-9- Frauengespräche
Am späten Abend war es angenehm abgekühlt und es wehte sogar ein leichter Wind.
Die meisten Piraten waren todmüde in ihre Hängematten gefallen, aber Mary wurde zur Nacht hin erst wieder richtig munter. Sie stand zufrieden an der Reling und ließ zu, dass der Wind ihr das Haar zerzauste. Glücklich atmete sie die salzige Meeresluft ein. Schon immer hatte Mary das Meer geliebt, allerdings hatte diese Zuneigung sich immer auf die Strände bezogen, die Schiffe waren ihr bisher etwas suspekt gewesen. Aber auf der Black Pearl lernte sie das Meer erst richtig lieben. Viele Menschen sagten, fliegen, das wäre Freiheit. Mit einem Flugzeug könnte man überall hin, aber das Mädchen fand, das kein Flugzeug mit der Pearl und dem Ozean zu vergleichen war. Hier war man frei, konnte wohin man sah Wasser sehen, sich den Wind ums Gesicht streifen lassen, während man in einem Flugzeug eingeengt und gefangen war.
„Wie geht's deinem Sonnenbrand?"
Mary hatte nicht bemerkt wie Jack neben sie getreten war.
„Besser, dank deiner aufopferungsvollen Pflege."
„Hey, da gibt's nicht zu grinsen!" Jack runzelte empört die Stirn. Da machte man(n) sich schon mal Sorgen…
„Was glaubst du kommt auf uns zu?" Marys Blick richtete sich auf die tiefschwarze Fläche in der Ferne.
Jack zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht, aber langweilig wird's bestimmt nicht."
„Das glaub ich auch, " Mary seufzte, „Na ja, aber unter aufregend läuft bei mir ja schon, wenn in der Schule die Heizung ausfällt und wir eher nach Hause gehen dürfen."
„Vermisst du es, Luv?" Jack setzte sich auf die Reling und sah Mary fragend an.
„Was vermissen?"
„Na, dein zu Hause. Immerhin bist du schon seit ein paar Tagen weg."
„Nein, tu ich nicht, vielleicht müsste es so sein, aber ich… ich fühl mich hier wohl."
„Tja, das bestätigt mal wieder meine guten Fähigkeiten als Gastgeber." Grinsend sprang Jack von der Reling und funkelte Mary aus seinen braunen Augen schelmisch an.
„Kannst du eigentlich fechten, Liebes?"
„Äh, nein." Unsicher strich Mary sich eine Strähne aus dem Gesicht. Was sollte diese Frage?
„Na, dann solltest du es lernen!" Geschickt zog der Pirat seinen Degen und warf ihn Mary zu, die ihn geistesgegenwärtig auffing.
„Deine Reflexe sind ja schon mal gut." Er ging auf Mary zu und umfasste ihre rechte Hand um den Halt der Waffe zu korrigieren.
„Du hast Glück, Liebes! Immerhin kriegst du von Captain Jack Sparrow persönlich Privatstunden."
Marys Lachen verging ihr, als Jack sich hinter sie stellte, eine Hand auf ihre Hüfte legte und die andere auf ihrer Hand ruhen blieb, um Marys Arm zu führen.
Behutsam führte er ihre Hand und zeigte dem Mädchen wie sie den Degen halten und bewegen sollte.
„Du musst dich schon konzentrieren, Schatz", raunte er ihr ins Ohr, als Mary automatisch einen Schritt nach hinten machte um sich auszubalancieren und ihm dabei versehentlich auf den Fuß trat.
„Na du bist gut." Brummte die Blondine. Wie sollte frau sich denn bitte schön konzentrieren, wenn hinter ihr ein verdammt gutaussehender Pirat stand und sie so nah beieinander standen, dass kein Stück Papier zwischen ihnen Platz hatte!
Nun legte Jack seinen ganzen Arm um ihre Hüfte um Marys Stand zu festigen.
„Ich zeig dir schon genau was du machen musst." Es war offensichtlich, dass ihm die ganze Sache mindestens genauso viel Spaß machte wie ihr.
Leise, um ihre Freundinnen nicht zu wecken, schlich Mary in die Kabine zurück. Sie und Jack hatten noch eine Stunde geübt und nun tat dem Mädchen der rechte Arm weh. Sachte schob sie Michelle ein Stück zur Seite, damit sie auch noch im Bett platz hatte.
