mayfly

Es schneite. Dicht und schwer und weiß.

Meine Augen schmerzten schon nach wenigen Minuten

Es war, als könnte meine Seele das Weiß der Welt nicht verarbeiten, als hätte ich nicht die nötigen Vorraussetzungen, um diese intensive Helligkeit zu verkraften.

Ich fühlte mich gelähmt. verzehrt

Irgendwo zwischen dem ganzen verfluchten Weiß, welches sich schmerzhaft in meine Seele brannte, schien meine Welt zu sein.

Irgendwo da draußen, hinter diesem brennenden Weiß war der Himmel war alles s c h w a r z

Müde und ausgelaugt zog ich mir die Kapuze meiner Jacke tiefer in die Stirn und versuchte krampfhaft, meine Augen .mich selbst. vor der blendenden Helligkeit zu schützen.

Es war kalt. Meine Finger schimmerten weiß und mussten wohl völlig abgefroren sein.

Ich spürte es nicht.

frühlingsommerherbstwinter

Alles das gleiche.

Nicht einmal die Jahreszeiten vermochten es noch, mein eintöniges Leben facettenreicher zu machen.

Wieso auch?

Ich lebte doch.

Ich e x i s t i e r t e

Über den Rest hatte sich Gott offenbar noch keine Gedanken gemacht oder es war ihm einfach genauso gleichgültig, wie allen anderen. Wie mir.

Kälte. minus-ich-weiß-nicht-wieviel-grad.

Die Tatsache, dass ich mechanisch einen Fuß vor den anderen gesetzt hatte, wurde mir erst jetzt bewusst. Ich hätte genauso gut stehen bleiben und an den Boden anfrieren können - ich hätte es nicht bemerkt.

"Autsch!"

Ich sah auf. Ich musste wohl in irgendwen reingerannt sein oder so, jedenfalls schien dieses Wollknäuel, welches vor mir auf dem Boden lag, doch wenigstens halbwegs menschlich zu sein.

"Gomen, ich hab dich nicht gesehen."

Mühsam rappelte sich der Junge auf. Er war etwa genauso groß wie ich, schien dem Winter (verglichen mit mir) aber irgendwie wesentlich mehr abgewinnen zu können. Jedenfalls brachte mich sein etwas verpeilt wirkendes Lächeln zu diesem Schluss.

"Schon okay.", murmelte ich. Eigentlich war ich es wohl gewesen, der in ihn hineingerannt war, aber das tat nichts zur Sache. Er hatte recht und ich meine Ruhe. Ich versuchte mich an ihm vorbeizuschieben, aber stattdessen trafen sich für einen Sekundenbruchteil unsere Blicke.

Nein.

Nicht.!

"Du.", murmelte er und jegliche ach-wie-schön-der-erste-schnee-Nuance war aus seiner Stimme gewichen. Plötzlich passte er einfach perfekt in dieses Bild, welches ich mir vom Winter gemacht hatte. Kalt. Nervend. Schmerzend. Weiß.

"Katze."

. do not listen to a word i say just listen what I can keep silent .

Paradox. Ich stand ihm gegenüber, meinem widerlichsten und ärgsten Todfeind. Ich stand ihm in einer romantischen, unschuldigen, weißen Welt gegenüber. . und ich freute mich.

Seine meerblauen Augen schrieen gerade zu danach, von mir zerstochen zu werden.

Der weiße Schnee schrie nach seinem Blut.

Rot würde auf dem Schnee bestimmt gut aussehen.

So mag ich den Winter.

Ich sah Bombay an.

Wusste er, dass er sterben würde?

Er hatte keine Angst. Ich habe in meinem leben schon genug Menschen gesehen, die Angst hatten, die erbärmliche Todesängste litten. und Bombay hatte sie bestimmt nicht.

Er sah mich an, noch immer etwas erschrocken, kühl, berechnend.

Ratlos.

Er sah niedlich aus. Ja, er sah aus wie ein Junge, an dem sich Schuldig gerne austoben würde. Ich grinste in Gedanken und spielte mit dem Gedanken, ein paar fette Pluspunkte einzukassieren. Seine blauen, großen Augen ließen ihn noch jünger wirken, als er tatsächlich war. Noch naiver, als er ohnedies schon war. Noch leichtgläubiger.

Mein Blick wanderte an ihm herab.

Ich konzentrierte mich.

Ich wollte ihn verletzen.

