Ila sah Kajind abwartend an.

Es war Mittag geworden, und die Sonne schien warm auf das Fell der jungen Taurin während sie der Geschichte eines Orckriegers lauschte, der scheinbar das Leben zu lieben gelernt hatte.

Glücklich atmete sie die würzige Waldluft ein. Sie fühlte sich im Einklang mit der Natur die sie umgab, und der Orc neben ihr schien dieses Gefühl zu verstehen.

Oh ja, sie verstand was er meinte. Die Bäume lebten, und es machte die Nachtelfen traurig wenn einer gefällt wurde. So wie es Ila traurig machte wenn eines der sanftmütigen Kodos getötet wurde.

Es kam selten vor, dass ein Orc, insbesondere ein Krieger, dafür Verständnis hatte. Und deshalb fürchtete Ila sich ein wenig vor dem Ausgang der Geschichte. Sie wusste noch immer nicht woher die Narbe kam, und dem Entstehen einer Narbe ging immer eine Verletzung voran.

„Willst Du den Rest hören? Wenn ich das erzählt habe…gibt es kein Zurück mehr" sagte Kajind leise.

Unschlüssig sah Ila ihn an. Er strahlte die Weisheit eines alten Kriegers aus, und doch schien er nicht sehr alt zu sein wie Ila jetzt auffiel. Hatte dieser Orc etwas Schrecklicheres als eine Schlacht erlebt, oder eine unvorstellbar grausame Tat verübt?

Die Taurin glaubte es nicht, aber sie wollte es wissen. Und ihr schien, der Krieger wollte es erzählen, obwohl er ihre Reaktion fürchtete. War es nicht ihre Pflicht als Druidin ihn sein Gewissen erleichtern zu lassen?

Ila wusste, dies nur war eine armselige Ausrede für ihre jugendliche Neugierde, dennoch antwortete sie fest: „Ja. Ich will das Ende dieser Geschichte hören"

Der Orc nickte und sprach weiter.

„Ich stand also dort im Halbdunkel des Waldes, und spürte, dass der Baum unter meiner Hand lebte. Ich spürte auch das Moos unter meinen Füßen, meine Stiefel waren wohl im Wurzelgewirr hängen geblieben.

Aber vor allem spürte ich die Hand des Nachtelfs auf meiner, und die Wärme die sein Körper ausstrahlte. Ich begriff, dass ich ihm vollkommen ausgeliefert war, aber ich wusste auch dass er nicht vorhatte mich zu demütigen.

So merkwürdig das klingen mag, ich genoss dieses Gefühl.

Und es weckte etwas in mir. Ein verbotenes Verlangen, das ich schon früher gespürt hatte, wenn auch nie so intensiv. Früher hatte ich es immer niedergekämpft, es besiegt und unterdrückt.

Aber jetzt war mein Geist zu schwach von all dem Hass, der Wut und der Angst die ich ausgestanden hatte. Ich konnte nicht mehr kämpfen. Das einzige was mir blieb war mich aus dieser Situation zu befreien. Und so befreite ich meine Hand aus dem sanften Griff des Nachtelfs und drehte mich zu ihm um"

Ila fröstelte trotz der warmen Mittagssonne. Jetzt war es soweit. Was immer damals geschehen war, bald würde sie es wissen. Sie war sich nicht mehr sicher ob sie es wissen wollte, denn sie kannte viele Orcs die Konflikte in ihrem Inneren durch Gewalt nach außen hin lösten. Und Ila wollte jetzt nichts über Blutvergießen hören, nicht nachdem sich doch scheinbar alles zum Guten gewendet hatte.

Kajind schien ihre ängstlichen Blicke nicht zu bemerken, er blickte auf den Boden und seine Stimme wurde immer leiser.

„Aber das war ein Fehler, zumindest sah ich es in diesem Augenblick so. Denn in dem Moment in dem ich den Elf das zweite Mal ansah war ich verloren.

