Disclaimer: ihr wisst schon, bla bla
Vorab: Ich glaube zuallererst ist eine Entschuldigung fällig. Tut mir leid, dass es am Sonntag mit dem Update nicht geklappt hat, aber mein Modem hat mich Samstagabend (!) einfach so im Stich gelassen. Aber jetzt bin ich ja wieder online, und so gibt's das neue Chappi eben heute und nicht erst Sonntag. Wieder mal vielen Dank an Cecilie. Was würde ich nur ohne dich machen? ^-^
@Megchen: Nu ja, Jack scheint wirklich reichlich OOC geraten zu sein. Das war zwar schon beabsichtigt, allerdings sollte das zu diesem Zeitpunkt nicht so stark rauskommen. Aber was will man machen? Die Kerle machen doch eh alle was sie wollen. Wer hört denn schon auf mich? Keiner!! *seufz* Nun ja, was soll`s. Hier jedenfalls Chapter 5. Ich bin mal gespannt was du davon hältst. *g*
*~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~*
***Zeit der Stürme***
Einsamkeit! Noch nie hatte Elisabeth die Bedeutung dieses Wortes besser verstanden als in diesem Augenblick. Nicht einmal während der Zeit als sie von Barbossa und seiner Crew auf der Pearl gefangen gehalten worden war, hatte sie sich verlassener gefühlt. Die Kluft, die sich mit einem Mal zwischen ihr und den Männern der Pearl aufgetan hatte, schien unüberbrückbar. Die feindseligen Blicke stachen wie unzählige kleine Nadeln in ihre Haut. Selbst die Crewmen, die sie von ihrer Fahrt auf der Interceptor her kannte, schienen zwischen Wut und Fassungslosigkeit hin und her gerissen.
„Jack! Will!"Elisabeth sah von einem zum anderen, doch die Souveränität, die sie in ihre Stimme zu legen versuchte, konnte das leise Zittern darin nicht ganz überspielen. Noch immer krallte sie ihre Finger fest in den Stoff ihres Kleides. Fast so, als versuche sie sich daran festzuhalten. Es schien ihr, als würde sich eine kalte Hand um ihr Herz legen und unbarmherzig zudrücken: Angst!
„Will!"diesmal legte Elisabeth mehr Nachdrücklichkeit in ihre Stimme, und nun – endlich – reagierte Will. Er gab sich einen sichtbaren Ruck und stellte sich in einer beschützenden Geste vor seine Frau. „Jack. Was hast du jetzt vor?" Sparrow verschränkte die Arme vor der Brust und sah Elisabeth aus zusammengekniffenen Augen an. „Ja, das ist eine gute Frage."Der Tonfall der seiner Stimme lag, jagte Will einen kalten Schauer über den Rücken. Jack schien wie ausgewechselt. Ein derart ernstes und kaltes Auftreten hatte er nicht einmal an den Tag gelegt, als er gegen Ende ihres letzten Abenteuers auf der Isla de Muerta mit seinem Erzfeind Barbossa aneinander geraten war.
~*~
Jack kniff die Augen zusammen, um den hämmernden Schmerz hinter seiner Stirn zu vertreiben. – Nicht dass es viel gebracht hätte, doch er versuchte, wenn vielleicht auch nur unbewusst, etwas Zeit zu schinden. Offen gestanden hatte er nicht die geringste Ahnung was er jetzt tun sollte. Auf See waren auch schon in weniger schwerwiegenden Fällen Prügelstrafen durchaus üblich. Aber er konnte doch keine Frau schlagen; von der Tatsache einmal abgesehen, dass Will ihn höchstwahrscheinlich einen Kopf kürzer machen würde, sollte Jack auch nur versuchen Hand an Elisabeth Turner zu legen. All diese Gedanken zogen in nur wenigen Augenblicken durch seinen Kopf, allerdings brachten sie ihn auch nicht unbedingt näher an eine mögliche Lösung des Problems.
Jack atmete tief ein und ließ die Luft langsam wieder aus seinen Lungen entweichen – und dann stutze er. Irgendwie fühlte es sich seltsam an. Ein vager Verdacht keimte in ihm auf. War der Luftdruck gesunken? Suchend ließ er seinen Blick den Horizont entlangwandern und entdeckte auf Anhieb, wonach er Ausschau gehalten hatte: Einen fahlen, grau-gelben Streifen, der sich unter das Rot der untergehenden Sonne mischte. Schnell überschlug Jack in Gedanken die Wegstrecke zum nächsten sicheren Ankerplatz. Sie würden selbst unter vollen Segeln mehr als sechs Stunden benötigen um ihn zu erreichen. Das konnten sie nicht schaffen. Das Unwetter würde schneller heraufziehen.
„Captain?"die ungeduldige Stimme riss Jack aus seinen Grübeleien. Cedric Mulroy, ein grobschlächtiger Kerl mit breiten Schultern und dunklen stechenden Augen, dem das Schweigen Sparrows wohl zu lange gedauert hatte, war vorgetreten und blickte herausfordernd in die Runde. Bei Elisabeth, die in eine leise, aber anscheinend hitzige Diskussion mit Will vertieft war, blieb er hängen. Will unterbrach sich mitten im Satz und sah den Mann herausfordernd an. „Was ist?"fragte er mit fester Stimme.
Das Gesicht des Piraten verzog sich zu einem höhnischen Grinsen. „Captain, soll ich den Prü..."– „Nein!"nur ein einziges Wort, doch die Autorität darin, ließ den Mann sofort verstummen.
„Aye, Sir."Mulroy war deutlich anzumerken, dass er mit Jacks Anweisung nicht einverstanden war. Auch Sparrow war dies nicht entgangen.
„Gibt es ein Problem Mr. Mulroy?"seine Stimme war gefährlich ruhig. Der Blick seiner dunklen Augen bohrte sich direkt in die des Matrosen. Einige endlos erscheinende Sekunden starrten sie sich einfach nur an, doch schließlich war es Mulroy, der das stumme Duell aufgab und sich abwandte. „Nein Sir."Knurrte er. „Gut."Jack wendete sich wieder der gesamten Crew zu. „Also gut Leute! Lichtet den Anker und setzt die Segel! Wir bringen die Pearl wieder raus aufs offene Meer! Mr. Hoogan! Sucht Euch zwei, drei Männer zusammen und macht das Schiff sturmfest. Ladung sichern, Luken verschalken und so weiter. Klar soweit?" Der zweite Maat nickte bestätigend. „Aye, Captain."
Jack blickte in die Runde. „Na los! Oder wartet ihr etwa auf besseres Wetter?"blaffte er. Ein Großteil der Crew machte sich nach einer kurzen Bestätigung auf den Weg, doch einige Crewmen zögerten noch.
„Was ist mir den beiden, Sir?"fragte Mulroy mit einer Handbewegung in Richtung der Turners. Jack legte den Kopf schief und dachte einige Augenblicke nach. „Will, „ meinte er schließlich, „du gehst Mr. Hoogan zur Hand. Er wird dir erklären, was du zu tun hast. Und Elisabeth..."Sparrow zögerte kurz, dann winkte er Anamaria zu sich heran. „Ana, verstau' sie unter Deck. Irgendwo, wo sie der Mannschaft nicht unter die Augen kommt. Wir können jetzt keinen Ärger gebrauchen.... Los jetzt!"mit einer energischen Geste scheuchte er die übrigen Anwesenden auseinander und verschwand dann, ohne weiter auf den Protest der Turners zu achten, in der Kapitänskajüte.
~*~
Elisabeth wehrte sich, als die Piratin sie mit festem Griff an den Oberarmen packte, und sie in Richtung des Niederganges zerrte. Aus den Augenwinkeln heraus konnte sie sehen, dass dieser Hoogan Will die Hände auf die Schultern gelegt hatte, und ihn recht energisch Richtung Vorschiff schob. Von ihm konnte sie also keine Hilfe erwarten.