Ich wollte diesen gehetzten, panischen Ausdruck in seinen Augen sehen.

angst

Beinahe grob riss ich ihm die Jacke vom Körper, ohne dass es meiner Hände bedurft hatte.

Er erschrak und sprang rückwärts.

"Was.??", fauchte er atemlos.

"Nun, ich stelle mir gerade eine heiße Szene mit dir im Schnee vor, Kätzchen.", flüsterte ich ruhig und entledigte ihn seines Pullovers.

Er erbleichte.

angst

Seine Augen brannten sich in meine Netzhaut ein, weit aufgerissen und so voller naiver Ungläubigkeit. Dabei müsste er doch am besten wissen, was nun kommen würde. Er konnte es nicht vergessen. Er war darin gefangen. Er würde nie ausbrechen können.

Niemals.

Ich dankte Gott dafür, dass er Paranoia geschaffen hatte. Ich dankte Gott, dass er mir die Macht gegeben hatte, Bombays süße, kleine, schneeweiße Welt zu zerstören. Ich dankte Gott.

Ich beugte mich über Bombay blasses, angstverzerrtes Gesicht. Er lag im Schnee. Tränen in seinen Augen

::never thought i'd feel so ashamed::

Plötzlich hatte ich keine Lust mehr. Ich fühlte weder das Begehren nach seinem Körper noch nach seinem Schmerz. Ich schloss, einem inneren Impuls folgend, meine Augen und berührte seine Lippen sanft, flüchtig. Ein gehauchter Kuss, nicht mehr.

Und doch war es viel mehr.

. als das es jemand verstehen könnte.

Ich stand auf.

"Tut mir ja furchtbar leid, diese kleine Romanze stören zu müssen."

Schuldig.

"Spaß wirst du später noch genug mit ihm haben. Los, heb ihn in den Wagen."

Ich starrte ihn perplex an. .Spaß?

Spaß?

Ja, natürlich, es war ja nur Spaß gewesen.

Ruckartig hob ich Bombay vom Boden auf und verfrachtete ihn mit Schuldigs Hilfe auf den Rücksitz seines Autos. Seine Augen waren dunkel vor Hass und Angst und bodenloser Verzweiflung. Schwarze Höhlen, die mich beinahe wahnsinnig werden ließen.

--eswarallesnurspaßgewesen-

Spaß. Nur. Spaß.

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Ich wachte übergangslos aus dem schmerzhaften Traum von viel Helligkeit, viel Weiß und viel Schmerz auf, in dem es keinen Ort gegeben hatte, in dem ich mich hatte verkriechen können. kein einziger dunkler Winkel. nichts.

Die Digitalanzeige des Weckers blinkte ein stetiges grünes 02:23 am durch den Raum.

Müde setze ich mich auf und rieb meinen Kopf. Ich hasste solche Träume. Die an und für sich nichts bedeuten, einen dann aber doch in einer wichtigen Situation manipulieren. Oh ja, ich hasste das.

Minutenlang blieb ich so sitzen, gewöhnte mich an die Dunkelheit in meinem Zimmer.

s c h w a r z

Mein Kopf hörte allmählich auf zu hämmern. Vorsichtig stand ich auf.

Leise schob ich die dunklen, schweren Vorhänge vor dem einzigen Fenster in meinem Zimmer zur Seite. Es schneite noch immer.

Eine Welt aus grau, weiß und Kälte starrte mich beinahe höhnisch an.

Meine Hand verharrte auf der Glasscheibe und ich konnte spüren, wie sich die Kälte des Glases langsam durch meine Fingerspitzen in die einzelnen Finger hineinfraß, sich beinahe schmerzhaft in meine Hand fortpflanzte und von dort mit stetiger, grausamer Langsamkeit auch meinen Arm erfasste. Ich widerstand dem Reflex, meine Hand weg zu reißen.

Die Kälte erinnerte mich an so viel.

Den Atem bemerkte ich erst, als die Kälte meinen Oberkörper erfasst hatte.

Ich drehte mich langsam herum.

Im ersten Moment dachte ich, Schuldig hätte mich mal wieder mit Drogen gefügig gemacht, aber plötzlich war ich mir sicher, dass dies dort in meinem Zimmer, in meinem Bett keiner von Schwarz war.

Vorsichtig und geräuschlos näherte ich mich dem Bett.

