Dankeschön für die Reviews an Nuepi (Lob, jippie...), Jaypallas, Jean nin asar ahi smabell (danke Dir für den Tip, s.u.)

und moondancer. Vier Stück für ein Kapitel, das ist mein Rekord. Sagt jetzt nicht, daß die erbettelte von Jaypallas nicht zählt! ;)

An ALLE: Ihr könnt ab jetzt übrigens auch unangemeldet reviewen; daß die Option gesperrt war, war nur ein Versehen. Also los!

Die Möglichkeit der Bewegung

Eine Geschichte aus dem „Versus die Prophezeihung"-Kontext

von Raona

Luna ist als nächste im Felsspalt verschwunden, der das Orakel beherbergt. Ginny und Neville sitzen nebeneinander auf der Schräge des grasbewachsenen Hanges.

„Sie ist bestimmt schon fünf Minuten da drin. Langsam mache ich mir Sorgen."

„Bei dir vorhin hat es auch eine Viertelstunde gedauert, Ginny."

„Eine Viertelstunde? Unmöglich. Das waren doch nicht mehr als zwei Minuten. Nichts ist passiert."

„Vielleicht vergeht die Zeit drinnen anders." Er schaut sie neugierig an. „Hast du irgendwas erfahren?"

Sie sieht nach unten, während sie die Vision von vorhin Revue passieren läßt. Irgendetwas hat das, was sie gesehen hat, sicher zu bedeuten, aber sie kann es nicht mit ihrer Frage in Verbindung bringen. Was sollen Draco und Harry miteinander zu tun haben? Sogar die Gefühle, die sie in mir auslösen, sind unterschiedlich. Sie bricht diesen Gedankengang mit Willenskraft ab. Er führt sie auf zu unbekannte Straßen.

„Ich konnte nicht so richtig viel damit anfangen. Ein Zimmer habe ich gesehen, ich glaube, es war am Meer, aber es gab keine Hinweise, wo genau das sein sollte." Sie schüttelt resigniert den Kopf. „Ich fürchte, ich weiß immernoch nicht, wo wir ihn suchen sollen."
"Ein Zimmer, Meer... sonst hast du nichts gesehen? Was hast du gefragt?"

„Wie ich Harry finde."

„Komisch. Ein Ort ist nicht wirklich die Antwort auf eine Wie-Frage, oder? Vielleicht war da noch etwas, etwas, das dir nicht gleich aufgefallen ist. Überleg doch nochmal."

Sie steht auf und entfernt sich ein paar Schritte von ihrem Freund, in Richtung des gurgelnden Wassers, und starrt in den Nebel.

Was soll ich nur mit all dem anfangen, denkt sie. Woher kommen mit einem Mal all diese Gedanken, die mit Malfoy zu tun haben? Seit wann verhalte ich mich so verrückt und gebe allen unkontrollierten Impulsen nach, die in mir aufkommen? Vor allem solchen Impulsen. Oh, ich hätte gar nicht darüber nachdenken sollen. Jetzt verfolgen mich wieder diese Bilder von ihm... und ich bereue nichts - Denk daran, daß er immer unser Feind war, Ginny. Was soll er dir geben können, was andere dir nicht geben konnten? Denk an Harry. Denk an deine Mission.

„Ginny? Ist alles in Ordnung?"

Mehr oder weniger. Sie geht zurück zu Neville und setzt sich wieder neben ihn.

„Alles klar. Also, beim Orakel... ich habe noch kurz Malfoy gesehen. Vielleicht hat er einen Hinweis, der uns zu Harry führen kann oder sowas."

Neville mustert sie mit einem forschenden Blick, zu forschend für ihren Geschmack, als denke er über etwas nach, von dem er nicht sprechen will.

„Ja, das kann natürlich sein. Frag ihn doch am besten, wenn er etwas weiß, wird er es dir bestimmt sagen."

Eigentlich wollte ich lieber nicht mehr als unbedingt nötig mit ihm kommunizieren. Wieso sollte er mir außerdem eine Antwort geben? Er haßt Harry, mich wahrscheinlich auch, nach...

