Wild küssend und ineinander verschlungen flogen sie gegen Nyahs Schlafzimmertür.

„Du ungezogener Flegel…", flüsterte Nyah und kicherte, als Draco ihren Hals liebkoste. Hätte sie nicht mit dem Rücken an die Tür gelehnt, wäre sie bestimmt auf ihren weichen Beinen eingeknickt.

„Jetzt ist aber Schluss.", rief sie jäh und stieß ihn sachte aber bestimmt von sich. Einen Mann muss man warten lassen…

Mit der einen Hand hielt sie Draco auf Abstand (der sich trotzdem vorgebeugt hatte und sie noch küsste), mit der andern öffnete sie die Türe hinter sich. Langsam schlüpfte sie rückwärts ins Zimmer und schlug dann ohne Vorwarnung die Tür vor Dracos Nase zu.

„Nyah!", hörte sie ihn verdutzt rufen. „Was soll denn das?"

Keine Antwort.

„Komm schon, hör auf mit dem Blödsinn und lass mich rein."

Nyah grinste nur und lauschte dicht an der Tür. Lass ihn leiden…

„Nyah… du kannst mich doch nicht einfach so hier draußen stehen lassen… Nyah!"

Nyah kicherte in ihre Hand. Und ob ich das kann.

Schließlich gab Draco auf. „Na gut…", sagte seine durch das Holz dumpf klingende Stimme enttäuscht. „Dann – dann wünsche ich eine gute Nacht… und träum was Schönes – zum Beispiel von mir."

Nyah biss sich in den Finger, um nicht laut lachen zu müssen. Sie hörte, wie Dracos Zimmertür geöffnet und wieder geschlossen wurde.

Nyah atmete tief durch. War das eben wirklich passiert? Hatten sie sich tatsächlich geküsst?

Sie ließ sich verträumt und im Kreis drehend aufs Bett fallen. Vor Freude schrie sie in ihr Kissen hinein und strampelte mit den Füssen.

OoooOoooO

Draco erwachte für seine Verhältnisse recht früh am nächsten Morgen. Er gähnte herzhaft und rollte sich auf den Bauch. Als erstes wunderte er sich, warum seine linke Schulter schmerzte.

Ah ja richtig, das Duell gestern… er war, als er durchs Fenster geflogen war, etwas unglücklich auf seiner Schulter gelandet. Aber der Sieg war's wert gewesen… ja der Sieg und dann –

Draco runzelte die Stirn. Hatte er Nyah wirklich geküsst? War das wirklich passiert?

Seine Müdigkeit schwand rapide, als er sich an die Einzelheiten zu erinnern begann und er grinste unwillkürlich.

Nach ein paar Minuten der schönen Erinnerungen stand er schließlich auf, duschte und zog sich an. Dann trat er wie so oft auf die große Terrasse hinaus, um die frische Morgenluft zu geniessen. Er lehnte sich gegen die Brüstung und blickte nachdenklich in den Garten. War er jetzt mit Nyah zusammen? So richtig? Wie dachte wohl sie darüber? Hatte sie Gefühle für ihn oder war das nur eins ihrer Spiele gewesen? Egal wie lange er nachdachte, er wurde einfach nicht schlau aus diesem Mädchen. Er, für seinen Teil, war gerade auf bestem Wege dazu, mehr als nur Zuneigung für sie zu entwickeln.

Seine glasigen Augen nahmen plötzlich eine dunkle Gestalt wahr, die durch den Garten huschte. Er stellte verwundert fest, dass es Nyah war, nur in einen seidenen Morgenmantel gehüllt. Was machte sie da?

Beim Teich blieb sie stehen und sah ins Wasser, als ob sie etwas suchen würde. Dann knüpfte sie ihren dunkelgrünen Morgenmantel auf und ließ ihn fallen. Sie trug einen Bikini und bot Draco einen erfreulichen Anblick. Seine Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln und er beobachtete, wie sie aufs Sprungbrett stieg und einen weiten Kopfsprung absolvierte. Weg war sie.

Draco fröstelte. Bei diesen frischen Morgentemperaturen wäre er nicht ins kalte Wasser gesprungen. Doch ihm wurde klar, was Nyah damit beabsichtigte. Sie wollte ihren Zauberstab zurückholen, den sie beim Duell gestern verloren hatte und der in den Teich gefallen war.

Die Sekunden vergingen, Nyah tauchte nicht auf, die Wasseroberfläche blieb glatt wie ein Spiegel. Nur das Stück grüner Seide erinnerte an ihre Anwesenheit. Allmählich wurde Draco etwas unruhig. Der Pool war recht tief und selbst er schaffte es nicht jedes Mal, bis zum Grund zu gelangen.

