10- Wenn Träume wahr werden

Hilflos sah Mary sich um. Alles was sie sah war ein einziges Gewirr von Gassen und Häusern. Wie sollte sie in diesem Labyrinth jemals eine Bibliothek finden?

„Darf ich fragen was so eine reizende Lady wie Ihr so ganz alleine hier am Hafen macht?"

Wie aus dem nichts war neben ihr plötzlich ein junger, gutaussehender Mann aufgetaucht, der sie charmant anlächelte. Die braune Perücke auf seinem Kopf und die teuren Kleider die er trug ließen Mary schließen, dass der Mann zur besseren Schicht der Gesellschaft gehörte.

„Ihr dürft, solange Ihr keine Antwort erwartet." Mary setzte ihren besten Ich-bin-ein-Mädchen-aus-gutem-Hause-und-furchtbar-arrogant-Blick auf.

„Nun gut, ich erwarte keine Antwort erwarten, aber könntet Ihr Euch trotzdem zu einer herablassen?" Sein Lächeln wurde noch eine Spur breiter. „Erlaubt, dass ich mich vorstelle: Mein Name ist Jean Delone."

„Es freut mich Ihre Bekanntschaft zu machen." Mary ließ sich zu einem freundlichen Lächeln herab. „Ich bin Mary Smith." Ein anderer Name, der Englisch klang, war Mary auf die schnelle nicht eingefallen, als der Nachname ihrer beiden Freundinnen auf Englisch. Schmidt und Smith, was machte das schon für einen Unterschied? Plötzlich fiel Mary auf, dass sie die ganze Zeit Englisch sprachen und zwar so als wäre es ihre Muttersprache. Aber wahrscheinlich war das auch das Werk des Kristalls.

„Um auf ihre Frage zurückzukommen Mister Delone, ich bin neu hier und würde gerne die Bibliothek besuchen, nur leider kenne ich den Weg nicht." Die hilflose Mädchen Nummer würde bestimmt ziehen.

„Es wäre mir eine Freude Euch hinführen zu dürfen." Jean hielt Mary galant den Arm hin und sie hakte sich bei ihm unter.

„Von woher kommt Ihr?" Er führte Mary sicher durch die belebten Straßen.

„Aus Europa. Meine Familie wird für eine Weile bleiben, wir haben hier Verwandte und meiner Mutter bekommt das Klima sehr gut." Danach sagten sie eine Weile nichts mehr.

„Wir sind da." Die beiden waren in das bessere Viertel der Stadt gelangt und ein großes Gebäude ragte vor Mary auf. „Ihr habt Glück, dies ist die wohl umfangreichste Bücherei in der Karibik. Wenn es Euch nichts ausmacht, würde ich Euch gerne während Eurer Anwesenheit noch mehr zeigen, damit Ihr euch besser zu recht findet."

„Das ist überaus freundlich von Euch." Mary musste sich stark zusammenreißen um nicht die Augen zu verdrehen. „Ich werde sehen, was sich machen lässt." Sie wollte gerade die Tür des Gebäudes öffnen, als Jean ihr zuvorkam und die Tür für sie auf- hielt. „Die Bibliothek ist groß und leider auch sehr unübersichtlich", meinte er erklärend. „Ich verbringe meine Zeit öfters hier und werde Euch bestimmt behilflich sein können."

Mary seufzte gottergeben und ließ sich von Jean in die Bibliothek führen. Dieser Mann war so aufdringlich und scheußlich hilfsbereit.

Jack hätte bestimmt nur gesagt: „Such mal schön, Schätzchen, in zwei Stunden hol ich dich wieder ab und in der zwischen Zeit besorg ich mir was zu trinken, klar soweit?"

„Sucht ihr etwas Bestimmtes, Miss Smith?" Ertönte Jeans Stimme hinter einer Buchreihe.

„Eine Pistole wäre nicht schlecht."

Zum Glück war der vornehme Mann zu weit weg um Marys verzweifelten Ausspruch zu hören.

„Ihr interessiert Euch also für den Kristall der Zeit?" Jean hatte bewundernd den Mund geöffnet. Er traf selten Frauen, die sich für Legenden interessierten.

„Wenn es nicht so wäre, würde ich wohl kaum Informationen über ihn suchen." Inzwischen fiele es Mary nicht mehr schwer arrogant und kühl zu wirken. Jean Delone war kurz davor sie in den Wahnsinn zu treiben. Er war zwar höflich, freundlich und behilflich, aber so aufdringlich!