„Ich kanns ja mal versuchen. Oder-„ Ihr ist etwas aufgefallen. „Du kannst ihn ja fragen. Seit neustem scheinst du ja ganz gut mit ihm auszukommen. Damit habe ich echt nicht gerechnet."

„Er hat sich verändert, Ginny. Das ist doch offensichtlich."

Bevor sie sich eine Antwort überlegen kann, hören sie von unten ein schleifendes Geräusch, und Luna schlüpft aus der Orakelfelsspalte nach draußen. Ihr Blick hat sich, wie so oft, in der Ferne verloren, aber sie lächelt zufrieden.

„Sehr aufschlußreich", stellt sie fest. „Wirklich, das ist ein qualitativ hochwertiges Orakel. Ich weiß jetzt, wohin ich muß. Sehr deutlich." Dann fokussieren sich ihre Augen wieder auf die Freunde. „Das Orakel hat mit mir gesprochen." Sie beugt sich vor und flüstert. „Ich gehe dorthin, wo einer der Horcruxe versteckt ist. Ich kann ihn enthüllen. Sobald ich eure Hilfe brauche, gebe ich Bescheid."
Ginnys Blick verhärtet sich. Sie packt Luna am Arm.

„Du kannst nicht einfach verschwinden. Dann müßten wir nicht nur Harry suchen, sondern auch noch dich, Luna. Mute uns das nicht zu."

Verwundert schaut Luna das andere Mädchen an.

„Aber Harry ist doch dein Freund."

„Und du bist meine Freundin. Es ist für einen einzelnen zu gefährlich, nach den Horcruxen zu suchen. Voldemort hat sich gute Sicherheitsmaßnahmen dafür ausgedacht."
"Woher weißt du das, Ginny?" lenkt Neville ein. „Harry hat doch nichts davon erzählt, oder?"

„Nein, kein Wort." Sie seufzt. „Aber erstens ist es naheliegend, und zweitens hat er Ron und Hermione etwas erzählt, und Ron auszuquetschen ist nicht ganz so schwierig."

Luna lächelt. „Ich hatte nicht vor, das Artefakt selbst herauszuholen. Ich will nur die Vorarbeit zum Lüften der Schleier leisten, so wie hier. Ich lasse mich schon nicht erwischen. Ihr beide habt erstmal noch anderes zu tun. Ich passe auf, Ginny, wirklich."

„Ehrlich gesagt", äußert Neville, „habe ich bis jetzt noch gar nicht so ganz an die Existenz dieser Dinger geglaubt."

Luna nickt. „Ich auch nicht so ganz," sagt sie.

Ginny denkt an Tom Riddles Tagebuch und schweigt.

„Also, ich geh dann jetzt," sagt Luna. „Ich schick euch morgen eine Eule."

Sie befreit sich mühelos aus Ginnys locker gewordenem Griff und schnappt sich ihren Besen. Die Gryffindors stehen etwas hilflos neben dem Felsen.

Ich habe kein Recht, sie zurückzuhalten. Wenn ich an ihrer Stelle wäre, würde ich dasselbe tun. Und ich bin nicht einmal älter als sie, denkt Ginny.

„Melde dich aber wirklich!" sagt sie laut. „Überlassen wir Harry die einsamen Heldentaten." Alle grinsen.

„Das machen wir." antwortet Luna. Ihre Augen funkeln. „Ach ja, Neville, die Verschleierungs- und Wachzauber haben den Auftrag, wieder in ihre ursprüngliche Position zurückzukehren, sobald du drinnen gewesen bist. Wenn du jetzt gehst, warte ich noch solange, um zu sehen, ob alles klappt."

Neville nickt und marschiert ohne sichtliches Zögern zur Höhle. Seine Hände allerdings, sieht Ginny, hat er zu Fäusten geballt.

