„Ihr könnt doch nicht mitkämpfen!", entrüstete sich Gimli und auch Legolas blickte mehr als skeptisch drein, obwohl er sich eingestehen musste, dass er so eine Reaktion von ihr erwartet hatte.

„Ich bin mit Elladan und Elrohir aufgewachsen, die sich im Umgang mit Waffen nicht unbedingt ungeschickt anstellen!", sagte Amila spöttisch. Jeder wusste, dass Elronds Söhne ausgezeichnete Krieger waren.

„Ich nehme demnach an, dass Ihr mit so einem Ding umgehen könnt.", fragte Legolas vorsichtig und zog einen langen Dolch hervor.

Doch Amila entgegnete nichts darauf, sondern streckte einfach nur ihre Hand aus, um die Waffe

entgegen zu nehmen.

„Legolas!", warf Gimli entsetzt ein, „Amila ist eine Lady! Sie kann nicht mitkämpfen!"

„Ich kann für mich selbst entscheiden, Gimli!", erwiderte die Elbe daraufhin störrisch.

Legolas nickte und zog zwei Pfeile aus seinem Köcher, die er auf seinen Bogen spannte. Gimli schüttelte seinen Kopf. Davon hielt er überhaupt gar nichts, doch auch er hatte bereits erfahren, dass Amila sehr sturköpfig sein konnte. Eine Eigenschaft, die bei den Elben anscheinend gang und gebe war. Die drei blickten nun erwartungsvoll auf die Lichtung hinaus, jeder seine Waffe in der Hand und bereit den Orks entgegen zu treten.

In diesem Moment sah Tonda auf und stieß einen lauten Schreckensschrei aus, als er die Orks bemerkte. Dies ließ die Bestien in ein lautes Gebrüll ausbrechen und sie rannten noch schneller auf die beiden Gestalten zu, die jetzt versuchten sich in Sicherheit zu bringen, indem sie ihre Beine in die Hand nahmen.

In diesem Moment hörte man das Surren eines Pfeils und gleich zwei Orks gingen zu Boden. Einige blieben abrupt stehen, doch noch ehe die verwirrten Kreaturen die Richtung des Angriffs ausmachen konnten, viel schon ein weiterer Ork durch einen Pfeil. Im nächsten Augenblick rannte Gimli mit erhobener Axt aus dem Unterholz auf die Lichtung und auch Amila und Legolas rannten los.

Noch ehe die beiden Elben Gimli erreicht hatten, vielen schon zwei Orks von seiner Axt getroffen zu Boden und wieder zwei vielen durch Pfeile, die Legolas zielsicher auf die Feinde abschoss.

Angetrieben von der Angst um die Kinder verlor Amila jegliche Furcht vor den Orks und spürte nur noch Hass gegen diese Ausgeburten der Hölle in sich. Nie würden sie den beiden Kindern etwas antun, dafür würde sie sorgen, doch in diesem Moment wurde ihr auch bewusst, dass sie gerade rechtzeitig gekommen waren, denn Augenblicke später wären die Kinder wohl nicht mehr am Leben gewesen. Dieser Gedanke ließ sie erzittern und zum ersten Mal war sie unendlich dankbar, dass Legolas und Gimli bei ihr waren und der Elb darauf bestanden hatte sie zu begleiten.

Dem ersten Ork, der auf sie zugerannt kam, rammte sie ihren Dolch mit voller Wucht in den kurzen Hals, sodass er fast augenblicklich röchelnd zusammenbrach und dunkles Blut den trockenen Waldboden tränkte.

Den zweiten konnte sie nur am Arm verletzten, denn sie hatte Mühe seinen Schwertschlägen auszuweichen, doch es dauerte nicht lange und der Ork viel durch Gimlis Axt.

Legolas und Gimli wüteten unter den Orks und im Vergleich zu Amila, die schon nach wenigen Minuten schwer atmete, sahen sie noch vollkommen entspannt aus.

