Da bin ich mal wieder! -Für dieses Kapitel ist mir leider kein gescheiter Titel eingefallen, also muss es auch so gehen - erstmal. Für brauchbare Vorschläge von euerer Seite bin ich natürlich jederzeit offen...

Vielen Dank an dich Brigitte, dass du mir während der letzten Kapitel die Treue gehalten hast. Was die Spoiler-Gefahr von PotC 2 angeht kann ich dir nur Recht geben. Mir gehts da ähnlich...

Und nu' viel Spass und: R&R!


Untitled

Das Schiff, das am frühen Morgen gesichtet worden war, war bereits vor einigen Stunden wieder hinter dem Horizont verschwunden, ohne ihnen wirklich näher gekommen zu sein. Nicht, dass sie die Verfolgung wirklich aufgegeben hatten, doch die Black Pearl war und blieb nun einmal das schnellste Schiff in diesen Gewässern, auch wenn sie momentan verstümmelt war. Bei diesem Gedanken fühlte Jack so etwas wie Stolz in sich aufsteigen. Diese einmalige Kombination von Stärke, Wendigkeit und Schnelligkeit hatte ihn von Anfang an fasziniert.

Unwillkürlich tauchte die Erinnerung an den Tag in ihm auf, an dem er zum ersten Mal einen Fuß auf diese Planken gesetzt hatte. Er war gerade siebzehn gewesen, damals. Ein bitterer Zug legte sich auf sein Gesicht, als vergangene Ereignisse vor seinem inneren Auge auftauchten. Der Schoner, mit dem sie damals den Atlantik Richtung New England Colonies überquert hatten, lief nur unter minimaler Besatzung: sechsundfünfzig Mann. Sie hatten von vorneherein keine Chance gegen das Piratenschiff gehabt, das am Morgen des 28. April 1703 (1) einfach so aus dem Nebel aufgetaucht war. Der Captain hatte freiwillig die Flagge gestrichen, doch es hatte ihnen nichts genutzt. Letztlich waren sie alle auf dem Deck der Duke William zusammen getrieben worden. Mit der Wahl entweder der Crew der Black Pearl beizutreten, oder dem Captain und den Offizieren des Handelsschiffes Gesellschaft zu leisten, die tot auf dem Vorderdeck der Duke William lagen. Jack hatte versucht, die hasserfüllten Blicke der anderen Matrosen zu ignorieren, erfolglos, doch er wollte leben.

Gewaltsam schüttelte Jack die alten Erinnerungen ab. Seitdem hatte sich viel verändert. Seufzend beugte er sich über die Seekarten, die er auf seinem Schreibtisch ausgebreitet hatte, und markierte ihre aktuelle Position. Sie lagen gut in der Zeit, auch wenn seine Lady nur einen Bruchteil ihrer vollen Geschwindigkeit laufen konnte. Wenn der Wind die nächsten Tage weiterhin so günstig stand, konnten sie Trinidad noch vor Ablauf der nächsten Woche erreichen. Der Gedanke an das, was sie dort erwartete, machte Jack keine geringen Sorgen. Die Pearl war in keinem guten Zustand. Die Reparaturarbeiten würden sie bestimmt die nächsten sechs Wochen im Hafen festhalten, wenn nicht sogar noch länger. Und in dieser Zeit würden sie angreifbar sein. Um den Fockmast zu ersetzen musste fast die komplette Takelage abgenommen werden, mit der Konsequenz, dass sie im Notfall nicht ablegen konnten.

Jack hatte das Schiff nicht vergessen, das sie an diesem Morgen verfolgt hatte. Ganz im Gegenteil. Es bereitete ihm sogar mehr Sorgen, als er vor der Crew eingestehen wollte. Natürlich, diese vermeintliche Verfolgung konnte alles, oder auch genau so gut nichts bedeuten, aber eine leise innere Stimme flüsterte Jack zu, er solle sich vorsehen.

Nachdenklich rollte der Pirat die Seekarten zusammen. Es war ein großes Risiko für so lange Zeit in einem Hafen vor Anker zu gehen, aber sie hatten keine andere Wahl. Solange Jack zurückdenken konnte, war es das erste Mal, dass die Black Pearl so schwer beschädigt worden war. In einem Anflug von Wut pfefferte er die Karten in eine Ecke. Diese verdammte Pechsträne zerrte gehörig an seinen Nerven. So ungern er es zugeben wollte, er begann nervös zu werden. Und das war etwas, das nicht sehr oft vorkam.

Leise fluchend setzte er sich an seinen Schreibtisch und legte die Füße auf die Tischplatte. Das konnte doch alles einfach nicht wahr sein. Der Sturm und die Beschädigungen an der Pearl, der ganze Mist während dem Zusammenstoß mit der Cutty Sark und die Männer die sie verloren hatten, Tortuga…

Jack zuckte so heftig zusammen, dass er um ein Haar mit seinem Stuhl hinten über gekippt wäre.