„Und? Wie war's?"
„Wie war was?" Verdattert sah Mary über Michelle hinweg Sandy an.
„Weiß nicht, was auch immer du da draußen wieder mit Jack gemacht hast. Aber die Teile ab 18 lass bitte weg…. Au, du brauchst mich nicht gleich verprügeln, war doch nur ne Frage!"
„Er bringt mir jetzt fechten bei." Leicht eingeschnappt zerrte Mary an der Decke.
„Wahhhs…" Gähnen. „Bringt Jahahack…." Gähnen. „Dir bei?"
„Warum bringt ihr so ziemlich alles was ich tue mit Jack in Verbindung?" Mary schüttelte sich das Kissen zu Recht.
„Na, ganz einfach: Wer soll dir sonst was beibringen? Gary? Dave? Die wollen uns doch schon Fechtstunden geben, außerdem ist es doch der Captain himself der sich um dein persönliches Wohl kümmert." Triumphierend drehte Michelle ihren Kopf und sah Mary an.
„Na und? Er ist halt nett."
Kollektives Stöhnen von Sandy und Michelle. „Da hat sich aber mal jemand verknallt." Ein unverständliches Grummeln von Mary war die Antwort.
„Ich übersetze: Ihr habt vollkommen recht, aber ich trau mich nicht es zuzugeben. Was soll ich eurer Meinung nach tun?"
Mary stöhnte entnervt. Es sollte verboten werden, dass Freundinnen so gut über einen Bescheid wussten.
„Und was ist mit Florian?"
„Welcher Florian?" Marys Kopf traute sich unter dem Kissen hervor. Musste sie den Typen kennen?
„Mhm, lass mich mal nachdenken." Gespielt überlegend legte Sandy sich auf den Rücken und starrte die Decke an. „War das mein Bruder? Nein, der heißt ja Stefan. Moment, ich hab's gleich! Vielleicht mein Patenonkel… nene, der war's auch nicht, das war ja Daniel…. Hah ich hab's!" Sandy schnippte mit den Fingern. „Es war dieser gutaussehende 19-jährige mit dem du vor 9 Tagen im Kino warst. Weißt du? Der Typ mit den traumhaften blauen Augen, dem sexy Oberkörper und dem verklärten Blick, immer wenn er dich sieht?"
„Ach ja, der Florian!" Schei.ße den müsste sie eigentlich kennen. „Hab ich ganz vergessen."
„Ist ja auch kein Wunder!" Michelle bedachte Mary mit einem vorwurfsvollen Blick.
„Was soll man denn mit einem absoluten Traumtyp, der mal die Kanzlei seines schwerreichen Vaters übernehmen wird und dich mal eben am Sonntag Abend ins Kino zur sauteuren Spätvorstellung einlädt, wenn du einen Piratencaptain haben kannst, der doppelt so alt ist wie du und ein eigenes Schiff hat?" Michelle hielt kurz inne. „Das wäre doch was für die Bildzeitung: Unschuldige Schülerin verliebt sich in brutalen Piratencaptain! Das wird Schlagzeile machen!"
„Jack ist nicht brutal!" Kam vehementer Protest von Michelles blonder Bettnachbarin.
„Das interessiert die Bild doch nicht!"
„Und außerdem…. Jack mag dich auch. Hundert Pro!"
Mary musste ungewollt verträumt lächeln. Ja Jack mochte sie, das hatte er sogar selbst zugeben, während er von ihr ins Bett verfrachtet worden war.
Weischu Mary, isch mag disch, gansch ehrlig. Deine Fleudinnen mag isch auch, die sind wirklisch nett, aber disch mag ich irgendwie anners… au-außerdem hassu zehr söne Augen …. Mags du misch eigentlich auch…
Oh ja, sie mochte ihn und sie hatte es ihm auch gesagt, was den betrunkenen Piraten äußerst zufrieden gestellt hatte.
Nun musste Mary grinsen. Nachdem Jack heil im Bett angekommen war, hatte sie sich aus der Kabine stehlen wollen, damit der Pirat ungestört schlafen konnte. Allerdings war der Schuss nach hinten losgegangen.
