Disclaimer: Ja ja, das kennen wir ja schon...
Vorab: Heute gibt's endlich auch mal wieder was von meiner Seite. Ja, ich weiß ich war faul, aber irgendwie stecke ich gerade in so einer Art kreativer Krise. Will heißen, ich hab die Story zwar im Kopf, bekomme sie aber irgendwie nicht aufs Papier (bzw. in den PC). Das ist wirklich deprimierend sag ich euch... Aber einen Schritt nach dem anderen; also motiviert mich und schreibt Reviews ;-)Brigitte: Sieh mal einer an, ein Norrington-Fan ( Freut mich, dass du die Geschichte gelesen hast. Eine wie auch immer geartete Norri-Jack Beziehung wollte ich eigentlich nicht einbauen. Aber vielleicht lässt sich ja was machen. Mal schaun'. :-) (Is aber kein versprechen)
Megchen: Über deine Reviews freue ich mich doch immer wieder :-) Der erste Teil des letzten Kapitels war vielleicht etwas grausam, ist aber für die Story im Ganzen unerlässlich. Aber wenn du so was nicht lesen willst, schreibe ich auf jeden Fall vorher noch ne Warnung (wenn ich so was noch mal einbaue). Was Norrington angeht: Freut mich, dass es dich gefreut hat. Ich selber mag ihn auch, vor allem weil er (meiner Meinung nach) echt gut zu schreiben ist.
Viechle: Brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich bin ja vielmehr froh, dass du bei der Stange geblieben bist. Ich hab schon fast befürchtet, ich hätte dich vergrault :-) Um die Wahrheit zu sagen, ich hab Troja noch nicht gesehen (Lohnt es sich?) und das mit der Eisenstange in der Halsbeuge ist mir ganz von allein eingefallen (Was sagt das wohl über mich aus??). Es ist nur einfach so, dass dort viele Nerven entlanglaufen und man eben auch entsprechend empfindlich ist. Also ich muss schon sagen, dass der liebe Norrington so ein Echo auslöst hat mich echt überrascht. Ich weiß noch nicht, in welcher Richtung sich der Charakter entwickeln wird, aber Vorschläge sind mir immer willkommen... ;-)
Und nun viel Spass beim Lesen. Und vergesst bitte nicht den kleinen Review-Button unten links.... :-)
Alles Liebe RavannaVen
Träume
Stimmen, das Geräusch von laut geführten Unterhaltungen, gerufenen Anordnungen und immer wieder das Poltern von schweren Gegenständen auf Holz drang gedämpft an seine Ohren. Mit einem unterdrückten Stöhnen drehte sich Will auf die Seite, versuchte den dumpfen, pochenden Schmerz in seinem Hinterkopf zu ignorieren. – Vergeblich.
Träge befreite er seinen rechten Arm aus den Decken, die seinen Körper einhüllten. Ein Teil von ihm fragte sich flüchtig was geschehen war, wie er hierher kam, und vor allem WO dieses ‚Hier' eigentlich war, doch ein anderer, weitaus stärkerer Part ließ sich in diese warme, angenehme Unwissenheit fallen und genoss es.
Dennoch: Mit spitzen Fingern tastete Will nach seinem Hinterkopf und stieß auf klebriges, nur zum Teil geronnenes Blut.
.
.
.
.
. . FLASH
Er wischte sich das Wasser aus dem Gesicht, von dem er nicht sagen konnte, ob es denn nun Regen- oder Meerwasser war. Vermutlich beides. Einen Augenblick überlegte er ernsthaft, ob er sich nicht auch einen Hut zulegen sollte. Praktisch wäre es auf jeden Fall.
Ein peitschender Laut ertönte und riss Will aus seinen Gedanken. Einer der Männer stieß einen Warnruf aus und Will konnte noch sehen, wie irgendetwas in der Takelage nachgab. Dann traf ihn ein schwerer Gegenstand mit voller Wucht am Hinterkopf...
...und es wurde dunkel.
Dunkel!
Klebrige Schwärze hüllte ihn ein, schien mit dunklen, brennenden Tentakeln nach ihm zu greifen.
Will versuchte zu fliehen, doch wohin? SIE waren überall. Drangen auf ihn ein, tasteten nach seinem Körper, berührten ihn. Und diese Berührungen brannten sich tief in seine Haut. Will versuchte zu schreien, doch kein Laut kam über seine Lippen.
