Hier ist das neue Kapitel. Hat etwas gedauert, ich weiß.

Wie immer freue ich mich über jede Review und wünsche euch viel Spaß beim Lesen!

LG -Morgaine

6.

Als Lily in der großen Halle ankam, waren die meisten ihrer Mitschüler schon fertig mit dem Mittag. Die Tische waren schon abgeräumt worden und nun saßen in einigen Ecken vereinzelte Schüler, die entweder noch nicht zum Unterricht aufgebrochen waren oder eine Freistunde hatten. Darunter auch Marcus Flint.

Er sah etwas beschämt zu Boden als sie auf ihn zuging.

„Es tut mir Leid, Lil. Ich hoffe Professor Snape war nicht zu hart zu dir." Er nestelte beschämt an seiner Krawatte.

Mhm, wie man's nimmt, dachte Lily. „Nein. Ist schon in Ordnung. Bei genauerer Betrachtung müsste ich dir sogar dankbar sein, dass du mich geweckt hast, sonst wäre ich vermutlich in meiner eigenen Badewanne ertrunken." Sagte sie besänftigend.

Marcus sah erleichtert zu ihr auf.

„Komm, lass uns gehen. Wir wollen doch Trewlaney nicht warten lassen." Mit einem Zwinkern bedeutete sie ihm ihr zu folgen.

„So meine Lieben. Seit ihr bereit euren Geist für etwas gänzlich Neues zu öffnen?"

Professor Trewlany stand in der Mitte des Klassenraumes und gestikulierte mystisch mit ihren Armen. In ihrer Stimme lag ein fast theatralischer Unterton und ihre, durch die Brille, vergrößerten Augen funkelten noch geheimnisvoller als sonst.

Lily teilte sich mit Marcus einen Tisch in der hintersten Ecke. Beide hielten nicht viel vom Wahrsagen, zumindest nicht in dem Halbjahr, in dem Trewlaney und nicht Firenze unterrichtete.

„Euer Geist muss frei sein, für das, was ich euch als nächstes beibringen werde. Die Kunst sein persönliches Schicksal zu deuten." Sie schlich im Raum umher und sah jeden ihrer Schüler durchdringend an.

Einige der Schüler tuschelten geheimnisvoll und warteten gespannt, dass ihre Lehrerin fortfuhr. Lily dagegen, schenkte ihr das kalte, desinteressierte Lächeln, das sie so oft von einem gewissen Lehrer bekam.

„Vergesst eure Zauberstäbe und Kessel. Um das Schicksal zu deuten, gebraucht es ein weit komplizierteres Hilfsmittel."

Trewlaney gab ihrem Zauberstab einen viel zu pompösen Flick und auf jedem einzelnen ihrer Tische landete eine große, schwarze Kugel.

Marcus sah Lily entnervt an.

„Oh, klasse. Spielen wir Bowling. Trewlaney ist der Kegel!" flüsterte er.

„Das ist ein Destinarum. Es ist der gebräuchlichen Wahrsagerkugel sehr ähnlich. Doch der Unterscheid zu der normalen Kugel und dem Destinarum ist nicht nur, dass diese hier schwarz ist. Die Wahrsagerkugel gibt uns Einblicke in die Dinge, die in der nächsten Zeit geschehen werden. Wir benutzen sie meist, um unangenehmen oder schmerzlichen Situationen aus dem Weg zu gehen. Sind diese Situationen gemeistert, führt die, in Fachkreisen, weiße Kugel, genannt, fort, uns unser Schicksal zu zeigen."

Trewlaney hatte nun mittlerweile Platz genommen und sah mit Begeisterung auf die Schwarze Kugel, die sie nun in die Höhe hielt.

„Das Destinarum, also die Schwarze Kugel, dagegen, funktioniert anders. Sie zeigt uns zwar, wie die Weiße, unser Schicksal, doch nicht um dieses zu ändern, oder vor ihm fortzulaufen, sondern, um ihm entgegen zu blicken. Sollte wir dennoch, der von dem Destinarums gezeigten Situation oder Person ausweichen, so wird die Kugel euch keine weiteren Ereignisse offenbaren."

Liebevoll streichelte sie das Destinarum in ihrem Schoß.

„Was immer ihr heute zu sehen bekommt, falls ihr etwas seht, solltet ihr es besser Ausführen. Denn solange ihr es nicht tut, wird die Kugel nicht funktionieren." Sagte sie in einem verschwörerisch rauchigem Tonfall. „Und nun, setzt sich einer von euch an die Kugel, während der Tischpartner die Instruktionen aus dem Buch Seite 458 vorliest. An die Arbeit."

„Du oder ich?" fragte Marcus gelangweilt.

„Ich starre lieber eine Stunde lang auf eine blöde schwarze Kugel, anstatt mir irgend einen Scheiß durchzulesen." Antworte Lily und zog die Kugel näher zu sich. „Also, schieß los."

