Überraschung! Es geht weiter! Hab diese story für mich wieder entdeckt und mich würde natürlich immer noch interessieren, was ihr davon haltet.

-8- Reingefallen

„Was willst du eigentlich, Riddle?" Dominique baute sich vor Voldemort auf und sah ihm direkt in die rotglühenden Augen. Überrascht stellte Hermione fest, dass die Vampirin, die nur ein Stücken größer als sie selbst war, die gleiche Größe wie der Dunkle Herrscher hatte.

Völlig unpassend zur Situation musste Hermione lächeln. All die Erzählungen um Lord Voldemort hatten ihn in ihrer Fantasie größer erscheinen lassen, als es tatsächlich der Fall war.

„Eigentlich hatte ich vor zu verhandeln."

Stille.

Niemand schien mit dieser Aussage etwas anfangen zu können. Dominique fixierte ihr gegenüber weiterhin mit festem Blick, ihre drei Freundinnen behielten die Todesser im Auge und als Hermione die dunklen Gestalten ganz genau ansah, glaubte sie erkennen zu können, wie einige sich verstohlen Blicke zuwarfen.

Anscheinend hatten selbst sie nicht damit gerechnet, dass ihr Herr jemals das Wort „verhandeln" in den Mund nehmen würde.

„Wir verhandeln nicht mit zweitklassigen Magiern wie dir!" Durchbrach Dominique endlich die immer bedrückender gewordene Stille.

Bei dem „zweitklassig" glühten die Augen kurz auf, doch Voldemort schien seinen Ärger hinunter zu schlucken und zuckte gelassen mit den Schultern.

Sein ganzes Verhalten kam Hermione vollkommen untypisch vor. Lord Voldemort beherrschte sich nicht, wenn jemand ihn beleidigte, sondern tötete denjenigen… vorausgesetzt der arme Mensch hatte Glück.

Doch dieses Mal schien es nötig zu sein, seinen Stolz für eine Weile zu vergessen.

„Natürlich nicht. Schließlich arbeitet ihr jetzt ja mit „erstklassigen" Magiern wie Dumbledore und… Harry Potter zusammen." In beiden Namen schwang so viel Verachtung mit, dass Hermione unwillkürlich zittern musste.

Zum ersten Mal in ihrem Leben fragte sie sich, wie es sich wohl anfühlte, jemanden zu hassen. Nicht nur ihn nicht zu mögen, sondern ihn schlicht und einfach zu hassen… und noch viel wichtiger: Wie es überhaupt zu so einer drastischen Gefühlsregung kommen konnte.

„Niemand arbeitet hier mit Potter zusammen", zischte Stella plötzlich wütend, „wir haben seit unserem Tod nur für unsere eigene Seite gekämpft. Das weißt du sehr wohl, Riddle. Was also soll dieser Auftritt?"

„Spuck´s aus oder ich frage einen deiner Mitläufer. Ich bin sicher, dass sie mir gerne behilflich wären, nicht wahr?" Beim Sprechen hatte Xenia die ganze Zeit einen Todesser unverwandt angesehen, der nun einen panischen Blick Richtung Voldemort warf.

Dabei rutschte seine Kapuze ein Stückchen hoch und Hermione war sich sicher eine starke Ähnlichkeit mit ihrem „Schulkameraden" Goyle zu erkennen.

Ein ungutes Gefühl machte sich in ihr breit, als der jungen Hexe klar wurde, dass sich in dem bedrohlichen Kreis um sie herum höchstwahrscheinlich noch viele andere Väter von ihr bekannten Schülern befinden mussten. Unter anderem Lucius Malfoy. Bald würde auch Draco von ihrem „Zweitleben" unter Vampiren erfahren.

„Das wird nicht nötig sein." Bei den Worten seines Herrn seufzte Goyle Senior erleichtert. „Wir werden euch nicht länger von eurem kleinen „Ausflug" abhalten." Ein spöttischer Blick streifte Hermione aus roten Augen.

Was hat er vor? Was hat dieser Mistkerl vor? Das passt doch alles nicht zusammen! Verhandeln! Als ob er jemals ernsthaft ans Verhandeln gedacht hätte!