Wieso auch musste sie sich frühmorgens aus dem Haus schleichen und so ein Geheimnis daraus machen? Einmal mehr verstand Draco sie einfach nicht. Sie hätte doch auf ihn warten können, dann hätte er ihren Zauberstab mit einem simplen Accio heraufgezogen.

Endlich durchbrach ein Schwall schwarzer Haare die Wasseroberfläche. Eine Weile hielt sich Nyah nach Atem ringend am Beckenrand fest, ehe sie sich aus dem Pool zog. Obwohl sie weit von Dracos Terrasse entfernt war, konnte er sehen, dass sie den Zauberstab in der Hand hielt. Rasch zog sie ihren Morgenmantel wieder an, denn die Luft war wirklich noch zu kühl, um lange klitschnass herumzuhocken, und sie schlug den Weg zurück zum Haus ein.

Draco beschloss, hinunter zum Frühstück zu gehen und verließ die Terrasse durch sein Zimmer. Auf der Treppe blieb er abrupt stehen. Der Anblick der Eingangshalle war schrecklich, alles sah noch genauso aus, wie gestern Abend nach dem Duell. Scherben und Trümmer, wohin man auch blickte.

Die Hauselfen hätten diese Sauerei doch schon längst wieder beheben müssen! Sauer stieg Draco die restliche Treppe hinunter und nahm sich vor, den Haussklaven die Hölle heiss zu machen.

Er hörte, wie die Tür zum Garten geöffnet und wieder geschlossen wurde und drehte sich um.

Nyah schrak zusammen, als sie sich Draco plötzlich gegenüber sah, als ob sie bei etwas auf frischer Tat ertappt worden wäre. Das nasse Haar klebte an ihrer Haut und dem grünen Morgenmantel. „Guten Morgen…", sagte sie leise.

„Morgen…", antwortete Draco genauso konsterniert.

Es drohten schweigsame Sekunden, in denen beide nicht recht wussten, wie sie sich verhalten oder was sie sagen sollten.

Doch Draco verhinderte Schlimmeres und sagte: „Deinen Zauberstab hast du also schon geholt, wie ich sehe."

„Ähm – ja…" Sie hatte die Arme eng um ihren Körper geschlungen und wäre wohl am liebsten davongelaufen. „Ich habe mich die ganze Zeit über so wehrlos ohne ihn gefühlt, bis ich es nicht mehr ausgehalten habe."

„Ich hätte dir doch helfen können, ihn wieder herauszuziehen."

„Ich wollte dich nicht wecken.", erwiderte sie hastig. „Ich wusste doch nicht, dass du schon wach bist, deine Mutter hat ja gesagt, dass du normalerweise länger schläfst…" Ihr war es offensichtlich unangenehm, in dieser Ankleide vor Draco zu stehen. „Entschuldige mich kurz, ich friere und würde mich gerne umziehen." Mit diesen Worten ging sie an ihm vorbei und lief die Treppe hinauf.

Draco kam nicht umhin, ihr hinterher zu schauen. Für einen Moment wollte er sie begleiten, überlegte es sich dann aber doch anders.

Irgendwie war er mit dieser verklemmten Unterhaltung eben nicht zufrieden, das konnte doch nicht schon alles gewesen sein, nicht nach dem, was gestern zwischen ihnen vorgefallen war. Er musste noch einmal mit ihr in Ruhe sprechen und sich Klarheit verschaffen.

Er wandte den Blick endlich von ihr ab. Was wollte er eigentlich vorher erledigen? Ah ja, die Hauselfen.

Als er die demolierte Eingangshalle durch einen Türbogen verlassen wollte, stieß er plötzlich mit dem ganzen Körper gegen etwas Unsichtbares. Er prallte zurück und hielt sich erschrocken die schmerzende Nase. „Was zum…?" Er versuchte noch einmal durchzugehen, diesmal mit den Händen voraus. Doch da war etwas wie eine unsichtbare Wand – eine Absperrung.

„AH!", gellte es von oben.

Draco sah noch rechtzeitig hinauf, um zu sehen, wie Nyah, die gerade in den Korridor eingebogen war, nach hinten geworfen wurde und hart auf dem Rücken landete. Sie hatte Glück, dass sie nicht wieder die Treppe hinunterfiel.

Ohne länger nachzudenken, sprang Draco zu ihr hoch. „Was ist passiert?"

Nyah hielt sich den Kopf. „Ich weiß nicht genau… ein Schutzschild oder sowas hat mich zurückgeworfen."

„Bist du verletzt?"

„Ich denke nicht."

Draco half ihr so gut es ging wieder auf die Beine. Für eine Sekunde trafen sich ihre Blicke, doch sie wichen einander schnell wieder aus.