Marcus blätterte durch die Seiten. „Gut. Konzentrieren Sie sich völlig auf das Schwarz der Kugel."

„Yup."

„Stellen Sie sich vor, wie die Dunkelheit im Inneren der Kugel sich langsam bewegt."

„Bin dabei."

„Versuchen Sie, mit ihrem geistigen Auge, den Schleier der Dunkelheit zu durchtrennen. Als würden Sie ihn mit den Händen zur Seite schieben."

„Schleier zur Seite schieben, verstanden."

„Sie sollten nun ein grelles weißes Licht erkennen können."

„Wo?"

„In der Kugel."

„In einer SCHWARZEN Kugel?"

„Ja."

„Nö."

„Lily, tu wenigstens so, als würdest du dich anstrengen, Trewlaney geht rum und ist schon fast bei uns." Zischte er.

„Marcus, wenn ich irgendetwas sehen sollte, sag ich dir scho-"

Ein beißend weißes Licht schoss vor Lilys Sichtfeld. Als hätte sie geradewegs in die Sonne gesehen. Sie schlug mit dem Körper nach hinten, versuchte ihre Augen zu schließen, da merkte sie, dass sie geschlossen waren. Das Licht war in ihrem Kopf. Durchzog ihre Sinne. Das Licht wurde an manchen Stellen schwächer. Sie konnte Konturen erkennen. Was war es? Ein Mensch? Ja, das war das Gesicht eines Menschen! Sie konnte das Gesicht nicht erkennen. Es war, als würde sie durch eine Milchglasscheibe blicken. Die Person hatte langes Haar. Sehr helles langes Haar. Es musste eine Frau sein.

Lily versuchte, näher heran zu kommen an die Frau. Doch je näher sie kam, desto unschärfer wurde das Bild. Bis es ganz verschwand und sie nur noch Schwärze umgab.

„Lily?" Marcus klang besorgt. „Alles in Ordnung?"

Lily bemerkte, wie sie die schwarze Kugel anstarrte. „Was? Ja..ja, alles OK, Flint."

„Du warst wie weggetreten. Hast du was gesehen?"

„Nein, nein gar nichts. Hier-„ Sie schüttelte sich und schob die Kugel unsanft Marcus zu.

„Bist du si-„

„Ja verdammt! Ich bin nur kurz eingenickt. Ein kleiner Tagtraum, das war alles." Etwas unwirsch zog sie ihm das Buch aus der Hand und begann nun ihrerseits die Instruktionen zu lesen, doch in ihrem Hinterkopf hatte sie noch immer das Bild der Blonden Frau.

Diese Frau ging ihr nicht mehr aus dem Kopf.

Gott sei Dank war Wahrsagen ihre letzte Unterrichtsstunde gewesen und sie konnte sich danach wieder auf ihr Zimmer zurückziehen und den Stoff des Verwandlungsunterrichts nachholen.

Doch das gelang ihr einfach nicht. Immer und immer wieder tauchte das Bild der Frau vor ihrem inneren Auge auf und zwang sie dazu, die Bücher beiseite zu legen und ihre Schläfen zu massieren.

Mein persönliches Schicksal liegt in den Händen einer Frau?

Sie dachte an Trewlaneys Worte. Sie zeigt uns zwar, wie die Weiße, unser Schicksal, doch nicht um dieses zu ändern, oder vor ihm fortzulaufen, sondern, um ihm entgegen zu blicken.

Wie soll ich etwas bzw. jemanden entgegentreten, den ich gar nicht kenne?

Entnervt beförderte Lily ihre Arbeitsmaterialien vom Bett und lies sich darauf, alle viere von sich gestreckt, nieder.

Gerade als sich die Bilder langsam aus ihrem Kopf verzogen und sie endlich einnickte, spürte sie ein zaghaftes Ziehen an ihrem Hosenbein.

Blitzschnell richtete sie sich auf.

Doch da war niemand. Vorsichtig, den Zauberstab im Anschlag, richtete sie sich weiter nach vorn.

„Ist da jemand?"

Ein leises Kratzen am Fuß des Bettes lies sie sich noch weiter herüberbeugen.

„Komm raus, wer immer du bist." Sie richtete ihren Zauberstab genau auf den Punkt von wo aus sie das Geräusch geortet hatte.

Ein zitternder kleiner Hauself richtete sich mit erhobenen Armen auf. Er konnte gerade so über die Bettdecke schauen.

„B-Bitte M Ms. Grey-t..t...tun Sie Liddi nichts. L-Liddi ist guter Hauself." Verängstigt schaute das kleine Wesen Lily aus großen feuchten Glubschaugen an.

Erleichtert lies sie den Zauberstab sinken.