Es war ein Junge, 16, vielleicht 17 Jahre alt, dunkelblond, von eher zerbrechlicher Figur.

Ich kannte ihn.

Ich sah, wie sich meine Hand seinem Gesicht näherte, einige Zentimeter davor verharrte, zögerte, dann aber doch zart sein Gesicht berührte und vorsichtig die Konturen nachfuhr. Noch immer wusste ich nicht genau, wer er nun war, aber es war mir auch egal. Irgendetwas sagte mir, dass dies, was jetzt geschah, als ich seine Identität vergessen hatte und er schlief, niemals bei hellem Tageslicht bestand hätte.

Sanft strich ich über seine Lippen.

Er war schön.

Die Erinnerung kam, wie alle Erinnerungen in solchen Momenten auszutauchen pflegen. Plötzlich, eiskalt, illusions-nehmend.

Indem er seine Augen öffnete und sich ein verirrter Mondstrahl meerblau in ihnen brach, als er mich angstvoll und panisch ansah.

angst

Seine Emotionen schienen mich zu überfordern.

angst

Noch immer ruhte meine Hand zärtlich auf seinem Gesicht.

"P-Prodigy?", fragte er. Die Wut hatte sich in Angst verwandelt.

"Nenn mich einfach Nagi." Ich kam mir selbst selten kindisch vor, als ich meine Stimme so unsicher und fremd in der Stille vernahm.

"Nagi-kun?", wiederholte Bombay fragend. Ich hätte ihm beinahe mit der geballten Faust ins Gesicht geschlagen, so sehr machte ich ihn für meine eigene Naivität verantwortlich...

"Ja. Du bist hier in meinem Zimmer.", sagte ich, als wäre es eine Sache gewesen, die er sich nicht hatte denken können.

Seine Augen waren noch immer unnatürlich weit aufgerissen. Noch immer hatte er Angst.

"Äh. Keine Sorge, du bist hier sicher. erst mal." Ich wunderte mich selbst, was zur Hölle ich eigentlich in den totenstillen Raum reinerzählte. Bombay glaubte mir wahrscheinlich sowieso nicht.

Wir schwiegen minutenlang und ließen die unangenehme Stille auf uns hernieder prasseln.

"Hast du vielleicht Hunger? Oder Durst. oder so?", fragte ich und hätte mir noch im selben Moment die Kugel geben können.

Bombay sah mich verwundert und ängstlich an.

"Durst. vielleicht.", murmelte er leise, mich nicht aus den Augen lassend.

Ich nickte, zog meine Hand von seinem Gesicht zurück, als hätte ich erst eben bemerkt, dass ich ihn noch immer berührte und stand auf.

"Äh. Ja, gut. Warte hier.", murmelte ich geistesabwesend und verließ das Zimmer.

Als ich zurück in das Zimmer trat, ein Glas mit klarem Wasser in der Hand, lag Bombay noch immer reglos auf dem Bett, wie ich ihn verlassen hatte. Seine Augen folgten mir, noch immer voller Angst, als ich um das Bett herum zu ihm trat.

"Keine Sorge, ich hab's nicht vergiftet.", murmelte ich und half ihm, sich halbwegs in dem Bett auszurichten. Bombay nahm das Glas in die Hand und setzte es zögernd an die Lippen. Er ließ mich noch immer nicht aus den Augen, als er einen ersten Schluck nahm.

Ich sah zur Seite. Es war mir unangenehm, meinen persönlichsten Todfeind beim Trinken zu zusehen.

"Warum. Warum tust du das?", fragte seine unruhige, zitternde Stimme vom Bett her. Ich drehte mich nicht um. Warum tat ich was? Ich zuckte möglichst gleichgültig mit den Schultern.

Bombay beobachtete mich noch immer, ich konnte seinen Blick in meinem Nacken wie Nadelstiche spüren.

Seine Anwesenheit begann mir immer unangenehmer zu werden.

Nachdem er getrunken hatte, brachte ich ihn in das Badezimmer. Ich versuchte noch immer, so leise wie möglich zu sein, damit Crawford noch lange in seinen düsteren Träumen schwelgen konnte.

"Macht es dir was aus, wenn ich. äh. hier bleibe?", fragte ich, obwohl ich sowieso nicht gehen würde, wenn er Ja sagen würde. Schließlich war er meine Geisel.

Er schüttelte den Kopf und ich bemerkte, wie er leicht errötete, bevor er schnell seinen Kopf abwandte.