Elisabeth verdrehte die Augen. Das war ja wirklich großartig. Gerade einmal zwei Wochen verheiratet und alles schien wie ein Kartenhaus über ihr zusammenzustürzen. Erst die Ablehnung, die ihr und Will von den standestreuen Bürgern Port Royals entgegengeschlagen war, und dann auch noch auf der Hochzeitsreise von Piraten überfallen und entführt. Einem Piraten, für den sie noch vor wenigen Stunden die Hand ins Feuer gelegt hätte, doch nun...Das alles erschien ihr wie ein Traum. Ein Albtraum allerdings.
„Lass mich sofort los."Zischte sie und trat gleichzeitig nach Anamaria aus. Doch die Piratin hatte das wohl vorhergesehen und wich ihrem Tritt mit Leichtigkeit aus. Die dunkelhäutige Frau ließ sich von der Wut der Gouverneurstochter nicht beeindrucken.
„So wie ich das sehe, hast du zwei Möglichkeiten, Lady."Meinte sie grinsend. „Entweder du kommst freiwillig mit, oder ich zerre dich an den Haaren unter Deck wenn es sein muss. Und in diesem Fall, kannst du die Nacht in der Brigg verbringen. Also?"
„Das könnt ihr nicht mit mir machen!"entgegnete Elisabeth hitzig. „Will würde das nicht zulassen!"
Anamaria zuckte nur gleichgültig mit den Schultern. „Wenn du meinst Lady."
Elisabeth presste wütend die Lippen aufeinander, doch dann nickte sie. Es würde ihr ohnehin nicht helfen, wenn sie sich noch weiter sträubte. Ganz im Gegenteil. Ihre gegenwärtige Position an Bord dieses Schiffes war schon schlecht genug. Als Anamaria sie losließ, griff sich die junge Frau an die schmerzenden Oberarme. Die Piratin hatte einen festen Griff, doch das wunderte Elisabeth nicht wirklich. Das Leben auf See war hart.
Ein nachdrücklicher Stoß in den Rücken ließ Elisabeth einige Schritte vorwärts stolpern. Erneut bedachte sie Anamaria mit einem giftigen Blick, doch sie sagte nichts mehr, sondern schob trotzig den Unterkiefer vor und machte sich daran, die steile Treppe hinab zu steigen, die in den Bauch des Schiffes führte. Kaum hatten sie den Niedergang hinter sich gelassen, bedeutete die Piratin ihr auch schon wieder stehen zu bleiben. Ana öffnete eine Tür, die von dem schmalen Gang abzweigte und schob Elisabeth in den daran angrenzenden Raum.
Er war nicht sehr groß. Gerade groß genug, um eine schmale Koje und einen kleinen Tisch aufzunehmen.
Elisabeth drehte sich noch einmal um. „Was hat Jack vor?"
Die Piratin antwortete nicht, doch dieses Schweigen sagte der jungen Frau genug. Sie schüttelte den Kopf. „Das kann er nicht machen! Ich bin nicht Teil seiner Crew!"
Die dunkelhäutige Frau blickte sie schon fast mitleidig an. „Er ist der Captain dieses Schiffes. Du wirst dich wundern, was er so alles kann." Anamaria wollte gerade die Türe schließen, als sie noch einmal inne hielt. „Übrigens,... danke noch mal."Mit diesen Worten zog sie die Holztür hinter sich ins Schloss. Der schwere Riegel schnappte mit einem hörbaren Klicken ein.
Elisabeth rüttelte am Türgriff. Vergeblich. Frustriert schlug sie gegen das dunkle Holz. Sie hasste es eingesperrt zu sein, keine Möglichkeit zu haben auf irgendeine Weise zu agieren, ausgeliefert zu sein. Sie konnte nicht verhindern, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. Das konnte doch wohl alles nicht wahr sein.
~*~
Auf Deck war mittlerweile wieder rege Beschäftigung eingekehrt. Jeder machte sich daran, die Anweisungen des Captains zu befolgen. Der einzige, der nicht von der allgemeinen Geschäftigkeit beeinflusst war, war Will Turner. Hoogan hatte ihn mit der strickten Anweisung zu warten am Fockmast zurückgelassen, und war unter Deck verschwunden. Will hatte keine Ahnung, bei was er denn nun eigentlich helfen sollte, allem Anschein nach kamen sie auch gut ohne ihn zurecht. Doch seine Gedanken kreisten um etwas ganz anderes: Elisabeth.
Es konnte einfach nicht wahr sein, dass Jack ernsthaft vorhatte sie zu... Will schob diesen Gedanken mit aller Macht beiseite. Anamaria hatte Elisabeth unter Deck gebracht. Wenigstens momentan würde ihr nichts geschehen. Er musste mit Jack reden. Unbedingt.
Egal was Hoogan gesagt hatte, Will ließ sich lieber auf eine Diskussion mit Jack und seinen Leuten ein, als hier einfach nur untätig herumzustehen. Also machte er sich auf den Weg nach achtern.
„Halt! Warte mal!"
Will drehte sich um, bereits eine harsche Entgegnung auf der Zunge. Doch als er den jungen Burschen sah, der ihm diese Worte zugerufen hatte, hielt er überrascht inne. Der Junge, der ihn da aus seinem sommersprossigen Gesicht angrinste, war noch wesentlich jünger als er selbst. Die jugendliche Unbeschwertheit die er ausstrahlte, ließ ihn nirgendwo deplazierter wirken, als auf einem Piratenschiff.
„Siebzehn."Meinte der Junge immer noch grinsend. Will war einige Augenblicke lang irritiert. „Was?"
„Du hast dich doch sicher gerade gefragt wie alt ich bin, eh? Das tun sie alle."Er streckte Will die rechte Hand entgegen. „George MacRae. Aber an Bord nennen sie mich alle nur Geordie. Ich bin gewissermaßen der Welpe hier."
Will konnte gar nicht anders als die Hand des Jüngeren zu ergreifen. Dieser Geordie war ihm auf Anhieb sympathisch. „Will Turner."
„Aye, Will. Mr. Hoogan schickt mich. Wir sollen die Hauptluke klar machen."
Ohne Will die Gelegenheit zu einer Erwiderung zu geben, ergriff Geordie ihn am Arm und zog ihn zur Hauptluke, die sich etwa mittig zwischen Fock- und Großmast befand. Seufzend warf Will einen Blick zurück zur Kapitänskajüte, in der Jack vorhin verschwunden war. So wie es aussah, musste er das Gespräch mit dem Captain der Black Pearl wohl Verschieben.
An der Hauptluke angekommen bedeutete Geordie Will an dem hölzernen Lukendecken mit anzupacken, und gemeinsam wuchteten sie das schwere Ding zur Seite.
„Bist du nicht ein wenig jung für das Leben auf einem Piratenschiff?"
Geordie zuckte mit den Schultern. „Wenn der Captain mich nicht aufgelesen hätte, wäre ich heute vermutlich tot. Außerdem..."der junge Mann zögerte kurz. „Ich verdanke ihm einiges." Schloss er. Der kurze Anflug von Nachdenklichkeit, der sich über Geordies Gesicht gelegt hatte, machte jedoch bereits nach wenigen Augenblicken wieder einem breiten Grinsen platz. „Na dann wollen wir mal. Ich reiche dir die Sachen nach oben."Mit diesen Worten ließ sich der Jüngere in den Laderaum hinunter.
Will ging neben der Luke in die Hocke und starrte in die dort herrschende Dunkelheit hinab. Irgendetwas polterte schwer auf den Boden und Geordie fluchte unterdrückt. Will konnte sich eine leichtes Grinsens nicht verkneifen. Der Tonfall den MacRae anschlug, kam ihm verdammt bekannt vor. Jack musste wohl einigen Einfluss auf diesen Jungen haben.