Legolas kämpfte mit zwei Orks gleichzeitig. Dem einen jagte er einen Pfeil durch die Brust, während er geschickt dem Schwert des anderen auswich und diesen durch den Einsatz eines weiteren Dolches zu Fall brachte. Doch immer wieder beobachtete Legolas aus den Augenwinkeln heraus Amila, die sich tapfer gegen die Bestien erwehrte, dennoch schon ziemlich erschöpft aussah. Wenn die Situation zwischen ihr und einem Ork besonders gefährlich wurde, war stets Gimli zur Stelle, der diesen dann zu Fall brachte.

Doch Legolas Blick wurde durch einen weiteren Ork abgelenkt, der mit einem lauten Geschrei auf ihn zugerannt kam und drohend sein Schwert schwang. Der Elb duckte sich unter seinem Hieb weg und stach ihm seinen Dolch in die Seite. Das Brüllen des Orks wurde lauter und wie wild versuchte er mit seinem Schwert Legolas zu erwischen, der für diesen aber zu schnell war und immer wieder seinen Schlägen ausweichen oder sie parieren konnte. Schließlich gelang es dem Elb seinen Dolch im Brustkorb seines Gegners zu platzieren, was diesem mit einem Röcheln zu Fall brachte.

Doch im gleichen Augenblick spürte Legolas, wie sich ihm ein Ork von hinten näherte und er konnte sich gerade noch zu Seite rollen, ehe das dreckige Schwert seinen Schädel gespalten hätte und nun nur eine tiefe Furche im Waldboden hinterließ. Legolas hatte nicht die Zeit einen Pfeil anzulegen, weshalb er diesen dem Ork einfach ins Bein stach, woraufhin dieser zu straucheln begann und nun ein leichtes Ziel für den elbischen Dolch darbot.

Legolas blickte auf. Rings um ihn herum lagen Orkleichen, die meisten verstümmelt, andere noch auf der Schwelle zwischen Leben und Tod, doch es war gewiss, dass innerhalb von wenigen Augenblicken der letzte Lebenswille aus ihnen weichen würde. Keine weiteren Orks strömten vom Waldrand auf die Lichtung zu und der Kampf schien beendet. Er hatte nur kurz angedauert, denn es waren nicht viele gewesen, nur etwa ein Dutzend.

Legolas ließ seinen Blick schweifen und sah ein gutes Stück von ihm entfernt Gimli gerade mit seiner Axt dem letzten, noch stehenden Ork den Kopf vom Körper trennen, ehe sich sein Freund zu ihm umdrehte und wildgestikulierend zum Flussufer deutete.

Der Elb folgte Gimlis Arm und erstarrte. Amila stand am Rande des Sees und wehrte sich verzweifelt gegen einen großen Ork. Er überragte die Elbe um mehrere Zentimeter, sodass er eine wuchtige Erscheinung abgab.

„Mach schon, Legolas! Lauf!", schrie ihm Gimli vom anderen Ende der Lichtung zu und der Elb rannte los.

Im Laufen griff er nach einem Pfeil in seinem Köcher, doch fluchend musste er feststellen, dass er alle verschossen hatte. Dann musste eben der Dolch herhalten.

Legolas erreichte die beiden Kämpfenden gerade rechtzeitig. Amila war gestolpert und der Ork wollte gerade mit seinem Schwert ausholen, als Legolas von hinten auf ihn sprang und ihn somit zu Fall brachte. Er versuchte seinen Dolch in Brusthöhe zu platzieren, doch konnte der Ork immer wieder ausweichen. Verbittert versuchten beide Gegner den jeweils anderen mit ihren Klingen zu durchbohren, doch schien es keinem gelingen zu wollen.

Endlich sah Legolas dann seine Gelegenheit den Dolch in den Hals des Orks zu stoßen, als er gerade einen Schwerthieb von diesem parierte. Mit einer schnellen Bewegung schlitzte er dem Ork die Kehle durch. Blut quoll aus der Wunde und mit einem unterdrückten Schrei erschlafften die Bewegungen seines Gegners.