Draco hätte sich für seine Feigheit am liebsten selber eine geknallt.

„Ich verstehe das nicht.", überlegte er laut, um von diesem unangenehmen Moment so schnell wie möglich abzulenken. Er schritt die Treppe wieder hinunter und versuchte die Eingangshalle durch sämtliche Türen und Durchgänge zu verlassen, doch überall stellte sich ihm eine unsichtbare Wand entgegen. Nyah war ihm gefolgt, denn sie wollte es lieber nicht noch einmal probieren, in ihr Zimmer zu gehen.

Draco versuchte gerade, die große, gläserne Tür zum Garten hin mit einem Alohomora zu öffnen, doch es knallte nur laut und weisser Rauch stieg auf, sonst geschah überhaupt nichts.

„Diese Blockaden kann nur meine Mutter angelegt haben.", schloss Draco verwirrt. „Aber wieso sperrt sie uns hier ein?"

Durch das Fenster erspähte Draco auf einmal seine Mutter zwischen den Bäumen am Frühstückstisch sitzen und wie so häufig in den Tagespropheten vertieft. Als ob sie seinen Blick bemerkt hätte, sah sie in seine Richtung auf, doch ihre Miene blieb eisern.

Da begriff Draco und wandte sich dem Chaos hinter sich zu. Seine Mutter würde sie erst rauslassen, wenn sie alles, was sie gestern zerstört hatten, wieder in Ordnung gebracht hatten.

Auch Nyah schien verstanden zu haben. „Deine Mutter ist ganz schön hart."

„Sowas hat sie noch nie gemacht…", flüsterte Draco fassungslos. Noch nie hatte Narzissa ihn bestraft, das war immer Aufgabe seines Vaters gewesen. „Aber… warum konntest du denn vorhin ohne Probleme in den Garten hinaus gelangen und jetzt nicht mehr?"

„Vielleicht weil ich da noch keinen Zauberstab bei mir hatte, so wäre ich dir nämlich keine große Hilfe gewesen."

Aus ihrer Stimme hörte Draco deutlich, dass sie vor Kälte bibberte und als er sie betrachtete, sah er, dass sie wirklich furchtbar zitterte, es aber mit aller Kraft zu verbergen versuchte.

„Was guckst du so?", fragte sie leicht gereizt.

„Du frierst."

„Na und?"

„Du musst aus den nassen Sachen raus."

Nyah ließ ohne Widerstand geschehen, dass Draco ihr den nassen Morgenmantel auszog und über das Treppengeländer hängte. Sie starrte ihn einfach nur an, während er selbst seinen schwarzen Umhang auszog und sie damit wie mit einer Wolldecke einwickelte.

„Besser?", fragte er lächelnd.

Nyah starrte immer noch zu ihm hoch. „Ja, danke."

Eigentlich hätte er sie jetzt küssen können. Ihre Lippen, die vor Kälte einen leichten Blauton angenommen hatten, schienen nur darauf zu warten. Doch er stand da wie angewurzelt. Es ging nicht.

Hastig wandte er sich von ihr ab. „Dann lass uns mal mit der Arbeit anfangen." Er sah sich um und überlegte, wo er am besten beginnen sollte.

Hinter seinem Rücken schmiegte sich Nyah tiefer in seinen warmen Umhang. Er duftete nach ihm…

Reparo!", rief Draco, und ein Haufen von Scherben fügte sie wieder zu einer unversehrten Vase zusammen.

OoooOoooO

Nach einer guten Stunde stellten sie die letzte Skulptur an seinen ursprünglichen Platz zurück. Sie hatten dabei fast nichts geredet.

„Haben wir noch etwas vergessen?", fragte Nyah und schaute sich um.

„Nein, ihr habt wirklich gute Arbeit geleistet.", sagte eine andere weibliche Stimme.

Die beiden schnellten herum und sahen Narzissa in der Tür stehen. Sie wirkte leicht vergnügt.

Der müde und hungrige Draco schritt leicht säuerlich auf sie zu. „Mutter, was sollte das ganze eigentlich? Wir haben doch genügend Hauselfen für solche Arbeiten!"

Narzissa reagierte gelassen. „Ach, das war doch harmlos! Was hätte sich wohl dein Vater einfallen lassen, wenn er etwas von diesem – Malheur mitbekommen hätte?"

Draco wollte es gar nicht wissen. Vermutlich hätte er es gar nicht erst so weit kommen lassen.

„Ich will so etwas in diesem Haus nie wieder sehen.", fuhr Narzissa unbeirrt fort. „Ich hoffe, ihr habt das verstanden."

„Ja, Mutter." Draco senkte den Blick.

„Es tut mir Leid, Mrs. Malfoy…" Nyah tat es ihm gleich.