Und dann sah er SIE: Zwei große Augen, die aus geronnener Schwärze zu bestehen schienen und die ihn mit purem unverholenem Hass anstarrten. Will starrte zurück, unfähig sich zu bewegen. Sein Entsetzen stand ihm nur all zu deutlich ins Gesicht geschrieben.
SIE kamen näher. Diese Erkenntnis drang nur sehr langsam in Wills Verstand. Seine Gedanken schienen genauso zäh und undurchdringlich zu sein wie seine Umgebung. Schwarz. Blind. Orientierungslos.
Doch eines wusste er mit Sicherheit – und diese Erkenntnis war so fest in seinem Bewusstsein verankert, als wäre sie schon immer dort gewesen: Sollten SIE ihn erreichen, würde er sterben. Langsam. Grausam. Qualvoll.
Dies gab den Ausschlag. Will drehte sich auf dem Absatz um und rannte. Rannte, um diesem grausamen Hass zu entkommen. Doch seine Flucht nahm ein jähes Ende, als der Lauf einer Pistole fest gegen seine rechte Schläfe gepresst wurde.
Der junge Mann erstarrte erneut. „Jack?"seine eigene Stimme klang ihm fremd in den Ohren. Verzerrt von Furcht und Unglauben.
Der Pirat antwortete nicht, doch ein leises, bösartiges Lächeln umspielte seine Lippen, als er vor den Jüngeren trat und seine Pistole auf einen imaginären Punkt zwischen Wills Augen richtete.
„Jack, was...?"Will unterbrach sich selbst und starrte in die dunklen, mit Kohle umrandeten Augen seines Freundes. Dort sah er eine derart grausame Kälte, wie er sie noch nie im Blick eines Menschen gesehen hatte, und hoffte auch nie wieder sehen zu müssen.
„Fahr' zur Hölle, Will."Jacks Stimme war genauso kalt wie sein Blick.
Und dann zog er den Abzug durch.
.
.
.
.
Mit einem durchdringenden Schrei fuhr Will hoch, die Augen weit aufgerissen. Krampfhaft versuchte er seinen rasenden Atem zu beruhigen. ‚Ein Traum. Nichts weiter als ein verdammter Traum.' Diese Worte verfehlten jedoch ihre beruhigende Wirkung. Will glaubt immer noch das kalte Metall an seiner Schläfe spüren zu können...
Er stieß einen gequälten Seufzer aus und fuhr sich mit zitternden Fingern durch seine halblangen Haare. Sein Blick wanderte unstet durch den in ein diffuses Licht getauchten Raum. Die stabilen Bleiglasfenster dämpften das einfallende Tageslicht beträchtlich, doch Will schätzte, dass der Tag bereits vor einer geraumen Weile begonnen haben musste.
Jacks Präsens war in der Kapitänskajüte unübersehbar. In der kurzen Zeit, in der er nun wieder auf der Pearl war, hatte er es geschafft, dem Schiff unverkennbar seinen Stempel aufzudrücken. Kleidung, einige persönliche Habseligkeiten, Seekarten und natürlich diverse Rumflaschen – mit und ohne ihren bernsteinfarbenen Inhalt – waren in einem scheinbar wahllosen Durcheinander über jede waagrechte Fläche verteilt, die sich in diesem Raum finden lassen konnte. Jack war wirklich zwanghaft unordentlich.
Mit einem erneuten Seufzer kämpfte sich Will auf die Füße. Er musste sich um Elisabeth kümmern. Wie er Jack einschätzte, hatte er sie wahrscheinlich in irgendeine ‚Abstellkammer' sperren lassen, und sie dann, im Eifer des Gefechts dort unten vergessen.
Jack!
Will ballte seine Hände zu Fäusten, um ihr Zittern zu unterdrücken.
„Fahr' zur Hölle, Will."Jacks Stimme war genauso kalt wie sein Blick.
Der junge Mann presste die Augenlider so fest aufeinander, dass bunte Blitze und Sterne über seine Netzhäute huschten. Jack würde ihm niemals etwas antun. Das war vollkommen absurd! Er war ein guter Mann, und Will für seinen Teil konnte den Piraten durchaus als seinen Freund bezeichnen.
„Fahr' zur Hölle, Will."