Jack! Will wüsste nur zu gerne, was in diesem Augenblick im Kopf jenes Mannes vor sich ging. Unwillkürlich wanderte sein Blick wieder nach achtern zur Kapitänskajüte.
~*~
Im Gegensatz zu dem geschäftigen Treiben an Deck, herrschte in der Kajüte des Captains eine fast schon drückende Stille. Jack saß auf einem Stuhl, die Beine auf den schweren Schreibtisch gelegt und die Augen geschlossen. Er versuchte, die bohrenden Kopfschmerzen die ihn plagten zu ignorieren, und sich auf die vor ihnen liegenden Aufgaben zu konzentrieren, doch es gelang ihm nicht. Immer wenn er versuchte einen Gedanken festzuhalten, schien er sich einfach aufzulösen und im Dunkel zu Verschwinden.
Frustriert schüttelte Jack den Kopf, doch das Einzige, dass ihm diese Bewegung einbrachte, war ein weiterer stechender Schmerz hinter seiner Stirn und ein plötzliches, heftiges Schwindelgefühl. Mit einem Mal schien sich alles um ihn zu drehen, doch bevor er Gefahr lief endgültig sein Empfinden für ‚Oben' und ‚Unten' zu verlieren, öffnete Sparrow die Augen. Der Schwindel verlor sich fast augenblicklich, trotzdem stieß der Pirat einen gequälten Seufzer aus.
Es schien auch wirklich alles zusammen zu kommen. Seit dem reichlich missglückten Überfall auf dieses britische Schiff am späten Vormittag, war die Stimmung an Bord recht angespannt. Dass ausgerechnet Elisabeth in dieser Sache ihre Finger im Spiel hatte, war ein äußerst unglücklicher Umstand. Er hatte die kleine wirklich gern. Die Eigensinnigkeit und Tatkraft, die die Gouverneurstochter an den Tag legte, hatten ihm von Anfang an in gewisser Weise imponiert. Sie war so ganz anders, als man es von einer Lady ihrer Abstammung normalerweise erwarten würde. Unter anderen Umständen hätte vielleicht sogar eine kleine Piratenbraut aus ihr werden können. Unter anderen Umständen...
Jack stieß erneut einen leisen Seufzer aus. Er würde nicht umhin kommen, angemessen auf Elisabeths Verhalten zu reagieren. Dass er selbst nicht unbedingt auf der Höhe war, machte die Sache nicht einfacher.
Jack Sparrow war ein Mann, der Herausforderungen schätzte, doch dies hier war keine Herausforderung mehr. Es war der reinste Wahnsinn!
„Ihr könnt mich alle mal."Murmelte er vor sich hin. „Kreuzweise." Genau in diesem Moment wurde die Tür aufgerissen.
„Kommt denn hier keiner auf die Idee vorher mal anzuklopfen?"fragte Jack ungehalten.
Gibbs, der soeben die Tür hinter sich geschlossen hatte, zog fragend die Augenbrauen in die Höhe. „Gibt`s ein Problem Captain?"
Mit einer müden Handbewegung winkte Sparrow ab. „Ach, nichts weiter."Die Art in der er diese Worte aussprach ließe die Ironie darin nur all zu deutlich werden. Gibbs schüttelte mit einem Seufzen den Kopf und trat weiter in den Raum hinein. Mit beiden Armen stützte er sich schwer auf der Tischplatte ab und musterte seinen Captain eingehend. Irgendetwas war nicht in Ordnung, das sah er sofort. Er kannte den Anderen schon lange genug, um zu erkennen, dass ihn etwas schwer beschäftigte. „Was ist los Jack?"
Jack erwiderte den Blick seines alten Freundes eine Weile, dann fuhr er sich mit der Rechten über die Augen. „Das weißt du doch ganz genau, Josh!"
Joshamee Gibbs zog ein langes Gesicht. Es kam äußerst selten vor, dass Jack ihn beim Vornamen nannte. Eigentlich so gut wie nie. Doch Gibbs wusste sofort worauf Jack hinaus wollte: Die Sache mit der jungen Elisabeth Turner also. Natürlich, ihre Handlungsweise war unverantwortlich gewesen. Sie hatten viele gute Männer verloren, doch die junge Frau hatte in bester Absicht gehandelt. Die Lage war ernst, keine Frage; trotzdem, dass Jack sich deswegen solche Gedanken machte, passte nicht in das Bild, dass sich Gibbs im Laufe der Jahre von diesem Mann gemacht hatte. Jack neigte dazu, seine Probleme mit Köpfchen zu lösen. Er würde Elisabeth nicht... Der alte Seemann wollte diesen Gedanken nicht ausformulieren.
Nein, Sparrow schien schwer mit irgendetwas beschäftigt, und er bezweifelte, dass dies das einzige Problem sein sollte.
„Was ist los Jack? Was ist los mit dir?"
„Was? Was soll mit mir los sein?"
"Ich weiß es nicht Jack. Du wirkst so..."Gibbs schien nach Worten zu suchen. „So... anders."
Sparrow ließ ein leises Lachen hören. „Anders? Ich glaube du hast zu viele von diesen merkwürdigen Geschichten gehört, mein Freund."Er grinste den ersten Maat in der für ihn so typischen Art und Weise an. „Weshalb bist du eigentlich wirklich gekommen?"
Gibbs gab sich geschlagen. Wenn Sparrow nicht reden wollte, bitte. Letzten Endes war es seine Sache. „Wir sind auf Kurs Jack. Ich wollte nur fragen ob du kommst."
Jack nickte. „Ich bin gleich da. Und jetzt schau zu, dass du `raus kommst!" Er grinste schief, in dem Versuch seinen Worten etwas von ihrer Schärfe zu nehmen. Gibbs richtete sich wieder auf und wich einige Schritte zurück. „Aye, Captain."Meinte er kühl, bevor er sich umdrehte, und wortlos die Tür hinter sich ins Schloss zog.
Jack nahm die Füße vom Tisch und setzte sich wieder auf. ‚Gibbs dieser alte Schwarzseher.' Ja, er mochte vielleicht etwas gereizt sein, doch wenn er nicht Acht gab, würde sich sein alter Freund wieder irgendwelche verrückten Geschichten ausdenken, und das wäre dann wirklich zu viel des Guten.
Ohne besonderes Motiv nahm Jack den kleinen Messingschlüssel aus seiner Tasche und legte ihn vor sich auf den Tisch. Er hatte ihn in den letzten Tagen eigentlich ständig mit sich herumgetragen, konnte aber nicht genau sagen warum. Es wunderte ihn etwas, dass er ausgerechnet jetzt an diesen seltsamen schwarzen Stein denken musste, den er in seinem Schreibtisch aufbewahrte.
Eine leise Stimme in seinem Kopf riet ihm, dieses Ding loszuwerden, doch Sparrow gestattete sich nicht darauf zu hören. Er wollte wissen, was es damit auf sich hatte. Also nahm er den Schlüssel und entriegelte damit das Schloss der Schublade. Langsam zog er sie auf. Das Stück Stoff, in das er den Stein gewickelt hatte, lag noch genau so da, wie er es hineingelegt hatte. Er wusste nicht, was er erwartet hatte, doch dies enttäuschte ihn fast schon ein wenig.
Als der Stein schließlich vor ihm auf dem Tisch lag, betrachtete Jack ihn nochmals eingehend. Die Umgebung spiegelte sich verzerrt auf der glatten, dunklen Oberfläche der Kugel, doch abgesehen davon, konnte Jack erneut nichts weiter Ungewöhnliches daran erkennen.