Nach drei Minuten kriecht er wieder ins Freie. Was er empfindet, ist an seinem Ausdruck schwer zu erkennen. Dann sehen alle, wie das Flimmern in der Luft um die Felsöffnung wieder zunimmt. Es ballt sich in einer kometenförmigen Wolke zusammen und fliegt über alle Punkte, die Luna vorhin mit dem Zauberstab berührt hat, in umgedrehter Reihenfolge, und verschwindet dann, als sei es nie dagewesen. Der Fels steht an seinem angestammten Platz, unberührt und ganz, nichts versteckend.

Zufrieden nickend besteigt Luna ihren Besen. „Bis später dann," ruft sie, und flitzt davon.

Neville und Ginny sehen einander mit gemischten Gefühlen an. Für mich war der Tag nicht, was ich erwartet habe, denkt Ginny, genausowenig wie die zwei vergangenen, aber immerhin bewegt sich etwas. Unser Tun hat einen Effekt. Sie lächelt; Neville streckt in einer komischen Geste der Schicksalsergebenheit die Hände aus.

„Gehen wir," sagen beide fast gleichzeitig. Das bringt sie zum Lachen.

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In der Hütte ist niemand mehr, Neville muß während Dracos und Lupins Unterhaltung disappariert sein. Draco steht in der Tür, während Lupin sich umsieht. So leer hat der Raum eine andere Ausstrahlung, eine friedliche, die ihn an den gestrigen Schachnachmittag erinnert. Vom Gefängnis hat sich die Hütte für ihn in einen Ort neuer Erfahrungen gewandelt. Aber für Katharsis, denkt er, ein ironisches Lächeln umspielt seine Lippen, war der Schmerz noch nicht groß genug. Und jetzt werde ich nicht mehr lange hier bleiben.

„Weißt du, wo dein Zauberstab ist?" fragt Lupin zu ihm gewandt.

„Keine Ahnung. Vielleicht in Ginnys Tasche."

Sie durchsuchen die Rucksäcke, Lupin hat da keine Skrupel, ignoriert aber alle persönlichen Dinge. Der Zauberstab ist schnell gefunden. Man sollte doch glauben, daß sie ihn besser versteckt hätte, denkt Draco, als er den Stab nach Tagen wieder in den Händen hält. Man weiß ja nie, was einer mit so einem Hilfmittel alles zu tun in der Lage ist. Unwillkürlich muß er grinsen. Lupin gegenüber wird er wieder ernst.

„Ich soll also die relevanten Erinnerungen im Denkarium speichern. Alles, was mit den Informationen zusammenhängt?"

„Natürlich nichts, was nur dich persönlich betrifft. Wahrscheinlich wird es eine Weile dauern, alles zu sortieren." Der Werwolf kramt das kleine Denkarium aus seiner Manteltasche, um es Draco zu reichen. Es hat sogar einen Deckel. Ein Reise-Denkarium.

„Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst."

Er überlegt einen Moment, dann trifft er eine Entscheidung. „Da ist eine Sache, für die es sinnvoller wäre, wenn ich Ihnen direkt davon erzähle. Ich habe das Ganze selbst aus verschiedensten Äußerungen entschlüsselt. Es geht um Potter."

Lupin horcht auf. „Ja?"

„Der Dunkle Lord hat in Erfahrung gebracht, daß Potter vorhat, in der dritten Adventwoche einem gewissen Tour de la Reine in der Nähe von Beauxbatons einen Besuch abzustatten. Fragen sie mich nicht, was das sein soll. Ich vermute eher ein Ort als eine Person, aber es kann alles sein. Sicher ist jedenfalls: wenn Potter wirklich dort auftauchen will, wird er in eine Falle laufen. Sie sollten ihn vielleicht warnen. Ich schätze, es ist Ende November?"

„Der Achtundzwanzigste."

„Also noch zwei Wochen. Viel Vergnügen."

„Du weißt nicht, woher Voldemort diese Information über Harrys Pläne hat?" Der Ältere klingt beunruhigt. Fürchtet er einen neuen Verrat?