Legolas erhob sich vom blutdurchtränkten Waldboden und wandte sich Amila zu, die sich mittlerweile aufgesetzt hatte. Er beugte sich zu ihr hinunter.

„Geht es Euch gut? Alles in Ordnung?"

Amila nickte schwach. Der Kampf hatte sie ganz schön außer Atem gebracht.

Legolas seufzte auf. „Ihr hättet Euch auch nicht gleich den größten Ork aussuchen müssen."

Die Elbe erhob sich schwerfällig, dabei die Hand ignorierend, die Legolas ihr zur Hilfe anbot. „Danke, ich komme schon zurecht."

Der Elb beobachtete ihre vorsichtigen Bewegungen argwöhnisch. „Seid Ihr verletzt?"

„Es ist alles in Ordnung.", erwiderte Amila und sie schob noch ein leises „Danke" hinterher, ehe sie sich suchend umblickte. Vom oberen Waldrand kam eine Gestalt auf sie zugerannt, welche eine kleinere im Arm hielt. Es war Tonda, dem jetzt auch Amila und Legolas entgegenliefen.

„Amila!", keuchte der Junge, „Wie hast du uns gefunden."

Die Elbe antwortete nicht, sondern schloss Tonda und Elanor in die Arme. In diesem Moment viel die ganze Anspannung von ihr ab und sie hätte am liebsten ihren Freudentränen freien Lauf gelassen. Doch riss sie sich zusammen, denn sie waren noch nicht vollends in Sicherheit.

„Geht es euch gut? Seid ihr verletzt? Wie geht es Elanor?" Amila nahm Tonda das Mädchen aus den Armen. Müde und mit geröteten Wangen schlang das Kind ihre dünnen Arme um den Hals der Elbe. „Amila!", schluchzte die Kleine. Die Orks hatten sie völlig verstört und die Tränen rannen ihr über das zarte Gesicht. Amila flüsterte ihr beruhigende Worte ins Ohr, während sie bemerkte, dass Elanor vor Fieber glühte.

„Uns geht es gut.", antwortete Tonda auf Amilas Fragen. „Heute Morgen hat sich Elanor noch gut gefühlt, doch irgendwie scheint ihr unser kleiner Ausflug nicht so richtig bekommen zu sein." Tondas Stimme wurde immer leiser, denn Amila funkelte ihn wütend an. Jetzt musste sie sich zusammenreißen um ihn nicht anzubrüllen.

In diesem Moment stieß auch Gimli zu der kleinen Gruppe dazu.

„Gott sei Dank.", sagte er aufatmend, als er sah, dass niemand, weder die Kinder noch Amila Verletzungen davongetragen hatten. „Nun lasst uns aber schleunigst von hier verschwinden. Vielleicht laufen hier noch mehr Orks durch die Gegend."

Gimlis Rat befolgend machten sie sich zügig auf den Weg zu den Pferden.

°°°°°

Es wurde schon langsam dunkel, als sie endlich Loda erreichten. Der Ritt war doch recht lang gewesen. Legolas hatte vorgeschlagen doch lieber wieder nach Minas Tirith zu reiten, doch Amila hatte dies abgelehnt, da das Dorf näher gewesen war und sie hier ebenso gut die Nacht verbringen konnten.

Elanor war schon zeitig, vor lauter Erschöpfung, eingeschlafen und Amila gönnte ihr den Schlaf nur zu gern. Die Elbe hatte ihren Blick starr geradeaus gerichtet. Sie ritten direkt in den Sonnenuntergang. Amila betrachtete die blutrote Sonne mit großem Argwohn, verhieß der Sonnenuntergang doch nie etwas Gutes für sie.