Warum zum Teufel, war eine junge Frau bereit, für so etwas zu sterben?
~*~
Will fixierte gerade den letzten der schweren Holzbalken, die die gewachste Tuchplane über der Hauptluke festhielten. So verschalkt, konnte kein Wasser über die Luke in das Schiff eindringen. Bei einem Unwetter, war dies eine unverzichtbare Vorsichtsmaßnahme. Als Jack vorhin befohlen hatte, die Pearl sturmklar zu machen, hatte er das für ein plumpes Ablenkungsmanöver gehalten, für einen Versuch, die Crew zu beschäftigen und die stumme Versammlung auf Deck zu zerstreuen.
Doch mittlerweile hatte es beträchtlich abgekühlt. Der Wind war aufgefrischt. Es zog zu und am Horizont war es bereits erschreckend dunkel geworden. „Das sieht nicht gut aus", murmelte er.
Geordie war seinem Blick gefolgt. „Aye, da wird wohl einiges auf uns zukommen."
Will drehte sich zu ihm um. „Warum lässt Jack die Segel setzen? Auf offener See sind wir dem Unwetter doch weit stärker ausgesetzt als hier."Er deutete auf die Inselgruppe, die sie gerade hinter sich ließen.
Der junge Matrose zuckte mit den Schultern. „Das Wasser ist hier sehr flach. Wenn wir bei Sturm auf eine Sandbank oder gegen ein Riff gedrückt werden, haben wir schlechte Karten. Da haben wir draußen bessere Chancen."
Will zog die Augenbrauen in die Höhe. „A-ha."
Plötzlich ertönte ein lauter Pfiff. „Hey, Geordie! Rede ein bisschen weniger und arbeite etwas mehr!" Der angesprochene grinste entschuldigend. „Tja Will, sieht so aus, als müsste ich wieder..."
„GEORDIE!" MacRae beeilte sich nach Achtern zu kommen. Kopfschüttelnd sah Will ihm nach. Auch er machte sich auf den Weg zum Heck der Pearl, allerdings nicht, um den Männern zu helfen. Er sah vielmehr eine Gelegenheit sich endlich mit Jack auseinanderzusetzen.
Ohne sich mit irgendetwas aufzuhalten, betrat er die Kapitänskajüte. „Jack ich muss mit dir reden!" Der Captain der Black Pearl verdrehte die Augen „Lass mich raten", sagte er genervt. „es geht um deine Lady."
„Was soll das Jack?"gab Will mit leicht erhobener Stimme zurück. „Will", Jack stand auf, und steckte in aller Seelenruhe etwas in seine Tasche. „es gibt Regeln, an die sich jeder von uns zu halten hat. Elisabeth hat diese Regeln verletzt und nun muss sie auch dafür gerade stehen. Klar soweit?"
„Regeln!"Will spuckte dieses Wort förmlich aus. „ Seit wann hältst du dich an Regeln Jack?"
Sparrow verengte die Augen, und als er sprach lag eine gefährliche Ruhe in seiner Stimme: „Es ist eine Sache wenn man für sich alleine steht, Junge. Aber hier trage ich Verantwortung. Verantwortung für dieses Schiff und Verantwortung für diese Crew."
„Das ist doch Wahnsinn!"Im Gegensatz zu Jack gab sich Will keine Mühe seine Aufregung zu verbergen. Er lief in dem Raum auf und ab, wie eine Raubkatze in einem Käfig.
Jack beobachtete ihn mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck. „Will, hör' auf. Du machst mich ja ganz verrückt."Von einem Augenblick auf den Anderen was Sparrow wieder in seine gewohnte Rolle zurückgefallen. „Und nun, "meinte er mit einem breiten Grinsen, „entschuldige mich bitte, ich habe zu tun." Will blieb reichlich verwirrt zurück, als Jack sich ohne einen weiteren Kommentar an Deck begab. Das durfte doch einfach nicht wahr sein.
~*~
Der Sturm war mit ungeheurer Wucht über sie hereingebrochen. Jack stand am Steuerrad und stemmte sich mit aller Macht gegen die Gewalten, die am Ruder der Pearl zerrten. Die Segel des Dreimasters waren gerefft, um dem Sturm nicht zu viel Angriffsfläche zu bieten, einzig die Klüver und das Hauptsegel am Fockmast hatten sie stehen lassen, um das Manövrieren der Pearl zu erleichtern. Die Brassen waren doppelt besetzt, um die Segel den Sturmböen anpassen zu können. Sollten sie reißen, waren sie in diesem Chaos so gut wie verloren.
Es war empfindlich kalt geworden, und die Regentropfen stachen wie eisige Nadeln in ihre Haut. Will kämpfte sich über das schlingernde Deck zum Ruderstand. Er stolperte, als erneut eine Welle mit dumpfer Wuchte gegen den Rumpf der Black Pearl krachte und das Schiff sich hart auf die Seite legte. Mit klammen Fingern griff Will nach einem herabhängenden Tau, und zog sich daran wieder nach oben. Tropfnass und durchgefroren wie er war, hatte er das Gefühl, schon seit Ewigkeiten durch dieses Inferno zu segeln.
„Achtung! Festhalten!"
Der Mann musste diese Worte aus vollem Hals gebrüllt haben, um gegen den Sturm anzukommen, doch Will vernahm nur noch leise Bruchstücke. Er drehte sich um, und konnte noch im letzten Augenblick seinen Griff um das nasse Tau verstärken, bevor eine gewaltige Welle die Pearl einholte und das Piratenschiff unter sich begrub.
Will wurde die gesamte Luft aus den Lugen gepresst, als das eiskalte Wasser seinen Körper auf die Planken drückte. Einige qualvoll lange Sekunden fürchtete Will seinen Halt zu verlieren und von diesen Gewalten über Bord gerissen zu werden. Er konnte nicht mehr atmen, seine Lungen schrieen regelrecht nach Luft und ein schmerzhaftes Berennen begann sich in seinem Körper auszubreiten. Und dann, plötzlich, war es vorbei. Gierig schnappte er nach Luft, und musste Husten, als er das salzige Wasser schluckte.
Erneut kämpfte er sich auf die Füße. Sich mit beiden Händen krampfhaft an das nasse Holz klammernd, kletterte er die Treppe zum Ruderstand hinauf. Wieder traf eine heftige Sturmböe das Schiff. Will verlor das Gleichgewicht und prallte schmerzhaft seitlich gegen Jack, der darauf hin den Halt verlor und zu Boden ging.
Plötzlich seines Gegengewichts beraubt, schlug das Ruder um, und die Pearl legte sich hart in den Wind. Ein gequältes Stöhnen lief durch das Holz des Schiffes. Mit einem Fluch auf den Lippen, kam Jack wieder auf die Beine. Mit einem Satz sprang er vor, und griff in das sich unkontrolliert drehende Steuerrad. Auf seinem Gesicht spiegelten sich Anstrengung und Konzentration wieder, als er Versuchte seine Pearl wieder aus dem Wind zu bringen.
„Will! Hilf mir!"
Ohne zu zögern griff der junge Mann ebenfalls zu. Er wusste, wie viel Jack sein Schiff bedeutete. Er schien es wirklich nicht zu schaffen, wenn er ausgerechnet ihn, einen Laien, um Hilfe bat. Will konnte die ungeheure Gewalt spüren, die am Ruder der Pearl zerrte. Alleine hätte er es wohl auch nicht geschafft, sich dem entgegenzusetzen. Doch gemeinsam schafften sie es, die Black Pearl langsam wieder auf Kurs zu bringen. Wieder lief ein lautes Knarren durch das Schiff und setzte sich über die Masten fort. Als dann erneut der Wind in die Segel griff, gab sich der Fockmast mit einem lauten Splittern den Gewalten des Sturmes geschlagen.
