Narzissa Malfoy fiel ein schwerer Stein vom Herzen, als sie ihren Sohn wieder in die Arme schliessen konnte. Sie drückte Draco innig an sich und er erwiderte die Umarmung genauso fest. Narzissas mütterliche Liebe war Balsam für seine angeschlagene Seele. Er brauchte jetzt einen vertrauten Menschen. Er brauchte jemanden, der ihn tröstete, ihn beruhigte, ihm half. Jemanden, der an seiner Seite war, jemanden, der ihn verstand, jemanden, der mit ihm redete und mit ihm litt. Jemanden, der ihn liebte.

Narzissa erschrak, als sie in sein aschfahles Gesicht sah. Es war noch bleicher und ausdrucksloser denn je. „Mein lieber Junge, was ist passiert? Ist dein Auftrag… gescheitert?" Sie wusste, was geschehen würde, wenn dies der Fall wäre. Voldemort würde ihren Sohn töten lassen und das könnte eine Mutter nicht verkraften – nicht nachdem sie auch ihren Ehemann verloren hatte.

Draco schüttelte kaum merklich den Kopf. „Dumbledore ist tot. Snape hat es getan – nicht ich."

Diese Nachricht beruhigte Narzissa ein wenig. Einerseits war Dracos Aufgabe dank Snape erfüllt und andererseits war ihr Sohn nicht zu einem Mörder geworden. Allerdings konnte sie sich über Dumbledores Tod nicht freuen, auch wenn ihr Mann ihn gehasst hatte. Voldemorts Macht würde unendlich werden, ohne Dumbledores Widerstand! Und ihren einzigen Sohn würde er als Rache für Lucius' Scheitern in den Tod schicken.

Der Morgen graute bereits und es kündigte sich ein trüber, regnerischer Tag an. Narzissa und Draco hätten ohnehin nicht mehr schlafen können und so setzten sie sich in den Salon vor den brennenden Kamin. Erst schwiegen sie und starrten – jeder in seine eigenen trüben Gedanken versunken – in die Flammen.

Narzissa brach zuerst die Stille. „Wenn du noch nicht reden willst, dann verstehe ich das."

Draco aber wollte reden. Er musste. Er hatte das Gefühl zu zerplatzen, wenn er es nicht täte. Draco sprach sich all das von der Seele, was sich in dieser Nacht ereignet hatte. Auf welche Weise er die Todesser in Hogwarts eingeschleust hatte, wie er vor Dumbledore gestanden hatte und ihn nicht töten konnte, wie er geflohen war und wie Voldemort reagiert hatte.

„Ich will kein Mörder sein! Ich bin kein Mörder!"

Das Feuer knisterte.

„Das sagt auch niemand.", sagte Narzissa sanft. „Ich bin stolz auf dich."

„Wie kannst du das sagen?", rief Draco und sprang auf. Nervös und aufgewühlt lief er vor seiner besorgt blickenden Mutter hin und her. Er konnte sich einfach nicht beruhigen. „Ich habe doch versagt! Ich konnte es nicht!"

„Aber genau das meine ich. Du hast dich für das Richtige entschieden. Du hast nicht getötet und ich bin unendlich erleichtert darüber."

Draco sah alles wieder vor sich. „Dumbledore – er hat mich angefleht, er hat versprochen, uns zu helfen, uns zu beschützen! Ich habe ihm geglaubt und mich gerade entschieden, als Snape kam und ihn umbrachte! Wir mussten fliehen! Wäre Snape nicht gewesen, wären wir jetzt in Sicherheit vor dem dunklen Lord! Ich will kein Todesser sein! NEIN!"

„Das will ich auch nicht.", flüsterte Narzissa. „Ich will dich nicht auch noch verlieren. Aber mach Snape keinen Vorwurf, er hat sehr viel für dich riskiert."

Stunden später zog sich Draco in sein Zimmer zurück. Narzissa brachte ihm etwas zu Essen und den Tagespropheten. Als Draco wieder alleine war, schlug er hastig die Zeitung auf. Natürlich gab es nur ein Thema – Dumbledores Tod. Draco las jeden einzelnen Satz aufmerksam durch, doch sein Name tauchte zum guten Glück in keinem einzigen Abschnitt auf! Es wurde nur von unbekannten Todessern berichtet, die von einem verräterischen Lehrer eingelassen worden waren und den Schulleiter getötet hatten. Draco atmete tief durch. Vom Orden wurde er also nicht gesucht und musste keine Gefahr befürchten. Alle, die von seiner entscheidenden Mithilfe wussten, waren Todesser. Er hoffte inständig, dass Voldemort und sein Gefolge ihn fortan in Frieden lassen würden. Er hatte seine Pflicht erfüllt. Dumbledore war tot! Das genügte doch als Wiedergutmachung für Lucius' Versagen!

Viele Tage blieb Draco auf seinem Zimmer und zerbrach sich den Kopf. Bald hatte er alles durchgedacht, was es zu durchdenken gab und allmählich beruhigte er sich. Seine Mutter saß oft bei ihm und er war ihr sehr dankbar dafür.

Ihm fiel aber bald die Decke auf den Kopf und er musste raus. Irgendwohin! Er wollte Spaß haben! Er wollte sein eigenes Leben leben und es nicht für irgendeinen dunklen Lord opfern.

Draco zog sich an und ging die Treppe hinunter in die Eingangshalle, wo gerade seine Mutter hereingekommen war.

„Wo kommst du her?", fragte er überrascht.

„Ich habe mich um Angelegenheiten gekümmert, die dein Vater bisher immer erledigt hat. Jemand muss ja schließlich dafür sorgen, dass unser Vermögen nicht plötzlich aufgebraucht ist." Narzissa musterte ihren Sohn, der sich zum ersten Mal seit langem wieder herausgeputzt hatte. „Und was hast du vor?"

„Ich gehe ins Pedigreed. Vielleicht sind ein paar Freunde da." Als ob ich je richtige Freunde gehabt hätte, dachte er verbittert.

Das Pedigreed war ein Londoner Club für junge Zauberer und Hexen, die mit der schwarzen Magie sympathisierten. Draco war oft in seinen Ferien dorthin gegangen.

„Sei bitte vorsichtig.", mahnte ihn Narzissa besorgt.

Draco versprach es und verließ Malfoy Manor.

Tut mir Leid, dass bisher noch nicht wirklich viel in der Story passiert ist... und danke das ihr schonmal bis hierher gelesen habt! Bald, Bald gehts richtig los! ;o)
Reviews sind natürlich immer erwünsch! hihi