Diese Worte hallten unheilvoll immer und immer wieder durch Wills Verstand und ein weiteres Mal kam ihm der Gedanke, ob er den Piraten nicht vielleicht doch vollkommen falsch eingeschätzt hatte.
‚Jack ist mein Freund. Er ist ein guter Mann.'
‚Bist du dir da ganz sicher?'
-----
„Und hoch!"
Hoogan und Geordie begannen auf Gibbs' gebrüllten Befehl hin, den schweren Flaschenzug in die Takelage hinaufzuziehen. Anstrengung und Verbissenheit spiegelten sich in den Gesichtern der Männer wieder und es schien, als würden sie den gesamten Frust der letzten Tage in diese Aktion legen. Selbst dem sonst immer fröhlichen Geordie waren die Strapazen anzusehen.
Seit jenem letzten Abend in Tortuga schienen sie vom Unglück regelrecht verfolgt zu sein. Gibbs glaubte nicht an Zufälle. Er war fest davon überzeugt, dass alles und jedes seinen Grund hatte und er hatte sich bereits mehr als einmal gefragt, was sie getan haben mochten, um ein derart lang anhaltendes Unglück auf sich zu ziehen. Gibbs kratzte sich den Bart und blinzelte gegen die Sonne über das Deck. Misstrauisch beäugte er Anamaria, die gerade dabei war, ein Tau einzuspleißen. ‚War sie womöglich...?'
Die dunkelhäutige Frau schien wohl zu spüren, dass sie beobachtet wurde. Sie sah von ihrer Arbeit auf. Als sie Gibbs' Blick begegnete verdrehte sie genervt die Augen. Allem Anschein nach war ihr sofort klar, was dem älteren Mann durch den Kopf ging. Mit einer eindeutigen Geste gab sie dem ersten Maat zu verstehen, was sie von seinen Ansichten hielt. Gibbs zog die rechte Augenbraue in einer Art und Weise in die Höhe, die einem indignierten britischen Offizier alle Ehre gemacht hätte, enthielt sich jedoch jeglichen Kommentars. Er hätte die Piratin durchaus zurechtweisen können, doch er wollte keinen Streit provozieren. Die Situation war so schon angespannt genug.
Die Schritte, die hinter ihm über das Deck hallten, kannte Gibbs nur zur Genüge. Er wartete jedoch nicht, bis er von Jack angesprochen wurde, sondern drehte sich um, und kam seinem Captain einige Schritte entgegen.
„Es geht voran, Jack. Noch ein paar Stunden, und wir können die Takelage wieder belasten."
Jack nickte leicht, wie zur Bestätigung. „Gut, danke."Sagte er leise. „Sonst noch was?" Gibbs musterte seinen Captain von Oben bis Unten. „Du siehst nicht gut aus, Jack."Meinte er ernst. Sparrow ließ ein sarkastisches Schnauben hören. „Ach, woher bloß?"Der ältere Mann schüttelte den Kopf. „Ich meine es ernst, Jack. Wirst du krank, oder bist du einfach nur unausgeschlafen?"Er legte dem Jüngeren eine Hand auf die Schulter. „Wohl eher letzteres", meinte Jack mit einem schiefen Grinsen. „Aber es geht schon."„Es geht schon? Junge, hast du in letzter Zeit mal in einen Spiegel geschaut? Du siehst aus wie ein Fisch, der zu lange an Land gewesen ist." „Vergiss nicht mit wem du sprichst."Warnte Jack leise. „Du magst zwar mein Freund sein Gibbs, aber ich bin immer noch dein Captain."Er trat einen Schritt zurück, und stellte so wieder eine gewisse Distanz zwischen sich und dem anderen Mann her.
„Was ist am Schiff sonst noch zu tun, Mister Gibbs?"fuhr Jack in geschäftsmäßigem Tonfall fort. Gibbs schluckte hart, versuchte sich seine Irritation aufgrund Jacks' Verhalten aber nicht anmerken zu lassen. „Die Takelage ist so gut wie komplett Captain."Sagte er. „Ich hab's ja schon mal erwähnt. Ein paar Stunden vielleicht noch, dann ist das erledigt. Die Schäden am Rumpf sind schon repariert. Jedenfalls soweit das mit Bordmitteln möglich ist."Der Mann zuckte vage mit den Schultern. „Es wird schon halten. Wenn wir den Fockmast nicht all zu sehr belasten, sollten wir es gut bis zum nächsten Hafen schaffen."