Du wirst es nicht verstehen, aber dieser Nachtelf war schön, auf eine fremdartige Art und Weise. Er war stark, das hatte ich gespürt, und ich konnte sehen wie sich seine Muskeln bewegten. Ich wollte…"

Er schluckte, und sprach kaum hörbar weiter:

„Ich wollte von ihm berührt werden, und ich wehrte mich nicht als er seine Hände auf meine Schultern legte und mich sanft nach hinten schob.

Wieder spürte ich, dass ich ihm ausgeliefert war, wieder genoss ich dieses Gefühl, und diesmal konnte ich nicht mehr gegen das ankämpfen was es in mir auslöste. Und er sah wie sehr ich ihn begehrte. Ich glaube er machte sich nicht die Mühe auf das zu blicken was meine abgetragene Hose kaum verbergen konnte…er sah mir in die Augen und wusste was ich dachte.

Er drängte mich mit seinem Körper an den Baum hinter mir und ich ließ es geschehen.

Wie von selbst begannen meine Hände seinen Hals zu streicheln, und seine Robe langsam zu öffnen.

Er schloß die Augen und flüsterte heiser „Zerreiß sie", und dann…

Was dann folgte willst Du sicher nicht allzu genau wissen. Es reicht wohl zu sagen, dass der Nachtelf mich währenddessen in die Schulter biss. Sicher nicht um mir weh zu tun, vielleicht weil er sonst zu laut gewesen wäre…aber er biss sehr fest zu.

Kurz danach, ich hatte gerade erst meine Hose wieder angezogen, hörte ich einige Äste knacken und sah einen Tauren auf mich zukommen. Er war Schamane und war geschickt worden mich zu suchen…oder den tapferen Krieger für den sie mich hielten.

Der Nachtelf verwandelte sich in eine große Katze und verschwand im Wald…ich erzählte dem Tauren dass er mich geheilt hatte. Sonst nichts. Die Wunde an der Schulter habe ich vor ihm versteckt, und auch später ließ ich keinen Heiler in ihre Nähe."

Der Orc hob seinen Blick und sah Ila an

„Das war die Geschichte dieser Narbe, und auch meine Geschichte. Nun verurteile mich wenn Du willst."

Ila starrte etwas verlegen auf ihre Hufe. Sie glaubte verstanden zu haben was geschehen war. Man wuchs nicht in einem hauptsächlich aus Zelten bestehenden Dorf auf ohne gewisse Dinge mitzubekommen…die meisten Tauren bemühten sich nicht besonders darum, leise zu sein.

Nachdenklich runzelte sie die Stirn. Sie war Druidin, wenn auch keine vollwertige. Sie trug Verantwortung. Sie konnte nicht einfach irgendetwas antworten.

„Mein Name ist Ila Weißfell, und ich bin Druidin" sagte sie schließlich. „Ich freue mich über Dein Verständnis für die Sache der Nachtelfen, aber ich denke als Druidin muss ich darauf hinweisen, dass das was ihr getan habt wider die Natur war."

Kajind nickte und sah sie forschend an.

„Das hätte mir jeder Druide gesagt. Doch was sagt Ila, die Taurin dazu?"

Ila wich seinem Blick aus. Hatte er ihre Gedanken gelesen? Letzten Endes war sie doch nur ein junges Mädchen mit romantischen Flausen im Kopf.

„Ich…ich glaube Du vermisst ihn, und ich frage mich warum Ihr nicht zusammen seid" gab sie zu.

Der Orc seufzte.

„Ja, ich würde ihn gern wieder sehen…seine Stimme hören…und deshalb sitze ich hier, in der Hoffnung er könnte zufällig vorbei kommen, hier ins Grenzgebiet.

Aber was würde es mir bringen? Er wird mich längst vergessen haben."

Ila sah ihn überrascht an. „Vergessen? Aber er hat…ihr habt…"

Kajind nickte.

