Grace saß über ihren Hausaufgaben, als das Telefon klingelte. „Stokes.", meldete sie sich.
„Gracie, ich kann nicht nach Hause kommen, wir haben zu wenig Leute hier.", es war ihr Vater.
Grace setzte sich auf einen Stuhl. „Kannst du wirklich nicht kommen?", fragte sie.
Nick brach es das Herz, als er die Stimme seiner Tochter hörte. „Ja, Kleines, es geht nicht anders. Es tut mir leid."
„Ist schon in Ordnung, Daddy." Beide wussten, dass es eine Lüge war.
„Wir machen dafür morgen etwas zusammen, okay?" Nick hatte ein schlechtes Gewissen. Er hasste den Gedanken, dass Grace hinter seinen Job zurückstecken musste.
„Ja, morgen klingt gut. Weckst du mich, wenn du zu Hause bist, nur damit ich weiß, dass es dir gut geht?"
Nick hätte sich gewundert, wenn diese Bitte nicht gekommen wäre. Grace wollte immer wissen, dass es ihm gut geht. „Ja, mach ich."
„Dann bist morgen, Dad.", verabschiedete sich Grace.
„Schlaf gut, Kleines.", erwiderte Nick und legte auf. Er musste jetzt raus, um einen Mordfall zu lösen.
Grace hatte nicht vor schlafen zu gehen. Sie war heute in die Vergangenheit eingetaucht und sie hatte noch nicht vor wieder aufzutauchen.
Sie ging in ihr Zimmer und nahm etwas Geld aus ihrer Kommode. Sie steckte es in ihre Hosentasche und zog sich ihre Schuhe an. Ihr Handy nahm sie in die Hand, damit sie es gleich in ihre Manteltasche stecken konnte.
Beim Hinausgehen nahm sie noch schnell ihr Essensgeld vom Küchentisch und zog ihren Mantel über. Als sie die Tür ins Schloss fallen ließ, atmete sie tief durch. Sie wusste gar nicht, warum sie so beunruhig war. Das hatte sie doch schon unzählige Male gemacht.
Sie ging schnell zur nächsten Bushaltestelle. Der Bus würde gleich kommen und sie wollte ihn unbedingt kriegen, sonst müsste sie eine Stunde warten, um ins CSI Hauptquartier zu kommen. Und dazu hatte sie keine Geduld.
Warrick erschrak ein wenig, als er Grace in seinem Labor sitzen sah. Aber es freute ihn, er hatte es nur nicht erwartet.
Durch die Glasscheibe konnte er sehen, wie Grace abwesend in einer Zeitschrift blätterte. Sie hatte diesen Blick, den Sara früher immer gehabt hatte, als sie dachte sie würde unbeobachtet sein. Warrick überkam ein trauriges Gefühl. Er vermisste Sara sehr, vor allem, wenn Grace in seiner Nähe war.
Nach einer Weile entschloss er sich in sein Labor zu gehen. Er konnte schließlich nicht die ganze Nacht vor seinem Labor stehen und Grace anstarren.
„Hey, Süße.", begrüßte er Grace, als er sein Labor betrat.
Grace stand auf und umarmte Warrick. „Hallo."
„Was gibt es?", fragte Warrick, als Grace ihn wieder losließ.
„Muss es etwas geben, wenn ich dich besuchen komme?"
Warrick lächelte sie an. „Nein, aber wenn du abends um elf im Labor auftauchst, dann ist doch etwas."
Grace setzt sich wieder auf den Stuhl. Warrick nahm neben ihr platz und richtete seinen Stuhl so, dass er Grace direkt zugewandt war.
„Was ist los, Süße?", fragte Warrick besorgt.
Grace spielte nervös mit ihren Ringen. „Es ist nichts Schlimmes, ich wollte dich nur fragen, ob ich dir ein paar Fragen stellen kann."
Warrick nickte, er war gespannt, was ihr auf der Seele brannte.
„Du darfst Dad aber nichts davon sagen, es würde ihn vielleicht verletzen.", sagte Grace.
„Es wird unser Geheimnis bleiben, Grace.", erwiderte Warrick, „Also was willst du wissen?"
„Kannst du mir etwas über meine Mom erzählen?", fragte Grace schüchtern.
Warrick hatte befürchtet, dass dieser Tag kommen würde, er hatte nur nicht gedacht, dass er so früh kommen würde.
„Ja. Was willst du wissen?"
Grace überlegte. „Ich weiß nicht, wie war sie so?"
„Deine Mom war stur und dickköpfig und klasse. Sie hatte sich immer in Arbeit vergraben. Wir haben deinen Vater immer zusammen aufgezogen.", Warrick lachte leicht, als er sich daran erinnerte.
„Weißt du, wie meine Eltern zusammen gekommen sind?" Grace hatte sich fast nicht getraut diese Frage zu stellen.