„Gute Arbeit."Jack ließ seinen Blick über das Deck schweifen. „Sorg' dafür, dass die Männer etwas zu Essen bekommen. Sie haben sich eine Pause verdient."Gibbs nickte. „Aye, Captain. Sonst noch etwas?"Jack schüttelte den Kopf „Weitermachen."Meinte er nur knapp.
Damit drehte er sich um, und machte sich ohne ein weiteres Wort auf den Weg nach achtern. Gibbs sah ihm aus zusammengekniffenen Augen nach. Jack Sparrow schien die extravagante Art, die er normalerweise an den Tag legte, vollkommen abgelegt zu haben. Seine Bewegungen waren knapp und präzise und auch seine Art zu sprechen hatte sich verändert. Für einen flüchtigen Augenblick hatte Gibbs das Gefühl, einen vollkommen Fremden vor sich zu haben. Was beim siebten Kreis der Hölle ging in Jacks verwinkeltem Verstand nun schon wieder vor? Im Moment würde er einiges darum geben, die Gedankengänge des jüngeren Mannes nachvollziehen zu können.
„Was war das denn gerade?"Ungläubigkeit sprach aus Anamarias Stimme.
Gibbs zuckte leicht zusammen. Er hatte nicht gehört, dass die junge Frau neben ihn getreten war. Mit einem düsteren Gesichtsausdruck schüttelte er den Kopf. „Da fragst du den Falschen, Mädchen."
Anamaria starrte nachdenklich auf die dunklen Holzplanken des Decks. „Sollten wir uns Sorgen machen?"Diese Frage klang fast schon etwas zaghaft, so gänzlich anders, als das resolute Auftreten, das man sonst von ihr gewöhnt war. Sie sah ihn erwartungsvoll an, doch Gibbs antwortete nicht. Er hätte nicht gewusst, was er ihr entgegnen sollte.
-----
Elisabeth saß mit untergeschlagenen Beinen und vor der Brust verschränkten Armen auf dem Tisch und starrte wütend die Ratte an, die es sich erneut auf ihrer Koje bequem gemacht hatte. Die Ratte bleckte die Zähne und Elisabeth hatte das dumme Gefühl, dass das Tier sie höhnisch angrinste.
Auf dem Gang ertönten Schritte, und ließen die junge Frau erwartungsvoll zur Tür blicken, in der Hoffnung, dass endlich jemand kommen, und sie aus ihrer misslichen Lage befreien würde, doch die Schritte wurden leiser und irgendjemand polterte die steile Treppe zum Deck der Pearl hinauf.
Seufzend wendete sich Elisabeth wieder ihrem kleinen Gesellschafter zu. Seit Anamaria sie hier unten eingesperrt hatte, hatte sie kaum einen Menschen zu Gesicht bekommen. ‚Verstaut'. Jawohl, Jack hatte es durchaus treffend ausgedrückt. Hätten sie ihr nicht in mehr oder minder regelmäßigen Abständen etwas zu Essen gebracht, und sie in ein, zwei Ausnahmefällen kurz an Deck gelassen, hätte sie durchaus als eine Art unnötiges Gepäckstück durchgehen können. Ballast, der irgendwo verstaut, und dann vergessen worden war.
Doch sie würden sie nicht vergessen, dessen war sie sich sicher. Die Andeutungen und leise gemurmelten Gespräche, die ihr zu Ohren gekommen waren, reichten aus, um eine eisige Angst in ihrem Inneren zu nähren. Was würde Jack tun?
Erneut näherten sich Schritte, und diesmal konnte Elisabeth hören, wie der Riegel vor der Tür zurückgezogen wurde. Die Ratte wandte sich in einer hektischen Bewegung um, und auch Elisabeth blickte auf, als ein junger Bursche, ein Tablett in der einen, und ein mit einem Ledergürtel zusammengebundenen Bündel in der anderen Hand, den Raum betrat. Das Erstaunen auf seinem Gesicht wurde zu einem breiten Grinsen, als er das Bild vor sich betrachtete.
„Sie wird Euch nichts tun, Missus."meinte er mit einem amüsierten Funkeln in den blauen Augen. „Das Vieh' hat wahrscheinlich mehr Angst vor Euch als Ihr vor ihm."