„Ja. Aber Nachtelfen sind nicht wie Tauren, oder wie Orcs. Hast Du nie die Gerüchte gehört die man über sie erzählt? Jedes Gerücht hat einen wahren Kern…

Die Männer waren lange von den Frauen getrennt…und man erzählt sie teilen ihr Lager auch mit Männern."

Einen Moment lang herrschte betretenes Schweigen, dann sprach der Orc weiter

„Und hast Du jemals beobachtet wie sie tanzen? Sie zeigen ihre schönen Körper jedem der sie sehen will…und ich fürchte es bleibt nicht beim sehen."

Wieder schwieg Kajind kurz, als würde er nachdenken.

„Sie werden sehr alt…ich glaube sie erinnern sich nicht lange an jemanden mit dem sie nur einige Minuten verbracht haben" sagte er dann, und die Traurigkeit in seiner Stimme war kaum zu überhören.

Ila zuckte mit den Schultern. Was sollte sie darauf antworten?

„Das sind alles nur Vorurteile…Du weißt nicht ob es so ist" meinte sie.

„Ich glaube es" der Orc starrte wieder in die Ferne.

Ila besann sich auf ihre Aufgabe.

„Ich muss gehen…Kräuter sammeln. Die Ausbildung zur Druidin ist nicht billig." entschuldigte sie sich.

„Ich hoffe Du siehst ihn wieder…auch wenn es eigentlich falsch ist" sie nickte Kajind zu und machte sich auf den Weg in die Wälder.

Es fiel ihr schwer sich aufs Kräutersammeln zu konzentrieren. Noch immer beschäftigte sie das, was der Orc erzählt hatte. Es war so seltsam…und seine Vorurteile gegen Elfen…Ila hatte nur mit Druiden zu tun, und diese wirkten doch recht respektabel.

Druiden…der Nachtelf den Kajind kennen gelernt hatte war Druide. Vielleicht kam er ab und zu nach Moonglade.

Kopfschüttelnd trottete Ila über die kleine Wiese auf der sie gerade nach Kräutern suchte. Gefunden hatte sie noch nichts.

„Nein!"

Ila erschrak, stolperte und setzte sich ein wenig unsanft ins Gras. Woher war dieser Schrei so plötzlich gekommen?

Ila schüttelte ungläubig den Kopf als ein Nachtelf an ihr vorüberging, und sich kurz vor ihr hinkniete. Er schien sie gar nicht zu beachten, sein Blick war auf den Boden gerichtet.

Ila schaute in die gleiche Richtung, und bemerkte eine Blume direkt vor ihren Hufen. Eine wunderschöne Blume, die sie zertreten hätte, wenn sie nicht vorher hingefallen wäre.

Der Nachtelf hob seinen Blick und richtete seine Aufmerksamkeit auf Ila.

„Ich wollte Euch nicht erschrecken" sagte er und wies mit der Hand auf die Blume.

Dann half er der Taurin dabei, aufzustehen ohne die Blume zu zertreten.

Ila musterte ihn. Er schien ebenfalls Druide zu sein…er hatte Ila nicht angegriffen, und seine Kleidung sah auch wie die eines Druiden aus. Sie sah etwas abgetragen aus und wies in der Mitte eine lange Naht auf. Offenbar war sie zerrissen gewesen…

Die Stimme des Nachtelfs riss Ila aus ihren Gedanken

„Kann ich Euch helfen?"

„Ja bitte. Ihr seid doch Druide? Ich hätte da eine Frage…" Ila scharrte nervös mit den Hufen.

Der Nachtelf nickte nur, setzte sich in das hohe weiche Gras und sah die Taurin abwartend an.

Ila setzte sich ebenfalls und sagte vorsichtig „Es gibt da etwas bei dem ich mir unsicher bin ob die Natur es billigt…"

Der Nachtelf schwieg eine Weile, dann sagte er „