Vorab: Ich glaube zuallererst ist eine Entschuldigung fällig. Tut mir leid, dass es am Sonntag mit dem Update nicht geklappt hat, aber mein Modem hat mich Samstagabend (!) einfach so im Stich gelassen. Aber jetzt bin ich ja wieder online, und so gibt's das neue Chappi eben heute und nicht erst Sonntag. Wieder mal vielen Dank an Cecilie. Was würde ich nur ohne dich machen? ^-^
@Megchen: Nu ja, Jack scheint wirklich reichlich OOC geraten zu sein. Das war zwar schon beabsichtigt, allerdings sollte das zu diesem Zeitpunkt nicht so stark rauskommen. Aber was will man machen? Die Kerle machen doch eh alle was sie wollen. Wer hört denn schon auf mich? Keiner!! *seufz* Nun ja, was soll`s. Hier jedenfalls Chapter 5. Ich bin mal gespannt was du davon hältst. *g*
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***Zeit der Stürme***
Einsamkeit! Noch nie hatte Elisabeth die Bedeutung dieses Wortes besser verstanden als in diesem Augenblick. Nicht einmal während der Zeit als sie von Barbossa und seiner Crew auf der Pearl gefangen gehalten worden war, hatte sie sich verlassener gefühlt. Die Kluft, die sich mit einem Mal zwischen ihr und den Männern der Pearl aufgetan hatte, schien unüberbrückbar. Die feindseligen Blicke stachen wie unzählige kleine Nadeln in ihre Haut. Selbst die Crewmen, die sie von ihrer Fahrt auf der Interceptor her kannte, schienen zwischen Wut und Fassungslosigkeit hin und her gerissen.
„Jack! Will!"Elisabeth sah von einem zum anderen, doch die Souveränität, die sie in ihre Stimme zu legen versuchte, konnte das leise Zittern darin nicht ganz überspielen. Noch immer krallte sie ihre Finger fest in den Stoff ihres Kleides. Fast so, als versuche sie sich daran festzuhalten. Es schien ihr, als würde sich eine kalte Hand um ihr Herz legen und unbarmherzig zudrücken: Angst!
„Will!"diesmal legte Elisabeth mehr Nachdrücklichkeit in ihre Stimme, und nun – endlich – reagierte Will. Er gab sich einen sichtbaren Ruck und stellte sich in einer beschützenden Geste vor seine Frau. „Jack. Was hast du jetzt vor?" Sparrow verschränkte die Arme vor der Brust und sah Elisabeth aus zusammengekniffenen Augen an. „Ja, das ist eine gute Frage."Der Tonfall der seiner Stimme lag, jagte Will einen kalten Schauer über den Rücken. Jack schien wie ausgewechselt. Ein derart ernstes und kaltes Auftreten hatte er nicht einmal an den Tag gelegt, als er gegen Ende ihres letzten Abenteuers auf der Isla de Muerta mit seinem Erzfeind Barbossa aneinander geraten war.
~*~
Jack kniff die Augen zusammen, um den hämmernden Schmerz hinter seiner Stirn zu vertreiben. – Nicht dass es viel gebracht hätte, doch er versuchte, wenn vielleicht auch nur unbewusst, etwas Zeit zu schinden. Offen gestanden hatte er nicht die geringste Ahnung was er jetzt tun sollte. Auf See waren auch schon in weniger schwerwiegenden Fällen Prügelstrafen durchaus üblich. Aber er konnte doch keine Frau schlagen; von der Tatsache einmal abgesehen, dass Will ihn höchstwahrscheinlich einen Kopf kürzer machen würde, sollte Jack auch nur versuchen Hand an Elisabeth Turner zu legen. All diese Gedanken zogen in nur wenigen Augenblicken durch seinen Kopf, allerdings brachten sie ihn auch nicht unbedingt näher an eine mögliche Lösung des Problems.
Jack atmete tief ein und ließ die Luft langsam wieder aus seinen Lungen entweichen – und dann stutze er. Irgendwie fühlte es sich seltsam an. Ein vager Verdacht keimte in ihm auf. War der Luftdruck gesunken? Suchend ließ er seinen Blick den Horizont entlangwandern und entdeckte auf Anhieb, wonach er Ausschau gehalten hatte: Einen fahlen, grau-gelben Streifen, der sich unter das Rot der untergehenden Sonne mischte. Schnell überschlug Jack in Gedanken die Wegstrecke zum nächsten sicheren Ankerplatz. Sie würden selbst unter vollen Segeln mehr als sechs Stunden benötigen um ihn zu erreichen. Das konnten sie nicht schaffen. Das Unwetter würde schneller heraufziehen.
„Captain?"die ungeduldige Stimme riss Jack aus seinen Grübeleien. Cedric Mulroy, ein grobschlächtiger Kerl mit breiten Schultern und dunklen stechenden Augen, dem das Schweigen Sparrows wohl zu lange gedauert hatte, war vorgetreten und blickte herausfordernd in die Runde. Bei Elisabeth, die in eine leise, aber anscheinend hitzige Diskussion mit Will vertieft war, blieb er hängen. Will unterbrach sich mitten im Satz und sah den Mann herausfordernd an. „Was ist?"fragte er mit fester Stimme.
Das Gesicht des Piraten verzog sich zu einem höhnischen Grinsen. „Captain, soll ich den Prü..."– „Nein!"nur ein einziges Wort, doch die Autorität darin, ließ den Mann sofort verstummen.
„Aye, Sir."Mulroy war deutlich anzumerken, dass er mit Jacks Anweisung nicht einverstanden war. Auch Sparrow war dies nicht entgangen.
„Gibt es ein Problem Mr. Mulroy?"seine Stimme war gefährlich ruhig. Der Blick seiner dunklen Augen bohrte sich direkt in die des Matrosen. Einige endlos erscheinende Sekunden starrten sie sich einfach nur an, doch schließlich war es Mulroy, der das stumme Duell aufgab und sich abwandte. „Nein Sir."Knurrte er. „Gut."Jack wendete sich wieder der gesamten Crew zu. „Also gut Leute! Lichtet den Anker und setzt die Segel! Wir bringen die Pearl wieder raus aufs offene Meer! Mr. Hoogan! Sucht Euch zwei, drei Männer zusammen und macht das Schiff sturmfest. Ladung sichern, Luken verschalken und so weiter. Klar soweit?" Der zweite Maat nickte bestätigend. „Aye, Captain."
Jack blickte in die Runde. „Na los! Oder wartet ihr etwa auf besseres Wetter?"blaffte er. Ein Großteil der Crew machte sich nach einer kurzen Bestätigung auf den Weg, doch einige Crewmen zögerten noch.
„Was ist mir den beiden, Sir?"fragte Mulroy mit einer Handbewegung in Richtung der Turners. Jack legte den Kopf schief und dachte einige Augenblicke nach. „Will, „ meinte er schließlich, „du gehst Mr. Hoogan zur Hand. Er wird dir erklären, was du zu tun hast. Und Elisabeth..."Sparrow zögerte kurz, dann winkte er Anamaria zu sich heran. „Ana, verstau' sie unter Deck. Irgendwo, wo sie der Mannschaft nicht unter die Augen kommt. Wir können jetzt keinen Ärger gebrauchen.... Los jetzt!"mit einer energischen Geste scheuchte er die übrigen Anwesenden auseinander und verschwand dann, ohne weiter auf den Protest der Turners zu achten, in der Kapitänskajüte.
~*~
Elisabeth wehrte sich, als die Piratin sie mit festem Griff an den Oberarmen packte, und sie in Richtung des Niederganges zerrte. Aus den Augenwinkeln heraus konnte sie sehen, dass dieser Hoogan Will die Hände auf die Schultern gelegt hatte, und ihn recht energisch Richtung Vorschiff schob. Von ihm konnte sie also keine Hilfe erwarten.