„Schön." Narzissas Lippen verzogen sich zu einem zufriedenen Lächeln und fügte hinzu: „Dann seid ihr hiermit aus meinen Diensten entlassen."

OoooOoooO

Draco machte sich alleine auf den Weg zum Frühstück, Nyah war hochgegangen um sich noch etwas Trockenes anzuziehen und sich frisch zu machen.

Erst hatte Draco eine Weile brav am Tisch, ohne etwas anzurühren, auf seine Mitbewohnerin gewartet, doch sein leerer Magen ließ seinen gentlemanhaften Vorsatz bald wieder in Luft auflösen. Er legte sich ein paar Brötchen zurecht und begann zu essen.

Es war ungewohnt für ihn, von seiner Mutter bestraft zu werden… wobei, von einer Strafe konnte man hierbei nicht wirklich sprechen. Es gab weitaus schlimmere Dinge. Trotzdem, bisher hatte seine Mutter stets wie eine Art Engel über ihn gehütet. Immer, wenn sein Vater ihn wieder einmal aus einer seiner Dummheiten heraushauen musste, stand hinterher seine sogenannte "familieninterne" Strafe an, wovor ihn Narzissa jedoch meistens bewahrt und ihren Ehemann wieder zur Vernunft gebracht hatte.

Draco aß und aß und dachte dabei betrübt daran, wie sehr sich doch alles in Malfoy Manor seit Lucius' Verhaftung verändert hatte. Wenn es doch nur eine Möglichkeit gab, ihn aus Askaban zurückzuholen…

Ihm wäre Nyah bestimmt auch sympathisch gewesen und hätte sie nicht, wie einst Parkinson bei ihrem ersten Besuch, wieder hochkantig rausgeworfen.

Ja, wo steckte Nyah denn überhaupt so lange? Bald kam ihm der Verdacht, sie würde ihm aus dem Weg gehen wollen. Nein, mit diesem Spielchen musste sofort Schluss sein, ehe es überhaupt richtig beginnen konnte. Draco wollte endlich mit ihr reden und beschloss, zu ihrem Zimmer zu gehen.

Unterwegs dorthin machte er sich Gedanken darüber, was er am besten sagen sollte. Er war sich gewiss, dass er sich ganz auf seinen Malfoy-Charme verlassen konnte.

Da stand er also vor Nyahs dunklen Zimmertür, atmete noch einmal tief durch, hob die Hand und –

„Gnädiger Herr, bitte verzeiht, wenn ich Sie in einem ungünstigen Moment störe, aber es ist sehr dringend.", piepste auf einmal eine feine Stimme.

Draco ließ die Hand wieder sinken und sah eine schmutzige, kleine Hauselfe neben sich stehen. „Was ist?", fragte er wütend.

„Unten in der Eingangshalle steht ein Herr, der Sie unbedingt sprechen möchte."

Dracos Neugier wurde geweckt und sein Ärger schwand augenblicklich. Wer konnte das sein? „Geh aus dem Weg!" Er stieß die Hauselfe mit dem Fuß beiseite und lief zur Eingangshalle zurück.

Dort stand tatsächlich jemand, zu Dracos Abneigung trug er Muggelkleidung. Interessiert betrachtete der Besucher einen goldenen Kerzenständer und schien Draco im ersten Moment gar nicht zu bemerken. Dann hörte er seine Schritte und drehte sich um.

Nein!, dachte Draco wie vom Donner gerührt, als er den Ankömmling erkannte, Was hat ausgerechnet der hier zu suchen?

Er hätte sich nie träumen lassen, dass sie sich so schnell wieder begegnen würden. Vor ihm stand sein ärgster Schulfeind, der ihm seinerseits alles andere als freundlich entgegenblickte. Vor ihm stand…… Potter?

Ich entschuldige mich in aller Form, dass ihr so lange auf dieses Kapitel habt warten müssen! Irgendwie wollte es mir nie so richtig gelingen…
Leider müsst ihr wohl wieder ein bisschen länger aufs Nächste warten, da ich in ein paar Tagen nach England gehe, um mein dürftiges Englisch ein wenig aufzubessern. Ich gebe mir Mühe, vielleicht noch ein Kapitel vor meiner Abreise fertig stellen zu können, ich kann aber nichts versprechen! Leider hat meine Gastfamilie (die mich irgendwie sehr stark an die Dursleys erinnern!) kein Internet, das scheint in England, oder zumindest in dieser Gegend, so üblich zu sein. Wie auch immer, ihr hört spätestens in drei bis vier Wochen wieder von mir!

Noch mal einen ganz herzlichen Dank an meine lieben Review-Schreiber!

Lg, Lesy