Voldemorts gesamtes Verhalten ergab für das Mädchen keinen Sinn. Grübelnd sah sie zu, wie ein Todesser nach dem anderen apparierte, bis nur sie und die vier Vampire übrig blieben.

„Vielleicht hab ich da was nicht mitgekriegt, aber was wollte die kleine Ratte eigentlich?" Missmutig starrte Xenia auf den Fleck, auf dem Voldemort bis eben noch gestanden hatte.

Es machte Hermione ein bisschen Mut, dass sie anscheinend nicht die einzige war, die nicht wusste, was vor sich ging.

Dominique schüttelte den Kopf. „Ich weiß es auch nicht. Ich weiß es wirklich nicht."

Mit verschränkten Armen schritt sie auf den ein paar Meter weiter entfernten Strand zu und ließ sich grübelnd in den noch warmen Sand fallen.

Eine Weile schwiegen die fünf Frauen und trotz des Wirrwarrs in ihrem Kopf genoss Hermione das leise Rauschen des Meeres.

Sie war zwar Lord Voldemort persönlich begegnet, aber immerhin in der Karibik. Vielleicht brauchten selbst Todesser mal Urlaub.

Bei der Vorstellung von Lucius Malfoy in geblümter Badehose konnte Hermione nicht anders als zu lachen.

„Ich kann im Moment nichts witziges entdecken", herrschte Stella das Mädchen an.

Erschrocken von dem ungewohnt harschen Tonfall zuckte Hermione zusammen. „Tschuldigung, es war nichts."

Danach kehrte wieder Stille ein.

Hermione setzte sich neben Dominique und nach einer Weile ließ sich Xenia gefolgt von Stella und Kathryn neben sie fallen.

In einer Reihe saßen sie nun an einem malerischen Strand in der Karibik, starrten hinauf auf das dunkle Meer und grübelten über die letzten Minuten nach.

„Scheiße." Kathryn hatte das Wort vollkommen neutral ausgesprochen, doch versetzte es alle anderen in Unruhe.

„Was?"

„Alles. Die ganze Aktion eben. Er war schlauer als wir, zum ersten Mal, aber unbestreitbar."

Neben Hermione wurde Xenia schon wieder ungeduldig. „Könntest du bitte, bitte einfach sagen, was los ist!"

Mit einem Schnauben stand Kathryn auf, um sich vor den anderen aufzubauen. Der Mond betonte alles an ihr. Die blasse Haut, die kalten, blauen Augen, das violette Haar… Ein Schild auf dem stehen würde „Nicht menschlich und sehr gefährlich" hätte nicht deutlicher sein können.

Hermione kam es absurd vor, dass jemand dieses Geschöpf getäuscht haben könnte.

Kathryns Erklärung allerdings überzeugte sie vom Gegenteil.

„Voldemort weiß, dass wir ihm überlegen sind. Wenn er uns auf seiner Seite hätte, würde ihm das einen unglaublichen Vorteil verschaffen, richtig?"

Zustimmendes nicken.

„Vielleicht wollte er also wirklich mit uns verhandeln."

„Aber…" Hermione zögerte kurz aus Angst etwas Falsches zu sagen, „ er war doch der Meinung, dass ihr für Dumbledore kämpft."

Kathryn schüttelte langsam den Kopf. „Eben nicht. Wenn er das gewusst hätte, wäre er nie hierher gekommen. Er ist zwar nicht sonderlich intelligent, aber auch nicht dumm. Wir hätten ihn getötet."

„Das hätten wir sowieso längst tun sollen, spätestens heute." Grummelte Xenia.

„Er hat uns niemals persönlich etwas getan", erinnerte Dominique sie. „Vor dreizehn Jahren, als sie Jaila umbrachten, haben seine Todesser eigenhändig gehandelt."

„Scheiß Neutralität."

Da musste Hermione Xenia zustimmen.

„Und jetzt überlegt mal", forderte Kathryn die anderen auf, „ er meinte zu wissen, dass wir für Potter kämpfen, konnte es aber gar nicht sicher gewusst haben, also ist klar, dass er geblufft hat.