Warrick schüttelte den Kopf. „Nein, sie haben es mir nie erzählt. Ich habe auch nicht danach gefragt. Beide machten den Eindruck, als würden sie das lieber für sich behalten."
Grace blickte Warrick enttäuscht an. Sie hatte sich mehr versprochen. „Tut mir leid, Süße, aber da kann ich dir nicht weiterhelfen. Vielleicht solltest du Nick fragen."
„Dad weicht mir meistens immer aus. Es dauert Ewigkeiten, bis er mir was erzählt hat.", gab Grace zu.
Warrick legte ihr die Hand auf die Schulter. „Manchmal muss man Geduld haben."
„Ich weiß, aber es dauert so lange. Es gibt Momente, in denen ich denke, dass mein Dad meine Mom nicht geliebt hat, weil er nie etwas über sie erzählt. Als wäre sie ein unwichtiger Teil seines Lebens gewesen."
Warrick war schockiert, dass Grace so dachte, also sagte er: „Hör mir mal gut zu. Dein Dad hat deine Mom mehr als alles andere auf der Welt geliebt. Er wäre für sie gestorben und er hätte alles getan, um sie zurückzuholen. Als es ihr eine zeitlang nicht gut ging, hat er gekämpft wie ein Held für sie."
Grace blickte sie an. Sie hatte Tränen in den Augen. Sie hasste es, wenn sie weinte. „Das kann jeder behaupten."
Warrick konnte nicht fassen, dass Grace ihm nicht glaube, also beschloss er ihr etwas zu erzählen.
„Was soll das Warrick?", fragte Nick aufgebracht, als sie endlich allein in der Küche waren.
Warrick blickte ihn verwirrt an. „Was meinst du?"
„Tue doch nicht so. Du weißt genau, was ich meine. Nick, das ist Tracy. Sie ist Professorin für Geschichte und liebt Kinder. Du sollst endlich aufhören mich zu verkuppeln.", brachte Nick aufgebracht hervor.
„Du musst endlich wieder unter Leute." Warrick versuchte ruhig zu bleiben, was ihm nur sehr schwer gelang.
Nick konnte nicht fassen, was Warrick da sagte. „Ich bin genug unter Leute."
„Gracie und ich, meine ich nicht. Ich meine, dass du ausgehst und mal wieder eine neue Frau kennen lernst.", Warrick hatte Mühe leise zu sprechen.
Nick stieß wütend zurück: „Ich brauche keine neue Frau."
„Ja, wann hattest du das letzte Mal Sex?", fragte Warrick aufgebracht.
„Was geht dich das an?"
Warrick sah ein, dass er auf diese Weise nicht weiterkam, also versuchte er es anders. „Grace ist jetzt fünf, bald geht sie in die Schule und du wirst nur noch ein Zuschauer in ihrem Leben sein, also suche dir endlich jemanden, mit dem du den Rest deines Lebens verbringen willst."
Nick bekam einen Kloß im Hals, trotzdem sagte er: „Sara war diese Frau."
Warrick wurde wieder ruhig. Langsam sagte er: „Nick, irgendwann braucht Gracie eine Mutter."
„Sie hat eine Mutter.", schrie Nick. Er war so wütend.
Warrick schrie gegen an: „Nein, Nick, sie hatte eine Mutter."
Nick wollte etwas erwidern, doch dann trat Tracy in die Küche. Es war plötzlich ganz still.
Tracy ergriff das Wort: „Ich werde jetzt lieber gehen.", dann wendete sie sich an Nick, „Sie sollten anfangen loszulassen, sonst könnte es Sie umbringen und ihre Tochter noch dazu."
Ohne auf eine Reaktion zu warten drehte sie sich um, nahm ihren Mantel und ging.
„Das hat er tatsächlich gesagt?", fragte Grace unsicher.
„Darauf kannst du wetten.", erwiderte Warrick.
Grace umarmte ihn. „Danke, das bedeutet mir viel."
Warrick drückte sie. „Ich weiß."
Grace blickte auf die Uhr. „Ich sollte wieder nach Hause fahren, bevor Dad mich hier sieht.", stellte sie fest.
„Komm, ich fahr dich nach Hause.", sagte Warrick.
„Das musst du nicht, ich nehme auch den Bus."
Warrick schaute sie schockiert an. „Grace, ich werde dich nach Hause fahren. Es ist schon so spät, du wirst sicher nicht den Bus nehmen. Ich will schließlich, dass du in einem Stück nach Hause kommst."
„Das ist nicht nötig.", erwiderte Grace.
Warrick stand auf. „Doch, außerdem können wir uns auf der Fahrt unterhalten."
Er ging zur Tür und Grace folgte ihm. Vielleicht hatte Warrick Recht. Und außerdem war sie müde.
„Okay."