Die ganze Zeit über hatte die Elbe kein Wort mit Tonda gewechselt, der hinter ihr auf Delgod ritt. Doch Tonda würde seine Strafe schon noch erhalten, dessen war sie sich ganz sicher. Elanor saß vor Amila auf Athulo und Legolas bildete mit Gimli die Nachhut der kleinen Gruppe.

Als sie den kleinen Marktplatz erreichten kamen einige Kinder aus dem Dorf neugierig angelaufen um die Fremden zu betrachten. Es passierte nicht so häufig, dass Reisende im Dorf halt machten, doch diese Fremden steuerten geradewegs auf das Gasthaus zu.

Die kleine Gruppe zügelte ihre Pferde und einer nach dem anderen schwang sich vom Pferd. Doch kaum hatte Amila mit ihren Füßen den Boden berührt, strauchelte sie und hatte Mühe gerade zu stehen. Eine Hand tauchte plötzlich aus dem Nichts neben ihr auf und bewahrte sie vor einem unsanften Fall. Fragend sah Legolas sie an, doch Amila schüttelte seine Hand ab.

„Mir geht es gut.", sagte sie mit Nachdruck, als hätte sie seine Gedanken gelesen. Legolas glaubte es nicht, doch fragte er auch nicht weiter nach.

„Gebt sie mir.", sagte er stattdessen und deutete auf Elanor, die noch immer auf Athulo saß und durch das fehlende Geschaukel des Pferdes nun schläfrig durch die Gegend blickte. Doch Amila schüttelte bestimmt ihren Kopf und hob das Kind selbst vom Pferd.

Die Elbe, mit Elanor auf dem Arm, betrat als erste die Wirtsstube.

Die Luft, die ihnen hier entgegen schlug, war dick und Dunst vernebelte den Blick. Gebratenes vermischte sich mit dem Geruch von süßem, schweren Wein. Die Stube war gut gefüllt, hauptsächlich mit Männern, die sich nach einem langen Arbeitstag auf den Feldern einen Schluck im Gasthaus gönnten, ehe sie zu ihren Familien heimkehrten.

Amila sah sich suchend nach dem Wirt um und ging zielstrebig auf die Theke zu.

„Oh, guten Abend die Herrschaften!", sagte eine Stimme zuvorkommend. Der Wirt war ein großer kräftiger Mann, der schon fast alle Haare auf dem Kopf verloren hatte.

„Wir würden gerne hier die Nacht verbringen.", entgegnete Amila, „Wenn Ihr zwei Zimmer für uns hättet wären wir Euch sehr dankbar."

Der Wirt lächelte.

„Natürlich, ganz wie die Lady wünscht.", sagte er und kurz darauf rief er: „Firi!" Es dauerte nur einen kleinen Moment und ein junges Mädchen erschien in der Küchentür zu seiner linken. Man sah sofort, dass es sich bei dem pummeligen Mädchen um die Tochter des Wirts handelte.

„Wir haben für heute Nacht Gäste, zwei Zimmer, führ sie hin, ja?"

Das Mädchen nickte bestimmt und bedeutete der kleinen Gruppe ihr zu folgen. Erst jetzt betrachtete sie die Gäste eingehender und stieß einen überraschten Schrei aus, als ihr Blick an Tonda hängen blieb.

„Tonda!", rief sie. „Wie schön! Ich hatte so gehofft, dass du mal wieder hierher kommen würdest!"

Tonda lächelte verlegen. Er wünschte sich allerdings glücklichere Umstände, denn er wusste, dass ihm die Standpauke von Amila noch bevorstand.

„Firi! Lass unsere Gäste nicht warten!", unterbrach sie die tadelnde Stimme ihres Vaters und das Mädchen beeilte sich seiner Aufforderung Folge zu leisten.

Amila wandte sich an die anderen. „Bleibt doch am besten hier und esst etwas. Ich kümmere mich derweil um Elanor."

