17.
Kapitel
Albus Dumbledore betrachtete die roten Strahlen
der Abendsonne, die sich im Wasser des Sees spiegelten. Der Anblick
war zauberhaft. Er bedauerte es aus tiefstem Herzen, dass er ihn nur
durch die kleinen Fensterrahmen seines Büros genießen
konnte. Außerdem wusste er, dass es bessere Blickwinkel gab,
als den von seinem Bild aus. Vielleicht sollte er Minerva von Zeit zu
Zeit bitten, sein Gemälde an einer anderen Stelle zu postieren.
Er wandte sich zur Tür. Die Schulleiterin war lange nicht mehr
hier gewesen. Er hatte sie darauf hingewiesen, dass sie die Hilfe
ihrer Vorgänger nutzen sollte. Wo blieb sie nur? Er war
überrascht, dass er sogar in dieser Lage noch ungeduldig werden
konnte. Aber er wurde es zweifellos. Nach langem Warten erkannte er
schließlich das Geräusch der sich drehenden Wendeltreppe.
Hoffentlich war sie alleine. Er musste mit ihr sprechen. Außerhalb
von Hogwarts spitzte sich die Situation zu. Da öffnete sich die
schwere Eichenholztür und die Direktorin betrat den Raum. Sie
schloss die Tür, atmete tief durch und rieb sich die Augen. Dann
ging sie zu einem der Turmfenster, seufzte und ließ ihren Blick
über die Landschaft schweifen.
"Minerva?"
Sie drehte den Kopf.
"Minerva, hast du Zeit für mich?"
"Albus, es ist schön, dich zu hören, aber ich bin müde", sie ging zu ihrem Schreibtisch, nahm Platz und stütze ihren Kopf in die Hände, „doch ich werde dir zuhören, wie immer." Ein kleines Lächeln umspielte ihre dünnen Lippen. „Also rede, aber fasse dich kurz."
"Ich würde dich nicht überfallen, wenn ich dich öfter sehen würde."
"Du selbst hast mir die Aufgabe gegeben, Albus, die mir jetzt kaum Zeit zum Schlafen lässt. Also komm zur Sache."
"Ich werde dir als Erstes eine Übersicht über das geben, was wir ehemaligen Schulleiter hier zusammengetragen haben. Wie vermutet, haben die Angriffe der Todesser auf bisher unbeteiligte Zauberer zugenommen. Sie rekrutieren neue Mitglieder im großen Stil, indem sie sie überfallen und vor die Wahl stellen, Anhänger Lord Voldemorts zu werden oder einen qualvollen Tod zu sterben. Währenddessen scheinen die Auroren alle ihre Schlagkraft verloren zu haben. Minister Scrimgeour gibt ihnen Aufträge, die sich immer öfter als sinnlos herausstellen. Außerdem hat er schon die Hälfte von ihnen wegen angeblicher Unfähigkeit entlassen."
"Er war noch nie eine große Hilfe."
"Es ist schlimmer, mit diesem Verhalten unterstützt er die Gegenseite. Bitte nimm keine Anordnungen von ihm entgegen, er wird versuchen, Hogwarts wegen Sicherheitsmängeln zu schließen und das Schloss räumen zu lassen."
"Hogwarts bekommt keiner!"
„Minerva, wir haben nun nur noch den Orden des Phönix. Und seine Mitglieder werden in Kürze nur noch in Hogwarts wohnen können. Es gibt keinen sicheren Platz im ganzen Land mehr. Deshalb bitte ich dich, rufe alle Ordensangehörigen ins Schloss. Und nimm auch jeden Zauberer auf, der sich bereit erklärt, gegen Lord Voldemort zu kämpfen und auch alle, die nur Schutz suchen. Das Gebäude ist groß und dank deiner Bemühungen in gutem Zustand."
Minerva McGonagall strich sich mit der Hand über die Stirn. Sie erwiderte:
"In der Tat haben wir diese Möglichkeiten. Doch wie erkenne ich, wer ein Zauberer guten Willens ist? Diese Entscheidung ist nicht einfach, wenn ich mich richtig erinnere, hast du auch deine Probleme damit gehabt."