Ich ließ ihm das Badewasser ein, schüttete sinnlos irgendwelches Zeugs hinein und bemerkte aus dem Augenwinkel, wie sich Bombay langsam aus seinen Klamotten schälte.

Mühsam tat ich so, weiterhin irgendetwas mit dem Badewasser anzustellen, nur, um ihn nicht merken zu lassen, wie sehr mich sein jetziger Anblick fertig machte. Mein Kopf fühlte sich an, als würde mein gesamtes Inneres darin kochen.

".Okay.", murmelte ich, kämpfte mühsam gegen die Hitze in meinem Kopf und versuchte, die Röte aus meinem Gesicht zu vertreiben.

Ich bemerkte, wie Bombay neben mich trat und widerstand angestrengt dem Verlangen, mich zu ihm umzudrehen.

Eine schmale, helle Hand tauchte in das warme Wasser.

"Schön.", murmelte Bombay leise.

Ich schluckte schwer. Ob er merkte, wie sehr ich gegen den Drang kämpfte, ihn.

Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, bis er im warmen Wasser lag und mich so verdammt. süß anguckte.

Ich hatte mich an die Wand gelehnt und tat so, als würde ich in Gedanken ganz woanders sein und als wäre es mir so. richtig egal, wer sich da nackt in meinem Bad befand.

Insgeheim musterte ich ihn, fuhr jeden Zentimeter seiner Haut, die nicht von Schaum und Wasser bedeckt wurde, mit meinen Augen ab, zeichnete in Gedanken seine sanften, kindlichen Gesichtskonturen nach und versuchte mir vorzustellen, wie er an den Stellen aussah, die im Moment verdeckt wurden.

Ich schämte mich meiner Blicke.

Ich schämte mich, ihn so anzusehen, ihn so mit Blicken zu verschlingen und nicht von ihm lassen zu können.

Ich schloss für einen Moment die Augen, versuchte zurück in meine eigene Welt zu fliehen. Dunkelheit. Finsternis. Aber stattdessen war alles, was sich in meinem Kopf befand, ein Farbengewirr aus Blautönen. Meerblau.

Als ich meine Augen wieder öffnete, stand ich direkt vor der Badewanne.

Bombay sah mich erschrocken, angstvoll an.

Ich kniete mich hin, meine Augen hingen wie hypnotisiert an seinem Gesicht fest.

Ich bemerkte, wie meine Hand langsam in das warme Wasser eintauchte.

. ich berührte ihn.

Er zuckte zusammen, wagte jedoch nicht, etwas zu sagen.

Meine Hand strich langsam seine Beine entlang, hielt einen Moment inne, dann.

Wie von selbst bewegte sich mein Körper.

Ich sah mir selbst zu, wie ich in Sekundenbruchteilen meine Kleider abstreifte.

Ich bemerkte nur am Rande, wie die Wärme des Wassers an meinem Körper empor kroch.

Im meinem Kopf. nur Meerblau.

"Nagi.?", fragte Bombay, das Zittern in seiner Stimme war nicht zu überhören.

Ich beugte mich vor, meine Hände hielten sanft sein Gesicht.

Ich.

Unsere Lippen berührten sich.

Ich erwachte, sah sein Gesicht direkt vor meinem, spürte sein Zittern durch meine Lippen, sah seine Augen, die nicht mehr ängstlich, sondern beinahe. beruhigt. aussahen.

Ich ließ ihn los, als hätte ich mich verbrannt.

Wieder erschien der verletzte Ausdruck in Bombays Augen.

Ich zitterte. Angst. Ich hatte. Angst.

Meine Augen hingen noch immer an seinen fest, aber nun empfand ich nicht mehr das gleiche. Während mich dieses Meerblau vor wenigen Sekunden mit immenser Kraft angezogen hatten, so fraßen sie mich nun beinahe auf in ihren unergründlichen Tiefen.

Es machte mich wahnsinnig, in seine Augen zu sehen, und doch konnte ich nicht aufhören. Ich schien wie hypnotisiert von irgendetwas an ihm, was ich nicht einmal selber genau erkannte.

Etwas. bannte mich.

Etwas hielt mich fest, zog mich in die Tiefe.

w a h n s i n n

Irgendetwas geschah mit mir.

Irgendetwas. veränderte sich.

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::sweet sickness: :sick sweetness::

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