Elisabeth verdrehte die Augen. Das war ja wirklich großartig. Gerade einmal zwei Wochen verheiratet und alles schien wie ein Kartenhaus über ihr zusammenzustürzen. Erst die Ablehnung, die ihr und Will von den standestreuen Bürgern Port Royals entgegengeschlagen war, und dann auch noch auf der Hochzeitsreise von Piraten überfallen und entführt. Einem Piraten, für den sie noch vor wenigen Stunden die Hand ins Feuer gelegt hätte, doch nun...Das alles erschien ihr wie ein Traum. Ein Albtraum allerdings.
„Lass mich sofort los."Zischte sie und trat gleichzeitig nach Anamaria aus. Doch die Piratin hatte das wohl vorhergesehen und wich ihrem Tritt mit Leichtigkeit aus. Die dunkelhäutige Frau ließ sich von der Wut der Gouverneurstochter nicht beeindrucken.
„So wie ich das sehe, hast du zwei Möglichkeiten, Lady."Meinte sie grinsend. „Entweder du kommst freiwillig mit, oder ich zerre dich an den Haaren unter Deck wenn es sein muss. Und in diesem Fall, kannst du die Nacht in der Brigg verbringen. Also?"
„Das könnt ihr nicht mit mir machen!"entgegnete Elisabeth hitzig. „Will würde das nicht zulassen!"
Anamaria zuckte nur gleichgültig mit den Schultern. „Wenn du meinst Lady."
Elisabeth presste wütend die Lippen aufeinander, doch dann nickte sie. Es würde ihr ohnehin nicht helfen, wenn sie sich noch weiter sträubte. Ganz im Gegenteil. Ihre gegenwärtige Position an Bord dieses Schiffes war schon schlecht genug. Als Anamaria sie losließ, griff sich die junge Frau an die schmerzenden Oberarme. Die Piratin hatte einen festen Griff, doch das wunderte Elisabeth nicht wirklich. Das Leben auf See war hart.
Ein nachdrücklicher Stoß in den Rücken ließ Elisabeth einige Schritte vorwärts stolpern. Erneut bedachte sie Anamaria mit einem giftigen Blick, doch sie sagte nichts mehr, sondern schob trotzig den Unterkiefer vor und machte sich daran, die steile Treppe hinab zu steigen, die in den Bauch des Schiffes führte. Kaum hatten sie den Niedergang hinter sich gelassen, bedeutete die Piratin ihr auch schon wieder stehen zu bleiben. Ana öffnete eine Tür, die von dem schmalen Gang abzweigte und schob Elisabeth in den daran angrenzenden Raum.
Er war nicht sehr groß. Gerade groß genug, um eine schmale Koje und einen kleinen Tisch aufzunehmen.
Elisabeth drehte sich noch einmal um. „Was hat Jack vor?"
Die Piratin antwortete nicht, doch dieses Schweigen sagte der jungen Frau genug. Sie schüttelte den Kopf. „Das kann er nicht machen! Ich bin nicht Teil seiner Crew!"
Die dunkelhäutige Frau blickte sie schon fast mitleidig an. „Er ist der Captain dieses Schiffes. Du wirst dich wundern, was er so alles kann." Anamaria wollte gerade die Türe schließen, als sie noch einmal inne hielt. „Übrigens,... danke noch mal."Mit diesen Worten zog sie die Holztür hinter sich ins Schloss. Der schwere Riegel schnappte mit einem hörbaren Klicken ein.
Elisabeth rüttelte am Türgriff. Vergeblich. Frustriert schlug sie gegen das dunkle Holz. Sie hasste es eingesperrt zu sein, keine Möglichkeit zu haben auf irgendeine Weise zu agieren, ausgeliefert zu sein. Sie konnte nicht verhindern, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. Das konnte doch wohl alles nicht wahr sein.
~*~
Auf Deck war mittlerweile wieder rege Beschäftigung eingekehrt. Jeder machte sich daran, die Anweisungen des Captains zu befolgen. Der einzige, der nicht von der allgemeinen Geschäftigkeit beeinflusst war, war Will Turner. Hoogan hatte ihn mit der strickten Anweisung zu warten am Fockmast zurückgelassen, und war unter Deck verschwunden. Will hatte keine Ahnung, bei was er denn nun eigentlich helfen sollte, allem Anschein nach kamen sie auch gut ohne ihn zurecht. Doch seine Gedanken kreisten um etwas ganz anderes: Elisabeth.
Es konnte einfach nicht wahr sein, dass Jack ernsthaft vorhatte sie zu... Will schob diesen Gedanken mit aller Macht beiseite. Anamaria hatte Elisabeth unter Deck gebracht. Wenigstens momentan würde ihr nichts geschehen. Er musste mit Jack reden. Unbedingt.
Egal was Hoogan gesagt hatte, Will ließ sich lieber auf eine Diskussion mit Jack und seinen Leuten ein, als hier einfach nur untätig herumzustehen. Also machte er sich auf den Weg nach achtern.
„Halt! Warte mal!"
Will drehte sich um, bereits eine harsche Entgegnung auf der Zunge. Doch als er den jungen Burschen sah, der ihm diese Worte zugerufen hatte, hielt er überrascht inne. Der Junge, der ihn da aus seinem sommersprossigen Gesicht angrinste, war noch wesentlich jünger als er selbst. Die jugendliche Unbeschwertheit die er ausstrahlte, ließ ihn nirgendwo deplazierter wirken, als auf einem Piratenschiff.
„Siebzehn."Meinte der Junge immer noch grinsend. Will war einige Augenblicke lang irritiert. „Was?"
„Du hast dich doch sicher gerade gefragt wie alt ich bin, eh? Das tun sie alle."Er streckte Will die rechte Hand entgegen. „George MacRae. Aber an Bord nennen sie mich alle nur Geordie. Ich bin gewissermaßen der Welpe hier."
Will konnte gar nicht anders als die Hand des Jüngeren zu ergreifen. Dieser Geordie war ihm auf Anhieb sympathisch. „Will Turner."
„Aye, Will. Mr. Hoogan schickt mich. Wir sollen die Hauptluke klar machen."
Ohne Will die Gelegenheit zu einer Erwiderung zu geben, ergriff Geordie ihn am Arm und zog ihn zur Hauptluke, die sich etwa mittig zwischen Fock- und Großmast befand. Seufzend warf Will einen Blick zurück zur Kapitänskajüte, in der Jack vorhin verschwunden war. So wie es aussah, musste er das Gespräch mit dem Captain der Black Pearl wohl Verschieben.
An der Hauptluke angekommen bedeutete Geordie Will an dem hölzernen Lukendecken mit anzupacken, und gemeinsam wuchteten sie das schwere Ding zur Seite.
„Bist du nicht ein wenig jung für das Leben auf einem Piratenschiff?"
Geordie zuckte mit den Schultern. „Wenn der Captain mich nicht aufgelesen hätte, wäre ich heute vermutlich tot. Außerdem..."der junge Mann zögerte kurz. „Ich verdanke ihm einiges." Schloss er. Der kurze Anflug von Nachdenklichkeit, der sich über Geordies Gesicht gelegt hatte, machte jedoch bereits nach wenigen Augenblicken wieder einem breiten Grinsen platz. „Na dann wollen wir mal. Ich reiche dir die Sachen nach oben."Mit diesen Worten ließ sich der Jüngere in den Laderaum hinunter.
Will ging neben der Luke in die Hocke und starrte in die dort herrschende Dunkelheit hinab. Irgendetwas polterte schwer auf den Boden und Geordie fluchte unterdrückt. Will konnte sich eine leichtes Grinsens nicht verkneifen. Der Tonfall den MacRae anschlug, kam ihm verdammt bekannt vor. Jack musste wohl einigen Einfluss auf diesen Jungen haben.
