-6- Neue Bekanntschaften

Nach einem prüfenden Blick durchs Fernrohr stellte Jack fest, dass niemand anderes als Barbossa auf der Steuerbrücke des fremden Schiffes stand.

„Wie zur Hölle…" brummte Jack bevor er sich der Mannschaft zuwandte.

„Ok, Herrschaften, sieht aus als wäre unser alter Freund Barbossa von dieser verfluchten Insel runtergekommen."

Allgemeines Raunen drang über das Schiff und Mary wurde von ihren Freundinnen fragend angesehen. „Aber… der ist doch tot…" Michelle runzelte die Stirn. Die Sache gefiel ihr gar nicht gut.

„Ich hab ausnahmsweise mal keine Lust mich näher mit ihm unterhalten zu müssen, also macht die Kanonen klar und pustet das Schiff weg sobald es in unsere Reichweite kommt, klar soweit?"

Gelassen lehnte der Captain der Pearl am großen Steuerrad. „Wenn der Streit sucht, kann er Streit haben."

„Ähm…Jack?"

„Ja, Luv?" Mary hat sich zur Brücke gewagt und tippte Jack vorsichtig auf die Schulter.

„Also in unserer Welt, in dem Film hast du Barbossa erschossen."

Jack grinste. „Der Film gefällt mir, ich hätte es tun sollen, aber der Piraten Kodex schreibt vor, dass man seinen Gegner zuerst auszusetzen hat, danach kann man ihn erschießen, falls er nicht auf der Insel krepiert."

„Jack, wie oft wurdest du von Barbossa schon auf ner Insel ausgesetzt?" Mary beschlich das dumpfe Gefühl, dass die richtige Geschichte über den Azteken Fluch etwas anders angelaufen ist, als die Disney Produktion.

„Einmal, warum, Schatz?"

Sie hatte es gewusst! Warum konnte sich ihr Gefühl nicht einmal irren?

„Weil, in unserer Welt, wurdest du zweimal ausgesetzt und hast Barbossa erschossen. Auf diese Filmemacher ist echt kein Verlass", schimpfte das Mädchen und sah zu Barbossas Schiff.

Aber dort war kein Schiff mehr.

„Sie sind einfach weitergefahren, als hätten sie es eilig." Nachdenkend sah Jack in die Ferne.

„Vielleicht weil er es eilig hatte und vor uns in Tortuga ankommen will." Mary kniff die Lippen zusammen, wie immer wenn sie nachdachte.

„Aber warum sollte er vor uns in Tortuga sein wollen?"

„Ganz einfach: Weil er bedeutend mehr weiß als wir." Mary atmete heftig aus. Das würde Probleme geben, ganz sicher!

„Ach und woher weißt du das?" So ganz konnte Jack dem Mädchen noch nicht folgen und das passte ihm gar nicht, schließlich war er hier der Captain.

„Weibliche Intuition."

Ok, Frauen waren kompliziert, er hatte es immer gewusst. Es war zum Verzweifeln! Er konnte jede Frau um den kleinen Finger wickeln, aber sie zu verstehen würde er niemals schaffen.

Jack seufzte. „Der Wind steht schlecht, wir werden wohl oder übel nach Barbossa in Tortuga ankommen."

„Trotzdem sollten wir uns beeilen", rief Mary ihm zu während sie Treppe hinunter zu ihren Freundinnen ging und ließ Jack mit seinen Ego Problemen alleine: ER war der Captain!

„Setzt alle Segel und seht zu, dass wir so schnell wie möglich nach Tortuga kommen. Tempo ihr Landratten", tönte es eine Minute später laut über das Deck.

Zwei Tage später ertönte das langerwartete „Land in Sicht!" Die Mannschaft hatte es der Schnelligkeit der Pearl zu verdanken, dass sie Tortuga so schnell erreicht hatten.

In den letzten Tagen war nichts Nennenswertes passiert. Sandy, Mary und Michelle freuten sich kein Latein schreiben zu müssen und waren einfach nur glücklich auf der Pearl zu sein.

Gary und Dave verbrachten viel Zeit mit Sandy und Michelle, während Jack Mary zeigte was welche Funktion am Schiff hatte und dem Mädchen die verschiedensten Dinge, die auf einem Schiff getan werden mussten beibrachte. Nebenbei hörte er ihr staunend zu, wie sie ihm von der Welt erzählte, aus der sie kam.

Die letzten beiden Abende saßen sie auch noch auf Deck beisammen und er lauschte ihrer Erzählung. Manche Dinge konnte er kaum glauben. Es sollte Dinge geben die Autos hießen und ein Telefon?

Mary versuchte ihm alles so genau wie möglich zu beschreiben, ihr Handy konnte sie ihm sogar zeigen und Jack hatte fasziniert auf das kleine Ding gestarrt. Ihre Welt schien eine Welt der Wunder zu sein, aber leben wollte er dort trotzdem nicht.