„Es wird Euch sicher freuen zu hören, dass ich erst kürzlich einen ausführlichen Bericht über ihn gelesen habe. Soll ich Euch das Buch bringen?"

„Das wäre äußerst freundlich von Ihnen, Mister Delone." Vielleicht war der Typ ja doch ganz nützlich.

Er war nützlich, denn in dem Buch, das Jean dem Mädchen brachte stand so ziemlich alles drin was Mary wissen wollte.

Aufmerksam las sie die engen und von Hand beschriebenen Seiten. Es musste ein sehr altes Buch sein. Hin und wieder hatte der Verfasser ins Lateinische gewechselt und zum ersten Mal war Mary froh, dass sie ihre Lateingrammatik auf der Black Pearl hatte.

Das Problem bestand nur noch darin, dass Buch unbemerkt aus der Bibliothek zu entfernen. Allerdings wäre selbst dieses Problem nur halb so groß, wenn nicht Jean Delone diensteifrig um Mary herumschwirren würde.

„In der Tat, das Buch enthält viele interessante Informationen, aber ich würde mich dennoch gerne noch etwas umschauen. Könntet Ihr mir vielleicht noch andere Werke empfehlen?"

Sofort verschwand Jean hinter dem nächsten Regal um Marys Wunsch nachzukommen.

Das Mädchen nutzte unterdessen die Verschnaufpause und fand in ihren vielen Unterröcken tatsächlich einen Saum in dem sie das Buch verschwinden lassen konnte. Keinen Moment zu früh hatte sie ihr Kleid wieder geordnet, denn Jean kam schon zurück.

„Es tut mir Leid, dass Ihr Euch die Mühe gemacht habt, aber ich habe bedauerlicher Weise keine Zeit mehr. Meine Familie erwartet mich nun zurück." Versuchte Mary eine Ausrede zu finden um so schnell wie möglich wieder zurück zur Pearl und zurück zu Jack zu kommen, der ein weitaus unkomplizierterer Umgang als Jean war.

Auch lehnten Mary Jeans Angebot zum Dinner zu kommen höflich aber bestimmt ab und wenig später ging das Mädchen aufatmet zurück zur Pearl. Sie konnte allerdings nicht wissen, dass Jean ihr gefolgt war und ziemlich irritiert beobachtet hatte, wie Mary zurück auf die Black Pearl ging, deren schwarze Segel im Sonnenuntergang noch unheimlicher wirkten. Was wollte die Lady auf einem Schiff mit schwarzen Segeln?

Erschöpft betrat Mary die Kabine, zog so schnell wie möglich ihre engen Schuhe aus und beachtete Jack gar nicht, der auf dem Bett saß und neugierig in ihrem Lateinbuch blätterte, dass zuvor von ihm aus der Ecke gerettet worden war.

Geschickt zog das Mädchen sich die Haarspangen heraus und begann dann in ihrer Schultasche nach Taschentüchern zu wühlen um so schnell wie möglich das Make-up loszuwerden.

„Na Liebes, hats Spaß gemacht?" Jack schaute über den Rand des Buches hinweg zu Mary. Erschrocken ließ die Blondine das Taschentuch fallen. „Oh Gott! Erschreck mich doch nicht so!"

„Ich erschreck dich nicht, Herzchen. Ich saß hier schon als du reingekommen bist."

„Interessant?" Mary ging nicht auf ihn ein und deutete stattdessen auf das dicke Buch in Jacks Händen.

„Ich versteh nicht, warum ihr in eurer Zeit so etwas braucht. In dieser hier vielleicht, aber bei euch…" Jack schien zu überlegen. „Aber na ja…" Er klappte das Buch schwungvoll zu. „Ich kann gerade mal die Wörter lesen die da drin stehen."

„Das Buch wird noch nützlich sein." Mary begann den hoffnungslosen Versuch selbst die Schnüre ihres Kleides zu öffnen. „In dem Buch, wo was über den Kristall drin steht, hat der Schreiber öfter ins Lateinische gewechselt. Ich setz mich morgen mir Sandy und Michelle ran…. Wo sind die eigentlich?"

„Wollten mit den meisten anderen der Crew heute Nacht in der Stadt bleiben. Betrunken läufst sich nicht so gut zurück zum Schiff." Mit interessiert gehobener Augenbraue beobachtete Jack wie Mary einfach nicht die richtigen Schnüre erwischte.