‚Marietta'. Der Name tauchte so deutlich wieder in seinem Gedächtnis auf, als wäre er mit Tinte auf ein weißes Blatt Papier geschrieben worden. Hektisch begann er in seinen Taschen nach dem schwarzen Stein zu kramen, den ihm die junge Frau während ihrer letzten Minuten übergeben hatte.

Schützt ihn mit Eurem Leben.

Könnte es vielleicht doch sein, dass mehr an diesem Ding dran' war, als es den Anschein hatte?

„Wo zum Teufel…?" ‚Ah.' Erleichterung umfasste ihn, als sich seine Finger endlich um den kühlen Stein schlossen. Jack zog die wahlnussgroße Kugel aus der Tasche und betrachtete sie eingehend aus zusammengekniffenen Augen. Die letzten Tage waren so ereignisreich gewesen, dass er ihre Existenz schon beinahe vergessen hatte. Ein einfacher schwarzer Stein. Perfekt rund und glatt poliert, ohne irgendwelche Muster oder Gravuren.

Das Marietta wegen diesem Ding hier ermordet worden sein sollte klang im ersten Moment einfach nur abwegig. Doch andererseits…

Jack musste plötzlich wieder an diesen Kerl denken, der versucht hatte, sich an ihrem letzten Abend in Tortuga auf die Pearl zu schleichen. In diesem Licht betrachtet ergab das alles wieder einen Sinn. Möglicherweise war er derjenige gewesen, der auf das Mädchen geschossen hatte.

Frustriert griff der Pirat nach einer Flasche Rum. Dieser verdammte Mistkerl hätte ihm bestimmt Antworten auf einige seiner Fragen geben können. „So ein Mist", murmelte Jack halblaut vor sich hin. Aber wer kam denn schon auf so was?

Wenn diese Kugel allerdings wirklich so wichtig war, würde der Kerl ihnen in nächster Zeit garantiert noch mal über den Weg laufen. Daran hatte Jack überhaupt keinen Zweifel.

Das Schlagen der Schiffsglocke drang gedämpft zu ihm in den Raum. Zwei Glasen. Später Nachmittag. Der nächste Wachwechsel stand in drei Stunden an.

Seufzend betrachtete er den Stein in seiner Hand.

„Was zum Henker bist du wert, das du so nen Haufen Ärger machst, eh?"

Im abnehmenden Licht schien die Kugel beinahe von innen heraus zu glühen.

Ohne irgendeinen bemerkbaren Übergang befand Jack sich wieder auf der schwarzen Ebene. Irritiert sah er sich um. „Das gibt's doch wohl nich'." murmelte er, mit einem Ausdruck der Fassungslosigkeit auf dem Gesicht. „Warum passiert so was eigentlich immer nur mir?"

Die Ebene war genau so, wie er sie in Erinnerung hatte: Kahl, tot und leer. Nach allen Richtungen bis zum Horizont gab es absolut gar nichts. Keine Pflanzen oder andere Lebewesen, keine Gebäude, nicht mal irgendeinen gottverdammten Felsen. Und es war totenstill. Selbst der gnadenlose Wind, der eiskalt durch seine dünne Kleidung biss, verursachte keinerlei Geräusch. Nun ja, zumindest waren diese seltsamen Stimmen ebenfalls verschwunden.

Wo bin ich hier, verdammt!' Zitternd schlang Jack die Arme um den Oberkörper. Er hatte keine Ahnung wie er hierher gekommen war.

Ein Alptraum.' Die Erinnerung daran, als er zum ersten Mal diese Ödnis zu Gesicht bekommen hatte, kam ihm in den Sinn. Er hatte geschlafen.

Gestern.' Ja, es war erst gestern Nacht gewesen, doch es kam ihm vor, als sei dies schon eine Ewigkeit her. ‚Na großartig, ich träume, und das mitten am Nachmittag. Ana bringt mich um.'

Glaubst du wirklich die Erklärung ist so einfach?" Jack fuhr herum und wich in der gleichen Bewegung einige Schritte vor dem Mann zurück, der so plötzlich hinter ihm aufgetaucht war. Angespannt betrachtete er den Fremden. „Was soll das?" Jack kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Jeder der ihn kannte wusste, dass das nie ein gutes Zeichen war. Der Andere grinste jedoch spöttisch. „Hab' ich dich erschreckt?" Er lachte leise. Der Pirat schnaubte empört.