Solche Schiffe wie die Pearl sollte es nicht mehr geben, Piraten so wie er einer war gab es schon seit vielen Jahrzehnten nicht mehr. Er konnte sich nicht vorstellen in einer Welt zu leben, wo er nicht auf seinem geliebten Schiff sein konnte. In Marys Welt würde er gefangen sein, denn nur auf dem Meer fühlte er sich wohl. Aber dennoch beneidete er sie etwas um den Luxus den sie seiner Meinung nach besaß. Fließend Wasser! Alles nur erdenklich Mögliche zu Essen! Alle Kinder konnten und mussten sogar in die Schule gehen!

Jack selbst, konnte gerade mal ein paar Wörtchen lesen, seinen Namen schreiben, Navigationskurse berechnen und sein Geld zählen, aber dann war schon Schluss. Aber die Kinder in der Zukunft würden über Politik reden, schwierige Mathematische- und absolut unnütze Formel, wenn er Mary Glauben schenken konnte- eingebläut bekommen und viele, viele Aufsätze schreiben müssen. Sie mussten Fremdsprachen beherrschen lernen und die Wunder der Natur verstehen können.

Es schien eine perfekte Welt zu sein, aber sie wäre nichts für ihn. Zu viele Pflichten und Verhaltensregeln.

Er war Pirat und hielt sich an keine Regeln, die nicht auch von Piraten stammten. Dies war seine Welt! Die Welt mit ihren großen, stolzen Schiffen und ihren Piraten!

„Hey Süße, Lust auf nen Bier?"

Mary hatte sich nur ein paar Meter von Jack entfernt, als sie auch schon blöd angequatscht wurde.

„Nein danke." Zielstrebig ging sie weiter und hielt nebenbei nach Jack Ausschau.

„Ach komm schon, sei doch nich so, biss auch eingeladen." Der schon leicht angetrunkene Mann griff nach Marys Schulter und im nächsten Moment klatschte ihre Hand fest gegen seine Wange.

„Das du mich einlädst, wäre ja wohl auch das mindeste."

Seufzend wollte Mary sich umdrehen als schon wieder die große Hand auf ihrer Schulter lag.

Grinsend rieb ihr „Verehrer" sich die Wange.

„Ich mag Frauen mit Feuer."

„Ach wirklich Daniel, denn geh am besten zu deiner Frau, die tobt wegen deiner Sauferei schlimmer als ein Vulkan."

Grinsend, Daniel aber mit seinen Blicken tötend kam Jack auf die beiden zu. Sofort rettete Mary sich hinter seinen Rücken, für die Blondine in relativ knappen Sommerklamotten, der sicherste Platz in ganz Tortuga.

Betreten schaute Daniel auf den Boden.

„Is ja gut Jack, konnt ja nich wissen, dass se dein Mädchen ist."

„Zisch ab", lautete Jacks einziger Kommentar und Mary war erstaunt, dass Daniel sich sofort vom Acker machte, obwohl er zwei Köpfe größer als Jack war.

„Wie sollen wir hier was rausfinden?" Das Innere, des schummrigen Gasthauses wurde von Mary kritisch beäugt.

„Auch Piraten tratschen. Vielleicht wissen ja einige was Barbossa hier wollte. Am besten wir trennen uns, einer schönen Frau die alleine hier ist, sind die Typen wesentlich gesprächiger gegenüber als mir", meinte Jack, Marys bösen Blick nicht beachtend.

„Wo sind Sandy und Michelle?"

„Mit Gary und Dave unterwegs."

„Ach und warum trennen die sich nicht?" Empört stemmte das Mädchen die Hände in die Hüften.

„Ganz einfach, Schatz: Du hast schlagkräftige Argumente, warum die Männer die Finger von dir lassen sollten." Damit drehte Jack sich um und verschwand schneller als dass Mary protestieren konnte in der Menschenmenge.

„Na toll." Kapitulierend sah Mary sich um. „Sandy und Michelle flirten, Jack lässt sich wie alle anderen vollaufen und ich darf den betrunkenen Typen schöne Augen machen."

„Hey Kleine willst du dich nicht zu uns setzen?" Ergeben verdrehte Mary die Augen, bevor sie sich umdrehte und auf einen vollbesetzten Tisch zu schlenderte, begleitet von dem begeisterten Johlen und Pfeifen der angetrunkenen Meute.

Nachdem das Mädchen erlaubt hatte, dass die Männer am Tisch ihr noch ein zweites Bier spendieren durften, fand sie, dass es an der Zeit war mit dem Ausfragen zu beginnen.

„Sagt mal Jungs, war Barbossa vor kurzem hier?" Gespannt sah sie Männer an. Anscheinend kramten sie in ihren vernebelten Gehirnen fieberhaft nach einer Antwort.

„Ja war er!"

Mary wandte sich einem Mann mit schwarzen zerstrubbelten Haaren zu. Sie glaubte sich zu erinnern, dass sein Name Rob war.

„Weißt du auch, was er hier wollte?"

Rob war begeistert, dass er plötzlich die ungeteilte Aufmerksamkeit des Mädchens hatte und erzählte munter drauf los.