Er weiß zwar von unserer Neutralität, aber als er von Hermione erfahren hat, vermutliche durch irgendwelche Spione, konnte er sich unserer Neutralität nicht mehr vollkommen sicher sein. Für ihn gab es zwei Möglichkeiten: Entweder wir sind für Potter oder für Niemanden, womit er freie Bahn bei seinen Vorhaben hätte…"

„Und von wem kann er verlässlicher erfahren, ob wir neutral sind oder nicht, als von uns persönlich." Xenia schien Kathryns Gedankengänge erfasst zu haben. „Scheiße."

„Sag ich ja."

„Ich versteh immer noch nichts."

„Mensch Stella! Riddle hat uns unterstellt für Potter zu arbeiten. Du hast ihn lang und breit darauf hingewiesen, dass wir neutral sind und er nicht zu befürchten hat, dass wir ihm in die Quere kommen."

„Er hat euch wichtige Informationen entlockt, ohne dass ihr es bemerkt habt", brachte Hermione die Sache auf den Punkt. „Aber was wenn ihr doch auf Harrys Seite gewesen wäret?"

„Dann hätten wir ihn umgebracht. Voldemort wusste, was für ein Risiko er einging. Er hat hoch gepokert und gewonnen."

„Aber…" für Hermione war die Sache immer noch nicht vollkommen klar, „warum ist es ihm plötzlich so wichtig auf welcher Seite ihr seid. Ich meine, die ganze Zeit über war es ihm doch egal."

Dominique erhob sich und lief unruhig auf und ab. „Ganz einfach: Er hat einen Plan. Und wir vier wären die einzigen gewesen, die ihm dabei hätten in die Quere kommen können."

„Und… und wenn das jetzt keiner mehr kann. Wie steht es dann um Harry, um Hogwarts, um die ganze Zauberwelt, um die Muggelwelt?"

„Scheiße."

„Xenia!"

„Ist doch wahr!"

„Wir müssen doch etwas tun können!" Hermione schrie fast. „Ihr müsst doch etwas tun können. Was ist diese verdammte Neutralität eigentlich?"

„Als wir zu Vampiren wurden und langsam zu begreifen begannen, wie mächtig wir eigentlich waren, haben wir uns geschworen, niemals für Gut oder Böse Partei zu ergreifen. Wir hätten uns selbst zu einem Spielball des Krieges gemacht und wir wollten einzig und allein uns selbst verpflichtet sein, vor allem da wir fanden, dass wir für die Gute Seite schon genug geopfert hatten…" Stella schwieg kurz, als ob sie längst vergangenen Erinnerungen nachhängen würde. Ihrem Gesichtsausdruck nach, keine guten Erinnerungen.

„Eine Ausnahme würden wir nur machen, falls eine der Seiten uns Schaden bringt."

„Mit anderen Worten", fiel Kathryn ihr ins Wort, „persönliche Rache ist erlaubt, alles andere nicht. Auch wir Vampire haben unsere Prinzipien."

„Und nur wegen ein paar Prinzipien lasst ihr zu, dass Voldemort die Weltherrschaft übernehmen und tausende Menschen töten wird?"

„Wenn jeder seine Prinzipien wegen des einen oder anderen Grundes sofort über den Haufen werfen würde, stehe es verdammt schlecht um die Welt… schlechter als jetzt, glaub mir, Kätzchen."

„Aber…."

Doch die Blicke der vier Frauen machten Hermione klar, dass es sinnlos war. Sie hatten seit Jahrhunderten einen festen Standpunkt, den sie nicht zu ändern bereit waren.

„Aber ich habe noch ein paar Fragen: Wer war Jaila? Und warum seid ihr ein paar Mal von eurem Schwur abgewichen? Einmal vor 200 Jahren bei der Zerstörung des Ministeriums und damals bei eurem Massaker an den Todessern?"

„Viele Fragen, Kätzchen", Xenia lächelte belustigt, „aber wie gesagt, Wissen über uns muss man sich verdienen. Heute Nacht hast du schon viel erfahren, das muss fürs erste reichen."

„Viel Glück, Hermione. Ihr werdet es auch dieses Mal schaffen… DU wirst es auch dieses Mal schaffen." Das letzte was Hermione sah, bevor sie das Ziehen am Bauchnabel spürte, war Dominiques undeutbares Lächeln.

Viel Glück. Viel Glück und ein Lächeln. Ist das etwa alles was ihr mir für diesen Kampf mitgebt?