Jack! Will wüsste nur zu gerne, was in diesem Augenblick im Kopf jenes Mannes vor sich ging. Unwillkürlich wanderte sein Blick wieder nach achtern zur Kapitänskajüte.
~*~
Im Gegensatz zu dem geschäftigen Treiben an Deck, herrschte in der Kajüte des Captains eine fast schon drückende Stille. Jack saß auf einem Stuhl, die Beine auf den schweren Schreibtisch gelegt und die Augen geschlossen. Er versuchte, die bohrenden Kopfschmerzen die ihn plagten zu ignorieren, und sich auf die vor ihnen liegenden Aufgaben zu konzentrieren, doch es gelang ihm nicht. Immer wenn er versuchte einen Gedanken festzuhalten, schien er sich einfach aufzulösen und im Dunkel zu Verschwinden.
Frustriert schüttelte Jack den Kopf, doch das Einzige, dass ihm diese Bewegung einbrachte, war ein weiterer stechender Schmerz hinter seiner Stirn und ein plötzliches, heftiges Schwindelgefühl. Mit einem Mal schien sich alles um ihn zu drehen, doch bevor er Gefahr lief endgültig sein Empfinden für ‚Oben' und ‚Unten' zu verlieren, öffnete Sparrow die Augen. Der Schwindel verlor sich fast augenblicklich, trotzdem stieß der Pirat einen gequälten Seufzer aus.
Es schien auch wirklich alles zusammen zu kommen. Seit dem reichlich missglückten Überfall auf dieses britische Schiff am späten Vormittag, war die Stimmung an Bord recht angespannt. Dass ausgerechnet Elisabeth in dieser Sache ihre Finger im Spiel hatte, war ein äußerst unglücklicher Umstand. Er hatte die kleine wirklich gern. Die Eigensinnigkeit und Tatkraft, die die Gouverneurstochter an den Tag legte, hatten ihm von Anfang an in gewisser Weise imponiert. Sie war so ganz anders, als man es von einer Lady ihrer Abstammung normalerweise erwarten würde. Unter anderen Umständen hätte vielleicht sogar eine kleine Piratenbraut aus ihr werden können. Unter anderen Umständen...
Jack stieß erneut einen leisen Seufzer aus. Er würde nicht umhin kommen, angemessen auf Elisabeths Verhalten zu reagieren. Dass er selbst nicht unbedingt auf der Höhe war, machte die Sache nicht einfacher.
Jack Sparrow war ein Mann, der Herausforderungen schätzte, doch dies hier war keine Herausforderung mehr. Es war der reinste Wahnsinn!
„Ihr könnt mich alle mal."Murmelte er vor sich hin. „Kreuzweise." Genau in diesem Moment wurde die Tür aufgerissen.
„Kommt denn hier keiner auf die Idee vorher mal anzuklopfen?"fragte Jack ungehalten.
Gibbs, der soeben die Tür hinter sich geschlossen hatte, zog fragend die Augenbrauen in die Höhe. „Gibt`s ein Problem Captain?"
Mit einer müden Handbewegung winkte Sparrow ab. „Ach, nichts weiter."Die Art in der er diese Worte aussprach ließe die Ironie darin nur all zu deutlich werden. Gibbs schüttelte mit einem Seufzen den Kopf und trat weiter in den Raum hinein. Mit beiden Armen stützte er sich schwer auf der Tischplatte ab und musterte seinen Captain eingehend. Irgendetwas war nicht in Ordnung, das sah er sofort. Er kannte den Anderen schon lange genug, um zu erkennen, dass ihn etwas schwer beschäftigte. „Was ist los Jack?"
Jack erwiderte den Blick seines alten Freundes eine Weile, dann fuhr er sich mit der Rechten über die Augen. „Das weißt du doch ganz genau, Josh!"
Joshamee Gibbs zog ein langes Gesicht. Es kam äußerst selten vor, dass Jack ihn beim Vornamen nannte. Eigentlich so gut wie nie. Doch Gibbs wusste sofort worauf Jack hinaus wollte: Die Sache mit der jungen Elisabeth Turner also. Natürlich, ihre Handlungsweise war unverantwortlich gewesen. Sie hatten viele gute Männer verloren, doch die junge Frau hatte in bester Absicht gehandelt. Die Lage war ernst, keine Frage; trotzdem, dass Jack sich deswegen solche Gedanken machte, passte nicht in das Bild, dass sich Gibbs im Laufe der Jahre von diesem Mann gemacht hatte. Jack neigte dazu, seine Probleme mit Köpfchen zu lösen. Er würde Elisabeth nicht... Der alte Seemann wollte diesen Gedanken nicht ausformulieren.
Nein, Sparrow schien schwer mit irgendetwas beschäftigt, und er bezweifelte, dass dies das einzige Problem sein sollte.
„Was ist los Jack? Was ist los mit dir?"
„Was? Was soll mit mir los sein?"
"Ich weiß es nicht Jack. Du wirkst so..."Gibbs schien nach Worten zu suchen. „So... anders."
Sparrow ließ ein leises Lachen hören. „Anders? Ich glaube du hast zu viele von diesen merkwürdigen Geschichten gehört, mein Freund."Er grinste den ersten Maat in der für ihn so typischen Art und Weise an. „Weshalb bist du eigentlich wirklich gekommen?"
Gibbs gab sich geschlagen. Wenn Sparrow nicht reden wollte, bitte. Letzten Endes war es seine Sache. „Wir sind auf Kurs Jack. Ich wollte nur fragen ob du kommst."
Jack nickte. „Ich bin gleich da. Und jetzt schau zu, dass du `raus kommst!" Er grinste schief, in dem Versuch seinen Worten etwas von ihrer Schärfe zu nehmen. Gibbs richtete sich wieder auf und wich einige Schritte zurück. „Aye, Captain."Meinte er kühl, bevor er sich umdrehte, und wortlos die Tür hinter sich ins Schloss zog.
Jack nahm die Füße vom Tisch und setzte sich wieder auf. ‚Gibbs dieser alte Schwarzseher.' Ja, er mochte vielleicht etwas gereizt sein, doch wenn er nicht Acht gab, würde sich sein alter Freund wieder irgendwelche verrückten Geschichten ausdenken, und das wäre dann wirklich zu viel des Guten.
Ohne besonderes Motiv nahm Jack den kleinen Messingschlüssel aus seiner Tasche und legte ihn vor sich auf den Tisch. Er hatte ihn in den letzten Tagen eigentlich ständig mit sich herumgetragen, konnte aber nicht genau sagen warum. Es wunderte ihn etwas, dass er ausgerechnet jetzt an diesen seltsamen schwarzen Stein denken musste, den er in seinem Schreibtisch aufbewahrte.
Eine leise Stimme in seinem Kopf riet ihm, dieses Ding loszuwerden, doch Sparrow gestattete sich nicht darauf zu hören. Er wollte wissen, was es damit auf sich hatte. Also nahm er den Schlüssel und entriegelte damit das Schloss der Schublade. Langsam zog er sie auf. Das Stück Stoff, in das er den Stein gewickelt hatte, lag noch genau so da, wie er es hineingelegt hatte. Er wusste nicht, was er erwartet hatte, doch dies enttäuschte ihn fast schon ein wenig.
Als der Stein schließlich vor ihm auf dem Tisch lag, betrachtete Jack ihn nochmals eingehend. Die Umgebung spiegelte sich verzerrt auf der glatten, dunklen Oberfläche der Kugel, doch abgesehen davon, konnte Jack erneut nichts weiter Ungewöhnliches daran erkennen.