„Er hat irgendwas von nem Kristall gefaselt. So von wegen Zeitsprünge und so, ich glaub der hatte schon was getrunken." Rob nahm einen großen Schluck Bier. „Na jedenfalls wollte er wissen ob ich nen ungewöhnlichen Klunker gesehen hätte."

„Das hat er mich auch gefragt!"

"Mich auch!"

Anscheinend hatte Barbossa sich bei mehreren Männern an Marys Tisch umgehört.

Sehr gut Dachte das Mädchen.

„Jetzt noch mal ganz langsam, was genau hat er euch erzählt?"

„Er meinte, dass wär son Kristall, der die Zeit durcheinander bringt…"

„Und die… Welten, keine Ahnung was er damit meint!" Wurde Rob von einem Saufkumpan unterbrochen.

Mary wusste sehr wohl, was Barbossa damit meinte. Sandy, Michelle und sie waren wahrscheinlich erst durch diesen Kristall auf die Pearl gekommen.

„Und er hat gesagt, er bräuchte mehrere Teile davon. Ich glaub er sagte er wäre zerbrochen oder so."

„Jep, in 4 Teile!"

„Und wie viele hatte er schon?" Vor Aufregung vergaß Mary von ihrem Bier zu trinken. Sie kam der Sache immer näher.

„Ich glaub als er mich fragte noch keinen", James zuckte mit den Schultern, „ aber als er weg segelte hatte er so einen grünen Stein bei sich, so einen wie du hast…" Er deutete auf Marys smaragdgrünen Anhänger.

„Aber mehr weiß ich auch nicht." Frustriert nahm James einen Schluck aus dem Bierkrug. Er hätte der Lady gerne noch weiter geholfen.

Auch keiner der anderen Männer wusste mehr, aber Mary war zufrieden. Sie wusste das Wesentliche. Rob fragte gerade ob sie noch was trinken möchte, als Mary Jack in der Menge erspähte. Seinem taumelnden Gang nach zu schließen sturzbetrunken.

„Sorry Jungs, aber ich muss jetzt gehen, aber danke für die Infos und das Bier." Sie zwinkerte dem enttäuschten Haufen noch einmal zu, lächelte dankbar, als die Männer anboten jederzeit wieder zu helfen und steuerte dann zielsicher auf Jack zu.

„Jack!"

„Jaha Liebesch?" Der betrunkene Pirat stützte sich an der Wand ab.

„Du bist besoffen!" Stellte Mary trocken fest und konnte Jack gerade noch halten als er beinahe vornüber fiel. Anscheinend hatte die Wand einen sehr wackeligen Eindruck auf ihn gemacht.

„Na wen haben wir denn da? Jack Sparrow höchstpersönlich." Ein großer muskulöser Mann um die 25 hatte sich den beiden genähert und sah Jack feindselig an. „Und denn auch noch in so reizender Gesellschaft." Mit einem dreckigen Grinsen im Gesicht musterte er Mary, welche angewidert das Gesicht verzog. Der Typ war ihr durch und durch unsympathisch!

„Wasch wilscht du Dan?" trotz seiner Trunkenheit schaffte Jack es, den Piraten vor sich drohend anzusehen.

„Mit dir über meinen Anteil des Muerta Schatzes verhandeln, aber…", sein anzüglicher Blick glitt wieder zu Mary. „… ich bin sicher mit der Lady kann ich das genauso gut, solange wir ungestört wären…"

„Verzieh dich!" „Verschie disch!"

Doch Dan grinste nur über die bösen Blicke der beiden. „Wir sprechen uns noch Jack!" Er machte eine angedeutet Verbeugung in Marys Richtung. „Und wir uns auch Lady, ihr habt mein Versprechen." Dann zog er grinsend von dannen.

„Szzzo ein dscheks Kerl!" Jacks Lippen bildeten nur noch einen dünnen Strich und er musste sich wieder an Mary festhalten, als die Welt um ihn herum sich wieder zu drehen begann.

Im Stillen stimmte das Mädchen ihm zu. Hoffentlich würde dieser Kerl ihnen nicht noch einmal über den Weg laufen. Da waren ihr ihre betrunkenen Tischgenossen doch wesentlich lieber gewesen!

Seufzend legte Mary sich Jacks Arm um die Schulter und platzierte den ihren um seine Taille.

„Du gehst jetzt ins Bett!" Mary wollte den betrunkenen Piraten zum Ausgang ziehen, doch Jack blieb stur stehen.

„A…Aber nur wennu mitschommst!"

Mary lächelte über seinen fordernden Gesichtsausdruck. „Ja, ja, ich schomm mit, ok?"

Jack grinste zufrieden und ließ sich dann endlich von Mary zurück zur Pearl bringen.

SilverSnake: Wie gesagt, von meiner zum Glück ehemaligen Lateintusse halte ich nicht viel. Ich glaub dir das gerne. Aber hey, in der story haben Mary und Co, auch nicht wirklich Ahnung von Latein. ;)

Freut mich, dass es dir weiter gefällt. Bekomme ja so wenig reviews. schluchz