Wo wilscht du denn hin?... D-Du hascht gesagt du schommst mit!
Also war Mary nicht ungern geblieben.
„Aber das du Florian so einfach vergessen kannst…!" Sandy riss ihre Freundin aus den Gedanken.
„Hört auf mich zu ärgern!" Inzwischen klang Mary wirklich etwas bedröppelt. „Ok, Flo ist ganz süß, aber… na ja…"
„Eben nur ganz süß?" Half Sandy der Blondine weiter.
„Ja genau! Eben nur ganz süß. Er war im Kino auch nett und freundlich, aber irgendwie… ähm…."
„Langweilig?" Sprang Sandy wieder ein.
„Langweilig, genau! Jack ist so ganz anders… ich weiß nicht so ganz, wie anders, …"
„Ich schon." Seufzte Michelle. „Florian ist süß, nett und langweilig. Jack ist charmant, verwegen, für seine Feinde gefährlich, leicht durchgeknallt, Rum abhängig abenteuerlustig, ein verdammt guter Fechter, gutaussehend, doppelt so alt wie du, nett ist er auch und er hat in deiner Nähe genau den gleichen verklärten Blick drauf. Außerdem ist er Pirat und kommt aus einer anderen Zeit und Welt. Ich weiß was du meinst Mary: Florian ist ein ganz normaler 0/815 Junge. Jack Sparrow ist einfach nur Jack Sparrow. Er ist was Besonderes. Und für dich ist er etwas ganz Besonderes!"
Mary schwieg nachdenklich. Sie hätte ihre Gefühle nicht besser ausdrücken können.
„Und wie soll ich das bitte schön anziehen?" Angewidert hielt Mary ein wunderschönes, hellrotes Kleid von sich weg. Gegen das Kleid an sich hatte sie eigentlich nichts, aber die tausend Unterkleider und das Korsett machten auf sie keinen freundlichen Eindruck.
„Wir helfen dir schon!" Michelle war gerade dabei die vielen Röcke des Kleides zu ordnen. „Also ich bin echt froh, dass ich das nicht anhaben muss."
Seufzend zog Mary sich die Bluse aus, die Hot Pants ließ sie an, wenigstens ein gewohntes Gefühl, und zog dann das Unterkleid an, welches Sandy ihr zuwarf.
„Wo hat Jack eigentlich das Kleid aufgetrieben?" Sandy griff nach dem Korsett und warf einen prüfenden Blick drauf.
„Das will ich lieber nicht wissen, wahrscheinlich hat es heute morgen als er kurz an Land war klammheimlich den Besitzer gewechselt." Mary zog instinktiv den Bauch ein als Sandy ihr das Korsett umlegte.
„Also… im Film sieht das immer so leicht aus, aber ich weiß wirklich nicht wie ich dich darin einschnüren soll. So viel Kraft hab ich echt nicht." Probeweise zog sie fest an den Schnüren, aber das Korsett machte keine Anstalten sich auch nur ein Stückchen zusammenzuziehen.
„Na dann kann ich es ja weg lassen und …"
„Kommt gar nicht in Frage! Wie willst du Undercover in die Bibliothek gehen ohne den neuesten Londoner Chic zu tragen? Die nehmen dich dann doch gar nicht für voll."
„Aber Michelle…."
„Na meine Damen wie läufts?" Gutgelaunt betrat Jack die Kabine. Natürlich ohne anzuklopfen, denn man(n) bzw. Pirat will die Chance Mary in Unterwäsche zu erwischen nicht ungenutzt lassen.
„Im Moment gar nicht gut. Wie kriegt man diese Teile zu?" Frustriert starrte Sandy das Korsett an, während Mary betete nur das Kleid anziehen zu dürfen.
Doch Jack lächelte nur milde und tänzelte beschwingt zu Sandy um ihr die Schnüre aus der Hand zu nehmen.
„Lass mich mal, Kleines." Er zog einmal fest an und im nächsten Moment vernahm man ein erschrecktes Keuchen von Mary.
„Oh Gott! Doch nicht so fest!" Wegen Sauerstoffmangels kam ihre Anschuldigung nicht ganz so wütend rüber wie sie eigentlich sollte.
„Liebes, das ist wirklich nicht fest, im Gegensatz zu den anderen Frauen ist das bestimmt richtig angenehm."