Gimli und Tonda ließen sich das nicht zweimal sagen und steuerten schon einen freien Tisch an. Tonda vor allem um seiner Standpauke noch für eine Weile zu entgehen und Gimli weil er fürchterlichen Hunger hatte und seit heute Morgen im Schloss nichts mehr gegessen hatte. Nur Legolas blieb bei Amila.

„Habt Ihr keinen Hunger?"

Er schüttelte seinen Kopf. „Ich will wissen wie es ihr geht.", sagte er und deutete auf Elanor in ihren Armen.

„Sie schläft.", antwortete ihm Amila. „Aber gut, wenn Ihr nicht hier bleiben wollt."

Und damit folgten die beiden Elben der Wirtstochter, die schon ein Stück vorausgegangen war. Das Mädchen führte sie durch einen Gang und deutete ganz an seinem Ende auf zwei gegenüberliegende Türen.

„Hier sind die Schlüssel.", sagte sie. „Wenn Ihr irgendetwas benötigt, wir sind in der Gaststube für Euch da."

Amila nickte und nahm die Schlüssel entgegen.

Das Zimmer war sehr einfach eingerichtet. Ein großes Bett nahm fast den gesamten Raum ein, in dem sich nur noch ein Sessel und ein Eichenschrank befanden. Eine Schüssel mit Wasser und mehrere Tücher lagen auf einem kleinen Nachtschränkchen.

Amila legte Elanor behutsam aufs Bett. Sie war wieder eingeschlafen und die Elbe deckte sie vorsichtig zu.

„Schlaf gut, Prinzessin.", flüsterte sie und strich dem Kind eine helle Locke aus dem Gesicht. Sie hatte ihr vorhin noch ein paar Kräuter eingeflößt, um sie in einen ruhigen und erholsamen Schlaf sinken zu lassen, den sie ganz dringend benötigte, um sich von dem heutigen Tag zu erholen.

Amila richtete sich vorsichtig wieder auf, doch schwankte sie dabei erneut. Verflucht, warum musste ihr das immer vor Legolas passieren?

Prüfend sah sie der Elb an.

„Setzt Euch.", sagte er und deutete auf die andere Seite des Bettes.

„Warum?", fragte sie ihn verwundert.

„Ich werde mir Euer Bein ansehen."

„Das ist nicht nötig, mir geht es..."

„Ich weiß, dass es Euch gut geht.", wurde sie von Legolas unterbrochen, „Aber Ihr könnt mir nicht weismachen, dass Ihr Euch nicht verletzt habt. Also, setzt Euch, bitte."

Amila seufzte auf. Er hätte wirklich unten bei den anderen bleiben sollen. Dennoch folgte sie seiner Aufforderung und setzte sich auf die andere Bettseite.

Legolas rückte sich den Sessel zurecht, sodass er genau vor der Elbe saß.

„Welches Bein ist es?", fragte er sie leise, um Elanor in ihrem Schlaf nicht zu stören.

„Es ist nicht das Bein. Es ist der Fuß.", entgegnete Amila und streckte ihm ihren linken Fuß entgegen. Legolas zog ihr den Schuh aus und sah sofort, warum sie des Öfteren ihr Gleichgewicht verlor. Der Ork hatte wahrscheinlich mit seinem Schwert ihr Bein erwischen wollen, aber nur die Ferse getroffen, wo jetzt eine Wunde klaffte. Sie war zwar nicht besonders tief und blutete nicht mehr, doch musste sie sehr schmerzhaft bei ruckartigen Bewegungen zu spüren sein.

Legolas griff sich die Wasserschüssel vom Nachttisch und ein sauberes Tuch und begann damit die Wunde zu säubern.

Amila zuckte bei der ersten Berührung mit dem kalten Wasser zurück, doch Legolas ließ nicht zu, dass sie ihren Fuß wegzog. Auch wenn die Elbe immer wieder zischend einatmete, musste sie sich eingestehen, dass Legolas sehr vorsichtig vorging. Sie hatte auch Glück gehabt, dass der Ork keine Sehne getroffen hatte, denn dies wäre weitaus schmerzhafter gewesen.