„Es hörte sich danach an, daß einer unserer Leute-„ er verzieht das Gesicht ob der Bezeichnung, aber es hilft nichts. „daß einer unserer Leute ein Gespräch belauscht hat. Ich weiß nicht genau, wessen Gespräch. Alles, was ich zu dem Thema weiß, ist das, was ich gesagt habe." Er zögert. „Lupin. Was ist los mit Potter? Hat er sich in Luft aufgelöst, ohne vorher Bescheid zu sagen? Ihr seid alle so empfindlich, wenn man ihn erwähnt. Was ist schief gelaufen?"

Lupin seufzt merklich, bevor er antwortet. „Wir suchen ihn selbst, Draco. Mehr kann ich dazu auch nicht sagen."

Doch, sicher, das könnte er. Nicht zu mir natürlich, das steht außer Frage.

„Tour de la Reine heißt Turm der Königin. Du dürftest also recht haben mit deiner Vermutung, daß es ein Ort ist. Danke."

Draco nickt. „Ich widme mich dem Ordnen meiner Vergangenheit. Drücken Sie mir die Daumen." Damit geht er, Denkarium und Zauberstab in den Händen, in den Nebenraum, in dem er die meiste Zeit der letzten Tage verbracht hat, und schließt hinter sich die Tür.

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Es ist müßig, die Gedanken und Erinnerungen so zu sortieren, daß sie im Denkarium zu für andere nachvollziehbaren Bildern werden. Er muß häufig von vorn anfangen, weil Dinge auf der Oberfläche des Gefäßes schwimmen, die er ganz gewiß nicht dem Orden des Phönix überlassen will, oder weil ein Gedankenfetzen fehlt, um das Gespeicherte verständlich werden zu lassen. Natürlich unterschlägt er die Nächte, seine Begegnungen mit Voldemort, seine Empfindungen, so gut es eben geht. So wie es aussieht, war ich dort besser darin, meine Gefühle zu verbergen, als hier, fällt ihm auf. Der weiche Einfluß der Gryffindors hat sich wohl schnell bemerkbar gemacht.

Die Prozedur scheint Stunden zu dauern. Irgendwann hört er draußen Geräusche und mehrere Stimmen. Er konzentriert sich auf seine Tätigkeit, die Erinnerungen zu sammeln, und läßt sich nicht ablenken. Als er endlich am Ende angelangt ist, wo keine wichtigen Details mehr fehlen, fühlt er sich so zerschlagen, als hätte er fünf Stunden Holz gehackt. Nicht, daß er jemals schon Holz gehackt hätte. Aber er stellt es sich anstrengend vor.

Lupin, obwohl ins Gespräch mit Ginny, Neville und Cho vertieft – Luna ist nicht zu sehen – erhebt sich gleich, als Draco ins Zimmer tritt, und kommt auf ihn zu. Wortlos reicht Draco ihm das verschlossene Gefäß.

„Ist alles in Ordnung?" fragt Lupin leise, unhörbar für die anderen. Seine Stimme hört sich besorgt an. „Du siehst erschöpft aus. War es so kompliziert?"

Draco lächelt müde. „Jetzt ist es jedenfalls fertig." Er läßt seine Stimme so leise werden, daß er sie beinah selbst nicht mehr hört. Leider fällt ihm keine Alternative zu der Frage ein. „Was tue ich jetzt?" Er kommt sich kleinlaut und unwissend vor.

Der andere Zauberer legt ihm leicht die Hand auf den Arm, eine winzige Geste, trotzdem beruhigend. „Du triffst dich morgen mit mir in London, im Red Tea Room, einem Muggelcafé. Bis dahin werde ich mich mit dem Orden besprochen haben. Uns wird etwas einfallen. Mach dir keine Sorgen. Das Cafe ist in der Nähe der Winkelgasse. 12 Uhr?"

Draco nickt. In Anbetracht der Tatsache, daß ihm jede Perspektive fehlt, hört sich ‚uns wird etwas einfallen' gar nicht so übel an. „Ich werde da sein."

Lupin nickt ebenfalls, bestätigend und zum Abschied.

Gähnend schafft Draco es noch, zum Klo und zurück zu wanken, bevor er dann im Nebenzimmer auf sein angestammtes Lager fällt und im Schlaf versinkt.