„Sprach der Fachmann." Sandy hatte sich auf einen Stuhl gesetzt und grinste Jack an. „Ihr Männer seid alle gleich. Die Ärzte schreiben Bücher übers Kinderkriegen und das das ja gar nicht sooo schlimm wäre und du philosophierst hier darüber wie sich Korsetts anfühlen."
„Aber…"
„Frieden Leute!" Mary ließ sich auf einen Stuhl sinken und versuchte ein paar Atemübungen, die sie beim Chor gelernt hatte, zu machen. „Im Moment bin ich hier ja wohl die einzige die weiß wie sich so ein bescheuertes Korsett anfühlt. Also würdet ihr jetzt so freundlich sein und mir beim Kleid zu helfen? Ich will nämlich so schnell wie möglich wieder in meine alten Klamotten. Und du Jack, geh raus!"
„Warum?" Das sah er gar nicht ein! Er kannte sich anscheinend eh besser mit den Kleidern aus als die Mädchen. Obwohl, wenn er zugab kannte er sich mit dem Ausziehen der Klamotten noch besser aus als mit dem Anziehen.
„Weil es in dieser Kabine nur begrenzt Sauerstoff gibt und ich niemanden gebrauchen kann, der mir was wegatmen könnte."
Enttäuscht zog Jack von dannen, beschloss dann aber, bis die Mädchen fertig waren, den Hafenmeister ein bisschen zu ärgern.
„Halt die Schnauze Gary es…"
„Meine Herren, ich darf doch wohl bitten!" Michelle stand plötzlich hinter Gary und Dave. „Wir haben doch hohen Besuch an Bord."
Im nächsten Moment schnellten alle Blicke zu Mary, die perfekt frisiert und mit Make-Up aus dem 21.Jahrhundert geschminkt, langsam aufs Deck trat.
Die Haare waren kunstvoll hochgesteckt und einige gelockte Strähnchen fielen dem Mädchen verspielt ins Gesicht.
Zuerst starrten die Piraten sie nur sprachlos an, doch dann fingen plötzlich alle an zu grölen und pfiffen begeistert.
Mary lächelte verlegen und schritt langsam auf Jack zu, der am anderen Ende des Deckes stand und Mary immer noch aus tellergroßen Augen anstarrte.
„Und?" Fragte Mary als sie bei ihm angekommen war. „Gehe ich so als Dame aus adeligem Hause durch?"
Jack verbeugte sich galant und küsste sanft ihren Handrücken. „Ihr seht wunderschön aus, my Lady." Flüsterte er und sah ihr dabei tief in die Augen.
„Danke Mister Sparrow." Meinte Mary leise und errötete.
„Hach, sind unsere beiden Turteltauben nicht süß?" seufzte Sandy begeistert. „Ich nehm ab jetzt Wetten an, wann wir sie das erste Mal knutschend erwischen."
„Ich setz eine Flasche Rum auf zwei Wochen."
„Ach Quatsch Gary", Dave kramte in seinen Hosentaschen. „Eine Dublone auf sechs Tage."
Sandy notierte sich alles im Geiste. „Zwei Mal Kochen auf… na ja… ich sag mal…mhm…vier Tage! Und du?"
Michelle hatte als einzige noch keinen Tipp angegeben.
„ Zwei Mal alleine Deckschrubben auf morgen." Sagte sie bestimmt und fing sich verwunderte Blicke ein.
„Morgen?" Kam es von dreien wie aus einem Munde.
„Ja, morgen!" Zuversichtlich blickte Michelle Mary nach, die würdevoll vom Schiff schritt und dabei von Jacks sehnsüchtigen Blicken verfolgt wurde.
SilverSnake: Na eifersüchtig wird Sandy schon nicht sein. Die hat doch ihren Gary na ja… oder wird ihn irgendwann mal haben, wenn ich guter Laune bin…. Jahaaa als Autor hat man Macht! g
Und das mit dem Hals ist gar nicht so schlecht… ist ja auch ziemlich offensichtlich. ;)
Malia: Und schon ist das nächste Pitelchen da… da staunste was! Bin heute in Spendierlaune. Hoffe du bist zufrieden und lässt es mich wenn auch wissen. g Dann könnte ich bis Montag noch ein Teil auf den Markt werfen.