Wer seid Ihr, und wo," und dabei gestikulierte er wild um ihre Umgebung mit einzuschließen, „beim Henker seid Ihr gerade hergekommen?" Der Mann zuckte mit den Schultern. Ohne die Frage zu beantworten wandte er sich ab, und ging ein paar Schritte. Jack überlegte ernsthaft, ob er ihm folgen sollte, entschied sich dann aber doch dagegen. Dieser Typ löste ein Gefühl in ihm aus, das er nicht benennen konnte, aber Jack war sich sicher, dass es ihm nicht gefiel.

Der Fremde war einige Meter weiter wieder stehen geblieben und sah sich anscheinend interessiert um. ‚Wo es hier doch auch so viel zu sehen gibt.' Jack verschränkte abwartend die Arme vor der Brust. Er hatte nicht vor, den Anderen auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. „Das hier ist ein ziemlich ungastlicher Ort Jack. Besonders viel Fantasie hast du ja nicht unbedingt. Kaum zu glauben, wenn man dich eine Weile beobachtet."

Was?" schnappte Jack. Seine Hände wanderten unwillkürlich zu seinem Gürtel, dorthin, wo er normalerweise sein Schwert zu tragen pflegte.

Jetzt habe ich dich erschreckt." stellte der Andere fest. Irgendetwas in seiner Stimme ließ Jack die Haare zu Berge stehen. Er konnte diesen Kerl nicht ausstehen. Nein, er konnte ihn überhaupt nicht ausstehen. „Was soll das alles hier?" knurrt er. „Und sag mir nich', dass du das nich' weißt! Das würde ich dir nämlich nich' glauben." Da der Andere ihn duzte, sah Jack nicht ein, warum er bei der förmlichen Anrede bleiben sollte. Der Fremde lachte leise. Es war ein überraschend angenehmer Laut. „Ich hatte auch nichts anderes erwartet. Das hier Jack," seine weit ausholende Handbewegung schloss nicht nur sie beide, sondern auch die schwarze Ebene mit ein. „ist nichts weiter, als ein Produkt deines Geistes. Ein Ort, den du dir irgendwann im Laufe deines Lebens erschaffen hast. Wir befinden uns sozusagen in deinem Kopf. Im wahrsten Sinne des Wortes."

Der Pirat verzog ungläubig das Gesicht. „Und das macht dich zu was? Bist du so eine Art Geist, oder einfach nur ein Gedanke?" Der Spott in Jacks Stimme machte klar, dass er dem Anderen kein Wort glaubte. Der Fremde zuckte nichts sagend mit den Schultern. „Wenn du so willst." Jack gab ein leises, humorloses Lachen von sich. „ Das meinst du wirklich ernst, eh?" „Eigentlich bist du derjenige, der diese Frage am Ehesten beantworten kann, Jack."

Die beiden Männer starrten sich einige Augenblicke lang wortlos an und Jack versuchte angestrengt herauszufinden, was er von diesem seltsamen Menschen und einen Worten halten sollte, doch er kam zu keinem Schluss. Das alles hier war mehr als seltsam. Die Umgebung begann vor seinen Augen zu verschwimmen, wurde irgendwie unscharf.

Jack blinzelte, und fand sich unversehens in der Wirklichkeit wieder.

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„Aua!"

Halt doch einfach mal still." Elisabeth packte Will am Kragen, und zog ihn wieder zu sich hinunter auf die Koje. „Meinem Kopf geht es ausgezeichnet Elisabeth." Er versuchte zurückzuweichen, als seine Frau ihre Hände wieder nach seinem Kopf ausstreckte, aber er war nicht schnell genug. „Au!" Ein spöttisches Lächeln formte sich auf Elisabeths Gesicht. „So so. Ausgezeichnet sagst du?"

„Na ja." Will grinste und zog entschuldigend die Schultern hoch. „Jedenfalls solange niemand versucht daran herumzufingern." „Das ist eine ganz schöne Beule", meinte sie. „Was um Himmels Willen hat dich da nur getroffen?"

„Ein Flaschenzug. Der hat sich während des Sturms aus der Rigging gelöst und ist runter gefallen. Es geht mit gut." Den letzten Satz fügte er hinzu, als er das ganze Ausmaß der Sorge erblickte, das sich in Elisabeths Gesicht zeigte. In diesem Moment war er heilfroh ihr verschwiegen zu haben, dass er nach dem Unfall den Rest der Nacht bewusstlos gewesen war.

„Warum musstest du auch unbedingt während dieses Sturmes an Deck sein?" Elisabeth legte den feuchten Lappen, mit dem sie Wills Hinterkopf behandelt hatte, beiseite. „Das war völlig unnötig. So viel verstehst du auch wieder nicht von Schiffen. Ich glaube nicht, dass du im Notfall wirklich eine große Hilfe gewesen wärst." Will zog beide Augenbrauen in die Höhe. „Die Männer brauchten einfach jede Hilfe die sie bekommen konnten."