"Minerva, Minerva", Dumbledore schüttelte seinen Kopf leicht und lächelte, „ich habe dir gesagt, dass ich dir alles erklären werde, wenn die Zeit dafür da ist. Du entlockst mir nichts, dafür kenne ich dich zu gut." Dann blickte er wieder ernst. „Lass dir von allen Zauberern den linken Innenarm zeigen. Jeder Todesser trägt dort das dunkle Mal, es sieht aus wie der Schädel, den die Anhänger des Lord bei jeder Gelegenheit über den Ort ihres Verbrechens stellen. Es ist wirklich kein schöner Anblick. Führe dann jeden „sauberen" Bewerber zusätzlich in dein Büro und stelle ihm einige Fragen, so dass ich ihn unauffällig beobachten kann. Ich werde dir zunicken, wenn ich ihn für unbedenklich halte."
"Schön Albus, ich vertraue dir. Ich werde es so tun, wie wir es besprochen haben."
"Minerva, ich bin dir sehr dankbar, ich wünschte, ich könnte es dir besser zeigen als in dieser Position."
Er legte seine Hände an den Rahmen und schüttelte ihn, womit er natürlich nichts bewirkte. Minerva sah ihm amüsiert zu. Ein zartes Lächeln umspielte ihre faltigen Gesichtszüge.
"Du bist ein verrückter Kerl und ich mag dich, auch als Gemälde. Manchmal bist du so sogar erträglicher."
Albus Dumbledore drohte ihr grinsend mit dem Finger. Da klopfte es an die Tür. Der weißhaarige Zauberer nahm eine würdige Haltung ein und fiel in tiefen Schlaf.
„Herein!"
Ein kleiner Mann betrat den Raum.
"Professor Flitwick. Sie überraschen mich. Zu dieser späten Stunde vermute ich, dass die Mitglieder des Kollegiums angenehmen Aktivitäten nachgehen. Bitte setzen Sie sich. Womit kann ich Ihnen dienen?"
"Ich hoffe, ich störe Sie nicht, doch ich habe wieder einmal lange Zeit in der Bibliothek zugebracht und geforscht, als ich auf einen alten und sehr wirksamen Schutzzauber stieß, den ich Ihnen unbedingt heute noch unterbreiten wollte." Der Zauberer rutschte unruhig auf seinem Sitz hin und her. „Ich habe das Pergament mitgebracht, darf ich es Ihnen vorlegen?"
Die Schulleiterin nickte mit dem Kopf und streckte ihre Hand aus. Der Lehrer reichte ihr ein vergilbtes Blatt, das mit kleinen, schwer leserlichen schwarzen Buchstaben beschrieben war.
"Ich würde Ihnen empfehlen, natürlich nur wenn Sie zustimmen, diesen Schutzwall an jeder Eingangstür des Schlosses zu errichten, insbesondere an den Zugängen zu den geheimen Wegen, die von Hogwarts nach Hogsmeade führen."
Minerva McGonagall richtete sich schlagartig auf.
"Geheimgänge? Es gibt Möglichkeiten, nach Hogwarts zu gelangen, die mir nicht bekannt sind?"
"Falls Sie sich nicht sicher sind, fragen Sie Harry Potter. Es ist mir zu Ohren gekommen, dass er eine Karte vom Schloss besitzt, auf der alle Gänge verzeichnet sind. Es scheint ein sehr interessantes Objekt zu sein. Es soll auch den Aufenthaltsort aller Einwohner zeigen und wäre wohl Ihrer Aufmerksamkeit würdig."
"Karte vom Schloss? Das wird ja immer besser. Ich werde den Jungen sofort herbestellen. Professor Flitwick, ich danke Ihnen. Ich werde Ihren Vorschlag bedenken. Nun wünsche ich Ihnen noch einen erholsamen Abend."
Der kleine Zauberer verneigte sich leicht und verließ den Raum. Die Schulleiterin stand auf, streckte sich und ging mit großen Schritten aus dem Zimmer.
Albus Dumbledore schaute ihr nach. Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, erschien ein sehr zufriedenes Lächeln auf seinem Gesicht. Es gab bessere Sehenswürdigkeiten als eine untergehende Abendsonne.