„Was willst du?" fragte sie forsch ob ihres dringend benötigten Schlafes betrogen.

„H-Hier ist eine Nachricht für sie-" der Hauself griff unter das verdreckte Putztuch das er trug und hielt Lily einen etwas zerknautschten Brief entgegen. „V-Von Prof...Professor S-S-S...Professor S...S..."

„Professor Snape?" fragte sie belustigt und nahm den Brief aus zittrigen Händen entgegen.

Das kleine Ding machte, ob der Erwähnung des Namens verschreckt einen kleinen Sprung nach hinten und nickte heftig.

„Gut. Danke, du kannst gehen." Lily lächelte dem Elf mitfühlend zu und betrachtete mit einem amüsierten Kopfschütteln wie es mit einem Plop verschwand.

Unwirsch riss sie den Umschlag des Briefes auf.

Ms. Grey,

Da die Abschlussprüfungen nun kurz bevor stehen, habe ich für heute Abend, sieben Uhr eine weitere Extra-Stunde angesetzt.

Sein Sie pünktlich.

Severus Snape

Lily starrte auf ihren Wecker. 18.57 UHR

Wie von der Tarantel gestochen sprang sie auf und hetzte durch den Kerker Richtung Snapes Büro. Völlig aus der Puste ergriff sie die Klinke und lies sich schwer atmend in sein Büro fallen.

„Sie sind-„

„Wag es ja nicht, diesen Satz zu beenden!" röchelte sie. „Ich hab deine Nachricht eben erst erhalten und hab mich sofort auf den Weg gemacht, OK?"

Sie stand, auf ihre Knie gebeugt vor seinem Schreibtisch und funkelte Snape böse an.

Dieser jedoch schenkte ihr nur ein bedeutungsvolles Lächeln.

„Na wenigstens parierst du aufs Wort." Sagte er ölig.

Lily hielt die Luft an. „Hast du den Hauself etwa EXTRA so spät losgeschickt?" fragte sie entgeistert.

„Du merkst aber auch alles." Zwischerte er zuckersüß.

Sie wollte gerade zu einer heftigen Schimpftirade ansetzen als ihr Lehrer sich plötzlich erhob, an ihr vorbei ging und ihr mit einem Wink bedeutete, ihm ins Labor zu folgen.

Lily atmete ein paar Mal tief durch und folgte ihm dann.

„Hier. Diesen Trank will ich in einer Stunde fertig im Kessel brodeln sehen." Er zeigte auf eine komplizierte Rezeptur in einem Tränkebuch, das auf dem, wie immer penibel gesäuberten Arbeitsbereich lag und verschwand dann ohne ein weiteres Wort aus dem Labor.

Lily sah ihm verunsichert nach. Noch nie hatte er sie allein an einer Rezeptur arbeiten lassen, schon gar nicht an einer solch schweren.

Irgendwas war los. Und sie würde herausfinden was das war.

Mit leisen Schritten näherte sie sich der Tür und lukte zurück ins Büro. Snape saß an seinem Schreibtisch und arbeitete.

„Duuu?" fragte sie um die Ecke schielend.

Keine Reaktion.

Ok, dann eben anders.

„Professor,Sir. Ich hätte da mal eine Frage?" sagte sie in ihrem unschuldigstem Schulmädchen-Ton.

„WAS?" raunzte er sie an.

Lily fuhr erschrocken zusammen. So schlechte Laune hatte er seit... na ja, vierundzwanzig Stunden nicht mehr gehabt.

„Ich hab mich nur gefragt, wann du zurückkommst, damit ich anfangen kann." Sagte sie betonend unterwürfig um ihn nicht noch mehr gegen sich aufzubringen.

„Kann es sein, dass Sie sich in der Tür vertan haben, Ms. Grey?" zischte er sie an. „Das hier ist nicht der Kindergarten, dass ist Zaubertränke! Also machen Sie sich gefälligst an die Arbeit, diesen Trank zu brauen. Auf der Universität wird ihnen schließlich auch niemand das Händchen halten!" Mittlerweile hatte Snape sich erhoben und beugte sich gefährlich weit über seinen Schreibtisch.

Lily zeigte sich jedoch unbeeindruckt und musterte den Professor nur abschätzig.

„Man, was hast DU denn für Laune?"

Mit diesen Worten drehte sie sich wieder Richtung Labor um. Doch bevor sie auch nur einen Schritt näher an den Arbeitsbereich kommen konnte, hatte Snape sie schon am Ärmel gepackt und sie grob zu sich umgedreht.

„Was haben Sie da gerade gesagt?" flüsterte er bedrohlich. Er presste sie förmlich gegen sich, so dass Lily keine Chance hatte seinem Blick zu entgehen. Also starrte sie wütend zurück.

„Gar nichts,...Professor." presste sie heraus.