Elisabeth presste die Lippen so fest zusammen, dass sie zu einem dünnen blutleeren Strich wurden. „Soll das etwa ein Vorwurf sein?" Ihr bitterer Kommentar traf ihn völlig unvorbereitet. Will wusste sofort wovon sie sprach. Elisabeth gab sich die Schuld für den Tod der Männer, die während dem Gefecht mit der Cutty Sark ums Leben gekommen waren. Er hatte es erwartet, und dennoch schmerzte es ihn. Elisabeth müsste es eigentlich besser wissen. „Du bist…" Will hielt überrascht inne, als er Tränen in ihren Augen schimmern sah. „Oh nein. Nein, Elisabeth. Ich wollte wirklich nichts als helfen." Will zog sie in eine tröstende Umarmung.

„Schh. Niemand macht dir hier einen Vorwurf." Elisabeth kuschelte sich an seine Schulter. „Jack tut es", murmelte sie. „Und die anderen Männer auch." Beruhigend strich Will seiner Frau die Haare aus dem Gesicht. Er schüttelte den Kopf. „Das ist nicht wahr. Jack kann dich verstehen. Du wusstest es einfach nicht besser. Ich weiß nich'…" der Waffenschmied zögerte einen Augenblick. „Ich glaube, wenn Jack es mir nicht erklärt hätte, hätte ich wohl auch so gehandelt."

Die junge Frau seufzte schwer. Will schob sie ein Stück zurück und sah ihr in ihre wunderschönen braunen Augen. „Elisabeth hör' mir zu. Niemand macht dir einen Vorwurf." wiederholte er. „Jack fühlt sich auch nicht wohl bei dieser Sache, aber vor der Mannschaft konnte er einfach nicht anders handeln." Der Pirat hatte es zwar nicht unbedingt so formuliert, aber Will hatte in diesem Fall kein Problem damit, die Wahrheit etwas zu verdrehen.

Elisabeth unterbrach den Augenkontakt und blickte zu Boden. „Er hat heute Morgen versucht mit mir zu reden. Aber ich befürchte, das Gespräch hat keinen sehr guten Ausgang genommen…" „Dann reden wir eben noch mal mit ihm." Bei dem Wörtchen ‚wir' schlich sich wieder ein leises Lächeln auf Elisabeths Gesicht. Erneut kuschelte sie sich an ihn, und für einige Minuten herrschte eine zufriedene Stille in dem kleinen Raum.

Es war Elisabeth, die die Stille wieder unterbrach. „Sag mal, Will, hast du die Narben auf seinem Rücken gesehen?"

„Sprichst du von Jack?"

„Ja." Elisabeth nickte bestätigend, doch Will schüttelte nur den Kopf. „Wie… was für Narben?"

„Ich weiß nicht. Vergiss es." Die junge Frau starrte gedankenverloren auf ihre Hände. Als der Pirat an diesem Morgen ohne Hemd auf Deck erschienen war, hatte sie nur zu deutlich sehen können, dass die Narben, die Jack ihr an jenem Tag auf der Insel gezeigt hatte bei weitem nicht alle gewesen waren. Schon damals war Elisabeth erschreckt gewesen, von der Brutalität, die nötig war, um solche Spuren zu hinterlassen. Der heutige Morgen hatte sie eine neue Lektion gelehrt.

Der Rücken des Piraten war übersäht von einem Netz feiner weißer Linien. Narben wie sie nur von der Katze oder einer Peitsche stammen konnten. Elisabeth hatte gewusst, dass diese Art der Bestrafung auf See - und vor allem auch in der Marine - durchaus üblich war, allerdings hatte sie die Spuren einer solchen Züchtigung noch nie mit eigenen Augen gesehen. Und der letzte bei dem sie sie erwartet hatte war Jack Sparrow!

Sie hatte nichts gesagt, dazu war die viel zu aufgebracht gewesen, doch sie hatte sich unwillkürlich gefragt, wie viel von dem selbstbewussten und frechen Verhalten des Piraten Teil der Maske war, die er der Welt zeigte, und die er aufsetzte, um sich selbst dahinter zu verstecken.


1) Das Datum bezieht sich auf einen Kommentar von Gore Verbinski, nachdem FdK um 1720 herum spielt.
Also gut liebe Leute. Das nächste Kapitel liegt sozusagen fix und fertig auf meinem Schreibtisch (muss nur noch gebetat werden).Ich hoffe doch, dass euch die Story soweit gefallen hat. Deshalb: schreibt mir Reviews! Bekomme ich für das Kapitel hier mindestens zwei, erfahrt ihr wie es weitergeht.

Lg RavannaVen