„Na, wenn du es sagst." Mary grinste. „Und könntest du jetzt bitte mal aufhören so vergnügt zu gucken? Hilf mir lieber!"

Als hätte Jack nur auf die Aufforderung gewartet sprang er auf und begann ohne Probleme das Kleid zu öffnen.

„Und grins nicht so!" Obwohl sie mit dem Rücken zu Jack stand konnte Mary sich seinen Gesichtsausdruck ganz genau vorstellen.

Nach dem Kleid folgte das Korsett und Mary atmete erleichtert tief ein. „NIE.WIEDER!"

Jack lachte nur leise. „Schaffst du den Rest alleine oder soll ich noch helfen?" Doch ehe Mary antworten konnte, hatte Jack begonnen die Knöpfe des letzten Unterkleides zu öffnen.

„Sag mal Luv, wer war eigentlich dieser schleimige junge Mann der dich begleitet hat?"

„Du bist mir gefolgt!"

„Nur zu deiner Sicherheit."

„Jean Delone und du hast Recht, schleimig ist er wirklich."

„Ein schöner Rücken kann auch entzücken." Das Unterkleid hatte sich zu seinen Vorgängern auf den Boden gesellt. „Und du hast auch keine Ähnlichkeit mehr mit einer gekochten Krabbe." Wie vor zwei Tagen strich Jack über ihre Schulter, allerdings war die Haut dort nicht mehr rot sondern braun. Und wie vor zwei Tagen lief Mary ein angenehmer Schauer über den Rücken als Jack dies tat. Irgendeine Kraft hielt Mary davon ab sich bewegen zu können und zog gleichzeitig Jack näher zu ihr heran. Er stand nun dicht hinter ihr und streichelte mit seinen warmen Händen sanft über Marys Oberarme, dann über ihren Bauch bis hin zu ihren Brüsten. Unwillkürlich seufzte das Mädchen leise und lehnte sich leicht an den Piraten.

Dann begann Jack sanft ihren Hals zu küssen. Er genoss es ihr so nahe zu sein und wollte jeden Zentimeter der weichen Haut berühren. Automatisch legte die Blondine den Kopf zur Seite und schloss selig die Augen. Es fühlte sich so schön an. Seine weichen Lippen, das leichte Kitzeln seines Bartes,…

„Gott, Jack, was tust du da." War das ihre Stimme? So leise und schwach?

„Weiß nich", murmelte der Pirat leise, fuhr mit der Zungenspitze zärtlich über Marys Hals und gab dem Mädchen das Gefühl nicht mehr auf eigenen Beinen stehen zu können.

Sie griff nach seiner Hand, um sanft darüber zu streicheln und zärtliche Küsse auf seiner Handfläche zu verteilen. Währenddessen wanderte Jack mit seinen Lippen zu Marys Ohrläppchen und knabberte spielerisch daran. Ein angenehmes Kribbeln machte sich in seinem Bauch breit, ein Kribbeln, das Jack noch nie gespürt hatte. Es war schön sie in seinen Armen zu halten!

Mit all ihrer Willenskraft schaffte Mary es schließlich sich umzudrehen. Lächelnd legte sie ihm die Arme um den Hals und sah in seine braunen, blitzenden Augen. Für Mary waren es die schönsten Augen der Welt.

„Was denkst du, Liebes?" Fragte Jack und strich gleichzeitig mit seiner Hand über ihre Wange.

„Du hast schöne Augen." Wisperte Mary leise und kraulte sanft seinen Nacken.

Jack lachte leise.

„Du auch, Luv."

Im nächsten Moment spürte Mary, wie sich seine Lippen fest auf ihre legten und das Gefühl den Boden unter den Füßen zu verlieren war stärker denn je. Doch Jack hatte seine Arme fest um sie geschlungen und gab ihr sicheren Halt.

Ein warmes Glücksgefühl stieg in Mary auf, als seine Zunge zärtlich mit ihrer spielte und das Mädchen schmiegte sich eng an seinen warmen Körper. Sie hatte sich noch nie so gefühlt, so kribbelig und gleichzeitig so ruhig und glücklich. Sie hatte Angst, dass das Gefühl weniger werden oder gar aufhören könne, aber es wurde im Laufe der Nacht nur stärker und Mary wusste, dass es bleiben würde, solange Jack bei ihr war.

Malia und SilverSnake: Ein gaaanz großes sorry, dass ich solange gebraucht habe. Hoffentlich seid ihr mir nicht abspenstig geworden. Wird auch nie wieder vorkommen. gelob