Warum zum Teufel, war eine junge Frau bereit, für so etwas zu sterben?
~*~
Will fixierte gerade den letzten der schweren Holzbalken, die die gewachste Tuchplane über der Hauptluke festhielten. So verschalkt, konnte kein Wasser über die Luke in das Schiff eindringen. Bei einem Unwetter, war dies eine unverzichtbare Vorsichtsmaßnahme. Als Jack vorhin befohlen hatte, die Pearl sturmklar zu machen, hatte er das für ein plumpes Ablenkungsmanöver gehalten, für einen Versuch, die Crew zu beschäftigen und die stumme Versammlung auf Deck zu zerstreuen.
Doch mittlerweile hatte es beträchtlich abgekühlt. Der Wind war aufgefrischt. Es zog zu und am Horizont war es bereits erschreckend dunkel geworden. „Das sieht nicht gut aus", murmelte er.
Geordie war seinem Blick gefolgt. „Aye, da wird wohl einiges auf uns zukommen."
Will drehte sich zu ihm um. „Warum lässt Jack die Segel setzen? Auf offener See sind wir dem Unwetter doch weit stärker ausgesetzt als hier."Er deutete auf die Inselgruppe, die sie gerade hinter sich ließen.
Der junge Matrose zuckte mit den Schultern. „Das Wasser ist hier sehr flach. Wenn wir bei Sturm auf eine Sandbank oder gegen ein Riff gedrückt werden, haben wir schlechte Karten. Da haben wir draußen bessere Chancen."
Will zog die Augenbrauen in die Höhe. „A-ha."
Plötzlich ertönte ein lauter Pfiff. „Hey, Geordie! Rede ein bisschen weniger und arbeite etwas mehr!" Der angesprochene grinste entschuldigend. „Tja Will, sieht so aus, als müsste ich wieder..."
„GEORDIE!" MacRae beeilte sich nach Achtern zu kommen. Kopfschüttelnd sah Will ihm nach. Auch er machte sich auf den Weg zum Heck der Pearl, allerdings nicht, um den Männern zu helfen. Er sah vielmehr eine Gelegenheit sich endlich mit Jack auseinanderzusetzen.
Ohne sich mit irgendetwas aufzuhalten, betrat er die Kapitänskajüte. „Jack ich muss mit dir reden!" Der Captain der Black Pearl verdrehte die Augen „Lass mich raten", sagte er genervt. „es geht um deine Lady."
„Was soll das Jack?"gab Will mit leicht erhobener Stimme zurück. „Will", Jack stand auf, und steckte in aller Seelenruhe etwas in seine Tasche. „es gibt Regeln, an die sich jeder von uns zu halten hat. Elisabeth hat diese Regeln verletzt und nun muss sie auch dafür gerade stehen. Klar soweit?"
„Regeln!"Will spuckte dieses Wort förmlich aus. „ Seit wann hältst du dich an Regeln Jack?"
Sparrow verengte die Augen, und als er sprach lag eine gefährliche Ruhe in seiner Stimme: „Es ist eine Sache wenn man für sich alleine steht, Junge. Aber hier trage ich Verantwortung. Verantwortung für dieses Schiff und Verantwortung für diese Crew."
„Das ist doch Wahnsinn!"Im Gegensatz zu Jack gab sich Will keine Mühe seine Aufregung zu verbergen. Er lief in dem Raum auf und ab, wie eine Raubkatze in einem Käfig.
Jack beobachtete ihn mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck. „Will, hör' auf. Du machst mich ja ganz verrückt."Von einem Augenblick auf den Anderen was Sparrow wieder in seine gewohnte Rolle zurückgefallen. „Und nun, "meinte er mit einem breiten Grinsen, „entschuldige mich bitte, ich habe zu tun." Will blieb reichlich verwirrt zurück, als Jack sich ohne einen weiteren Kommentar an Deck begab. Das durfte doch einfach nicht wahr sein.
~*~
Der Sturm war mit ungeheurer Wucht über sie hereingebrochen. Jack stand am Steuerrad und stemmte sich mit aller Macht gegen die Gewalten, die am Ruder der Pearl zerrten. Die Segel des Dreimasters waren gerefft, um dem Sturm nicht zu viel Angriffsfläche zu bieten, einzig die Klüver und das Hauptsegel am Fockmast hatten sie stehen lassen, um das Manövrieren der Pearl zu erleichtern. Die Brassen waren doppelt besetzt, um die Segel den Sturmböen anpassen zu können. Sollten sie reißen, waren sie in diesem Chaos so gut wie verloren.
Es war empfindlich kalt geworden, und die Regentropfen stachen wie eisige Nadeln in ihre Haut. Will kämpfte sich über das schlingernde Deck zum Ruderstand. Er stolperte, als erneut eine Welle mit dumpfer Wuchte gegen den Rumpf der Black Pearl krachte und das Schiff sich hart auf die Seite legte. Mit klammen Fingern griff Will nach einem herabhängenden Tau, und zog sich daran wieder nach oben. Tropfnass und durchgefroren wie er war, hatte er das Gefühl, schon seit Ewigkeiten durch dieses Inferno zu segeln.
„Achtung! Festhalten!"
Der Mann musste diese Worte aus vollem Hals gebrüllt haben, um gegen den Sturm anzukommen, doch Will vernahm nur noch leise Bruchstücke. Er drehte sich um, und konnte noch im letzten Augenblick seinen Griff um das nasse Tau verstärken, bevor eine gewaltige Welle die Pearl einholte und das Piratenschiff unter sich begrub.
Will wurde die gesamte Luft aus den Lugen gepresst, als das eiskalte Wasser seinen Körper auf die Planken drückte. Einige qualvoll lange Sekunden fürchtete Will seinen Halt zu verlieren und von diesen Gewalten über Bord gerissen zu werden. Er konnte nicht mehr atmen, seine Lungen schrieen regelrecht nach Luft und ein schmerzhaftes Berennen begann sich in seinem Körper auszubreiten. Und dann, plötzlich, war es vorbei. Gierig schnappte er nach Luft, und musste Husten, als er das salzige Wasser schluckte.
Erneut kämpfte er sich auf die Füße. Sich mit beiden Händen krampfhaft an das nasse Holz klammernd, kletterte er die Treppe zum Ruderstand hinauf. Wieder traf eine heftige Sturmböe das Schiff. Will verlor das Gleichgewicht und prallte schmerzhaft seitlich gegen Jack, der darauf hin den Halt verlor und zu Boden ging.
Plötzlich seines Gegengewichts beraubt, schlug das Ruder um, und die Pearl legte sich hart in den Wind. Ein gequältes Stöhnen lief durch das Holz des Schiffes. Mit einem Fluch auf den Lippen, kam Jack wieder auf die Beine. Mit einem Satz sprang er vor, und griff in das sich unkontrolliert drehende Steuerrad. Auf seinem Gesicht spiegelten sich Anstrengung und Konzentration wieder, als er Versuchte seine Pearl wieder aus dem Wind zu bringen.
„Will! Hilf mir!"
Ohne zu zögern griff der junge Mann ebenfalls zu. Er wusste, wie viel Jack sein Schiff bedeutete. Er schien es wirklich nicht zu schaffen, wenn er ausgerechnet ihn, einen Laien, um Hilfe bat. Will konnte die ungeheure Gewalt spüren, die am Ruder der Pearl zerrte. Alleine hätte er es wohl auch nicht geschafft, sich dem entgegenzusetzen. Doch gemeinsam schafften sie es, die Black Pearl langsam wieder auf Kurs zu bringen. Wieder lief ein lautes Knarren durch das Schiff und setzte sich über die Masten fort. Als dann erneut der Wind in die Segel griff, gab sich der Fockmast mit einem lauten Splittern den Gewalten des Sturmes geschlagen.