Elisabeth beäugte misstrauisch die Ratte, die immer noch unbeeindruckt ihre Koje in Beschlag nahm. „Da bin ich mir nicht so sicher."Entgegnete sie zaghaft.
Geordie lachte leise. Ein angenehmer Laut, der einige Augenblicke im Raum zwischen ihnen zu schweben schien. „Ja, wenn man ihnen nicht zeigt, wo's langgeht werden sie frech."Mir einer weit ausholenden Bewegung warf er das mitgebrachte Bündel auf die Koje. Die Ratte stieß ein schrilles, protestierendes Quieken aus, und verschwand mir einem hastigen Satz in einer dunklen Ecke.
Elisabeth warf ihrem Retter einen dankbaren Blick zu. „Danke sehr..."sie stockte. „Geordie MacRae, "half er ihr immer noch grinsend aus. Er hielt ihr das Tablett vor die Nase. „Ich hab' Euch was zu Essen mitgebracht, Missus Turner."Fügte er überflüssigerweise hinzu. Die junge Frau konnte ein leichtes Lächeln nicht unterdrücken, als Geordie bezeichnend mit der rechten Hand wedelte.
Umständlich stieg sie von ihrem Tisch und verzog das Gesicht, als das Blut mit einem unangenehmen Kribbeln in ihre Beine zurückkehrte. „Elisabeth." Korrigierte sie ihn etwas verspätet. „Du kannst mich ruhig Elisabeth nennen. Ich glaube nicht, dass wir hier an Förmlichkeiten festhalten müssen."Sie machte eine Geste, die nicht nur sie beide, sondern auch den kleinen Raum mit einschloss.
In Geordies Grinsen stahl sich eine gewisse Unsicherheit. „Ich weiß nicht, ob das dem Captain gefällt, Missus Turner. Er..."
„Es ist mir egal, was dem Captain gefällt, oder nicht gefällt! Es ist nämlich vollkommen übergeschnappt der Captain! Jawohl!"polterte Elisabeth lautstark. Sie wusste, dass es unangebracht war, ihre Wut an Geordie auszulassen, doch es war ihr egal. Der in den letzten Stunden aufgestaute Frust und die Angst, die wie ein stetiges kleines Feuer in ihr brannte, schienen in einer einzigen gewaltigen Welle aus ihr herausbrechen zu wollen. Sie ballte die Hände so fest zusammen, dass sie spürte, wie ihre Nägel in ihre Handflächen schnitten.
Es kostete die junge Frau einige Mühe den Impuls zu unterdrücken, Geordie einfach das Tablett aus der Hand zu schlagen und an ihm vorbeizustürmen. Irgendwo hin, einfach nur weg von hier.
Der Pirat schien ihre Absichten wohl zu erraten, denn er baute sich breitbeinig vor dem schmalen Ausgang auf. Einige Sekunden lang starrte sie ihn wütend an, doch dann ließ sie die Schultern hängen und stieß die Luft scharf zwischen den zusammengebissenen Zähnen aus. Die heiße Wut, die sie gerade noch angetrieben hatte, schien mit ihrem Atem aus ihrem Körper zu entweichen, und ließ stumme Resignation zurück. Sie fühlte sich leer, ausgebrannt, und irgendwie... hilflos.
Mit zitternden Knien ließ sie sich auf dem einzigen Stuhl in diesem Raum nieder und verschränkte die Arme auf der Tischplatte. Starrte blicklos zu Boden. Eine unangenehme Stille begann sich auszubreiten, doch es schien, als wolle keiner derjenige sein, der sie unterbrach.
Ein leises Klappern holte sie schließlich in die Wirklichkeit zurück. Elisabeth starrte verständnislos auf das Tablett, das Geordie vor ihr auf dem Tisch abgestellt hatte, und blickte dann zu dem jungen Mann hinüber. Geordie hatte sich lässig gegen die Wand gelehnt, und hatte dieses um Verzeihung heischende Grinsen im Gesicht, das Jack immer aufsetzte, wenn er etwas ausgefressen hatte. Für einen Moment hatte sie den Eindruck einer leicht veränderten, jüngeren Version des notorischen Piraten gegenüber zu stehen.