Nach einer Weile entspannte sie sich sogar und schloss die Augen. Der Elb begann jetzt damit ihren Fuß vorsichtig mit einem sauberen Tuch zu umwickeln, damit kein neuerlicher Schmutz in die Wunde eindringen konnte.

Legolas beobachtete Amila. Sie hatte die Augen immer noch geschlossen und ihr langes schwarzes Haar viel ihr wild um die Schultern. Durch den Kampf sah sie recht zerzaust aus und nicht wie eine Dame aus dem Schloss. Dennoch fand Legolas, war sie wunderschön. Das konnte er in diesem Moment einfach nicht leugnen.

Amila hatte ihn heute oft erstaunt. Hatte er sie sonst eher als resolute und bestimmte Elbe erlebt, hatte sie sich heute auch von einer anderen, emotionaleren Seite gezeigt. Als sie die beiden Ausreißer auf der Waldlichtung in die Arme geschlossen hatte, hatte er ihr angesehen, dass sie den Tränen nahe war. Außerdem hätte wohl nicht jede Dame gegen einen Ork gekämpft und vor allem hatte sie sich sehr gut geschlagen.

„Elladan und Elrohir waren Euch gute Lehrer, Mylady.", sagte er leise.

Amila schlug die Augen auf.

„Ihr kämpft auch nicht schlecht, Herr Prinz.", entgegnete sie.

Legolas lächelte. Er zog das Tuch zum letzten Mal fest und ließ nun ihren Fuß los.

„Danke.", flüsterte Amila. Sie hatte seine sanften Berührungen genossen. Wie lange war es her, seit sich mal jemand um sie gekümmert hatte? Meistens war es anders herum, dass sie ihre Patienten versorgte, doch jetzt war sie selbst die Kranke gewesen.

„Wieso habt Ihr noch nicht mit Tonda gesprochen?", lenkte nun Legolas ihr Gespräch nochmals auf den heutigen Tag.

Amila seufzte. „Er weiß selbst, dass er mir früher oder später noch Rede und Antwort stehen muss, aber die Gelegenheit hat sich bisher noch nicht ergeben. Ich wollte nicht schon im Wald auf ihn einschimpfen."

„Und wie wäre es, wenn Ihr überhaupt nicht auf ihn ‚einschimpft'?" Amila sah ihn fragend an, auf weitere Erklärungen wartend.

„Was ist mit den Eltern der beiden geschehen?"

„Die Mutter starb schon vor vielen Jahren an einer Krankheit. Tonda kann sich nur noch dunkel an sie erinnern, Elanor gar nicht mehr. Ihr Vater ist im Ringkrieg gefallen.", informierte ihn Amila leise über das Schicksal der Geschwister.

„Vielleicht wollte Tonda einfach alles hinter sich lassen", meinte Legolas, „einfach alles vergessen, was ihm und seiner Schwester widerfahren ist. Vielleicht wollte er ein neues Leben beginnen, weg von diesem Waisenhaus und seiner Schwester ein besseres Leben ohne diese vielen Einengungen bieten."

„Dann hätte er sich aber einen weitaus günstigeren Zeitpunkt aussuchen können, mit einer gesunden Schwester."

Legolas nickte.

„Kommt, wir gehen runter und Ihr redet mit ihm."

Amila schüttelte ihren Kopf.

„Ich will Elanor hier nicht allein lassen."

„Sie schläft."

„Ich weiß."

Legolas sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Sie ist im Tiefschlaf.", verstärkte er seine Aussage noch.

Amila musste lächeln.

„Gut, Ihr habt ja ausnahmsweise mal Recht."

Und diesmal ergriff sie sogar seine Hand, mit der er sie in einer eleganten Bewegung vom Bett zog.

Gemeinsam machten sie sich auf den Weg in die Gaststube.

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