Kapitel 7
Es war bereits Nacht, als sie aufstand. Noch immer hatte sie ihn nicht bemerkt, wähnte sich allein. Mit dem gebeugten Gang einer Frau, die bereits viel zu viel erlebt hatte, trat sie ein das große leere Haus. Wieder aß sie nichts. Es war nicht wichtig. Nichts war mehr wichtig.
Er folgte ihr. Schwebend. Er war immer hinter ihr, gerade weit genug, um die Hand wieder nach ihr ausstrecken zu können, hielt erst vor dem Bad inne, um ihre Privatsphäre nicht zu verletzen. War danach wieder bei ihr. Er wollte sich zu erkennen geben, als er bemerkte, dass sie sich wieder in den Schlaf weinte. Hätte sie es getan, wenn sie von seiner Anwesenheit gewusst hätte?
Mitten in der Nacht sah er auf. Sie war in einem Alptraum gefangen, wälzte sich hin und her, schrie und weinte. Er wollte sie wecken, doch kein Ton kam aus ihm. Zu geschockt, was mit ihr passierte. Noch immer stand er vor dem Bett, konnte sich nicht rühren. Seine Hand glitt auf ihre Schultern und es schien sie zu beruhigen. Ihr Atem wurde langsamer, ihr Gesicht schien den ersten entspannten Ausdruck anzunehmen. Ein leises Seufzen entfuhr ihm, bevor er sich neben sie legte. Wissend, dass er sich rechtzeitig erheben konnte, um nicht von ihr entdeckt zu werden.
Hermine erwachte am nächsten Morgen mit einem Elan, den sie seit Wochen nicht mehr gespürt hatte. Sie hatte nicht mehr das Gefühl, alleine zu sein, auch wenn sie sich nicht erklären konnte, woher es kam. Außer, dass sie sich in dieser Nacht geborgen gefühlt hatte.
Das erste Mal seit Tagen ging sie duschen, wusch sich die Haare. Zog sich angemessen an, machte sich einen Kaffee. Sie verspürte sogar Hunger. Und bemerkte, dass der Kühlschrank seit Tagen wandern gehen wollte. Jegliches Essen darin hatte ins Leben zurückgefunden. Sie rümpfte die Nase, entfernte den Schimmel und die nicht mehr erkennbaren Reste, trank nur ihren Kaffee. Ohne Milch.
Sie holte ihre Geldbörse und ging einkaufen. Immer mit dem Gefühl, beobachtet und verfolgt zu werden. Doch es war kein unangenehmes Gefühl, eher etwas Beruhigendes.
Auf dem
Rückweg schleppte sie ihre Taschen, sie traute sich nicht Magie
anzuwenden, durch den Vorort, als eine ihrer Taschen riss.
Ein
junger Mann eilte ihr zu Hilfe.
„Warten Sie."
Er bückte
sich, sammelte die Äpfel, die auf die Straße rollen
wollten, auf.
Dabei fiel ihm ein mahagonifarbener Stab aus der Tasche. Er schien es gar nicht zu bemerken.
Hermine hob
den Stab auf, spürte die Magie, die von diesem Stab ausging,
besah sich diesen Mann genauer.
Sein schulterlanges, dunkelblondes
Haar fiel ihm ins Gesicht, seine blauen Augen konzentrierten sich auf
die Äpfel, suchten sie, um keinen zu übersehen.
Etwas an ihm kam ihr bekannt vor. Den Zauberstab in der Hand starrte sie ihn an, bemerkte nicht, wie er sie ebenfalls anstarrte, seine braungebrannte Haut leichenblass wurde, als er erkannte, was sie in der Hand hielt.
„Ich… ich… kann das erklären,"
stammelte er. „das… das ist ein…"
„Sie sollten in einem
Muggelviertel nicht mit einem Zauberstab durch die Gegend
laufen."
Sie hatte sich bereits erhoben, ihren Blick immer noch
auf ihn gerichtet. Sie reichte ihm den Stab.
„Danke" murmelte
er sichtlich erleichtert, dann traf ihn die Erkenntnis. Nur eine Hexe
oder eine Squib hätte sofort erkennen können, dass dies ein
Zauberstab war. Auch hatte sie „Muggelviertel" gesagt.
„Sie
sind eine Hexe?"
„Ja, muggelgeboren.", erwiderte sie fest.
Noch immer verunsicherte es sie, einem Zauberer gegenüber zu
stehen. Und doch kam ihr Gegenüber ihr bekannt vor. Er war
vielleicht ein oder zwei Jahre älter als sie. Doch auf Hogwarts
war sie ihm nie begegnet. Warum kam er ihr dann so bekannt
vor?
„Vielen Dank." Dankbarkeit und Panik waren in ihrem
Blick zu erkennen.
Sie nahm ihm die Tüten ab, verschwand so
schnell wie möglich aus seinem Blickfeld. Ließ einen
verwirrten Menschen hinter sich, der ebenfalls das Gefühl hatte,
ihr schon einmal begegnet zu sein.
Und einen unzufriedenen Tränkemeister, der endlich wusste, was zu tun war. Er musste nur Amor spielen.
-TBC-
