10 .Kapitel

Der Minister saß in seinem großräumigen Büro am Schreibtisch. Soeben hatte eine Runde seiner hochrangigsten Mitarbeiter, darunter viele Auroren, diesen Raum verlassen. Die Konferenz war ergebnislos abgebrochen worden. Er war erschöpft. Die Lage spitzte sich zu und keiner konnte einen Weg aus der sich verbreitenden Panik weisen. Du-weißt-schon-wer schien durch den Tod Albus Dumbledores seinen Einfluss vervielfacht zu haben. Rufus Scrimgeour kam sich vor, als ob er kurz vor dem Ausbruch eines Bürgerkrieges stände. Wenigstens funktionierte das Ministerium noch. Im Gegensatz zu vielen Zauberern, die in ihren Häusern aus Angst vor den Todessern schon nicht mehr schlafen wollten, war er hier sicher. Er gähnte und die Augen fielen ihm zu. Zwei Männer betraten den Raum. Konnten sie sich nicht anmelden? Unwillig sah er auf. Beide waren dunkel gekleidet, den einen erkannte er sofort, es war Severus Snape, der ehemalige Lehrer in Hogwarts und Mörder Dumbledores, der andere hatte glühend rote Augen und bewegte sich wie eine Schlange. Der Minister sprang auf und öffnete den Mund, um Hilfe herbeizurufen, doch kein Laut verließ seine Lippen. Der Schlangenartige ergriff das Wort.

"Rufus Scrimgeour, so lernen wir uns endlich kennen. Ich darf mich vorstellen, Lord Voldemort", die Gestalt verbeugte sich leicht wie zur Begrüßung, „oh, wir wollen doch die Höflichkeit wahren, wenn Sie mich nun ebenfalls willkommen heißen würden…Severus!"

Der dunkle Zauberer hatte in aller Ruhe die Tür versiegelt und zielte nun mit seinem Zauberstab auf den bewegungslosen Minister, der daraufhin mit dem Oberkörper leicht nach vorne kippte und dann wieder hinter seinem Schreibtisch zu stehen kam.

"Gut", sprach die hohe kalte Stimme, „nun wollen wir uns ein wenig unterhalten. Setzen wir uns zusammen."

Lord Voldemort arrangierte mit Hilfe seines Zauberstabes eine kleine Sitzgruppe aus den verbliebenen Stühlen der Konferenz. Er führte den willenlosen Minister mit einer leichten Bewegung des Stabes zu einem der Sitzplätze und ließ ihn dort nieder, er selbst nahm gegenüber Platz. Der Tränkemeister trat hinter seinen Herrn, wo er stehen blieb.

"Nun, Herr Minister, wie Sie verstehen, wird es für Sie einige kleine Änderungen in der Ausübung Ihres Amtes geben. Dabei lege ich größten Wert auf Ihre freiwillige Kooperation. Von jetzt an werden Sie tun, was ich Ihnen befehlen werde. Ich werde Sie nicht zwingen, der Imperius-Fluch ist nur für kleine Geister. Ich werde Sie nur von Zeit zu Zeit kontrollieren. Sie werden einer meiner wichtigsten Mitarbeiter werden. Sie werden die Würde Ihres neuen Amtes spüren. Severus!"

Der dunkle Zauberer trat nach vorne und ergriff den linken Arm des Ministers. Er schob den Ärmel nach oben. Lord Voldemort bohrte die Spitze seines Zauberstabs in den Innenarm Rufus Scrimgeours und ein rotes Licht brannte das Dunkle Mal in die Haut. Der Mann stöhnte. Severus Snape rollte den Stoff wieder nach unten und ging an seinen Platz zurück.

"Ich habe Ihre Höflichkeitsregeln eingehalten. Nun werde ich Sie mit meinen Umgangsformen bekannt machen. Sie begrüßen den Lord, indem Sie auf den Knien den Saum meines Gewandes küssen. Beim ersten Mal werden Sie meine Hilfe brauchen. Crucio."

Der Minister fiel schmerzverzerrt auf den Boden. Wenn er es gekonnt hätte, hätte er laut geschrieen. Zusätzlich zu seinen Schmerzen spürte er die Schmach der Demütigung. Mit seinem Gesicht berührte er die Füße Lord Voldemorts. Lange Minuten ließ der Lord den Minister in dieser Position verharren. Schließlich senkte er seinen Zauberstab und der erschöpfte Mann blieb vor ihm liegen.

"Sie dürfen sich erheben", ein leichter Schlenker mit dem Stab zog Scrimgeour wieder auf den Stuhl, „wenn ich es Ihnen sage. Nun ist der Form Genüge getan. Sie werden bald meine Anweisungen erhalten. Ich erwarte von allen meinen Todessern, dass sie sie sofort befolgen. Und noch etwas, es wäre von Vorteil für Sie, wenn Sie Ihre neue Identität vorerst für sich behielten. Sie könnte in Moment zumindest noch Ihre Mitarbeiter verwirren. Severus!"

Der dunkle Zauberer hob die Versiegelung des Büros auf und die beiden schwarzen Gestalten waren so schnell verschwunden, wie sie gekommen waren. Rufus Scrimgeour schleppte sich wieder an seinen Schreibtisch. Es war wie ein schlimmer Albtraum gewesen. Er rieb sich die Augen und streckte sich. Er musste eingeschlafen sein. Er zögerte kurz. Dann ließ er den Vorgesetzten der Auroren kommen. Der Zauberer stand Minuten später in Scrimgeours Büro.

"Minister, Sie wünschen?"

"Gab es irgendwelche ungewöhnlichen Aktivitäten von Todessern hier in jüngster Zeit?"

"In der letzten Stunde in London nicht, wenn Sie das meinen, und hier im Ministerium sowieso nicht. Wir haben alles im Griff."

"Merlin sei Dank, Sie können gehen."

Der Auror verließ mit einer leichten Verbeugung das Büro. Rufus Scrimgeour lehnte sich erleichtert in seinem Sitz zurück, verschränkte die Arme und ließ seinen Kopf auf die Brust sinken. Beim Anblick seines linken Ärmels zuckte er zusammen. Er musste es wissen. Er hörte sein Herz klopfen, als er langsam den Stoff zurückschob. Dann sah er es. Auf seinem Innenarm war das Bild eines Schädels eingraviert, aus dessen Mund sich eine Schlange wand. Die Schlange wirkte lebendig.