Elisabeth wollte gerade etwas sagen, als sich ihr Magen schmerzhaft zusammenzog, und sie daran erinnerte, dass ihre letzte Mahlzeit schon einige Stunden zurücklag. ‚Also gut. Eins nach dem anderen.'
In den nächsten Minuten war sie so sehr mit essen beschäftigt, dass ihr entging, dass Geordie sich sichtlich entspannte. Er hätte nicht gewusst, was er hätte tun sollen, wäre Missus Turner wirklich handgreiflich geworden. Dem Ausdruck auf ihrem Gesicht nach zu schließen, hätte sie ihn bei auch nur noch einem falschen Wort seinerseits mit bloßen Händen erwürgt. Allmählich begann er zu begreifen was der Captain gemeint hatte als er sagte, sie wäre eine Wildkatze.
„Wie kommt es eigentlich, dass es dich auf die Black Pearl verschlagen hat, Geordie? Ich meine, wie ein Pirat siehst du ja nun nicht unbedingt aus?" Der junge Mann schrak sichtlich aus seinen Gedanken auf, als Elisabeth ihn ansprach, doch er hatte sie allem Anschein nach verstanden, denn er baute sich breitbeinig vor ihr auf und bemühte sich einen möglichst erwachsenen Eindruck zu machen. „ Ich bin noch nicht sehr lange hier, das stimmt. Der Captain hat mich erst vor ein paar Wochen an Bord geholt, aber er meint ich habe Po- Potential."Das letzte Wort kam Geordie etwas schwer über die Lippen, und er grinst stolz, als er es endlich herausgebracht hatte.
„So, meint er das."In Elisabeths Stimme schwang ein eisiger Unterton mit, als das Gespräch wieder auf Jack kam. „Und wie kommt er darauf? Oder war Pirat schon immer dein Traumberuf?"Sie unterdrückte ein bitteres Grinsen, als sie an Wills Schwärmereinen über das ‚ach so wunderbare' Piratenleben denken musste.
Geordie blickte zu Boden. „Nun, es ist so Ma'am, wenn man auf der Straße lebt, bleiben einem nicht viele Möglichkeiten, außer sich mit kleinen Gaunereien über Wasser zu halten...oder sich zu verkaufen."Er machte eine kurze Pause, uns sprach dann mit fester Stimme weiter: „Captain Sparrow hat mir eine Chance geboten da heraus zu kommen, und ich wäre schön blöd gewesen, wenn ich sie nicht genutzt hätte."
„Oh."Nun war es an Elisabeth zu Boden zu sehen. Sie hatte hier unbeabsichtigt ein Thema angerührt, dass ihr mindestens genauso unangenehm war wie Geordie. Sie wusste, dass es in jeder größeren Stadt solcherlei Probleme gab. Auch Port Royal war da keine Ausnahme. Doch sie selbst hatte, wie so viele andere auch, einfach darüber hinweggesehen. Aus Bequemlichkeit vielleicht, oder vielleicht auch einfach nur aus der Tatsache heraus, dass man froh war, selbst nicht betroffen zu sein.
Elisabeth ließ ihren Blick durch den kleinen Raum wandern, in der Hoffnung etwas zu finden, das ihr einen Grund lieferte das Thema zu wechseln. „Was ist das?"Sie deutete auf das Bündel, mit dem Geordie zuvor die Ratte verjagt hatte. Der junge Mann drehte sich um. „Das ist für Euch Missus Turner. Captain Sparrow bittet Euch, in etwa einer Stunde auf Deck zu erscheinen, und Ihr möchtet Euch doch bitte umziehen. Er meinte Euer Kleid wäre etwas..."Geordie räusperte sich. „nun, ... unpassend."
Elisabeth starrte Geordies Rücken an. Stumm, und ohne sichtbare Regung. Sie konnte nicht sagen, dass diese Eröffnung sie überrascht hätte, nicht wirklich jedenfalls. Sie hatte gewusst, dass das kommen würde und irgendwo war sie auch erleichtert, dass diese schier endlose Warterei nun endlich ein Ende hatte. Dennoch packte die Angst mit unveränderter Härte zu, und schien ihr die Luft abschnüren zu wollen.
Sie rührte sich nicht, als Geordie stumm den Raum verließ und auch die Tatsache, dass das charakteristische Geräusch des schweren Riegels diesmal ausblieb, war mit einem Mal vollkommen unwichtig.