„Gut, denn ich dulde hier keine Aufmüpfigkeiten. Schon gar nicht von einer kleinen, möchtegern Zaubertränke-Bräuerin, dessen Leistungen seit einiger Zeit gerade mal so befriedigend sind." Sagte er immer noch in diesem gefährlich-leisem Tonfall.

„Immer noch besser, als Unbefriedigende Leistungen!" blitzte sie ihm vielsagend zu.

Snapes Augenbrauen schossen in die Höhe und sein Griff um ihre Oberarme wurde eisern.

„Aua! Hör auf, mir weh zu tun!" sie versuchte sich aus seinem Griff zu befreien, doch je mehr sie strampelte, desto strenger wurde sein Griff und desto auswegloser ihre Situation.

„Das werde ich. Wenn du endlich dein vorlautes Mundwerk hältst und einfach kommentarlos tust was ich dir sage!" zischte er.

Lily wand sich noch immer in seinem Griff. „Ist gut...hör auf. LASS MICH LOS!" schrie sie ihm an.

Als er von ihr abließ, umspielte ein triumphierendes Lächeln seine Züge. „Gutes Mädchen. Und jetzt an die Arbeit." Und wieder war er in sein Büro verschwunden.

Lily umfasste ihre Arme. Die Stellen, an denen er sie gehalten hatte, brannten wie Feuer und ein kurzer Blick darauf zeigte ihr, dass sie sich schon in ein ungesundes Blau verfärbten. Ihr Herz klopfte wie wild. So hatte sie ihn noch nie erlebt. Er hatte ihr weh getan. Nicht nur mit Worten, daran hatte sie sich mittlerweile schon gewöhnt. Nein, er hatte ihr körperliche Gewalt angetan. Sie merkte das unheilvolle Brennen ihrer Augen, ein Vorzeichen, dass sich Tränen ihren Weg bahnten.

Nein, den Gefallen würde sie ihm nicht tun.

Sei rappelte sich auf und ging an die Arbeit. Der Trank bereitete ihr, wie sie wusste, ohne Hilfe sehr große Schwierigkeiten. Als sie damit fertig war, wusste sie, dass das Resultat mehr als schlecht geraten war. Das Gebräu hatte einen ekligen Braunton, anstatt des erhofften satten Gelbes und es roch nach allem anderen, außer frisch-gepressten Magnolien.

„Sind Sie fertig?" Snape stand im Türrahmen und beobachtete Lily dabei, wie sie gerade ein wenig der Flüssigkeit in eine Phiole abfüllte.

Ohne ihm Beachtung zu schenken fing sie nun an, den Arbeitsbereich zu säubern.

„Miss Grey, ich spreche mit Ihnen!" sagte er nun schon etwas gereizter.

Ohne ein Wort trat sie vor ihn und hielt ihm die Phiole entgegen.

Etwas skeptisch nahm er diese an sich und betrachtete den Inhalt eingehend... und auch irgendwie angewidert.

„Was soll das darstellen?" Er hielt ihr das kleine Glasgefäß vors Gesicht.

„Das, verehrter Professor Snape, nennt man Phiole." Antwortete sie als würde sie mit einem Kind sprechen.

„Habe ich mich vorhin nicht verständlich ausgedrückt?" Wie ein unheilverkündender Schatten baute Snape sich vor ihr auf.

„Doch. Ihre Ausdrucksweise ist sehr einprägsam. Die nächsten Wochen werde ich bestimmt noch etwas davon haben." blaffte sie ihn an während sie schützend ihre Hände auf die wunden Oberarme legte.

„MISS GREY!" er trat auf sie zu.

„WAS?" Sie schnappte sich die Phiole aus Snapes Hand und donnerte sie auf den Fußboden. Das Gefäß zerschepperte in tausend Teile und die Flüssigkeit verteilte sich wie ein ekliger Schleier über den Steinboden.

„Das reicht!" Er schnappte sie sich und drückte sie gegen die Wand.

„Was willst du jetzt machen, Severus?" flüsterte sie dem erzürntem Mann entgegen.

„Das was du gerne machen würdest, darfst du nicht. Also...Nachsitzen? Für den Rest meines Lebens?" In ihren Augen bündelte sich grenzenloser Hass.

Er sah sie süffisant an. „Nachsitzen? Ich bin froh wenn ich dich nicht länger als unbedingt nötig ertragen muss!" Mit diesen Worten entfernte er sich von der Wand und zog Lily hinaus in sein Büro und durch die Eingangstür.

„Ich habe dich lang genug verhätschelt. Lerne, mit der neuen Situation umzugehen, oder lass es bleiben. Aber glaub nicht, dass ich mir dein Theater noch einmal gefallen lasse. Das nächste Mal fliegst du raus! Dann heißt es Adieu Studium der Zaubertränke!"

Er knallte ihr die Tür vor der Nase zu.

6